Die Sonne im Tank

Die unabhängige Schweizer Tageszeitung
Samstag
28. Februar 2015
123. Jahrgang Nr. 49
Fr. 4.50, Ausland: € 3.70 / AZ 8021 Zürich
Brunch-Stadt
Ausschlafen und
ausgiebig zmörgele:
Zürcher lieben es.
Kinky Friedman
Der Sänger kifft nur
noch, wenn Willie
Nelson ihn besucht.
Wie du mir
Ratten bewerten
Taten und belohnen
sich gegenseitig.
Playoffs
Die ZSC Lions gegen
den EHC Biel –
live ab 19.45 Uhr
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tagesanzeiger.ch
Leitartikel Bertrand Piccard vermarktet grossartig biedere Umwelttechnologie.
Neue Initiative für
günstigen Wohnraum Die Herausforderung kommt aber erst nach der Show. Von Martin Läubli
Der Bundesrat steht staatlichen Eingrif­
fen im Wohnungsmarkt kritisch gegen­
über. Forderungen nach einer Interven­
tion hat er zuletzt im Dezember eine Ab­
sage erteilt. Dies hat nun Folgen. Der
Schweizerische Mieterverband arbeitet
derzeit den Text für eine Volksinitiative
aus; dies bestätigt Präsidentin und SPNationalrätin Marina Carobbio. Im Juni
will der Vorstand den Entwurf den Dele­
gierten vorlegen. Carobbio hält eine
Lancierung für sehr wahrscheinlich. Mit
dem Volksbegehren will der Mieterver­
band mehr bezahlbaren Wohnraum
schaffen. Dazu will er den Bund in der
Verfassung verpflichten, den Anteil der
gemeinnützigen Wohnungen zu erhö­
hen und die gemeinnützigen Wohnbau­
träger bei der Beschaffung von Bauland
verstärkt zu unterstützen, dies mit dem
Ziel, die Zahl der Wohnungen mit Kos­
tenmiete zu erhöhen. (sth) – Seite 5
Die Sonne im Tank
Service
Wetter12
Leserbriefe13
Veranstaltungen22
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Jeb Bush rüstet sich für
den Präsidenten-Wahlkampf
Offiziell ist seine Kandidatur noch nicht.
Aber Jeb Bush – Bruder des früheren USPräsidenten George W. – sammelt bereits
Geld bei Grossspendern und hält Grund­
satzreden. Bei den US-Republikanern
gilt er als Favorit bei der kommenden
Präsidenten-Wahl. Es gäbe aber auch
­Alternativen. – Seite 7
Schweizer Musikpreis: Die Berner
Lo & Leduc sind die Überflieger
Das Hip-Hop-Duo Lo & Leduc aus Bern
konnte sich an der Verleihung der
8. Swiss Music Awards (SMA) im Zürcher
Hallenstadion über Trophäen in drei
­Kategorien freuen. Als Gewinner in den
Sparten «Best Talent», «Best Live Act»
und «Best Group National» sind sie die
Abräumer des Abends. – Seite 31
Autobranche: Markenvertreter
greifen Direktimporteure an
Der Preiskampf zwischen den Schweizer
Autohändlern hat sich deutlich ver­
schärft. Die offiziellen Markenvertreter
werfen den Direktimporteuren vor, bei
Rabattangaben immer wieder zu schum­
meln. Der Konflikt hat sich seit der
­Aufgabe des Euro-Mindestkurses noch
zugespitzt. – Seite 43
Gemeinderat Babini
bleibt Prozess erspart
Mario Babini, im Februar 2014 für die
SVP in den Zürcher Gemeinderat ge­
wählt, kam in die Schlagzeilen, nach­
dem er im Juni 2014 in einer Bar – laut
Anklage – randaliert und Anwesende be­
droht hatte. Am Montag hätte sich Ba­
bini, der in der Folge 101 Tage in Haft
war, vor Gericht verantworten müssen.
Doch der Prozess findet nicht statt. Die
Staatsanwaltschaft hat die Anklage ge­
gen Babini zurückgezogen. Die Gründe:
Erstens haben mit einer Ausnahme alle
Involvierten ihre Anzeigen gegen Babini
zurückgenommen. Zweitens haben
psychiatrische Gutachten ergeben, dass
Babini zum Tatzeitpunkt nicht schuld­
fähig gewesen war. In der Zwischenzeit
hat sich sein Zustand stabilisiert. Babini
wurde nach dem Vorfall aus der SVPFraktion ausgeschlossen. Er politisiert
nun als parteiloser Gemeinderat. (TA)
Berichte Seite 15
Heute
Kommentare & Analysen
Mit Solarenergie rund um die Welt: Bertrand Piccard bei einem Test im Flugsimulator. Foto: Jean Revillard (Rezo, Solar Impulse)
Es ist, als gehörte es zur grossartigen
Inszenierung von Bertrand Piccard und
André Borschberg. Als hätte sich die
Natur mit den beiden Abenteurern
verbündet, um die Dramaturgie eines
Traumes zu steigern. Die erste Erd­
umrundung mit einem Flugzeug, das
die Energie aus der Sonne schöpft.
Erwartungsvoll wartet die Welt, bis der
viermotorige Flieger in Abu Dhabi
endlich abhebt. Mit jeder neuen
­Verspätung erhält das Projekt Solar
Impulse zusätzlich Spannung. Heute
in einer Woche ist der nächste Termin.
Das passt zum Brimborium, das der
Westschweizer Piccard seit Jahren in
der Schweiz und noch viel mehr im
Ausland veranstaltet. Träume kann der
studierte Psychiater wie kein zweiter
verkaufen. Zehn Jahre erhielt er die
Spannung in der Öffentlichkeit durch
geschicktes Marketing aufrecht.
Solange brauchten Ingenieure und
Wissenschaftler, um den Solarflieger
zu entwickeln. Zahlreiche Unterneh­
men waren daran beteiligt, mit ihrem
Wissen – und viel Geld.
Der bevorstehende Flug ist schon ein
Superlativ, bevor er geglückt ist. 150
Millionen Franken kostet das Aben­
teuer, davon allein 400 000 Franken
der Transport des Fliegers von Payerne
VD nach Abu Dhabi. Die Tragfläche ist
länger als die eines Jumbo-Jets. 17 000
Solarzellen verwandeln Sonnenenergie
in elektrischen Strom, der wiederum
vier Elektromotoren antreibt. Die
Piloten Piccard und Borschberg trai­
nierten hart, um in der engen Kabine
den Flug über den P
­ azifik ohne Stopp,
während fünf Tagen und fünf Nächten,
zu überstehen.
Die grosse technische Leistung liegt
nicht darin, grundlegend Neues
­er­funden zu haben. Schon lange Vor­
handenes wurde massgeschneidert
und clever für den grossen Auftritt
optimiert. Die Logistik mit einem
Die Weltumrundung
Piccards ungezügeltes Temperament könnte
ein Problem werden. – Seite 2, 3
Astronaut Claude Nicollier überwacht die
Sicherheitsaspekte des Projekts. – Seite 3
­ obilen Hangar und dem Hightechm
Kontroll­zentrum in Monaco beein­
druckt.
Solche Auftritte braucht es, um die
Politik hin zu einer umweltschonenden
Welt zu bewegen, glaubt Piccard.
Tatsächlich lassen sich Politiker gern
vor das Flugzeug stellen. Vor dieser
Kulisse lässt sich leichter über Klima­
schutz und Energiesparen sprechen.
Schliesslich ist die Solar Impulse der
Beweis, dass es die T
­ echnologie dafür
schon längst gibt. Faszination und
Bewunderung haben aber noch nie zu
politisch grundlegenden Veränderun­
gen g
­ eführt. Das wird auch bei diesem
Projekt nicht der Fall sein, trotz des
grossen persönlichen Netzwerks von
Piccard und Borschberg.
Intelligente Technik
Die Stärke von Solar Impulse liegt im
Marketing. Der Flug ist eine Art Pro­
duct-Placement für eine Zukunft mit
erneuerbarer Energie und i­ ntelligenter
Technik, losgelöst von klima­
schädlicher Kohle, von Erdöl und Gas.
Der Flieger präsentiert auf dem
fünfmonatigen Flug einem Millionen­
publikum «grüne» Technik, die bisher
als wenig sexy galt: hocheffiziente
Solarzellen, effektive Elektromotoren,
starke Batterien, ein Hightech-Cockpit.
Einen Boom wird das Abenteuer
nicht auslösen. Aber vielleicht die
Einsicht bringen, dass Sonnen- und
Windenergie und viele andere
­Umwelttechnologien für eine moderne
Gesellschaft stehen und damit
auch die jüngere, digitale Generation
­ansprechen.
Sollte den beiden Abenteurern der
Weltrekord gelingen, beginnt für
Piccard und Borschberg erst die
­eigentliche Heraus­forderung: Der
Verkauf des Traums, den Planeten Erde
zu retten – ohne die fantastische
­G eschichte zweier ­wagemutiger
­Männer.
«Köppel gab der
Rechten etwas,
­wovon sie nicht
einmal geträumt
hatte: ­Sexiness.»
Constantin Seibt über den neuen
SVP-Politiker. – Seite 11
Migration verdoppelt das Risiko
für schwere psychische
K
­ rankheiten. – Seite 11
Wer in den Playoffs schon jetzt
Meister werden möchte, stört den
Prozess des Gewinnens. – Seite 56
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