SWR2 Wissen Oktober 2016

SWR2 Wissen – Programmübersicht
Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio
Oktober 2016
Samstag, 1. Oktober
Roboterethik – Darf uns Technik beherrschen?
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (10)
Von Dirk Asendorpf
Technik soll dem Menschen dienen. Auf diese einfache Formel können wir uns über alle Kulturen
hinweg schnell verständigen. Und sie ist durch Erfahrung gedeckt: Der Mähdrescher hat die
Knochenarbeit mit Sense, Sichel und Dreschflegel ersetzt, der Elektroherd den verräucherten
Feuerplatz und das Flugzeug die Qual mehrwöchiger Schiffsreisen. Auch neue, elektronisch
gesteuerte Technik macht unser Leben leichter und bequemer, sie ist uns dabei allerdings zunehmend
überlegen – und lässt sich nicht mehr abschalten. Weil uns das Navi in fremder Umgebung sicherer
ans Ziel bringt, verlieren wir unseren Orientierungssinn. Roboter fahren besser Auto und erledigen
Montagearbeiten zuverlässiger als wir. Aus unseren Datenspuren entsteht ein virtuelles Abbild, das
unsere Vorlieben und Wünsche erkennt, bevor wir sie selber spüren. Verschwimmt die Grenze
zwischen Mensch und Maschine? Werden wir von Technik beherrscht? Und dürfen wir das zulassen?
(Produktion 2015)
Sonntag, 2. Oktober
Aula: Wo ist E.T.?
Faszination Exoplaneten
Von Harald Lesch
Exoplaneten schüren die Hoffnung, dass wir nicht allein im Universum sind. Auf ihnen könnten
erdähnliche Bedingungen herrschen, weil sie sich zum Beispiel im idealen Abstand zu ihrer Sonne
befinden. Mehr als 2000 extrasolare Planeten wurden schon bestätigt, und monatlich werden es immer
mehr. Professor Harald Lesch, Astrophysiker an der LMU München, erklärt, wie man diese Planeten
aufspüren und analysieren kann.
Montag, 3. Oktober
Aula: Surfen im All
Faszination Gravitationswellen
Von Harald Lesch
Was Forscher vor Monaten aus Washington meldeten, ist tatsächlich eine Sensation: Physiker haben
Gravitationswellen nachgewiesen, also jene Krümmungen in der Raumzeit, die Albert Einstein
vorhergesagt hatte. Nie zuvor hatte jemand sie messen können. Das detektierte Signal entstand in
einer Zeit, als sich auf der Erde die ersten Vielzeller entwickelten. Harald Lesch, Professor für
Astrophysik an der LMU München, erklärt die Gravitationswellen.
Dienstag, 4. Oktober
Gefügsamer Revolutionär: Franz von Assisi und die Kirche
Von Aureliana Sorrento
Der Kaufmannssohn Francesco Bernardone gelobte 1207, fortan in Armut und nach dem Wortlaut des
Evangeliums zu leben. Beides war der Kirche suspekt, weil es einer Anklage ihrer gar nicht frugalen
Sitten gleichkam. Sie bekämpfte Armutsbewegungen und verbot Laien zu predigen. Franziskus jedoch
predigte sogar Pflanzen und Tieren – er sah in allen Kreaturen einen Ausdruck Gottes. Dem Vorwurf
der Ketzerei entkam er nur, weil er sich der Kirche unterwarf. Der Bruderschaft, die sich um ihn bildete,
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schrieb er freilich Regeln vor, die dem Vatikan missfielen: Die “Minderen Brüder” oder Franziskaner
sollten eine Gemeinschaft besitzloser Gleicher sein und von eigener Hände Arbeit und vom Betteln
leben. Schon das Berühren von Münzen galt Franziskus als Sünde. Kein Wunder, dass der Papst von
ihm die Niederschrift einer “entschärften” Ordensregel verlangte. Dennoch wurde Franziskus zwei
Jahre nach seinem Tode heiliggesprochen.
Mittwoch, 5. Oktober
Das korrigierte Erbgut
Gen-Chirurgie in der Praxis
Von Max Rauner
In der Gentechnik vollzieht sich eine Revolution. Eine neue Methode, Crispr genannt, erlaubt es, die
DNA einzelner Zellen präzise zu verändern – schnell und kostengünstig. Innerhalb weniger Jahre hat
die Technik die Labors der Pflanzen- und Tiergenetiker erobert, bald sollen auch Menschen damit
behandelt werden. Einer der ersten könnte der 14-jährige Gavriel sein, der an einer seltenen Krankheit
leidet. Welches Potenzial hat die neue Gen-Chirurgie für die Medizin? Und welche Risiken stehen
dagegen?
Donnerstag, 6. Oktober
Die radikalen Marys
Die englischen Feministinnen Mary Wollstonecraft und Mary Shelley
Von Imogen Rhia Herrad
Mary Wollstonecraft war eine Tochter des 18. Jahrhunderts. In ihren Schriften feierte sie die
Französische Revolution und die freie Liebe und forderte Freiheit, Gleichheit und politische Rechte für
die Frau. Ihre Tochter ist vor allem als Autorin des Horrorromans “Frankenstein” bekannt, aber auch
Mary Shelley war eine überzeugte Frauenrechtlerin. Ihr Entwurf war dem der Mutter radikal
entgegengesetzt: Wollstonecraft forderte klassisch männliche Qualitäten und Vorrechte auch für
Frauen ein, Shelley dagegen hielt traditionell weibliche Tugenden hoch und forderte die Befreiung der
Männer aus einer Tyrannei der Männlichkeit. Damit zeichnete sie einen noch radikaleren
Gesellschaftsentwurf: eine völlige Umkehrung des bestehenden Normsystems.
Freitag, 7. Oktober
Kämpfer gegen Fürstenwillkür
Christian Friedrich Daniel Schubart
Von Marianne Thoms
Schubart war, in Goethes Worten, der genialste Klaviervirtuose seiner Zeit – neben seinen vielen
anderen Begabungen. Der württembergische Aufklärer gründete die sozialkritische Zeitschrift
“Teutsche Chronik” und forderte Meinungsfreiheit. Mit einer Novelle über zwei ungleiche Brüder lieferte
Schubart die Vorlage für Friedrich Schillers Drama “Die Räuber”. Die einfachen Leute im Herzogtum
Württemberg liebten ihn: Mit vulkanischem Temperament attackierte er die Willkür absolutistischer
Fürsten, Soldatenhandel und die Macht der Kirche. Doch Herzog Karl Eugen schickte ihn ohne
ordentlichen Prozess zehn Jahre lang in Festungshaft, auf den Hohenasperg. Körperlich am Ende,
doch politisch ungebrochen, begrüßte Schubart danach leidenschaftlich die Französische Revolution.
Mit nur 52 Jahren starb der mutige Aufklärer.
Samstag, 8. Oktober
Menschenrechte für Tiere – Vom Untertan zum Mitgeschöpf
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (11)
Von Klaus Wilhelm
Keine Gummibärchen, keine Eier, kein Leder, keine am Tier getesteten Medikamente: Die Zahl der
Veganer wächst. Sie sind überzeugt: Tiere sind fühlende Mitgeschöpfe mit eigenen Interessen. Sie
dürfen deshalb weder im Stall noch im Haus gehalten werden und schon gar nicht im Labor.
Tatsächlich können viele Tiere nach wissenschaftlichem Ermessen Schmerz und Gefühle empfinden
und manche zeigen Zeichen von Selbstbewusstsein und Intelligenz. Auch Philosophen und Biologen
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halten deshalb die gegenwärtige industrielle Tierhaltung für nicht vertretbar. Die radikale Position vieler
Tierschützer weisen sie dagegen zurück. Ohne moralischen Zeigefinger wollen sie die
Lebensbedingungen der Tiere in menschlicher Gefangenschaft verbessern und helfen,
Interessenkonflikte zwischen Tier und Mensch zu lösen. (Produktion 2015)
Sonntag, 9. Oktober
Aula: Über Netzwerke und Verdrahtungen
Das Gehirn als Metapher
Von Matthias Eckoldt
Die modernen Neurowissenschaften arbeiten immer wieder mit Metaphern. Sie beschreiben die
Struktur des Gehirns mal wie eine Landkarte mit unterschiedlichen Arealen, dann wieder als
komplexes Netzwerk oder als informationsverarbeitende Maschine. Diese Metaphern oder Analogien
wurden oftmals aus dem Gebiet der Kultur in die Wissenschaft übertragen oder umgekehrt. Sie
zeigen, wie sehr sich die Neurowissenschaften auch von kulturellen Trends leiten lassen. Dr. Matthias
Eckoldt, Medienwissenschaftler und Schriftsteller, beschreibt diese Zusammenhänge.
Montag, 10. Oktober
Genitalverstümmelung
Hilfe in Deutschland
Von Julia Beißwenger
In Deutschland leben rund 40.000 Frauen und Mädchen, die genital verstümmelt sind. Es sind vor
allem Migrantinnen, und die Zahl steigt. Die Betroffenen leiden nicht nur körperlich, sondern auch
psychisch unter den Folgen der Beschneidung. Das “Desert Flower Center” in Berlin bietet deshalb als
einziges Zentrum in Deutschland ganzheitliche Hilfe: Frauen können sich hier operieren lassen und
erhalten psychologische Unterstützung. Das Center leistet Pionierarbeit, denn deutschlandweit wissen
viele Ärzte und Hebammen, aber auch Psychologen, Lehrer und Sozialarbeiter noch wenig über das
Thema. Menschenrechtsorganisationen fordern mehr Aufklärung, um nicht nur betroffenen Frauen,
sondern auch gefährdeten Mädchen besser zu helfen. Dabei ist auch die Politik gefordert.
Dienstag, 11. Oktober
Versiegende Lebensadern
Kenianische Nationalparks trocknen aus
Von Bettina Rühl
Richard Langats Waffen sind zwei Gießkannen und ein Smartphone. Damit versucht er, den MauWald – den “Wasserspeicher Kenias” – zu retten: Täglich gießt er 16.000 Baum-Setzlinge, die auf
Kahlschlägen gepflanzt werden sollen; und mit dem Smartphone dokumentiert er illegale
Holzfällarbeiten samt ihrer geografischen Koordinaten. Mittlerweile kämpfen Tausende wie er gegen
die Vernichtung des Mau-Waldes. Denn der droht seine Funktion als Wasserspeicher zu verlieren:
Felder bleiben trocken, Erntemengen gehen zurück. Im Wald entspringt auch der Mara-Fluss, den eine
Million Gnus auf ihrer alljährlichen Wanderung überqueren. Das Naturschauspiel zieht Touristen an,
die Geld ins Land bringen. Aber der Mara-Fluss schwindet. Seit Januar 2014 versucht ein Konsortium
von 14 Organisationen, die Zerstörung zu stoppen. (Produktion 2014)
Mittwoch, 12. Oktober
Mais
Wie eine Pflanze die Welt verändert
Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster
Mais ist die “Pflanze der Götter” – glaubten die Indios in Südamerika. In ihrem Schöpfungsmythos
heißt es, dass der Mensch vor allem aus Maisbrei gemacht ist. Im 16. Jahrhundert brachten die
Spanier die ersten Maiskörner nach Europa. Seit den 1930er-Jahren werden für europäische
Klimagebiete gezüchtete Sorten verstärkt angebaut. Mais ist heute eine der weltweit wichtigsten
Nutzpflanzen. Doch in Deutschland hat er einen schlechten Ruf: Als Futtermittel landet Mais in den
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Trögen der Massentierhalter, als Energiepflanze in den Biogas-Anlagen der Fondsgesellschaften, als
Rohstoff zur Weiterverarbeitung in der Industrie. Die genügsame Pflanze ist zum Symbol einer
globalisierten, industrialisierten Landwirtschaft geworden.
Donnerstag, 13. Oktober
Neurodämmerung
Wohin steuert die Hirnforschung?
Von Martin Hubert
Mit großen Hoffnungen und Versprechen begann vor über 20 Jahren der Boom der
Neurowissenschaften. Hirnforscher wollten mit neuen Methoden das Rätsel des menschlichen Geistes
lösen, kriminelles Verhalten erklären und Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und Schizophrenie
aufklären. Das Gehirn schien der Schlüssel zu sein, um den Menschen insgesamt zu verstehen.
Mittlerweile ist bei einigen Neurowissenschaftlern Ernüchterung eingetreten, und sie gehen auf
kritische Distanz zu ihrer Disziplin. Der menschliche Geist scheint viel zu komplex zu sein, um ihn mit
Datensammlungen nervlicher Prozesse zu erfassen. Kritische Hirnforscher betonen, dass sich
menschliche Gehirne individuell unterscheiden und in sozialen und kulturellen Kontexten entwickeln.
Diese Aspekte müssten in der Forschung stärker berücksichtigt werden. Zeichnet sich eine
Trendwende in den Neurowissenschaften ab? (Produktin 2015)
Freitag, 14. Oktober
Fürstin, Strippenzieherin, Lebefrau
Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen
Von Pia Fruth
Als sie 22 Jahre alt ist, heiratet die Fürstentochter Amalie Zephyrine auf Wunsch ihrer Eltern den
Erbprinzen Anton Aloys von Hohenzollern. Das bedeutet, dass die junge Frau aus der Weltstadt Paris
ins raue, enge Sigmaringen ziehen muss. Das geht nicht lange gut. Zehn Wochen nach der Geburt
ihres einzigen Sohnes Karl flieht sie aus dem Donautal zurück in die Pariser Adelsgesellschaft. Für die
Hohenzollern ist das ein handfester Skandal, zumal Amalie ihren Sohn ohne Skrupel in Sigmaringen
zurücklässt. Doch als um 1800 die deutschen Fürstentümer durch die sogenannte Rheinbundakte neu
geordnet werden, lässt Amalie ihre Beziehungen zur Familie Napoleon Bonapartes spielen und rettet
dadurch den Hohenzollern ihre Souveränität.
Samstag, 15. Oktober
Moral – Eine Frage des Glaubens?
Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (12)
Von Nela Fichtner
Die Kirche predigt heute andere moralische Vorstellungen als noch vor 200 Jahren. Viele der Werte,
die wir heute mit dem “christlichen Abendland” verbinden – Menschenrechte, Demokratie,
Meinungsfreiheit, Toleranz – wurden einst gegen sie durchgesetzt. Heute dagegen treten die Kirchen –
oft gegen den Staat – als moralische Instanz und Bewahrer von Minderheitenrechten auf. Welche
Rolle spielt der Glaube überhaupt für das ethische Bewusstsein? Religiöse Menschen zeigen in
Umfragen zwar ein höheres soziales Engagement. In Verhaltensexperimenten erweisen sie sich
dennoch nicht “gemeinwohlorientierter” als Atheisten. (Produktion 2015)
Sonntag, 16. Oktober
Aula: Gehst Du Aldi?
Wie sich die deutsche Sprache verändert
Von Diana Marossek
Unsere Sprache verändert sich fortwährend – durch den Einfluss anderer Kulturen, durch digitale
Medien, soziale Phänomene und den spezifischen Jugendslang. Im Moment bemerken
Wissenschaftler die Tendenz zum “Kurzdeutsch”, das ist eine Verknappung, der Präpositionen und
Kasus zum Opfer fallen. Dr. Diana Marossek, Germanistin in Berlin, beschreibt anhand eigener
Studien diesen Wandel.
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Montag, 17. Oktober
Trucker Tracy
Geschlechtsangleichung in Thailand
Von Katrin Albinus
Nirgendwo werden so viele geschlechtsangleichende Operationen vorgenommen wie in Thailand:
Erfahrene Ärzte, verlässliche Ergebnisse – und das alles zu einem Bruchteil des Preises, der etwa in
den USA gefordert wird. In Deutschland werden die Operationskosten zwar meist von den Kassen
übernommen, doch nicht jeder möchte das Prozedere auf sich nehmen, das damit verbunden ist. Da
ist es einfacher, nach Thailand zu reisen und selbst zu zahlen. Dieser Markt hat aber auch seine
Schattenseiten: Nicht jeder Mediziner ist wirklich qualifiziert, allzu billige Angebote bergen hohe
medizinische Risiken und verleiten Menschen zu einem Schritt, der kein Zurück erlaubt. Die Autorin
begleitet die Amerikanerin Tracy Hart, die sich in Bangkok operieren lässt.
Dienstag, 18. Oktober
Gletscherarchäologie
Steinzeitfunde aus dem Eis
Von Elisabeth Brückner
Der Ötzi ist kein Einzelfall. Immer mehr Hinterlassenschaften der Vorzeit kommen ans Tageslicht, seit
die globale Erwärmung nach und nach die alpinen Gletscher zum Schmelzen bringt. Insbesondere am
Schnidejoch im Berner Oberland sind Archäologen fündig geworden: Das Eis, das hier
jahrtausendelang den Bergsattel bedeckte, ist mittlerweile bis auf einen kleinen Eisfleck geschmolzen
und hat rund 900 Artefakte freigegeben. Darunter eine 6800 Jahre alte Schüssel aus Ulmenholz, eine
komplette Jägerausrüstung, römische Schuhnägel aus dem Mittelalter. Und das große Schmelzen
geht weiter ... (Produktion 2015)
Mittwoch, 19. Oktobe
Protzbauten des Mittelalters
Abschied von Klischees über Burgen
Von Matthias Hennies
Die Zinnen auf den Burgmauern dienten zum Schutz der Verteidiger, der Bergfried als ihre letzte
Zuflucht? Alles falsch. Die neuere Burgenforschung belegt, dass Zinnen das architektonische Symbol
des Adels waren, der hoch aufragende Bergfried erinnerte die Bauern an die Macht ihres Herrn.
Burgen dienten nämlich zur Repräsentation, oft schützten sie auch Wirtschaftsinteressen,
überwachten Bergwerke oder Flussübergänge. Archäologen haben in den vergangenen Jahren so
viele Reste komplett zerfallener Burgen ausgegraben, dass sich daraus erstmals weiträumige BurgenLandschaften rekonstruieren lassen, die die Herrschaftsgebiete der Adelsgeschlechter abgrenzten.
Historiker können dadurch die Rolle des Adels im frühen Mittelalter genauer definieren. So trägt die
aktuelle Burgenforschung zu einem neuen Bild mittelalterlicher Herrschaftsstrukturen bei.
Donnerstag, 20. Oktober
Niederländer und Flamen erzählen
Eine Sprache – viele Geschichten
Von Katharina Borchardt
Eine Grenze verläuft durch das niederländische Sprachgebiet, seit fast 200 Jahren schon. 1830
erklärten sich die “Südlichen Niederlande” vom Haus Oranien unabhängig. Bis dahin gehörten
Flandern und die Niederlande zusammen. Doch trotz der Grenze bilden Sprache und Literatur eine
Einheit. Verlage arbeiten grenzübergreifend, und Literaturpreise werden häufig über den Schlagbaum
hinweg verliehen. Auch der flämisch-niederländische Gastlandauftritt auf der Frankfurter Buchmesse
ist ein gemeinsamer. Viele Autoren sind zu entdecken, die Neues aus dem Flachland erzählen:
Geschichten vom Dorf und aus der Stadt, von Liebe und Krieg, von Politik und Alltag. Mit dabei sind
Priester und Soldaten, Ärzte und Volkskundler, Landstreicher und Trunkenbolde. Prosa und Lyrik: mal
ernst und komisch, immer aber prall und lebendig!
SWR2 Wissen – Oktober 2016
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Freitag, 21. Oktober
Die Hanse – Mythos und Wirklichkeit
Von Sabine Appel
Mit der Hanse verbindet sich nicht nur eine grandiose Erfolgsgeschichte des europäischen Seehandels
und der europäischen Ökonomie, sondern sie steht gewissermaßen für eine ganze Kultur – die aber
vor allem im Rückblick entworfen wurde, als der Wirtschaftsbund längst zerbrochen war. Noch immer
kursiert das Bild vom ehrbaren Kaufmann oder von hanseatischen Attributen wie Zuverlässigkeit,
Toleranz und Weltoffenheit. Rund 600 Jahre hatte das im Hochmittelalter gegründete Bündnis
niederdeutscher Kaufleute im baltischen Raum letztlich Bestand. Die Sendung begibt sich auf
Spurensuche der Hanse – als historisches Phänomen, im heutigen Bewusstsein, im naheliegenden
Vergleich mit der aktuellen EU, aber auch im Hinblick auf ihre Legenden und mystifizierenden
Lesarten.
Samstag, 22. Oktober
Kirchen auf Nachwuchssuche
Kommunion und Konfirmation
Von Hans-Volkmar Findeisen
Die beiden Großkirchen sind die größten Bildungsanbieter in Deutschland. Von Kindergärten über
Schulen und Akademien bis hin zu zahlreichen Hochschulen bewirtschaften die Kirchen einfach alles.
Vom Staat werden sie dafür reichlich alimentiert. Ausgerechnet beim konfessionellen und
katechetischen Kerngeschäft jedoch, dem Vorbereitungsunterricht zu Kommunion und Konfirmation,
haperte es gewaltig. Jetzt laufen den Kirchen die Jungen davon, und plötzlich herrscht hektische
Betriebsamkeit. Katholiken und Protestanten sind angetreten, ihre hauseigenen pädagogischen
Grauzonen mit hellem Licht auszuleuchten.
Sonntag, 23. Oktober
Aula: Gerüchte und Halbwahrheiten
Wie funktionieren Verschwörungstheorien?
Von Michael Butter
Die Mondlandung, die Ukraine-Krise, die Nichtexistenz von Bielefeld oder der Terroranschlag auf die
Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo – diese Ereignisse haben eins
gemeinsam: Um sie ranken sich zahlreiche Mutmaßungen, Fiktionen und Gerüchte, sie werden von
Verschwörungstheorien verformt und überwölbt. “Verschwörungstheorien können zur Radikalisierung
von Extremisten beitragen, Spannungen zwischen Nationen befeuern und das Vertrauen in
demokratische Institutionen und Medien unterlaufen”, sagt der Anglist Professor Michael Butter von
der Universität Tübingen, der ein Forschungsnetzwerk leitet, das das Phänomen interdisziplinär
analysiert. In der SWR2 Aula erklärt Butter Ursachen und Wirkungen des Phänomens. (Produktion
März 2016)
Montag, 24. Oktober
Das Rätsel des Bewusstseins
Ich bin ich bin ich
Von Ralf Caspary
Max Mustermann spaziert durch den Wald und weiß genau, dass er es ist, der da geht, der sich sehr
wohl fühlt, der das Grün der Bäume erlebt, der diese vielen Gedanken hat. Das klingt nach einer
Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht: Philosophen, Psychologen und Hirnforscher versuchen immer
wieder, diesem Mysterium des Ich-Bewusstseins auf den Grund zu kommen. Das Problem: Wie kann
man so eine radikal subjektive Innensicht objektiv erfassen? Und was ist es überhaupt, das Ich: Eine
Illusion, vom Gehirn produziert oder etwas tatsächlich Vorhandenes?
SWR2 Wissen – Oktober 2016
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Dienstag, 25. Oktober
Das Wattenmeer im Klimawandel
Von Martina Keller
Der Klimawandel hat Folgen – auch für die deutsche Nordseeküste. Bis zum Ende dieses
Jahrhunderts könnte der Meeresspiegel im schlimmsten Fall um bis zu 80 Zentimeter steigen. Die
Naturlandschaft Wattenmeer droht regelrecht zu “ertrinken”, drei Viertel der Fläche könnten um das
Jahr 2100 dauerhaft unter Wasser stehen – mit katastrophalen Konsequenzen für das Ökosystem des
weltweit größten Wattenmeeres. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein will das verhindern:
Regelmäßige Aufspülungen von Millionen von Tonnen Sand sollen das Sediment “mitwachsen” lassen,
so steht es in einem 120 Seiten starken Strategiepapier. Es gilt, ein Weltnaturerbe zu erhalten. Aber
darf man so massiv in die Natur eingreifen, um sie zu schützen?
Mittwoch, 26. Oktober
Cannabis
Legalisieren oder bestrafen?
Von Kai Laufen
US-Bundesstaaten wie Colorado und Washington haben Cannabis für Erwachsene legalisiert. Auch
Portugal und Uruguay wenden sich von der jahrzehntelangen Strafverfolgung ab. In Deutschland ist
die Diskussion festgefahren. Die einen plädieren für eine Entkriminalisierung: Durch Strafandrohung
lasse sich niemand vom Kiffen abhalten, vom Verbot profitierten lediglich der Schwarzmarkt und die
organisierte Kriminalität. Befürworter der bisherigen Verbotspraxis weisen dagegen auf die
Gesundheitsrisiken durch Cannabiskonsum hin. Doch immer mehr Kommunen drängen auf einen
neuen, liberaleren Ansatz in der Drogenpolitik.
Donnerstag, 27. Oktober
Höflichkeit – Die Kunst, Respekt zu zeigen
Von Joachim Meißner
Drängeleien an der Kasse, schlechte Manieren bei Tisch, lautstarke Handytelefonate im Zug – jeder
von uns kennt solche Rüpeleien. Dass wir uns darüber aufregen, beweist Psychologen und
Philosophen, dass Höflichkeit noch immer eine große Bedeutung für uns hat. Aber warum ist sie uns
wichtig? Wann ist sie eine leere Floskel, wann eine echte Geste der Achtung und des Respekts? Die
Unsicherheit darüber, wann Höflichkeit angebracht ist, hängt eng mit dem Wandel unserer
Gesellschaft zusammen. War man zu Großvaters Zeiten noch ein Kavalier, wenn man einer Frau die
Tür aufhielt, gilt dies in Zeiten der Gleichberechtigung oftmals als antiquiert. Beim gemeinsamen
Essen mit dem Smartphone zu spielen ist hierzulande unhöflich – im technikverliebten Korea ist es
ganz normal. Globalisierung, moderne Kommunikationsmittel und eine pluralistische Gesellschaft
stellen unsere Auffassungen von Höflichkeit vor neue Herausforderungen.
Freitag, 28. Oktober
Erasmus von Rotterdam
Mit Humor gegen Fundamentalismus
Von Michael Reitz
Erasmus von Rotterdam (1446 – 1536) war ein niederländischer Philosoph, Theologe und Humanist.
Sein bekanntestes Werk ist “Das Lob der Narrheit”. Erasmus behauptet in diesem satirischzeitkritischen Essay: Kein Mensch kann ohne Torheit ein sinnvolles Leben führen. Nur wer misstraut
und zweifelt und sich lustig machen kann über den Zeitgeist, wird langfristig ein glücklicher Mensch
sein. Erasmus greift die Dummheit nicht frontal an, sondern lässt sie selber zu Wort und damit zur
Selbstentlarvung kommen. Der Bezug zu heute ist deutlich: In populistischen Parolen oder dem
Shitstorm maskiert sich die Dummheit als basisdemokratisches Verfahren. Daraus ergibt sich die
Frage, ob die Chancen der Narrheit in unserer postmodern-aufgeklärten Zeit nicht größer sind als
jemals zuvor.
SWR2 Wissen – Oktober 2016
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Samstag, 29. Oktober
Terrorangst im Kinderzimmer
Was Eltern tun können
Von Maike Hildebrand
Mit den Anschlägen von Paris, Brüssel oder Nizza ist die Bedrohung durch den Terror näher gerückt.
Unsicherheit begleitet den Alltag vieler Menschen in Deutschland und somit auch das Leben von
Kindern und Jugendlichen. Gerade die Jüngsten können Terrorattentate oft nicht einordnen und sie
leiden unter diffusen Ängsten. Eltern sind hilflos und wissen nicht, wie sie mit ihren Kindern über die
Gräueltaten reden können. Versuche, sie von den Ereignissen fernzuhalten, sind zwecklos, denn die
Medien sind allgegenwärtig. Doch Erwachsene können Kindern und Jugendlichen helfen, mit dem
Risiko zu leben.
Sonntag, 30. Oktober
Aula: Geborgte Leidenschaft
Erotik und Exotik im coolen Zeitalter
Von Raimund Allebrand
Flamenco aus Andalusien, argentinischer Tango und ebenso die lateinamerikanische Salsa, kurzum:
Rhythmen aus dem spanischen Sprach- und Kulturraum erzielen in Deutschland seit Jahrzehnten eine
ungeahnte Breitenwirkung. Warum? Diese musikalischen Genres kanalisieren vielleicht Sehnsüchte
nach Körpergefühl und Leidenschaft, sie versprechen uns Exotik und Erotik – und deshalb geben sie
uns womöglich Hinweise zu einem kulturellen Mainstream unserer Zeit. Raimund Allebrand, Journalist,
Buchautor und Psychotherapeut, geht diesem Trend nach.
Montag, 31. Oktober
ARD-Themenwoche: Zukunft der Arbeit
Arbeit um jeden Preis
Nepalesische Wanderarbeiter in Katar
Von Esther Saoub
Seit der Vergabe der Fußball-WM 2022 schaut die Welt auf das Emirat Katar am Persischen Golf.
Gewerkschafter interessieren sich für die Arbeitsbedingungen von 1,7 Millionen Migranten dort,
darunter eine halbe Millionen Nepalesen, die teils unter unmenschlichen Bedingungen leben. Sie
verschulden sich bei Vermittlungsagenturen für Arbeitsverträge, die dann nur die Hälfte des
versprochenen Lohns bringen. Nach fünf Jahren Schweigen beginnen Katars Regierung und der
Weltfußballverband FIFA zu reagieren: Das katarische Arbeitsgesetz wird reformiert, FIFA-Baustellen
werden überwacht. Doch Arbeitgeber behalten Macht über ihre Arbeiter – die Grenzen zur Ausbeutung
sind fließend. Und selbst Erfolgsgeschichten sind traurig: Wanderarbeiter schuften für Kinder, die ohne
Vater aufwachsen.
SWR2 Wissen – Oktober 2016
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SWR2 IMPULS: „1000 ANTWORTEN“
Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher?
Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum
bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut?
Jeden Mittwoch gibt es in SWR2 Impuls Antworten auf die Wissens-Fragen der SWR2 Hörer.
SWR2 IMPULS bietet damit eine einzigartige Gelegenheit, allgemeine und spezielle Fragen zu einem
Sachthema an einen renommierten Experten weiterzugeben. Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter
www.swr.de/blog/1000Antworten und twitter.com/1000Antworten
SWR2 IMPULS (Montag bis Freitag 16.05 bis 17.00 Uhr) auf SWR2 und um 21.03 Uhr auch bei
SWRinfo.
SWRinfo
SWRinfo sendet täglich ab 6 Uhr im Viertelstundenrhythmus Nachrichten, die durch
Wettervorhersagen und Verkehrshinweise ergänzt werden. Zusätzlich bietet SWRinfo
Hintergrundinformation zu aktuellen Themen, u. a. aus Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Wissenschaft,
Technik, Umwelt und Sport. Dabei steht der regionale Bezug zum Südwesten im Vordergrund.
Abends um 20 Uhr sendet SWRinfo die ARD Tagesschau, danach runden ausführliche
Hintergrundsendungen, teilweise aus anderen SWR-Hörfunkprogrammen, das Programm ab.
WISSEN können Sie am Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr sowie am Samstag um 21.30 Uhr
und am Sonntag um 14.30 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören.
CAMPUS – NEUES AUS FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTSPOLITIK
Samstags, 10.05 – 10.30 Uhr SWR2
Wer den nächsten Nobelpreis bekommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit
ist groß, dass in CAMPUS über diese Arbeit längst berichtet wurde. Jeden Samstag gibt es hier Neues
aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften.
Damit nicht genug. In CAMPUS erfährt man auch, unter welchen Bedingungen geforscht wird und wie
es um den wissenschaftlichen Nachwuchs steht. Hochschul- und Forschungspolitik haben hier ihren
festen Platz. CAMPUS – ein Magazin mit Kurzberichten, Interviews, Glossen und Kommentaren richtet
sich an alle, für die »Wissensgesellschaft« nicht nur ein Schlagwort ist. CAMPUS können Sie am
Sonntag um 14.05 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören.
SWR2 WISSEN – SERVICE
SWR2 WISSEN Podcast – Webradio
SWR2 WISSEN können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio
unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml
Manuskriptdienst
Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen.
Auch als E-Book für mobile Endgeräte.
Programm-Informationen per E-Mail
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SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter
www.swr2.de/wissen (Service).
SWR2 Wissen – Oktober 2016
10
SWR2 Programmfragen
Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und
auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222
(Mo – Fr 10 – 12 Uhr).
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seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen.
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IMPRESSUM
Südwestrundfunk SWR
Redaktion SWR2 WISSEN
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Anja Brockert, Detlef Clas, Udo Zindel,
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