SWR2 Wissen – Programmübersicht Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio Oktober 2016 Samstag, 1. Oktober Roboterethik – Darf uns Technik beherrschen? Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (10) Von Dirk Asendorpf Technik soll dem Menschen dienen. Auf diese einfache Formel können wir uns über alle Kulturen hinweg schnell verständigen. Und sie ist durch Erfahrung gedeckt: Der Mähdrescher hat die Knochenarbeit mit Sense, Sichel und Dreschflegel ersetzt, der Elektroherd den verräucherten Feuerplatz und das Flugzeug die Qual mehrwöchiger Schiffsreisen. Auch neue, elektronisch gesteuerte Technik macht unser Leben leichter und bequemer, sie ist uns dabei allerdings zunehmend überlegen – und lässt sich nicht mehr abschalten. Weil uns das Navi in fremder Umgebung sicherer ans Ziel bringt, verlieren wir unseren Orientierungssinn. Roboter fahren besser Auto und erledigen Montagearbeiten zuverlässiger als wir. Aus unseren Datenspuren entsteht ein virtuelles Abbild, das unsere Vorlieben und Wünsche erkennt, bevor wir sie selber spüren. Verschwimmt die Grenze zwischen Mensch und Maschine? Werden wir von Technik beherrscht? Und dürfen wir das zulassen? (Produktion 2015) Sonntag, 2. Oktober Aula: Wo ist E.T.? Faszination Exoplaneten Von Harald Lesch Exoplaneten schüren die Hoffnung, dass wir nicht allein im Universum sind. Auf ihnen könnten erdähnliche Bedingungen herrschen, weil sie sich zum Beispiel im idealen Abstand zu ihrer Sonne befinden. Mehr als 2000 extrasolare Planeten wurden schon bestätigt, und monatlich werden es immer mehr. Professor Harald Lesch, Astrophysiker an der LMU München, erklärt, wie man diese Planeten aufspüren und analysieren kann. Montag, 3. Oktober Aula: Surfen im All Faszination Gravitationswellen Von Harald Lesch Was Forscher vor Monaten aus Washington meldeten, ist tatsächlich eine Sensation: Physiker haben Gravitationswellen nachgewiesen, also jene Krümmungen in der Raumzeit, die Albert Einstein vorhergesagt hatte. Nie zuvor hatte jemand sie messen können. Das detektierte Signal entstand in einer Zeit, als sich auf der Erde die ersten Vielzeller entwickelten. Harald Lesch, Professor für Astrophysik an der LMU München, erklärt die Gravitationswellen. Dienstag, 4. Oktober Gefügsamer Revolutionär: Franz von Assisi und die Kirche Von Aureliana Sorrento Der Kaufmannssohn Francesco Bernardone gelobte 1207, fortan in Armut und nach dem Wortlaut des Evangeliums zu leben. Beides war der Kirche suspekt, weil es einer Anklage ihrer gar nicht frugalen Sitten gleichkam. Sie bekämpfte Armutsbewegungen und verbot Laien zu predigen. Franziskus jedoch predigte sogar Pflanzen und Tieren – er sah in allen Kreaturen einen Ausdruck Gottes. Dem Vorwurf der Ketzerei entkam er nur, weil er sich der Kirche unterwarf. Der Bruderschaft, die sich um ihn bildete, SWR2 Wissen – Oktober 2016 2 schrieb er freilich Regeln vor, die dem Vatikan missfielen: Die “Minderen Brüder” oder Franziskaner sollten eine Gemeinschaft besitzloser Gleicher sein und von eigener Hände Arbeit und vom Betteln leben. Schon das Berühren von Münzen galt Franziskus als Sünde. Kein Wunder, dass der Papst von ihm die Niederschrift einer “entschärften” Ordensregel verlangte. Dennoch wurde Franziskus zwei Jahre nach seinem Tode heiliggesprochen. Mittwoch, 5. Oktober Das korrigierte Erbgut Gen-Chirurgie in der Praxis Von Max Rauner In der Gentechnik vollzieht sich eine Revolution. Eine neue Methode, Crispr genannt, erlaubt es, die DNA einzelner Zellen präzise zu verändern – schnell und kostengünstig. Innerhalb weniger Jahre hat die Technik die Labors der Pflanzen- und Tiergenetiker erobert, bald sollen auch Menschen damit behandelt werden. Einer der ersten könnte der 14-jährige Gavriel sein, der an einer seltenen Krankheit leidet. Welches Potenzial hat die neue Gen-Chirurgie für die Medizin? Und welche Risiken stehen dagegen? Donnerstag, 6. Oktober Die radikalen Marys Die englischen Feministinnen Mary Wollstonecraft und Mary Shelley Von Imogen Rhia Herrad Mary Wollstonecraft war eine Tochter des 18. Jahrhunderts. In ihren Schriften feierte sie die Französische Revolution und die freie Liebe und forderte Freiheit, Gleichheit und politische Rechte für die Frau. Ihre Tochter ist vor allem als Autorin des Horrorromans “Frankenstein” bekannt, aber auch Mary Shelley war eine überzeugte Frauenrechtlerin. Ihr Entwurf war dem der Mutter radikal entgegengesetzt: Wollstonecraft forderte klassisch männliche Qualitäten und Vorrechte auch für Frauen ein, Shelley dagegen hielt traditionell weibliche Tugenden hoch und forderte die Befreiung der Männer aus einer Tyrannei der Männlichkeit. Damit zeichnete sie einen noch radikaleren Gesellschaftsentwurf: eine völlige Umkehrung des bestehenden Normsystems. Freitag, 7. Oktober Kämpfer gegen Fürstenwillkür Christian Friedrich Daniel Schubart Von Marianne Thoms Schubart war, in Goethes Worten, der genialste Klaviervirtuose seiner Zeit – neben seinen vielen anderen Begabungen. Der württembergische Aufklärer gründete die sozialkritische Zeitschrift “Teutsche Chronik” und forderte Meinungsfreiheit. Mit einer Novelle über zwei ungleiche Brüder lieferte Schubart die Vorlage für Friedrich Schillers Drama “Die Räuber”. Die einfachen Leute im Herzogtum Württemberg liebten ihn: Mit vulkanischem Temperament attackierte er die Willkür absolutistischer Fürsten, Soldatenhandel und die Macht der Kirche. Doch Herzog Karl Eugen schickte ihn ohne ordentlichen Prozess zehn Jahre lang in Festungshaft, auf den Hohenasperg. Körperlich am Ende, doch politisch ungebrochen, begrüßte Schubart danach leidenschaftlich die Französische Revolution. Mit nur 52 Jahren starb der mutige Aufklärer. Samstag, 8. Oktober Menschenrechte für Tiere – Vom Untertan zum Mitgeschöpf Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (11) Von Klaus Wilhelm Keine Gummibärchen, keine Eier, kein Leder, keine am Tier getesteten Medikamente: Die Zahl der Veganer wächst. Sie sind überzeugt: Tiere sind fühlende Mitgeschöpfe mit eigenen Interessen. Sie dürfen deshalb weder im Stall noch im Haus gehalten werden und schon gar nicht im Labor. Tatsächlich können viele Tiere nach wissenschaftlichem Ermessen Schmerz und Gefühle empfinden und manche zeigen Zeichen von Selbstbewusstsein und Intelligenz. Auch Philosophen und Biologen SWR2 Wissen – Oktober 2016 3 halten deshalb die gegenwärtige industrielle Tierhaltung für nicht vertretbar. Die radikale Position vieler Tierschützer weisen sie dagegen zurück. Ohne moralischen Zeigefinger wollen sie die Lebensbedingungen der Tiere in menschlicher Gefangenschaft verbessern und helfen, Interessenkonflikte zwischen Tier und Mensch zu lösen. (Produktion 2015) Sonntag, 9. Oktober Aula: Über Netzwerke und Verdrahtungen Das Gehirn als Metapher Von Matthias Eckoldt Die modernen Neurowissenschaften arbeiten immer wieder mit Metaphern. Sie beschreiben die Struktur des Gehirns mal wie eine Landkarte mit unterschiedlichen Arealen, dann wieder als komplexes Netzwerk oder als informationsverarbeitende Maschine. Diese Metaphern oder Analogien wurden oftmals aus dem Gebiet der Kultur in die Wissenschaft übertragen oder umgekehrt. Sie zeigen, wie sehr sich die Neurowissenschaften auch von kulturellen Trends leiten lassen. Dr. Matthias Eckoldt, Medienwissenschaftler und Schriftsteller, beschreibt diese Zusammenhänge. Montag, 10. Oktober Genitalverstümmelung Hilfe in Deutschland Von Julia Beißwenger In Deutschland leben rund 40.000 Frauen und Mädchen, die genital verstümmelt sind. Es sind vor allem Migrantinnen, und die Zahl steigt. Die Betroffenen leiden nicht nur körperlich, sondern auch psychisch unter den Folgen der Beschneidung. Das “Desert Flower Center” in Berlin bietet deshalb als einziges Zentrum in Deutschland ganzheitliche Hilfe: Frauen können sich hier operieren lassen und erhalten psychologische Unterstützung. Das Center leistet Pionierarbeit, denn deutschlandweit wissen viele Ärzte und Hebammen, aber auch Psychologen, Lehrer und Sozialarbeiter noch wenig über das Thema. Menschenrechtsorganisationen fordern mehr Aufklärung, um nicht nur betroffenen Frauen, sondern auch gefährdeten Mädchen besser zu helfen. Dabei ist auch die Politik gefordert. Dienstag, 11. Oktober Versiegende Lebensadern Kenianische Nationalparks trocknen aus Von Bettina Rühl Richard Langats Waffen sind zwei Gießkannen und ein Smartphone. Damit versucht er, den MauWald – den “Wasserspeicher Kenias” – zu retten: Täglich gießt er 16.000 Baum-Setzlinge, die auf Kahlschlägen gepflanzt werden sollen; und mit dem Smartphone dokumentiert er illegale Holzfällarbeiten samt ihrer geografischen Koordinaten. Mittlerweile kämpfen Tausende wie er gegen die Vernichtung des Mau-Waldes. Denn der droht seine Funktion als Wasserspeicher zu verlieren: Felder bleiben trocken, Erntemengen gehen zurück. Im Wald entspringt auch der Mara-Fluss, den eine Million Gnus auf ihrer alljährlichen Wanderung überqueren. Das Naturschauspiel zieht Touristen an, die Geld ins Land bringen. Aber der Mara-Fluss schwindet. Seit Januar 2014 versucht ein Konsortium von 14 Organisationen, die Zerstörung zu stoppen. (Produktion 2014) Mittwoch, 12. Oktober Mais Wie eine Pflanze die Welt verändert Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster Mais ist die “Pflanze der Götter” – glaubten die Indios in Südamerika. In ihrem Schöpfungsmythos heißt es, dass der Mensch vor allem aus Maisbrei gemacht ist. Im 16. Jahrhundert brachten die Spanier die ersten Maiskörner nach Europa. Seit den 1930er-Jahren werden für europäische Klimagebiete gezüchtete Sorten verstärkt angebaut. Mais ist heute eine der weltweit wichtigsten Nutzpflanzen. Doch in Deutschland hat er einen schlechten Ruf: Als Futtermittel landet Mais in den SWR2 Wissen – Oktober 2016 4 Trögen der Massentierhalter, als Energiepflanze in den Biogas-Anlagen der Fondsgesellschaften, als Rohstoff zur Weiterverarbeitung in der Industrie. Die genügsame Pflanze ist zum Symbol einer globalisierten, industrialisierten Landwirtschaft geworden. Donnerstag, 13. Oktober Neurodämmerung Wohin steuert die Hirnforschung? Von Martin Hubert Mit großen Hoffnungen und Versprechen begann vor über 20 Jahren der Boom der Neurowissenschaften. Hirnforscher wollten mit neuen Methoden das Rätsel des menschlichen Geistes lösen, kriminelles Verhalten erklären und Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und Schizophrenie aufklären. Das Gehirn schien der Schlüssel zu sein, um den Menschen insgesamt zu verstehen. Mittlerweile ist bei einigen Neurowissenschaftlern Ernüchterung eingetreten, und sie gehen auf kritische Distanz zu ihrer Disziplin. Der menschliche Geist scheint viel zu komplex zu sein, um ihn mit Datensammlungen nervlicher Prozesse zu erfassen. Kritische Hirnforscher betonen, dass sich menschliche Gehirne individuell unterscheiden und in sozialen und kulturellen Kontexten entwickeln. Diese Aspekte müssten in der Forschung stärker berücksichtigt werden. Zeichnet sich eine Trendwende in den Neurowissenschaften ab? (Produktin 2015) Freitag, 14. Oktober Fürstin, Strippenzieherin, Lebefrau Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen Von Pia Fruth Als sie 22 Jahre alt ist, heiratet die Fürstentochter Amalie Zephyrine auf Wunsch ihrer Eltern den Erbprinzen Anton Aloys von Hohenzollern. Das bedeutet, dass die junge Frau aus der Weltstadt Paris ins raue, enge Sigmaringen ziehen muss. Das geht nicht lange gut. Zehn Wochen nach der Geburt ihres einzigen Sohnes Karl flieht sie aus dem Donautal zurück in die Pariser Adelsgesellschaft. Für die Hohenzollern ist das ein handfester Skandal, zumal Amalie ihren Sohn ohne Skrupel in Sigmaringen zurücklässt. Doch als um 1800 die deutschen Fürstentümer durch die sogenannte Rheinbundakte neu geordnet werden, lässt Amalie ihre Beziehungen zur Familie Napoleon Bonapartes spielen und rettet dadurch den Hohenzollern ihre Souveränität. Samstag, 15. Oktober Moral – Eine Frage des Glaubens? Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (12) Von Nela Fichtner Die Kirche predigt heute andere moralische Vorstellungen als noch vor 200 Jahren. Viele der Werte, die wir heute mit dem “christlichen Abendland” verbinden – Menschenrechte, Demokratie, Meinungsfreiheit, Toleranz – wurden einst gegen sie durchgesetzt. Heute dagegen treten die Kirchen – oft gegen den Staat – als moralische Instanz und Bewahrer von Minderheitenrechten auf. Welche Rolle spielt der Glaube überhaupt für das ethische Bewusstsein? Religiöse Menschen zeigen in Umfragen zwar ein höheres soziales Engagement. In Verhaltensexperimenten erweisen sie sich dennoch nicht “gemeinwohlorientierter” als Atheisten. (Produktion 2015) Sonntag, 16. Oktober Aula: Gehst Du Aldi? Wie sich die deutsche Sprache verändert Von Diana Marossek Unsere Sprache verändert sich fortwährend – durch den Einfluss anderer Kulturen, durch digitale Medien, soziale Phänomene und den spezifischen Jugendslang. Im Moment bemerken Wissenschaftler die Tendenz zum “Kurzdeutsch”, das ist eine Verknappung, der Präpositionen und Kasus zum Opfer fallen. Dr. Diana Marossek, Germanistin in Berlin, beschreibt anhand eigener Studien diesen Wandel. SWR2 Wissen – Oktober 2016 5 Montag, 17. Oktober Trucker Tracy Geschlechtsangleichung in Thailand Von Katrin Albinus Nirgendwo werden so viele geschlechtsangleichende Operationen vorgenommen wie in Thailand: Erfahrene Ärzte, verlässliche Ergebnisse – und das alles zu einem Bruchteil des Preises, der etwa in den USA gefordert wird. In Deutschland werden die Operationskosten zwar meist von den Kassen übernommen, doch nicht jeder möchte das Prozedere auf sich nehmen, das damit verbunden ist. Da ist es einfacher, nach Thailand zu reisen und selbst zu zahlen. Dieser Markt hat aber auch seine Schattenseiten: Nicht jeder Mediziner ist wirklich qualifiziert, allzu billige Angebote bergen hohe medizinische Risiken und verleiten Menschen zu einem Schritt, der kein Zurück erlaubt. Die Autorin begleitet die Amerikanerin Tracy Hart, die sich in Bangkok operieren lässt. Dienstag, 18. Oktober Gletscherarchäologie Steinzeitfunde aus dem Eis Von Elisabeth Brückner Der Ötzi ist kein Einzelfall. Immer mehr Hinterlassenschaften der Vorzeit kommen ans Tageslicht, seit die globale Erwärmung nach und nach die alpinen Gletscher zum Schmelzen bringt. Insbesondere am Schnidejoch im Berner Oberland sind Archäologen fündig geworden: Das Eis, das hier jahrtausendelang den Bergsattel bedeckte, ist mittlerweile bis auf einen kleinen Eisfleck geschmolzen und hat rund 900 Artefakte freigegeben. Darunter eine 6800 Jahre alte Schüssel aus Ulmenholz, eine komplette Jägerausrüstung, römische Schuhnägel aus dem Mittelalter. Und das große Schmelzen geht weiter ... (Produktion 2015) Mittwoch, 19. Oktobe Protzbauten des Mittelalters Abschied von Klischees über Burgen Von Matthias Hennies Die Zinnen auf den Burgmauern dienten zum Schutz der Verteidiger, der Bergfried als ihre letzte Zuflucht? Alles falsch. Die neuere Burgenforschung belegt, dass Zinnen das architektonische Symbol des Adels waren, der hoch aufragende Bergfried erinnerte die Bauern an die Macht ihres Herrn. Burgen dienten nämlich zur Repräsentation, oft schützten sie auch Wirtschaftsinteressen, überwachten Bergwerke oder Flussübergänge. Archäologen haben in den vergangenen Jahren so viele Reste komplett zerfallener Burgen ausgegraben, dass sich daraus erstmals weiträumige BurgenLandschaften rekonstruieren lassen, die die Herrschaftsgebiete der Adelsgeschlechter abgrenzten. Historiker können dadurch die Rolle des Adels im frühen Mittelalter genauer definieren. So trägt die aktuelle Burgenforschung zu einem neuen Bild mittelalterlicher Herrschaftsstrukturen bei. Donnerstag, 20. Oktober Niederländer und Flamen erzählen Eine Sprache – viele Geschichten Von Katharina Borchardt Eine Grenze verläuft durch das niederländische Sprachgebiet, seit fast 200 Jahren schon. 1830 erklärten sich die “Südlichen Niederlande” vom Haus Oranien unabhängig. Bis dahin gehörten Flandern und die Niederlande zusammen. Doch trotz der Grenze bilden Sprache und Literatur eine Einheit. Verlage arbeiten grenzübergreifend, und Literaturpreise werden häufig über den Schlagbaum hinweg verliehen. Auch der flämisch-niederländische Gastlandauftritt auf der Frankfurter Buchmesse ist ein gemeinsamer. Viele Autoren sind zu entdecken, die Neues aus dem Flachland erzählen: Geschichten vom Dorf und aus der Stadt, von Liebe und Krieg, von Politik und Alltag. Mit dabei sind Priester und Soldaten, Ärzte und Volkskundler, Landstreicher und Trunkenbolde. Prosa und Lyrik: mal ernst und komisch, immer aber prall und lebendig! SWR2 Wissen – Oktober 2016 6 Freitag, 21. Oktober Die Hanse – Mythos und Wirklichkeit Von Sabine Appel Mit der Hanse verbindet sich nicht nur eine grandiose Erfolgsgeschichte des europäischen Seehandels und der europäischen Ökonomie, sondern sie steht gewissermaßen für eine ganze Kultur – die aber vor allem im Rückblick entworfen wurde, als der Wirtschaftsbund längst zerbrochen war. Noch immer kursiert das Bild vom ehrbaren Kaufmann oder von hanseatischen Attributen wie Zuverlässigkeit, Toleranz und Weltoffenheit. Rund 600 Jahre hatte das im Hochmittelalter gegründete Bündnis niederdeutscher Kaufleute im baltischen Raum letztlich Bestand. Die Sendung begibt sich auf Spurensuche der Hanse – als historisches Phänomen, im heutigen Bewusstsein, im naheliegenden Vergleich mit der aktuellen EU, aber auch im Hinblick auf ihre Legenden und mystifizierenden Lesarten. Samstag, 22. Oktober Kirchen auf Nachwuchssuche Kommunion und Konfirmation Von Hans-Volkmar Findeisen Die beiden Großkirchen sind die größten Bildungsanbieter in Deutschland. Von Kindergärten über Schulen und Akademien bis hin zu zahlreichen Hochschulen bewirtschaften die Kirchen einfach alles. Vom Staat werden sie dafür reichlich alimentiert. Ausgerechnet beim konfessionellen und katechetischen Kerngeschäft jedoch, dem Vorbereitungsunterricht zu Kommunion und Konfirmation, haperte es gewaltig. Jetzt laufen den Kirchen die Jungen davon, und plötzlich herrscht hektische Betriebsamkeit. Katholiken und Protestanten sind angetreten, ihre hauseigenen pädagogischen Grauzonen mit hellem Licht auszuleuchten. Sonntag, 23. Oktober Aula: Gerüchte und Halbwahrheiten Wie funktionieren Verschwörungstheorien? Von Michael Butter Die Mondlandung, die Ukraine-Krise, die Nichtexistenz von Bielefeld oder der Terroranschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo – diese Ereignisse haben eins gemeinsam: Um sie ranken sich zahlreiche Mutmaßungen, Fiktionen und Gerüchte, sie werden von Verschwörungstheorien verformt und überwölbt. “Verschwörungstheorien können zur Radikalisierung von Extremisten beitragen, Spannungen zwischen Nationen befeuern und das Vertrauen in demokratische Institutionen und Medien unterlaufen”, sagt der Anglist Professor Michael Butter von der Universität Tübingen, der ein Forschungsnetzwerk leitet, das das Phänomen interdisziplinär analysiert. In der SWR2 Aula erklärt Butter Ursachen und Wirkungen des Phänomens. (Produktion März 2016) Montag, 24. Oktober Das Rätsel des Bewusstseins Ich bin ich bin ich Von Ralf Caspary Max Mustermann spaziert durch den Wald und weiß genau, dass er es ist, der da geht, der sich sehr wohl fühlt, der das Grün der Bäume erlebt, der diese vielen Gedanken hat. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht: Philosophen, Psychologen und Hirnforscher versuchen immer wieder, diesem Mysterium des Ich-Bewusstseins auf den Grund zu kommen. Das Problem: Wie kann man so eine radikal subjektive Innensicht objektiv erfassen? Und was ist es überhaupt, das Ich: Eine Illusion, vom Gehirn produziert oder etwas tatsächlich Vorhandenes? SWR2 Wissen – Oktober 2016 7 Dienstag, 25. Oktober Das Wattenmeer im Klimawandel Von Martina Keller Der Klimawandel hat Folgen – auch für die deutsche Nordseeküste. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnte der Meeresspiegel im schlimmsten Fall um bis zu 80 Zentimeter steigen. Die Naturlandschaft Wattenmeer droht regelrecht zu “ertrinken”, drei Viertel der Fläche könnten um das Jahr 2100 dauerhaft unter Wasser stehen – mit katastrophalen Konsequenzen für das Ökosystem des weltweit größten Wattenmeeres. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein will das verhindern: Regelmäßige Aufspülungen von Millionen von Tonnen Sand sollen das Sediment “mitwachsen” lassen, so steht es in einem 120 Seiten starken Strategiepapier. Es gilt, ein Weltnaturerbe zu erhalten. Aber darf man so massiv in die Natur eingreifen, um sie zu schützen? Mittwoch, 26. Oktober Cannabis Legalisieren oder bestrafen? Von Kai Laufen US-Bundesstaaten wie Colorado und Washington haben Cannabis für Erwachsene legalisiert. Auch Portugal und Uruguay wenden sich von der jahrzehntelangen Strafverfolgung ab. In Deutschland ist die Diskussion festgefahren. Die einen plädieren für eine Entkriminalisierung: Durch Strafandrohung lasse sich niemand vom Kiffen abhalten, vom Verbot profitierten lediglich der Schwarzmarkt und die organisierte Kriminalität. Befürworter der bisherigen Verbotspraxis weisen dagegen auf die Gesundheitsrisiken durch Cannabiskonsum hin. Doch immer mehr Kommunen drängen auf einen neuen, liberaleren Ansatz in der Drogenpolitik. Donnerstag, 27. Oktober Höflichkeit – Die Kunst, Respekt zu zeigen Von Joachim Meißner Drängeleien an der Kasse, schlechte Manieren bei Tisch, lautstarke Handytelefonate im Zug – jeder von uns kennt solche Rüpeleien. Dass wir uns darüber aufregen, beweist Psychologen und Philosophen, dass Höflichkeit noch immer eine große Bedeutung für uns hat. Aber warum ist sie uns wichtig? Wann ist sie eine leere Floskel, wann eine echte Geste der Achtung und des Respekts? Die Unsicherheit darüber, wann Höflichkeit angebracht ist, hängt eng mit dem Wandel unserer Gesellschaft zusammen. War man zu Großvaters Zeiten noch ein Kavalier, wenn man einer Frau die Tür aufhielt, gilt dies in Zeiten der Gleichberechtigung oftmals als antiquiert. Beim gemeinsamen Essen mit dem Smartphone zu spielen ist hierzulande unhöflich – im technikverliebten Korea ist es ganz normal. Globalisierung, moderne Kommunikationsmittel und eine pluralistische Gesellschaft stellen unsere Auffassungen von Höflichkeit vor neue Herausforderungen. Freitag, 28. Oktober Erasmus von Rotterdam Mit Humor gegen Fundamentalismus Von Michael Reitz Erasmus von Rotterdam (1446 – 1536) war ein niederländischer Philosoph, Theologe und Humanist. Sein bekanntestes Werk ist “Das Lob der Narrheit”. Erasmus behauptet in diesem satirischzeitkritischen Essay: Kein Mensch kann ohne Torheit ein sinnvolles Leben führen. Nur wer misstraut und zweifelt und sich lustig machen kann über den Zeitgeist, wird langfristig ein glücklicher Mensch sein. Erasmus greift die Dummheit nicht frontal an, sondern lässt sie selber zu Wort und damit zur Selbstentlarvung kommen. Der Bezug zu heute ist deutlich: In populistischen Parolen oder dem Shitstorm maskiert sich die Dummheit als basisdemokratisches Verfahren. Daraus ergibt sich die Frage, ob die Chancen der Narrheit in unserer postmodern-aufgeklärten Zeit nicht größer sind als jemals zuvor. SWR2 Wissen – Oktober 2016 8 Samstag, 29. Oktober Terrorangst im Kinderzimmer Was Eltern tun können Von Maike Hildebrand Mit den Anschlägen von Paris, Brüssel oder Nizza ist die Bedrohung durch den Terror näher gerückt. Unsicherheit begleitet den Alltag vieler Menschen in Deutschland und somit auch das Leben von Kindern und Jugendlichen. Gerade die Jüngsten können Terrorattentate oft nicht einordnen und sie leiden unter diffusen Ängsten. Eltern sind hilflos und wissen nicht, wie sie mit ihren Kindern über die Gräueltaten reden können. Versuche, sie von den Ereignissen fernzuhalten, sind zwecklos, denn die Medien sind allgegenwärtig. Doch Erwachsene können Kindern und Jugendlichen helfen, mit dem Risiko zu leben. Sonntag, 30. Oktober Aula: Geborgte Leidenschaft Erotik und Exotik im coolen Zeitalter Von Raimund Allebrand Flamenco aus Andalusien, argentinischer Tango und ebenso die lateinamerikanische Salsa, kurzum: Rhythmen aus dem spanischen Sprach- und Kulturraum erzielen in Deutschland seit Jahrzehnten eine ungeahnte Breitenwirkung. Warum? Diese musikalischen Genres kanalisieren vielleicht Sehnsüchte nach Körpergefühl und Leidenschaft, sie versprechen uns Exotik und Erotik – und deshalb geben sie uns womöglich Hinweise zu einem kulturellen Mainstream unserer Zeit. Raimund Allebrand, Journalist, Buchautor und Psychotherapeut, geht diesem Trend nach. Montag, 31. Oktober ARD-Themenwoche: Zukunft der Arbeit Arbeit um jeden Preis Nepalesische Wanderarbeiter in Katar Von Esther Saoub Seit der Vergabe der Fußball-WM 2022 schaut die Welt auf das Emirat Katar am Persischen Golf. Gewerkschafter interessieren sich für die Arbeitsbedingungen von 1,7 Millionen Migranten dort, darunter eine halbe Millionen Nepalesen, die teils unter unmenschlichen Bedingungen leben. Sie verschulden sich bei Vermittlungsagenturen für Arbeitsverträge, die dann nur die Hälfte des versprochenen Lohns bringen. Nach fünf Jahren Schweigen beginnen Katars Regierung und der Weltfußballverband FIFA zu reagieren: Das katarische Arbeitsgesetz wird reformiert, FIFA-Baustellen werden überwacht. Doch Arbeitgeber behalten Macht über ihre Arbeiter – die Grenzen zur Ausbeutung sind fließend. Und selbst Erfolgsgeschichten sind traurig: Wanderarbeiter schuften für Kinder, die ohne Vater aufwachsen. SWR2 Wissen – Oktober 2016 9 SWR2 IMPULS: „1000 ANTWORTEN“ Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher? Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Jeden Mittwoch gibt es in SWR2 Impuls Antworten auf die Wissens-Fragen der SWR2 Hörer. SWR2 IMPULS bietet damit eine einzigartige Gelegenheit, allgemeine und spezielle Fragen zu einem Sachthema an einen renommierten Experten weiterzugeben. Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter www.swr.de/blog/1000Antworten und twitter.com/1000Antworten SWR2 IMPULS (Montag bis Freitag 16.05 bis 17.00 Uhr) auf SWR2 und um 21.03 Uhr auch bei SWRinfo. SWRinfo SWRinfo sendet täglich ab 6 Uhr im Viertelstundenrhythmus Nachrichten, die durch Wettervorhersagen und Verkehrshinweise ergänzt werden. Zusätzlich bietet SWRinfo Hintergrundinformation zu aktuellen Themen, u. a. aus Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Wissenschaft, Technik, Umwelt und Sport. Dabei steht der regionale Bezug zum Südwesten im Vordergrund. Abends um 20 Uhr sendet SWRinfo die ARD Tagesschau, danach runden ausführliche Hintergrundsendungen, teilweise aus anderen SWR-Hörfunkprogrammen, das Programm ab. WISSEN können Sie am Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr sowie am Samstag um 21.30 Uhr und am Sonntag um 14.30 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. CAMPUS – NEUES AUS FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTSPOLITIK Samstags, 10.05 – 10.30 Uhr SWR2 Wer den nächsten Nobelpreis bekommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in CAMPUS über diese Arbeit längst berichtet wurde. Jeden Samstag gibt es hier Neues aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Damit nicht genug. In CAMPUS erfährt man auch, unter welchen Bedingungen geforscht wird und wie es um den wissenschaftlichen Nachwuchs steht. Hochschul- und Forschungspolitik haben hier ihren festen Platz. CAMPUS – ein Magazin mit Kurzberichten, Interviews, Glossen und Kommentaren richtet sich an alle, für die »Wissensgesellschaft« nicht nur ein Schlagwort ist. CAMPUS können Sie am Sonntag um 14.05 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. SWR2 WISSEN – SERVICE SWR2 WISSEN Podcast – Webradio SWR2 WISSEN können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskriptdienst Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen. Auch als E-Book für mobile Endgeräte. Programm-Informationen per E-Mail Die Wochenübersichten des Programms von SWR2 WISSEN können Sie sich regelmäßig über den SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter www.swr2.de/wissen (Service). SWR2 Wissen – Oktober 2016 10 SWR2 Programmfragen Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222 (Mo – Fr 10 – 12 Uhr). Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter Telefon 07221 300 200 oder swr2.de IMPRESSUM Südwestrundfunk SWR Redaktion SWR2 WISSEN Redaktionskollegium (Mo, Di, Do, Fr) Anja Brockert, Detlef Clas, Udo Zindel, Gábor Paál, Sonja Striegl (Mi) Christoph König (Sa) Ralf Caspary (So) 76522 Baden-Baden Fax 07221 929-22387 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.swr2.de/wissen
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