SWR2 Zeitwort

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SWR2 Zeitwort
25.08.1810:
Der Brite Peter Durand lässt die Konservendose patentieren
Von Von Wolfgang Grossmann
Sendung: 25.08.2016
Redaktion: Ursula Wegener
Produktion: SWR 2016
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Autor:
Napoleon hat der Welt nicht nur die Völkerschlacht und den „code civil“ hinterlassen,
auf sein Konto geht auch das Industrielle Haltbarmachen von Lebensmitteln. Weil
seine immer größer werdenden Truppen weniger im Kampf sondern vielmehr an
Hunger starben, lobte Napoleon einen Preis aus. 12.000 Goldfranken für den, der
Nahrungsmittel konservieren konnte. Den Preis gewann 1810 der Pariser
Zuckerbäcker Nicolas Appert. Er füllte Lebensmittel in sterilisierte Gläser. Eine
zerbrechliche Angelegenheit. Zur gleichen Zeit in England. Der Brite Peter Durand
versucht erfolgreich die Konservierung in Blech. Genau am 25. August 1810, heute
vor 206 Jahren erhält er das erste Patent für die Konservendose. Und wie in
Frankreich, so auch in England: sofort interessierten sich Marine und Armee dafür.
1813 begann die Massenproduktion von Dosenkonserven aber es gab ein Problem.
Der Büchsenöffner fehlte. Der wurde erst 50 Jahre später erfunden. Bis dahin
mussten die Soldaten die Konservendosen mit dem Bajonett öffnen, um an ihr Essen
zu gelangen. Die Dose machte also militärisch Karriere. Nicht nur als
Nahrungsbehältnis für Soldaten an der Front, sondern auch als Blechbüchsenarmee
in der Augsburger Puppenkiste:
Blechbüchsenarmee:
„Zwei, drei vier, marschieren wir, in schnellem Lauf, Berg hinauf. Oben dann,
allemann schaun mit List wo Feind ist. Jawoll. Blechbüchsen roll, roll roll. Ja dann
geht’s schepper depper depper rolleroll, jawoll jawoll, jawoll jawoll…“
Autor:
Die Dose geriet anfangs in Verruf. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die
Deckel mit Blei verlötet, und zahlreiche englische Solddaten starben an den
schleichenden Vergiftungen. Inzwischen sind die Dosen aus beschichtetem
Weißblech. 1933 wurde in den USA die erste Getränkedose entwickelt. Der Inhalt:
Bier. Es geht allerdings auch um die Wurst. So wie in Mehrstätten bei Münsingen auf
dem Schmaudershof. Dort werden pro Woche bis 1000 Dosen mit Produkten vom
Bauernhof haltbar gemacht. Jürgen Schmauder ist Hofbesitzer, Metzgermeister und
er klärt, wie die Wurst in die Dose kommt:
O-Ton Jürgen Schmauder:
„Also, die Dosen sind ohne Deckel, hygienisch rein und dann werden die bei uns nur
befüllt, verschlossen mit `nem Deckel und gekocht. Da kommt jetzt ne Lyonerbrät
`nei.“
Autor:
Wurst, Gemüse oder Suppen. Andy Warhol hat der Dose ein Denkmal gesetzt. Die
wohl berühmteste Konservendose der Welt hängt auf Leinwand vervielfältigt als
Tomatensuppe im Museum of Modern Art in New York. Kunst in und mit der Dose.
Vorzugsweise in Westernfilmen wird auf die Dose als Zielübung geschossen und auf
jedem Rummel vergnügen sich die Besucher noch heute beim Dosenwerfen.
Atmo: Dosenwerfen auf dem Rummel
Autor:
In Deutschland allerdings kam die Getränke-Dose ins Gerede, als für sie Pfand
verlangt wurde. Was 2003 zu einem Umsatzknick führte, ist heute längst passé. Zum
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Bedauern der Umweltschützer stehen Dosen wieder im massenhaft in den
Supermarktregalen. Und auch für eine kuriose Karriere war und ist die Dose zu
haben. Es gibt sie gefüllt mit Berliner Luft – der
Hauptstadtduft ist als Scherzartikel ab 4,80 € im Internet zu kaufen.
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