inoffizielles Skript Angewandte Differentialgeometrie Gehalten von Dr. S. Grensing im Sommersemester 2013 getippt von Aleksandar Sandic∗ 22. Juli 2016 ∗ [email protected] Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1 Räuber und Gendarm 1 Metrische Räume mit oberen Krümmungsschranken . . . . . . . 2 Konvexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Räuber und Gendarm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Geometrische Charakterisierung von Flucht- und Verfolgerkurven 5 Positive Krümmungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 10 12 22 26 2 Bewegungsplanung & Konfigurationsräume 1 Geometrie des Kubenkomplexes Kn G . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Nichtpositive Krümmung von Kubenkomplexen . . . . . . . . . . . . 3 Verallgemeinerung: Lokal rekonfigurierbare Räume . . . . . . . . . . 29 36 38 40 3 „Gestänge“ (Linkages) 1 Abstandsfunktion von Roboterarmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Polygonräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Walkers Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 43 43 50 4 Kinematik 1 Vorwärtstransformation . . . . . . . 2 Linarisierung (d.h. Tangentialräume) 3 Adjungierte Darstellung . . . . . . . 4 Exponentialabbildung . . . . . . . . 5 Clifford Algebren . . . . . . . . . . . 53 55 56 57 59 61 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3 Vorwort Über dieses Skript Dies ist eine Mitschrieb der Vorlesung „Angewandte Differentialgeometrie“ von Dr. S. Grensing, gehalten im Sommersemester 2013 am Karlsruher Institut für Technologie. Dr. Grensing ist nicht für den Inhalt verantwortlich und es besteht weder eine Garantie für Vollständigkeit, noch Korrektheit der enthaltenen Aussagen. Wer Das Skript wurde in von Aleksandar Sandic getippt. Bei Anmerkungen bzw. beim Auffinden von Fehlern korrigierte bitte die entsprechende Stelle in Wiki oder schickt eine E-Mail an [email protected] Wo Link zur Vorlesung: http://www.math.kit.edu/iag5/lehre/angdifgeo2013s/de Link zum Skript: http://mitschriebwiki.nomeata.de/AngDiffGeo2013.pdf Link zum Mitschiebwiki: http://mitschriebwiki.nomeata.de/ To Do Fertig, die Vorlesung ist beendet und der Inhalt ist vollständig. Eventuell könnte man noch die Übung in’s Skript aufnehmen, aber ich bin nicht sicher ob das den Aufwand wert wäre. Ansonsten. . . • Glossareinträge anlegen • Ein richtiges Literaturverzeichnis 5 Kapitel 1 Räuber und Gendarm 1 Metrische Räume mit oberen Krümmungsschranken Es sei (X, d) ein metrischer Raum. Ein Weg c : I → X heißt (minimierende) Geodätische, wenn d(c(t), c(t0 )) = (t − t0 ) für alle t, t0 ∈ I gilt. Der Raum X heißt geodätischer Raum, wenn für alle x, y ∈ X eine Geodätische von x nach y existiert, beziehungsweise R-geodätisch, wenn dies für d(x, y) ≤ R gilt. Ist c : [a, b] → X ein Weg so heißt er rektifizierbar, falls seine Länge dn c(ti+1 ) L(c) = sup nX d(c(ti ), c(ti+1 )) | t1 < . . . tn , ti ∈ I c o c(ti ) endlich ist. Es gilt d(c(a), c(b)) ≤ L(c). Die Kurvenlänge ist invariant unter monotonen Reparametrisierungen. Die Längenfunktion t 7→ L(c|[a,t] ) ist monoton wachsend; insbesondere besitzt jede Kurve eine Bogenlängenparametrisierung. Der Raum (X, d) heißt Längenraum (oder d innere Metrik), falls die Metrik d(x, y) = inf{L(c) | c : I → X rektif’barer Weg, c(0) = x, c(1) = y} mit d übereinstimmt. Beispiele 1) Rn mit der euklidischen Metrik ist ein geodätischer Raum und ein Längenraum. 2) Jede Riemannsche Mannigfaltigkeit ist ein Längenraum (Beweis zur Übung). 3) Ist (X, d) ein metrischer Raum, so folgt dass (X, d) eine Längenmetrik ist, das heißt d = d (das iterieren der Konstruktion liefert keine neue Metrik). 4) Jeder geodätische Raum ist ein Längenraum. Es gilt stets d ≤ d. Sind x, y ∈ X und ist γ : [a, b] → X eine Geodätische von x nach y, so gilt: L(γ) = sup nX d(γ(ti ), γ(ti+1 )) o = sup nX (ti+1 − ti ) o = t − a = d(x, y). Also d(x, y) = inf L(c) ≤ L(γ) = d(x, y) c 5) R2 \{0} ist ein Längenraum (bezüglich der euklidischen Metrik), aber kein geodätischer Raum. 7 di Kapitel 1: Räuber und Gendarm −1 1 Es gibt keine kürzeste Verbindung Satz (von Hopf-Rinow; Chom-Vossen 1935) Es sei X ein lokalkompakter Längenraum. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent: (i) X ist vollständig (ii) X ist geodätisch vollständig, das heißt jede Geodätische c : [0, 1) → X kann in 1 fortgesetzt werden. (iii) Beschränkte abgeschlossene Mengen sind kompakt. Jede der obigen Aussagen impliziert, dass X ein geodätischer Raum ist. y x Kanten en der Länge 1 + 1 n ; Es gibt keine Kurve der Länge 1 Es bezeichne Mκ2 die (eindeutigen) 2-dimensionalen, einfachzusammenhängenden Riemannschen Mannigfaltigkeiten mit der Schnittkrümmung sec ≡ κ, und Dκ ihren Durchmesser: Mκ2 = 2 S √1κ ,κ > 0 R2 ,κ = 0 H2√1 ,κ < 0 κ √π ,κ > 0 κ Dκ = ∞ , κ ≤ 0 wobei 2 3 H √1 = x ∈ R | κ x21 + x22 − x23 1 =− . κ Es sei X ein metrischer Raum. Ein geodätisches Dreieck ∆(x, y, z) besteht aus Geodätischen cxy = xy, cyz = yz und czx = zx zwischen den Punkten x, y und z. Ein Vergleichsdreieck in Mκ2 ist ein geodätisches Dreieck ∆(x, y, z) mit gleichen Kantenlängen wie das ursprüngliche Dreieck. Ein solches Vergleichsdrieck existiert eindeutig, falls der Umfang d(x, y) + d(y, z) + d(z, x) ≤ 2Dκ ist. Ein Punkt p ∈ ∆(x, y, z) heißt Vergleichspunkt zu p ∈ ∆(x, y, z), p ∈ xy, falls d(x, p) = d(x, p). Das Dreieck ∆(x, y, z) erfüllt die CAT (κ)-Ungleichung, wenn für alle p, q ∈ ∆(x, y, z) mit vergleichpunkten p, q gilt: d(p, q) ≤ d(p, q) 8 1 Metrische Räume mit oberen Krümmungsschranken z z ⊆X ⊆ R2 q q y p y x p x Der Raum X besitzt die obere Krümmungsschranke κ, wenn für alle x ∈ X eine geodätische Umgebung existiert, in der alle Dreiecke die CAT(κ)-Ungleichung erfüllen. Für κ = 0 heißt X nicht-positiv gekrümmt. Erfüllt X global die CAT(κ)Ungleichung, so heißt X CAT (κ)-Raum. Beispiele 2 1) R2 ist CAT(0), M 2 = R Z2 ist nichtpositiv gekrümmt. 2) S1 ist CAT(1). 3) R2 \Q1 , Q1 = {x1 > 0, x2 > 0}, mit der induzierten Längenmetrik ist CAT(0). z Q1 y x 4) Sei (M, g) Riemannsche Manngifaltigkeit mit der Schnittkrümmung secg ≤ κ und vollständig. Nach dem Satz von Topogonov hat M die obere Krümmungsschranke κ. Eigenschaften von CAT(κ)-Räumen • Geodätische der Länge < Dκ sind eindeutig. • Bälle vom Radius < 12 Dκ sind konvex und zusammenziehbar. • CAT(0)-Räume sind zusammenziehbar. Charakterisierung von CAT(κ)-Räumen Für jedes geodätische Dreieck ∆(x, y, z) vom Umfang < 2Dκ und Punkte p ∈ xy und q ∈ xz gilt für Vergleichsdreiecke ∆(x, y, z) und ∆(x, p, q): (in Mκ2 ) x (p, q) ≤ x (y, z) z z ∆(x, y, z) q q ∆(x, p, q, ) p y p x y x Ist X ein CAT(κ)-Raum und sind c1 und c2 Geodätische mit gleichem Startpunkt c1 (0) = c2 (0) = x so ist der Winkel x (c1 (s), c2 (t)) monoton wachsend in s und t. Damit ist der Winkel (c1 , c2 ) = lim x (c1 (s), c2 (t)) = lim x (c1 (t), c2 (t)) s,t→0 t→0 9 Kapitel 1: Räuber und Gendarm wohldefiniert. Satz (von Hadamart-Cartan; Alexander-Bishop 1990) Es sei X ein vollständiger metrischer Raum mit der oberen Krümmungsschranke κ ≤ 0. Dann ist seine universelle Überlagerung X̃ (bezüglich der induzierten Metrik) (global) CAT(κ). 2 Konvexität Eine Teilmenge C eines CAT(0)-Raumes (geodätischer Raum) heißt konvex, falls für alle x, y ∈ C das geodätische Segment von x nach y existiert und in ganz C verläuft. Eine Abbildung f : X → R auf einem CAT(0)-Raum heißt konvex, falls für jede Geodätische c : [0, 1] → X die Funktion f ◦ c : [0, 1] → R konvex im gewöhnlichen Sinne ist. Ist X ein CAT(0)-Raum, so ist die Metrik konvex, das heißt für Geodätische c1 , c2 : [0, 1] → X ist die Funktion t 7→ d(c1 (t), c2 (t)) konvex, wie man in der folgenden Beweisskizze erkennt: Beweisskizze Wir betrachten ohne Einschränkung den Fall dass beide Geodätischen den gleichen Startpunkt x = c1 (0) = c2 (0) haben: c2 (1) = z z ⊆X c1 (t) ⊆ R2 c2 (t) c2 (t) y c1 (1) = y c1 (t) x x = c1 (0) = c2 (0) Bei Betrachtung des Vergleichsdreiecks zu ∆(c1 (0), c1 (1), c2 (1)) erhalten wir aus der CAT(0)-Ungleichung: d(c1 (t), c2 (t)) ≤ dR2 (c1 (t), c2 (t)) = t · dR2 (y, z) = t · dR2 (c1 (1), c2 (1)) Betrachte nun c von c2 (0) nach c1 (1). c2 (1) c2 (t) c2 (0) c(t) c c1 (0) c1 (t) c1 (1) 10 2 Konvexität Nach der Dreiecksungleichung gilt: d(c1 (t), c2 (t)) ≤ d(c1 (t), c(t)) + d(c2 (t), c(t)) ≤ (1 − t) · d(c1 (0), c2 (0)) + t · d(c1 (1), c2 (1)) (2) Geodätische Segmente in X sind immer eindeutig, wie man mit der folgenden Skizze erkennen kann: c1 x y c2 Die Abstandsfunktion d(c1 (·), c2 (·)) ist konvex mit Nullstellen in 0 und 1, also konstant Null und damit c1 = c2 . Nun fixiere x0 ∈ X, und sei cx das geodätische Segment von x0 nach x. x cx x0 cx (t) cy y Damit wird H(x, t) = cx (t) eine Retraktion von X auf {x0 }. Ist C eine vollständige konvexe Teilmenge von X, so existiert eine „orthogonale Projektion“ π : X → C mit folgenden Eigenschaften: (i) Für jedes x ∈ X ist π(x) ∈ X der eindeutig bestimmte Punkt mit d(x, π(x)) = d(x, C) = inf{d(x, c) | c ∈ C} (ii) Für Punkte y ∈ C und x ∈ / C, mit π(x) 6= y, gilt π(x) (x, y) ≥ π2 . (iii) Es gilt π(xπ(x)) = {π(x)}. (iv) π ist eine Retraktion von X auf C, welche Abstände nicht vergrößert. C π(x0 ) = π(x) y π(x) π(z) ≥ π 2 ≥ π 2 x x0 z Konstruktion Es seien X1 und X2 zwei CAT(0)-Räume. Dann ist X1 × X2 ebenfalls ein CAT(0)Raum bezüglich der Produktmetrik. Die Geodätischen von X1 × X2 sind genau die Produkt c1 × c2 von Geodätischen ci in Xi . X1 x1 X2 y x2 11 Kapitel 1: Räuber und Gendarm Weitere CAT(0)-Räume erhält man durch „Verkleben“ entlang konvexer Teilmengen. Es sei A ein vollständiger metrischer Raum und seien ιi : A ,→ Ai ⊆ Xi Isometrien auf konvexen Teilmengen in X1 beziehungsweise X2 . Dann ist X1 ∪A X2 = ˙ 2 X1 ∪X {ι1 (a) = ι2 (a) ∈ A} mit der Metrik d(x, y) = d x, y ∈ Xi Xi (x, y) inf a∈A {d(x, ιi (a)) + d(ιj (a), y)} x ∈ Xi , y ∈ Xj , i 6= j ein CAT(0)-Raum. X2 X1 A2 A1 z z0 x0 y x Betrachte die Vergleichsdreiecke ∆(x, x0 , z 0 ) und ∆(z 0 , y, x0 ) 3 Räuber und Gendarm Regeln Das Spielfeld D sei eine zusammenhängende Teilmenge des Rn . Eine Startkonfiguration sei gegeben durch eine endliche Anzahl von Verfolgern P1 , . . . , PN ∈ D und einen Flüchtigen E ∈ D. Wir betrachten zunächst (zeitlich) diskrete Modelle. Es bezeichnen Pkt beziehungsweise E t die Positionen der Verfolger beziehungsweise des Flüchtigen zum Zeitpunkt t ∈ N. Spielverlauf Zum Zeitpunkt t wählt zunächst E t eine neue Position E t+1 mit dem Abstand d(E t , E t+1 ) ≤ 1, also höchstens eine Einheit entfernt von der vorherigen Position, danach (simultan) die Verfolger Pkt , entsprechend mit d(Pkt , Pkt+1 ) ≤ 1. Die Verfolger gewinnen, wenn für jedes C > 1 ein t ∈ N existiert, so dass d(E t , Pkt ) < C für ein k ∈ N gilt. Satz Auf jedem Kompaktum D ⊆ Rn ist „Greedy“ stets erfolgreich (mit mindestens einem Verfolger). Greedy Der Verfolger bewegt sich um die Distanz 1 auf der Strecke P t E t : 12 3 Räuber und Gendarm Et P t+1 Pt Beweisskizze (allgemein später) Skizze zum Greedy Algorithmus: Et 1 dt αt P t+1 E t+1 dt+1 > 1 + ε 1 Pt dt+1 ≤ 1 + (dt − 1) = dt ⇒ limt→∞ dt =: d∞ Angenommen der Flüchtige würde entkommen. Dann wäre d∞ > 1 und damit der t→∞ Winkel αt −−−→ 0, das bedeutet D würde beliebig lange Geradensegmente enthalten, wäre also nicht kompakt. Das ist ein Widerspruch zur Voraussetzung. (2) Mehrere Verfolger in Rn Wann ist ein Entkommen bei mehreren Verfolgern überhaupt möglich? Wir schauen uns die folgende Zeichnung an: Hyperebenen P5 P1 P6 P3 P4 E P2 Sei C t = conv(P1t , . . . , PNt ) die konvexe Hülle zum Zeitpunkt t. Ein Entkommen ist ◦ möglich, wenn es eine trennende Hyperebene gibt, also wenn E ∈ / conv(P1t , . . . , PNt ), ◦ wobei conv das Innere der konvexen Hülle bezeichnet. Es stellt sich die Frage, ob die Umkehrung auch zutrifft, also ob nie ein Entkommen möglich ist, wenn E ∈ ◦ conv(P1 , . . . , PN ). Bei Greedy ist das nicht der Fall, der Beweis ist dem Leser zur Übung überlassen. Wir weden uns nun also einen neuen Algorithmus anschauen. Planes Die idee hinter dem Planes Algorithmus ist den Bereich um die Verfolger durch Hyperebenen einzugrenzen und systematisch zu verkleinern. 13 Kapitel 1: Räuber und Gendarm P2 P3 E0 P4 P1 P5 • Pkt+1 = Pkt+1 (Pkt , E t , E t+1 ) • Gerade Lt+1 parallel zu E t Pkt durch E t+1 k Et r Pkt 1 Pkt+1 Lt+1 k t+1 ) minimal • Pkt+1 ∈ Lt+1 mit d(Pkt , Pkt+1 ) = 1 und d(t+1 k k ,E Satz (Kopperty-Ravishankar ’05) ◦ Es sei D = Rn . Falls E ∈ conv(P1 , . . . , PN ) gilt, so ist Planes erfolgreich. Beweis Zunächst stellen wir mit der folgenden Zeichnung einige Vorüberlegungen an: Pt dt Et ϑ ϑ r 1 a = r sin ϑ r −r cos ϑ dt − dt+1 dt+1 E t+1 b Falls ϑ ≤ π2√gilt r cos ϑ ≥ 0 und damit folgt dt − dt+1 ≥ 0. Im Fall ϑ > r cos ϑ = −r 1 − sin2 ϑ und damit folgt dann dt − dt+1 = vk E Pk Es bezeichne vk := p p r≤1 π 2 gilt p 1 − r sin2 ϑ − r 1 − sin2 ϑ ≥ (1 − r) 1 − sin2 ϑ ≥ 0. 0 −E 0 PK 0 −E 0 k kPK ◦ den Einheitsvektor in Richtung E 0 Pk0 . Da E ∈ conv(P1 , . . . , PN ) ◦ gilt, existiert ein ε > 0 mit der Sphäre Bε ⊆ conv(v1 , . . . , vN ). Ohne Einschränkung kann man annehmen, dass die v1 , . . . , vn+1 in allgemeiner Lage sind und ◦ dass Bε (0) ⊆ conv(v1 , . . . , vn+1 ), sowie E = 0 ist. Für ein v ∈ Sn−1 existieren P λ1 , . . . , λn+1 ∈ (0, 1) mit εv = n+1 k=1 λk vk und es folgt ε = εkvk2 = hv, εvi = X λk hv, vk i. ε man findet also ein k, so dass hv, vk i ≥ n+1 = dmin > 0 gilt. Es seien v = t und k = k(v) wie oben. Dann gilt cos ϑk = hv, vk i ≥ dmin . 14 E t+1 −E t kE t+1 −E t k 3 Räuber und Gendarm E t+1 r v Et vk Pt Es gilt: dt − dt+1 = q 1 − r2 sin2 ϑtk + r cos ϑtk ≥ p 1 − r2 + r cos ϑtk p 1 − r2 − cos ϑtk (1 − r) + cos ϑtk √ √ √ ≥ 1 − r( 1 + r − 1 − r) + cos ϑtk = ≥ hv, vk i ≥ dmin > 0 und dt+1 = X dt+1 ≤ k X dtk − dmin ≤ . . . ≤ k X d0k − tdmin k 2 Modifikation: Spheres Wir betrachten das Lion and Man Problem: ein Mensch versucht einem Löwen zu entkommen. Lt+1 Lion Man Der Löwe wählt einen Punkt, so dass er zwischen den Menschen und dem Punkt steht. Als Abgrenzung dient im Gegensatz zu Planes keine Hyperebene, sondern eine Sphäre durch den Punkt und die Position des Löwen. Spheres • Initialisierung: Wähle Punkte pk auf Geraden durch E und Pk so, dass Pk ∈ pk E gilt und die Komponente von Rn \ Bd(pk ,Pk ) (pk ), welche E enthält, beschrieben ist. p3 P4 P3 P5 E P2 P1 • Pkt+1 = Pkt+1 (pk , Pkt , E t+1 ) • Pkt+1 ∈ pk E t+1 mit d(Pkt , Pkt+1 ) = 1 und d(Pkt+1 , E t+1 ) minimal. 15 Kapitel 1: Räuber und Gendarm E t+1 Pkt+1 r 1 Et Pkt Satz ◦ Es sei D = Rn . Falls E ∈ conv(P1 , . . . , PN ) gilt, so ist Spheres erfolgreich. Beweisskizze Wir betrachten in dem folgenden Bild den Unterschied zwischen Planes und Spheres E t+1 Et Pkt r Pkt E t+1 Pkt+1 α pk Pkt Q (Wahl nach Planes) β = P t (Q,E) Q k ⇒ d(Dt+1 , E t+1 ) < d(Q, E t+1 ) Sei Rt = conv(p1 , . . . , pN ) \ eingeschlossene Bereich. SN k=1 Bd(pk ,Pkt ) (pk ) der zum Zeitpunkt t von den Sphären P4t P3t P5t Rt P2t P1t Wie für Planes zeigt man: Es existiert ein ε > 0, so dass für alle Punkte x ∈ Rt und Vektoren v ∈ Sn−1 ein k ≤ N und ein vk = kPPkk −x −xk mit hvk (x), vi ≥ dmin > 0 existieren. Es sei v = E t+1 −E t kE t+1 −E t k und vk = vk (E t ). Dann folgt wie für Planes: d(P t , Ekt ) −d(Q, E t+1 ) ≥ hvk , vi ≥ dmin > 0 | {z =dt } Daraus folgt dann dtk − dt+1 ≥ dmin . k (2) Unser Ziel ist es nun eine Verallgemeinerung auf beliebige konvexe Gebiete zu finden. Kopparty & Ravishankar diskutieren den folgenden Fall: Das Spielfeld D besteht aus dem Schnitt von endlich vielen Halbräumen Hl . D H3 E H3 F3 F2 16 H3 F1 3 Räuber und Gendarm Die orthogonale Projektion Fl von E auf den Rand von Hl stell zusätzliche (virtuelle) Verfolger dar, deren Bewegungen auf den Rand ∂Hl von Hl beschränkt sind. Für Spheres lässt sich zeigen, dass die den Bewegungsspielraum von E einschränkenden Bälle „monoton wachsen“. Genauer: Pkt+1 pk E t+1 Et Pkt Falls also d(pk , Ekt+1 ) ≤ konst. für alle t ∈ N gilt, so ist Spheres erfolgreich. Dies ist äquivalent dazu, dass E im Inneren der konvexen Hülle von P1 , . . . , Pk , F1 , . . . , Fk liegt. Kopparty & Ravishankar behaupten, dies sei notwendig und hinreichend für den Erfolg von Spheres. Bei unserer bisherigen Betrachtung unseres Algorithmus fallen zwei Probleme ins Auge: • Fl liegt unter Umständen nicht in D E H1 H2 F1 • Der Algorithmus ist unter Umständen nicht wohldefiniert Et Pt E t+1 Hl P t+1 Es werden möglicherweise Verfolgerpositionen außerhalb von D errechnet. Das Verwerfen aller Verfolger Pk mit pk ∈ / D führt unter Umständen dazu, dass alle Pk verworfen werden p1 P1 E P2 p2 Die folgende Bedingung ist äquivalent zum ersten Problem: Definition (Alexander-Bishop-Ghrist ’09) Es sei D ⊆ Rn abgeschlossen und konvex. Für k ≤ N bezeichne Hk die abgeschlossene Halbebene, welche E enthält und deren Rand durch Pk und orthogonal zu EPk verläuft. 17 Kapitel 1: Räuber und Gendarm H2 P2 E P1 H1 Die Konfiguration erfüllt die Bedingung (BC), falls D ∩ T k≤N Hk beschränkt ist. Die Lösung des zweiten Problems bedarf einer Modifikation von Spheres. Im zweidimensionalen Fall ändern Randkollisionen der Verfolger (heuristisch) nichts. E P2 E0 π 2 π 2 P2 Im dreidimensionalen Fall sollte es möglich sein eine Konstellation in einem „breiten und flachen“ Gebiet die Verfolger in jedem Schritt zu Kollisionen zu zwingen, so dass eine Fluchtstrategie existiert. Zunächst lässt sich zeigen, dass (BC) notwendig T ist: Falls D ∩ k≤N Hk beschränkt ist, so existiert ein Strahl c mit dem Startpunkt E und c ∩ Hk = ∅ für alle k ∈ N. Hk > π 2 c E Dann gilt E (c, EPk ) > π2 für alle k ≤ N . Somit enthält der Halbraum H = {x | hx, ċi ≤ hE, ci} alle Verfolger Pk und c ist eine Fluchtstrategie. Zur Lösung des „Kollisionsproblems“ Modifikation von Spheres nach (A-B-G ’09) zu Rotating Spheres . Die Idee besteht darin die Mittelpunkte pk in jedem Schritt so zu bewegen, dass • Pkt+1 ∈ D • (BC) erhalten bleibt • Die Bälle um Pk hinreichend wachsen, so dass der Bewegungsspielraum von E eingeschränkt wird. Rotating Spheres • Initialisierung: Wähle Punkte p0k auf dem Strahl von E durch Pk so, dass S Pk ∈ Epk gilt und die Komponente von D \ k≤N Bd(pk ,Pk ) (pk ) welche E enthält, beschränkt ist. (folgt aus (BC)) • Pkt+1 = Pkt+1 (D, ptk , Pkt , E t+1 ) • Pk 00 ∈ ptk E t+1 mit d(Pkt , P 00 ) = 1 und d(P 00 , E t+1 ) minimal 18 3 Räuber und Gendarm Pt E t+1 P 00 pk Falls P 00 ∈ D: Pkt+1 = P 00 , pt+1 = ptk k Falls P 00 ∈ / D: Betrachte die folgende Zeichnung E t+1 Pt P0 P∗ pt+1 P 00 pt E bezeichne P ∗ die orthogonale Projektion von P 00 auf D und pt+1 den k Punkt auf dem Strahl von E t+1 durch P ∗ mit d(E t+1 , ptk ) = d(E t+1 , pt+1 k ). t+1 t+1 t+1 t+1 t 0 mit d(Pk , Pk ) = 1 und Dann sei Pk = P der Punkt auf pk E t+1 t+1 d(Pk , E ) minimal. Satz (A-B-G ’09) Für jedes konvexe Gebiet D ist Rotating Spheres erfolgreich, wenn die Konfiguration D, P1 , . . . , PN die Bedingung (BC) erfüllt. Beweisskizze t+1 2 t+1 t t 2 t 0 t 0 1) Es gilt d(pt+1 k , Pk ) > d(pk , Pk ) + 1. Setze p = pk , p = pk , P = Pk , P = t+1 Pk . Wir unterscheiden nun zwei Fälle. Falls P 00 ∈ D: Es gilt <1 P α 1 p P 00 2 d(p, P 00 )2 = d(p, P )2 + d(P, P 00 )2 − 2d(p, P )d(P, P 00 ) · cos | {zα} > d(p, P ) + 1 <0 Falls P 00 ∈ / D: Es gilt E0 P0 P∗ ∈ D 0 p β P 00 p P ∗ = projD (P 00 ) ∈ D, P 00 ∈ / D, E ∈ D. Damit folgt für den Winkel β = π 0 00 P ∗ (E , P ) ≥ 2 und d(p, P 00 ) ≤ d(p0 , P ∗ ) ≤ d(p0 , P 0 ), der Rest geht weiter wie oben. S 2) Setze C t = D \ k≤N Btk , Btk = Bd(pt ,P t ) (ptk ). Behauptung: C t+1 ⊆ C t . k k 19 Kapitel 1: Räuber und Gendarm B00 D P P0P∗ Bt H∗ ∂H 0 ∩ ∂H ∗ p0 P 00 p H0 Bt+1 B00 Falls pt+1 = p0 = p = pt : Aus 1) folgt Bt+1 ⊃ Bt . Falls pt+1 = p0 6= p = pt : i) Bt ⊆ B00 und B ⊆ Bt+1 ii) B und B00 haben den gleichen Radius und ∂ B ∩∂ B00 ⊆ ∂H 0 . Daraus folgt B00 ∩H 0 ⊆ B ∩H 0 = {x | d(x, p0 ) ≤ d(x, p)} iii) ∂H ∗ ∩ ∂H 0 und ∂ B00 ∩∂H 0 werden durch P 00 P ∗ ∩ ∂H 0 „getrennt“, damit folgt B00 ∩H ∗ ⊂ H 0 . Insgesamt folgt aus diesen drei Punkten: (iii) (i) (ii) Bt ∩D ⊂ B00 ∩D ⊆ B00 ∩H ∗ ∩ D ⊆ B00 ∩H 0 ∩ D ⊂ B ∩H 0 ∩ D (i) ⊆ Bt+1 ∩H 0 ∩ D ⊆ Bt+1 ∩D Daraus folgt C t+1 ⊂ C t . 3) Es existiert C1 so, dass für alle xk ∈ B0k ∩D gilt d(xk , ptk ) ⊆ C1 . Wie oben gilt xk ∈ B0k ∩D ⊆ . . . ⊆ Btk ∩D. Mit den Bezeichnungen wie oben sei Hkt+1 = H 0 der mit H 0 ⊥ ptk pt+1 Halbraum durch den Mittelpunkt von ptk , pt+1 k k . Es gilt xk ∈ Btk ∩D ⊆ Bk 00 ∩ Hk∗ ⊆ H 0 = {x | d(x, pt+1 ) ≤ d(x, p)}. t t Also gilt d(xk , pt+1 k ) ≤ d(xk , pk ) und damit ist d(xk , pk ) uniform beschränkt. H 0 = Hkt+1 x pt+1 pt (2) 4) E t ∈ C t ⊂ C 0 ist beschränkt. Damit folgt dass d(xk , E t ) uniform beschränkt ist durch C2 . (3) (C1 + C2 )2 ≥ (d(xk , ptk ) + d(xk , E t ))2 (4) ≥ d(pk , E t )2 ≥ d(pk , Pkt )2 (1) ≥ d(p0k , Pk0 ) + t 20 (2) 3 Räuber und Gendarm Anwendung/Verallgemeinerung Betrachte Gebiete D ⊆ Rn , welche sich als endliche Vereinigung konvexer abgeschlossener Dα schreiben lassen. D2 D3 E = E2 = E3 E1 P D1 E4 D4 S Es seien D = α Dα eine endliche Vereinigung abgeschlossener konvexer Gebiete Dα . Für E ∈ D bezeichne Eα = projDα (E). Eine Konfiguration D, E, {Pk } erfüllt (EBC), falls eine Partition von {Pk } in Mengen {Pαi | i ≤ Nα } ⊂ Dα existiert, so dass für Dα , Eα , {Pα,i } (BC) gilt. In diesem Fall existiert eine erfolgreiche VerfolgerS strategie. Die Schrittweite ≤ 1 für E (bezüglich der Längenmetrik von D = Dα ) impliziert d(E t , E t+1 ) ≤ 1 in der Metrik (jedes) Rnα . Da jedes projDα Abstände nicht vergrößert, gilt auch für alle Eα Schrittweite ≤ 1. t = E = proj In jedem Gebiet Dα gilt nach endlicher Zeit Pα,i α Dα (E). Falls Eα 6= E, T T t setze Pα,i = Eα für alle T ≥ t. Nach endlicher Zeit gilt dann Pα,i = Eαt für alle α α t = Et. und damit ist E t = Eαt für ein α, das heißt Pα,i α Bhadanin-Ister ’12: In jedem einfachen kompakten Polygon mit Hinternissen existiert eine erfolgreiche Verfolgerstrategie. E Bei Polygonen kann man für Hindernisse eine Triangulierung wählen. Der Nachteil dabei ist dass man einen Verfolger pro Gebiet braucht. Dies funktioniert auch, wenn das Gebiet in eine Richtung unbeschränkt ist. A) (Aigner-Fromme ’84) Jedes P kann ein geodätisches Segment c „bewachen“, das heißt E wird gefangen, falls es c überquert. B) (Ister et al. ’05) in jedem einfach zusammenhängenden Polygon existiert eine erfolgreiche Strategie mit einem Verfolger. c3 c1 E c2 c01 21 Kapitel 1: Räuber und Gendarm Wähle Kanten(züge) c1 3 P1 und c2 3 P2 . Setzt c3 so, dass D in Komponenten zerfällt. Dann ist entweder P1 oder P2 frei. Nach endlicher Zeit liegt E in einem einfach zusammenhängenden Polygon. 4 Geometrische Charakterisierung von Flucht- und Verfolgerkurven Im Folgenden sei das Soielfeld D ein CAT(0)- (beziehungsweise CAT(1)-) Raum. Alle Resultate beziehen sich auf Greedy mit der Schrittweise d > 0, das heißt P t+1 ∈ P t E t mit d(P t , P t+1 ) = d. E t+1 Et d P t+1 Pt Wie spiegelt sich der Ausgang eines Spiels in der Geometrie der Kurven P t , beziehungsweise E t , wider? Dabei verstehen wir die Wege P t , beziehungsweise E t , als S stückweise geodätische Kurven P = P t P t+1 . Für d = 1 ist P beziehungsweise E nach der Bogenlänge parametrisiert. Satz (Alexander-Bishop-Ghrist 2010) Ist D ein CAT(0)-Raum, so ist D genau dann kompakt, wenn P stets gewinnt (mit einem Verfolger). Beweis Ist D nicht kompakt, so existiert ein geodätischer Strahl als Fluchtstrategie. Angenommen es existiert eine Fluchtstrategie. Für den Verfolgerabstand dt = d(P t , E t ) gilt dt+1 ≤ (dt − d) + d = dt . E t+1 dt+1 αt+1 d Et d Pt P t+1 dt − d Also konvergiert dt monoton fallend gegen ein d∞ > d. Betrachtet man den euklidischen Vergleichswinkel αt zu αt = P t (E t+1 , E t ), so folgt (dt+1 )2 + (dt − d)2 − d2 2dt+1 (dt − d) t+1 (d )2 + (dt )2 − 2dt = 2dt+1 (dt − d) 2d∞ (d∞ − d) → ∞ ∞ = 1. 2d (d − d) cos αt+1 = t→∞ Also konvergiert αt gegen 0. Da für Vergleichswinkel stets αt ≤ αt gilt, folgt αt −−−→ 0. 2 22 4 Geometrische Charakterisierung von Flucht- und Verfolgerkurven Erinnerung Es sei c eine reguläre ebene Kurve c : [0, l] → R2 und κ die Krümmung von c. R Dann ist τc = 0l κ die Totalkrümmung von c. Ist c nach Bogenlänge parametrisiert, so gilt κ = kc̈k. Bezeichnet ϑ die Drehwinkelfunktion von ċ, das heißt ċ(t) = (cos ϑ(t), sin ϑ(t)), so gilt kc̈k = k(−ϑ0 sin ϑ, ϑ0 cos ϑ)k = |ϑ0 |. Damit ist die Totalkrümmung die akkumulierte Winkeländerung von c. c c2 α2 α1 c1 c0 c(0) ist c1 , . . . , cn eine Polynomapproximation von c, so ist die Summe der Komplementärwinkel αi = π − βi = π − (ci−1 , ci ) eine Approximation der Totalkrümmung von c. Definition (Totalkümmung) Es sei c eine stückweise geodätische Kurve in einem CAT(κ)-Raum. Sind 0 = t0 < t1 < . . . < tn = l so, dass ci = c|[ti−1 ,ti ] geodätisch Segmente sind, so bezeichne P βi = c(ti ) (ci−1 , ci ) die Innenwinkel. Die Totalkrümmung von c sei τc = i π − βi . Für eine beliebige Kurve sei τγ = lim sup{τc | c Polygonapproximation von γ} τγ (t) = τγ |[0,t] Im Fall von CAT(0) gilt Monotonität. Ist c eine Verfeinerung einer Polygonapproximation c0 von γ, so gilt τc0 ≤ τc , wie man an der Zeichnung erkennen kann: β2 β20 β c α1 β10 α2 c τc0 = π − β10 + π − β20 τ c = π − β1 + π − β2 β1 23 Kapitel 1: Räuber und Gendarm Es gilt τc = π − β1 + π − β + π − β2 ≥ π − (β10 + α1 ) + π − β + π − (β20 + α2 ) = π − β10 + π − β20 +π − (β + α1 + α2 ) {z | τc 0 } | {z } ≤β+α1 +α2 =π ≥ τc0 Definition (Umfang einer Kurve) Es sei c eine Kurve. Der Umfang Rc von c ist der Radius des kleinsten Balles, der das Bild von c enthält: Rc (t) = inf{R | Bild c|[0,t] ⊂ BR (c(0))} = sup{d(c(0), c(t))} t Satz (Alexander-Bishop-Ghrist 2010) Es sei c eine nach Bogenlänge parametrisierte Kurve in einem CAT(0)-Raum. Dann gilt (i) Gilt lim inf t→∞ τct(t) = 0, so folgt dass c unbeschränkt ist. (ii) Falls τc (t) ≤ const · tλ für ein λ ∈ (0, 1) gilt (das heißt τc ∈ O(tλ )), so folgt Rc (t) ≥ const · t1−λ für hinreichend große t (das heißt Rc ∈ Ω(t1−λ )). Man kann c|[0,t] durch eine hinreichend feine Polynomapproximation ersetzen: c(t2 ) c(t1 ) % c1 σ1 c(0) Wähle eine Partitionierung 0 = t0 < t1 < . . . < tn = t so, dass ci = c|[ti−1 ,ti ] eine Totalkrümmung ≤ π2 hat mit n ≤ τcπ(t) + 1. Es bezeichne σi die Sekante c(ti−1 )c(ti ) 2 und %i das durch ci und σi definierte Polygon. Jede Kurve (und insbesondere jedes Polygon) in einem CAT(κ)-Raum lässt sich „ausfüllen“. Satz (Rechetnyak 1968) 2π Es sei c eine geschlossene Kurve in einem CAT(κ)-Raum X mit l(c) < √ . Dann κ 2 existiert ein konvexes Gebiet C ⊆ Mκ und eine Bogenlängenparametrisierung c von ∂C, sowie eine nicht-expandierende Abbildung ϕ : C → X mit ϕ ◦ c = c. Beweisskizze Man sieht leicht ein, dass falls c|[a,b] geodätisch ist, so auch c|[a,b] und dass für Winkel β, beziehungsweise β solcher aufeinanderfolgender Segmente β ≤ β gilt. (2) Beweis (zu Alexander-Bishop-Ghrist 2010) (i) Es existiert zu %i ein konvexes Polygon %i mit den gleichen Seitenlängen wie %i . Wie auch %i besteht %i aus einem konvexen Polygon ci mit der Totalkrümmung P P τci = π − β i ≤ π − βi ≤ π2 und eine Sekante σi . 24 4 Geometrische Charakterisierung von Flucht- und Verfolgerkurven ci β2 ⊆ R2 β1 σi Es gilt l(ci ) l(σ i ) ≤ √ 2, also √ 2≥ l(ci ) l(σ i ) = l(ci ) l(σi ) = ti −ti−1 l(σi ) . Damit folgt n √ X √ τc (t) ≤ 2 l(σi ) ≤ 2 + 1 sup(σi ) π ! t= X ti − ti−1 i 2 i=0 also τc (t) π ≥ t 2 ! 1 1 √ − . t 2 sup l(σi ) Ist c beschränkt, so folgt τct(t) ≥ const > 0. Sei nun ohne Einschränkung c eine Polynomapproximation. Zerlege c in n ≤ τcπ(t) + 1 Teilkurven ci mit τci ≤ π2 . 2 Bezeichnet σi die Sekante der Teilkurve ci , so gilt √ ti − ti−1 l(ci ) = ≤ 2 l(σi ) l(σi ) und es folgt ! t= X ti − ti−1 √ τc (t) √ X + 1 sup l(σi ) l(σi ) ≤ 2 ≤ 2 π (*) 2 und τc (t) π ≥ t 2 1 1 √ − t 2 sup l(σi ) ! Wenn c unbeschränkt ist, so ist l(σi ) beschränkt. Daraus folgt für t 0 und damit folgt die Aussage von (i). (ii) Gilt τc (t) ≤ const · tλ , so folgt aus (*) t≤ τc (t) t ≥ const > 0 √ τc (t) 2 +1 sup l(σi ) ≤ const · tλ · Rc (t) π 2 | {z } | {z ≤2Rc (t) } ≤const·tλ 2 Daraus folgt die Behauptung von (ii) Beweis (zum Beweis des ersten Satzes) Es wurde bereits gezeigt, dass eine eine erfolgreiche Flucht gilt: Et dt βt Pt−1 Pt αt d Et−1 dt−1 − d Der Winkel αt = P t (E t−1 , E t ) konvergiert für t → ∞ gegen 0. Das liefert 1 t 1 t t→∞ τ (t) t = π − βi = αi −−−→ 0. Damit folgt aus Satz (i), dass die Verfolgerkurve P , und damit D unbeschränkt ist. 2 P P 25 Kapitel 1: Räuber und Gendarm Satz (Alexander-Bishop-Ghrist 2010) Es sei D ein CAT(0)-Raum. Dann gilt τP ≤ τE + π. Beweis Betrachte die folgende Zeichnung: Ei+1 Ei ϑi δi Pi+1 βt αi γi Ei−1 αi + γi + δi ≤ π ϑi ≤ γi+1 + δi Pi Pi−1 Es gilt τP (nd) = τE (nd) = τP − τE (nd) = = n−1 X i=1 n−1 X π − βi ≤ π − ϑi ≥ i=1 n−1 X n−1 X i=1 n−1 X αi ≤ n−1 X π − γi − δ i i=1 π − γi+1 − δi i=1 (π − γi − δi ) − (π − γi+1 − δi ) i=1 n−1 X γi+1 − γi = γn − γ1 ≤ π i=1 2 5 Positive Krümmungsschranken Im Folgenden Sei D stets ein CAT(1)-Raum. Beispiele für solche Räume sind die Einheitssphäre Sn , die euklidische Ebene mit ausgeschnittenem offenen Ball R2 \ Bo1 S oder verallgemeinert Rn \ ˙ Bo1 (pi ) Satz (Alexander-Bishop-Ghrist 2010) Es sei D ein CAT(1)-Raum und Et eine erfolgreiche Fluchtstrategie mit d0 = d(E0 , P0 ) < π. Dann gilt √ τp (t) ≤ const · t. Beweisskizze Betrachte die Zeichnung Ei di d βi αi di−1 − d Pi−1 26 Ei−1 5 Positive Krümmungsschranken Aus der Dreiecksungleichung folgt di ≤ (di−1 − d) + d = di−1 , also ist di monoton fallend. Es gilt di ≤ d0 < π Damit hat jedes Dreieck ∆Pi Ei−1 Ei den Umfang < 2π und besitzt damit ein eindeutiges Vergleichsdreieck in S2 . Damit gilt für den Vergleichswinkel αi dass αi ≤ αi und es gilt τp (t) = X π − βi ≤ X αi ≤ X αi . Falls Ei eine erfolgreiche Fluchtstrategie ist, gilt d∞ = limi→∞ di > d. Es sei δi = di − di−1 ≥ 0. Wendet man den sphärischen Kosinussatz auf das Vergleichsdreieck an, so folgt cos d ≤ cos d + δi sin d − const ·α2i und daraus folgt α2i ≤ const ·δi · d. Aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung folgt τp (nd) ≤ X αi ≤ q (n − 1) X α2i q (n − 1) · const ·d · (d0 − d∞ ) √ ≤ const nd ≤ (2) Bemerkung (zu d0 < π) Betrachte das folgende Szenario in R2 \ B 3 (0) 2 E0 = E2 = . . . . . . = E3 = E1 P1 = P3 = . . . P0 = P2 = . . . E und P starten an gegenüberliegenden Polen. Im ersten Schritt läuft E den Kreis entlang nach links, während P nach rechts läuft. Da P jedes mal eine Geodätische wählt und es nun zwei kürzeste Wege gibt kann P diese ungeschickte Wahl treffen. In zweiten Schritt läuft E wieder zurück, während P erneut die unglückliche Wahl trifft und ebenfalls zurückläuft. E und P wiederholen diese Prozedur immer wieder und treffen sich niemals, weshalb τP (t) in diesem Szenario linear wächst. Korollar √ Ist D ein CAT(0)-Raum und Et erfolgreich, so gilt τP (t) ≤ const t. Beweis Winkel sind invariant unter Skalierungen. Damit sind die CAT(0) Bedingung und ˜ ·) = π d(·, ·) die skalierte Metrik, dann ist die Totalkrümmung invariant. Sei d(·, 2d0 d˜0 = π2 < π. Der Rest folgt aus dem Satz. 2 27 Kapitel 1: Räuber und Gendarm Korollar Unter denselben Voraussetzungen wie in obigem Korollar gilt RE (t) ≥ const. Beweis √ Es gilt RP (t) ≥ const t nach dem obigen Korollar und Satz (ii). Ferner gilt d(E0 , Et ) ≥ d(P0 , Pt ) − d(Pt , Et ) − d(E0 , P0 ) ≥ d(P0 , Pt ) − const Daraus folgt RE (t) = sup{d(E0 , Et )} ≥ . . . ≥ const ·RP (t) ≥ const 28 √ t 2 Kapitel 2 Bewegungsplanung & Konfigurationsräume Als Motivation für das folgende Kapitel können wir uns beispielsweise die Bewegungssteuerung gleichartiger Automaten, beziehungsweise Fahrzeuge, in einer UmS gebung, etwa in der euklidischen Ebene R2 oder der Ebene R2 \ i≤k Ii mit Hindernissen, anschauen. Unser Ziel ist es, bestimmte Positionen oder Zyklen von Bewegungen, zum Beispiel zur Steuerung von Fahrzeugen in einer Lagerhalle, zu finden. Als Einschränkung wählen wir dabei das Umfahren von Hindernissen. Wir modellieren das Problem, so dass xi die Position des i-ten Automaten mit xi ∈ / Oi beschreibt, und Kollisionsfreiheit, das heißt xi 6= xj für i 6= j. Wir setzen X = ×ni=1 (R2 \ [ ∆ = {(x1 , . . . , xn ) ∈ R2n | xi = xj , i 6= j} Ok ) \ ∆ k Wir werden uns auf Graphen beschränken, das ist zum Einen motiviert durch Anwendung (Schienensysteme), und zum Anderen durch Methodik (lokale Kollisionsvermeidung). Es sei X ein topologischer Raum. Die verallgemeinerte Diagonale von X n ist ∆ = ∆n (X) = {(x1 , . . . , xn ) ∈ X n | ∃i 6= j : xi = xj }. Der Raum FN X = X n \ ∆n (X) heißt der Konfigurationsraum von X. Beispiel F2 R2 = R3 ×S1 (Beweis zur Übung) Die symmetrische Fruppe Sn wirkt frei auf Fn X. Dann heißt der Quotient Cn X = Fn X der (ungeordnete) Konfigurationsraum von X. Die FundamentalgrupSn pe π1 (Cn X) heißt die n-te Zopfgruppe von X. Die klassischen Zopfgruppen sind Bn = π1 (Cn R2 ): x1 x2 x3 x2 x1 x3 xn 29 lokale Kollisionsvermeidung Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume [x1 , x2 , . . . , xn ] = [x2 , x1 , . . . , xn ] Darstellung von B1 : x1 xi xi+1 ··· ··· x1 Erzeuger: gi , i ≤ n − 1, Relationen: • gi gj = gj gi , |i − j| ≥ 2 j i j i ··· ··· = • gi gi+1 gi = gi+1 gi gi+1 i+1 i i+1 = w= e v= ∂+e Ein Graph G besteht aus einer nichtleeren Eckenmenge V = V G, einer Kantenmenge E = G E und (surjektiven) Randabbildungen ∂ ± : E → V. Zur Notation der Kantenorientierung sei Ẽ = E ×{+1, −1} mit den Randabbildungen e+ = (e, 1) 7→ ∂ ± e ∂−e e− = (e, −1) 7→ ∂ ∓ e. und Dann gilt für die Kanteninversion e± → e∓ , ∂ + e = ∂ − e und ∂ − e = ∂ + e. Es bezeichne |e| stets die unorientierte Kante e. Beispiel w3 Y = w2 w2 e3 e2 en , w v e1 e2 v ,Q= e3 e3 e2 , e2 v v e1 w1 e1 w1 Der Grad deg v einer Ecke ist die Zahl, wie oft v als Ecke einer Kante vorkommt. Eine Ecke mit Grad ≥ 3 heißt essentiell, mit Grad 1 heißt sie frei. Die geometrische Realisierung | G | eines Graphen G erhält man durch das Verkleben von (Einheits-) Intervallen zu jeder Kante entsprechender Randabbildungen. Man kann sich, aus topologischer Sicht, auf Graphen beschränken, deren Ecke entweder frei oder essentiell ist. Jede essentielle Ecke v besitzt eine Umgebung U , so dass U \ {v} in G in mindestens drei Zusammenhangskomponenten zerfällt. Beispiel Wir betrachten nun speziell F2 Y . Die Position zweier Punkte x und y auf benachbarten Kanten ist durch ein Einheitsquadrat parametrisiert. Die Achsen sind für 30 ihre jeweiligen Punkte zugelassene Positionen, solange nicht beide Punkte null sind, da es dann zu einer Kollision käme. 1 y x v v=x y y x≡0=v x 0 1 y≡0=v Sechs dieser Parameterbereiche werden entlang der Kanten x ≡ 0 = v beziehungsweise y ≡ 0 = v miteinander verklebt Liegen zwei Punkte x und y auf einer Kante, so sind ihre Koordinaten durch ein „halbes“ Quadrat parametrisiert. x v x y y 0 x1 Für C2 Y ergibt sich dann Satz (Swiatowski 2001) Es sei G ein endlicher Graph. Dann existiert ein nichtpositiv gekrümmter-Kuben komplex Kn G ,→ Cn G = Fn G Sn , sodass Kn G ein Deformationsretrakt von Cn G ist. Es gilt dim Kn G = min{n, b}, wobei b die Anzahl der essentiellen Ecken von G ist. Die Fundamentalgruppe π1 (Cn G) enthält eine frei abelsche Untergruppe vom Rang min{b, b n2 c}. Die Konstruktion basiert darauf, die Verteilung von Punkten auf Ecken, beziehungsweise Kanten, beziehungsweise die Übergänge zwischen solchen Zuständen zu beschreiben. 31 Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume Ansatz (Abrams 2000) Wie erhält man die Zellenstruktur beziehungsweise die Kombinatorik von | G |n = {σ = σ1 × . . . × σn | σ Zelle von G} in Cn G? Man erhält Fn G durch das „Löschen“ der verallgemeinerten Diagonale. | G |2 Analogon | G |n ist ein Zellkomplex mit Zellen σ = σ1 ×. . .×σn . Die kombinatorische Diagonale von | G |n besteht aus Zellen der Form σ = σ1 ×. . .×σn mit ∂σi ∩∂σj 6= ∅ für ein i 6= j. Betrachten den kombinatorischen Konfigurationsraum mit Zellen σ = σ1 × . . . × σn mit ∂σi ∩ ∂σj = ∅ für alle i 6= j. Dies sind genau die n-Tupel von Punkten, welche paarweise durch eine (offene) Kante getrennt sind. v3 v2 e3 v Beispiel G = Y : 1-Zellen der Form v × e, wobei e eine der Ecke v gegenüberliegende Kante ist. × e2 v1 × v e1 v1 × e2 v1 v1 × v2 Anschließend lässt sich der kombinatorische Konfigurationsraum auf Cn G retraktieren. Leider erhält man im Allgemeinen nicht die Topologie von Cn G: Beispiel e2 v v e1 ; v × w. Es gilt zumindest Satz (Abtrams 2000) Ist G ein einfacher Graph, das heißt enthält keine Schleifen der Länge ≤ 2, so ist sein kombinatorischer Konfigurationsraum auf zwei Punkten ein Deformationsretrakt von C2 G. Beispiel π1 (C2 , Y ) C2 Y Erzeuger von π1 (C2 Y ) = Z 32 Definition (Swiatowski) Es sei G ein endlicher Graph, dessen nichtessentialle Ecken frei sind, mit Kanten E (k) und Ecken V. Es bezeichne B die Menge der essentiellen Ecken. Es sei Pn G die Menge der Paare (f, S) mit (i) f : E ∪ B → N0 eine Abbildung (ii) S = {e1 , . . . , ek } paarweise verschiedene orientierte Kanten (iii) vei = ∂ + ei ∈ B und vei 6= vej für i 6= j (iv) f (v) ∈ {0, 1} für alle v ∈ B und f (vei ) = 0 für alle i ≤ k P (v) |a|∈E ∪ B f (|a|) = n − k. ˙ Es gelte dabe (f, S) ≺ (g, S ∪{e}) mit e ∈ / S, falls entweder (a) f (ve ) = g(ve ) + 1(= 1) und sonst f (a) = g(a) oder (b) f (|e|) = g(|e|) + 1 und sonst f (a) = g(a) ˙ n(k) G und gilt. Es bezeichne ≺ die davon erzeugte partielle Ordnung auf Pn G = ∪P Kn G seine geometrische Realisierung. 0-Skelett: Paare (f, ∅) mit f : E ∪ B → N0 , |a|∈E ∪ B f (|a|) = n, f „zählt“ wieviele Punkte auf einer Kante beziehungsweise essentiellen Ecke sitzen. P v × e ∼ (f, ∅) mit f (e) = 2, f (v) = f (w) = 0 τ0 = (f, ∅) × w Zwei solche 0-Zellen sind durch eine Kante (1-Zelle) verbunden, wenn einer der Punkte das Innere einer Kante durch eine essentielle Ecke betritt oder verlässt. v v × × e ! e × w (b) τ1 = (g, ∅) g([e|) = 1 g(w) = 1 τ0 τ1 σ = (h, {e}) ×w (a) h(|e|) = 1 =⇒ τ0 ≺ σ, h(w) = 0 =⇒ τ1 ≺ σ (h(v) = 0) Die höherdimensionalen Zellen bestehen aus k-Tupeln von unabhängigen Zügen wie oben. Ist σ = (g, {e1 , . . . , ek }) eine k-Zelle in Kn G, so besitzt σ genau 2k Facetten der Kodimension 1: ∂e±i σ = (gi± , {e1 , . . . , eˆi , . . . , ek }) mit gi+ (vei ) = 1, beziehungsweise gi− (|ei |) = g(|ei |) + 1. Damit ist Kn G ein Kubenkomplex: Jede Menge {τ | τ ≺ σ} ist ein Würfel. Wir definieren die Dimension als dim Kn G = min{| B |, n}. Es gilt dann dim Kn G = (k) max{k | Pn G 6= ∅}. Wir beweisen die Aussage: Aus (ii) und (iii) folgt dim Kn G ≤ | B |. Ist k = min{| B |, n}, so existieren paarweise verschiedene essentielle Ecken v1 , . . . , vn . Da vi essentiell ist, existieren paarweise 33 Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume verschiedene Kanten e1 , . . . , ek mit vi = vei . Es sei S = {e1 , . . . , ek } und f : E ∪ B → N0 |a| 7→ n − k |a| = e1 0 sonst . (k) Dann gilt (f, S) ∈ Pn G. Beispiel Betrachte wieder den Graphen G = Y , wir suchen K2 Y mit B = {v}, E = {e1 , e2 , e3 } und dim K2 Y = min{| B |, n} = min{2, 1} = 1. e3 G= e2 v e1 Für die 1-Zellen setze σ = (g, S) mit |S| = 1, also S = {ei } für ein i ∈ {1, 2, 3}. Dann folgt g(vei ) = g(v) = 0 nach (iv). Daraus ergibt sich für die Summe X g(|a|) = g(|e1 |) + g(|e2 |) + g(|e3 |) + 0 = n − k = 2 − 1 = 1 =g(v) |a|∈E ∪ B Da alle Summanden positiv sind muss es genau ein j mit g(|ej |) = 1 geben, und damit existieren insgesamt genau neun 1-Zellen σij = (|ej | → 7 1, {ei }) als Ränder. Für die 0-Zellen ergibt sich dann: 7→ 1 (a) ∂ + σij = ( |evj | 7→ 1 , ∅) = τj (deg τj = 3) |e | 7→ 1 (b) i 6= j: ∂ − σij = ( |eji | 7→ 1 , ∅) = τij = τji (deg τij = 2) i = j: ∂ − σii = (|ei | 7→ 2, ∅) = τii (deg τii = 1) Anschaulich ergibt sich schließlich folgendes Bild: τ33 σ33 σ13 τ13 = τ31 τ3 σ23 σ31 τ23 = τ32 τ1 σ32 σ11 τ11 σ21 τ2 σ12 τ21 = τ12 σ22 τ22 Einbettung ι : Kn G ,→ Cn G Sei die Verteilung von k Punkten auf einer Kante e durch De (k, (s, t)) ⊂ Cn G ∩e, mit (s, t) ∈ [0, 1], gegeben mit xk x3 x1 x2 ve 34 x4 e ve •x1 < . . . < xk •|xi − xi+1 | = d •|ve − x1 | = s · d und |ve − vk | = t · d (k) als koordinaten auf einem Würfel σ = (f, S) ∈ Pn . Definiere t : σ → [0, 1]s durch lineare Fortsetzung der Abbildung auf seinen 0-Zellen p = (f, ∅): t(p) : S → [0, 1] e 7→ 1 − f (e). Für jedes x ∈ σ = (g, S) ⊂ Kn G ist t(x) eine Abbildung von S in [0, 1]. Setze fort t(x) : E → [0, 1] e 7→ t(x)(e) e∈S 1 sonst . Daraus erhält man eine Einbettung ισ : σ = (g, S) → Cn G, x 7→ {v ∈ B | g(v) = S 1} e∈E De (g̃(|e|), (t(x)(e), t(x)(e))), wobei g̃(|e|) = g(|e|) + #{s ∈ S | |s| = e}. ˙ Es sei x ∈ τ = (f, S) ≺ σ = (g, S ∪{e}). Wir beschränken und im Folgenden zunächst nur auf den Fall (a), der Fall (b) folgt dann analog. Sei f (ve ) = g(ve ) + 1 = 1, also tσ (x)(e) = 0 und ve ∈ vτ (x) für e ∈ / S. Dann folgt tτ (x)(e) = 1. Aus f (|e|) = g(|e|) ˜ folgt g̃(|e|) = f (|e|) + 1. Es folgt v t·d=0 De ( g̃(|e|) , (tσ (x)(e), tσ (x)(e))) | {z } | {z } =0 =f˜(|e|)+1 = De (f˜(|e|) + 1, (s, 0)) = {ve } ∪ De (f˜(|e|), (s, 1)) Damit definiert ι = S σ ισ ⇒ ισ (x) = ιτ (x) eine Einbettung Kn G ,→ Cn G. Retraktion r : Cn G → Kn G Sei C ∈ Cn G und bezeichne nC e = #(C ∩ e) \ B die Anzahl der Punkt auf e. Setze d0e = 1 nC e =0 min{|v − x| | x ∈ C ∩ e \ B} e sonst und die mittlere Segmentlänge tC e = 1 . nC e +1 min{1, C δeC = dC e (ne + 1) Setzte weiterhin 1 falls ve frei oder ve ∈ C δeC min{δeC |e0 6=e∧ve0 =ve } } sonst Definiere r : Cn G → ι(Kn G) C 7→ (C ∩ B) ∪ ve × = dC e [ C C De (nC e , (te , te )) e Homotopie id ∼ =r Für beliebiges C ∈ Cn G gilt • C ∩ B = r(C) ∩ B • #(C ∩ e) \ B = #(r(C) ∩ e) \ B für alle e ∈ E Definiere die Homotopie kantenweise, so dass Punkte in die vorgegebene Standardposition bewegt werden. 35 Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume 1 Geometrie des Kubenkomplexes Kn G τ̊ offenes Inneres von τ Definition (Mκ -Komplex) Es sei σi , für i ∈ I, eine disjunkte Familie konvexer Polyeder, das heißt σi ist eine konvexe Hülle endlich vieler Punkte in Mκni . Es sei ∼ eine Äquivalenzrelation auf ti∈I σi , X = ti σi ∼ und π : ti σi → X die kanonische Projektion. X heißt Mκ Polyederkomplex, falls gilt: (i) Ist τ ≤ σi eine Seite, so ist π|τ̊ injektiv. (ii) Sind x1 ∈ σ1 und x2 ∈ σ2 mit π|σ1 (x1 ) = π|σ2 (x2 ), so existiert eine Isometrie ϕ : supp(x1 ) → supp(x2 ) mit π|σ1 (y) = π|σ2 (ϕ(y)) für alle y ∈ supp(x1 ); wobei supp(xi ) die eindeutige Seite τ < σi mit τ̊ 3 xi ist. x supp(x) = σi Ein Mκ -Polyederkomplex ist im Allgemeinen kein simplizialer Komplex. Betrachte die folgenden beiden Beispiele: (1) 2-Torus: π ∼ σ = [0, 1]2 einziger Polyeder, ∼ Kantenidentifikation (wie üblich) Kein simplizialer Komplex, denn π|σ ist nicht injektiv (2) Digon: zwei (maximale) Polyeder e1 ∼ = e2 ∼ = [0, 1], ∼= Identifikation der Randpunkte e1 v w e2 (i) π|ei ist injektiv. (ii) π(e1 ) ∩ π(e2 ) = {v, w} ist nicht gemeinsame Seite des Polyeders. Der Kubenkomplex Kn G ist ein M -Polyederkomplex im obigen Sinne. Kn G enhält keine Schleifen. Ist σ ⊂ Kn G ein 1-Würfel, das heiß σ = (f, {e}), so gilt ∂ + (f, {e}) = ve 7→ 0 ve 7→ 1 − ( |e| 7→ f (|e|)+1 , ∅) 6= ∂ (f, {e}) = ( |e| 7→ f (|e|) , ∅). Es gibt Digone in Kn G: Es gelte n ≥ 1 und G enthalte eine Schleife. betrachte die folgenden Konfigurationen: × × e × und × bzw. × v × Es gelte ve = v = ve , damit existieren zwei Intervalle in Kn G, welche das Verlassen der orientierten Kante e parametrisieren: (f, {e}) h(v) = h(ve ) = h(ve ) = 1 h(|e|) = h(|e|) = 1 36 (h, ∅) (g, ∅) (f, {e}) g(v) = g(ve ) = g(ve ) = 1 g(|e|) = g(|e|) = 1 f (|e|) = 1 = h(|e|) (def. Digon in Kn G) f (ve ) = 0 1 Geometrie des Kubenkomplexes Kn G Jeder höherdimensionale Würfel in Kn G ist eindeutig durch seine Kodimension-1Seiten bestimmt: Es seien (g, S) und (h, T ) Würfel der Dimension ≥ 2 in Kn G mit {∂i± (g, S)} = {∂i± (h, T )}. Es gilt 2|S| = #{∂i± (g, S)} = #{∂i± (h, T )} = 2|T |. Daraus folgt |S| = |T | ≥ 2, also S = T . Man sieht leicht ein, dass dann auch g = h gilt, also (g, S) = (h, T ). Metrik auf Kn G (bzw. Mκ -Polyederkomplexen) Es seien x, y ∈ X. Ein s ∈ {x0 , . . . , xk } mit x0 = x, xk = y und xi , xi+1 ∈ σi für P einen Würfel (bzw. Polyeder) heißt k-Kette. Mit l(s) = i dσi (xi , xi+1 ) sei ihre Länge bezeichnet, wobei dσi die Metrik auf σi ist. Es sei x y d(x, y) = inf{l(s) | s Kette von x nach y}. Dies definiert im Allgemeinen keine Metrik. Es sei X der Polyederkomplex aus abzählbar vielen Kanten ek der Länge k1 . Dann gilt 1 = 0. k k Auf dem Kubenkomplex Kn G definiert d eine Metrik: Kn G ist zusammenhängend, da G zusammenhängend ist. Es genügt zu zeigen, dass d(x, y) 6= 0 für x 6= y gilt: Liegen x und y in einem Würfel σ, so ist dies offensichtlich (d|σ ist eine euklidische Metrik auf diesem Würfel). Andernfalls betrachte für x ∈ σ d(v, w) ≤ inf{l(ek ) | k ∈ N} = inf εσ (x) = inf{dσ (x, τ ) | τ < σ, τ 63 x} Dies ist in Kn G stets positiv. Man kann zeigen, dass l(s) ≥ εσ (x) für jede Kette s von x nach y gilt, also d(x, y) > 0. Man sieht leicht ein, dass d eine Längenmetrik ist. Geodäzität und Vollständigkeit Satz (Bridson 1991) Es sei X ein zusammenhängender Mκ -Polyederkomplex. Falls in X nur endlich viele Isometrietypen von Polyedern existieren, so ist X ein geodätisch vollständiger metrischer Raum. Ohne Einschränkung kann man annehmen, dass X simplizial ist. Betrachte straffe Ketten s = {x0 , . . . , xk }. (i) Kein Tripel Xi−1 , xi , xi+1 liege in einem gemeinsamen Simplex. (ii) Gilt xi−1 xi ∈ σi−1 und xi xi+1 ∈ σi , so sei xi−1 xi ∪xi xi+1 geodätisches Segment in σi−1 ∪∼ σi . Beachte: Das heißt nicht, dass xi−1 xi ∪ xi xi+1 geodätisch in X ist, wie man an dieser Zeichnung erkennt: σ1 x1 x2 σ2 x3 σ1 x2 σ2 x1 x3 σ3 37 w v ek e1 Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume Es gilt d(x, y) = inf{l(s) | s straffe Kette von x nach y}. Für jede Länge l existiert eine Schranke N , abhängig von l und den Isometrietypen von Simplices, so dass jede straffe Kette der Länge l höchstens N Simplices durchläuft. Für x, y ∈ X durchlaufen straffe Ketten hinreichend kleiner Länge nur endlich viele „Modellräume“, welche durch die endlichen Kombinationen der endlich vielen Isometrietypen gegeben sind. Jeder solche „Modellraum“ enhält eine kürzeste Geodätische (Moussong 1988). 2 Nichtpositive Krümmung von Kubenkomplexen Das Innere der Kuben ist CAT(0), da jeder Kubus die euklidische Metrik trägt. Die Kümmung des Komplexes „konzentriert“ sich in den Ecken, das heißt 0-dimensionalen Würfeln. Zur Erinnerung: Das Komplement eines Quadranten in R2 ist CAT(0) und gegeben durch R2 \Q = {(x1 , x2 ) ∈ R2 | x1 ≤ 0, x2 ≤ 0}. z Q y x Das Komplement eines Oktanten in R3 ist nicht CAT(0). z y x Die folgenden Würfelkomplexe sind euklidisch und CAT(0): z z x σ1 x y „B = cone(lk(v))“ B ; acht Quadrate: v lk(v) σ3 y σ2 v x σ1 σ2 y σ3 Allerdings ist dies hier nicht mehr CAT(0), vergleichbar mit dem Oktanten: x z x Man kann den Knoten v als Spitze eines Kegels betrachten und den Link lk(v) als den Grundkreis. Je größer der Link, umso flacher der Kegel. 38 2 Nichtpositive Krümmung von Kubenkomplexen Es sei v eine Ecke. Der Link lk(v) ist ein abstrakter simplizialer Komplex mit einem k-Simplex für jeden (k + 1)-Würfel, der v enthält. Für K sieht der Link lkK (v) folendermaßen aus: σ1 σ2 Satz (Gromovs Link-Bedingung) Es sei K ein endlichdimensionaler Kubenkomplex. K ist genau dann nichtpositiv gekrümmt, wenn der Link jeder Ecke ein Fahnenkomplex ist. Ein Fahnenkomplex ist ein simplizialer Komplex, in welchem jede Menge von Ecken, die paarweise durch Kanten verbunden sind, einen Simplex aufspannen. Ein Komplex, welcher maximal unter allen Komplexen mit dem gleichen 1-Skelett ist, ist ein Fahnenkomplex. v lk(v) Linkbedingung verletzt Link-Bedingung in Kn G Es sei x ∈ Kn G eine Ecke, das heißt x = (f, ∅) mit f : E ∪ B → N0 , a∈E ∪ B f (|a|) = n und f (v) ∈ {0, 1} für alle v ∈ B. Es gilt lk(x) = {σ ∈ Kn | (f, ∅) ≺ σ}. Ein σ = (g, S) enthält genau dann (f, ∅), wenn gilt P g(a) = f (a) a ∈ B ∧a 6= ve , e ∈ S a = ve , e ∈ S 0 P s∈S (f (vs ) − 1) f (a) + a∈E |s|=a Solche σ = (g, S) sind eindeutig bestimmt duch Teilmengen S ⊂ E, welche die folgenden Bedingungen erfüllen: (i) ve ∈ B für alle e ∈ S (ii) ve 6= ve0 für e, e0 ∈ S (iii) f (|e|) + f (ve ) ≥ 1 für alle e ∈ S (iv) f (|e|) + f (ve ) + f (ve ) ≥ 2 Der Link von x besteht aus den Teilmengen S, die (i) bis (iv) erfüllen. Jede solche Teilmenge S definiert einen (|S| − 1)-Simplex von lk(x). Die Bedingungen (i) bis (iv) gelten genau dann für eine Teilmenge S, wenn wie für alle ein- und zweielementigen Teilmengen gelte. Ist dann (gi , {ei })i≤k eine Menge von Ecken in lk(x), das heißt Kanten in Kn G, die x enthalten, und sind diese alle durch Kanten (hij , {ei , ej }) verbunden, so sind (i) - (iv) für {ei } und {ei , ej } erfüllt. Damit gelten die Bedingungen auch für S = {e1 , . . . , ek } und es existiert ein g mit (g, S) x = (f, ∅); Die Kanten (hij , {ei , ej }) in lk(x) spannen also einen Simplex auf. Damit ist lk(x) ein Fahnenkomplex. Somit ist nach Gromovs Link-Bedingung Kn G nichtpositiv gekrümmt. Das liefert uns 39 Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume ] • K n G ist (global) CAT(0) • πk (Kn G) = 0 für alle k ≥ 2 • Kn G ,→ Cn G Deformationsretrakt ⇒ π∗ (Kn G) = π∗ (Cn G) • π1 (Cn G) = π1 (Kn G), πk (Cn G) = 0, k ≥ 2 Sei k = min{| B |, b n2 c}, dann gilt π1 (Cn G) ≥ Zk = π1 (T ), ein Torus durch die Wirkung π1 (Cn G) y Kn G. Finde T k in Kn G, das heißt „finde S1 en in Kn G“. × × × × × ! × × × Jede essentielle Ecke v ∈ B in G hat deg(v) ≥ 3. Für jeden Erzeuger einer S1 in Kn G benötigt man zwei Teilchen und eine essentielle Ecke von G. 3 Verallgemeinerung: Lokal rekonfigurierbare Räume Wir betrachten das folgende motivierende Beispiel von Chirikjiam aus den 1990er Jahren. In einem zweidimensionalen Modell liegen sechseckige Bausteine, angeheftet an Kanten und drehbar an Ecken. Es sei G ein Graph und A eine Menge. Ein Zustand ist eine „Färbung“ von G durch A, das heißt u : V G → A. In dem obigen Beispiel ist G ein hexagonaler Graph und A = {0, 1}. Ist eine Position v ∈ G durch ein Sechseck besetzt, so sei u(v) = 1, sonst 0. Ein Erzeuger ϕ besteht aus • einem Träger supp ϕ ⊆ G, einem Teilgraph von G • seiner Spur tr ϕ ⊆ supp ϕ, einem Teilgraph von supp ϕ ϕ ϕ • einem Paar lokaler Zustände uϕ i : supp ϕ → A, u0 |supp ϕ\tr ϕ = u1 |supp ϕ\tr ϕ Der Erzeuger gibt uns also Aufschluss über die Drehung ϕ ! Bei einer Drehung passiert ein Punkt mehrere Sechsecke, daher zählen diese Sechsecke auch zum Träger 40 3 Verallgemeinerung: Lokal rekonfigurierbare Räume tr ϕ supp ϕ Ein Erzeuger heißt zulässig auf einem Zustand u, falls u|supp ϕ = uϕ 0 gilt. Dann sei ϕ.u : V G ,→ A v 7→ u(v) v∈ / supp ϕ uϕ (v) 1 v ∈ supp ϕ die Wirkung von ϕ auf u. Ein lokal rekonfigurierbares System (LRS) sei eine Menge von Zuständen und Erzeugern, welches abgeschlossen unter dieser Wirkung ist. Ein geeignetes geometrisches Modell von Cn G erhielt man aus den unabhängigen Bewegungen von Punkten durch essentielle Ecken. Eine Familie von Erzeugern {ϕi } heißt kommutativ, wenn tr ϕi ∩ supp ϕj = ∅ für alle i 6= j. Analog zu Cn G beziehungsweise Kn G erhält man so einen Kubenkomplex, ein geometrisches Modell für den Zustandsraum des LRS. Es seien u und w Zustände und ϕ1 , . . . , ϕk zulässige kommutativ Erzeuger. Die Paare (u, {ϕi }) und (w, {ϕi }) heißen äquivalent, wenn u|V G \ S supp ϕi = w|V G \ S supp ϕi i i gilt. Der Zusatandskomplex eines LRS besteht aus den Äquivalenzklassen von Zuständen u und Erzeugern ϕ1 , . . . , ϕk , seinen k-Kuben [u, {ϕi }], mit den Randabbildungen ∂j− [u, {ϕi }] = [u, {ϕi }i6=j ] beziehungsweise ∂j+ [u, {ϕi }] = [ϕ.u, {ϕi }i6=j ]. (im Allgemeinen nicht lokal endlich) Satz (Ghrist ’07?) Ein lokal endlicher Zustandskomplex eines LRS ist nicht-positiv gekrümmt. Als Konsequenz ergibt sich daraus, dass C ein Eilenberg-McLane-Raum ist, das heißt πk (C) = 0 für k ≥ 2. • Jede Homotopieklasse von Wegen besitzt genau einen geodätischen Repräsentanten. • Die Fundamentalgruppe ist torsionsfrei. • π(C) ,→ G C =< ϕi | ϕ2i = id, [ϕi , ϕj ] >, rechtwinklige Artin-Gruppe Ein weiteres Beispiel für ein LRS ist ein diskretes Modell für Cn G, homöomorph zu Kn G (nach eventueller Unterteilung von G). Wir schauen uns nun ein konkretes Beispiel an. „Diskreter“ Roboterarm Um die Bewegungen der Gelenke diskret zu machen legen wir ein Gitter und lassen Bewegungen von entweder 90◦ oder 180◦ zu. 41 Kapitel 2: Bewegungsplanung & Konfigurationsräume G = Z2 ∩ R2≥0 A = {0, 1} nicht diskret diskret Für die Erzeuger gilt 1 1 0 1 ϕ ! 1 0 1 0 1 0 1 1 ! und 1 0 ψ 1 0 Entsprechend gilt für die Träger und Spuren supp ϕ = supp ψ = 42 mit tr ϕ = und tr ψ = Kapitel 3 „Gestänge“ (Linkages) Betrachte einen (stilisierten) Roboterarm mit zwei Gelenken, eines in 0 ∈ R2 fixiert, und zwei Stangen fixer Länge l1 > l2 , die über das weitere Gelenk miteinander verbunden sind. Der Konfigurationsraum C, das heißt der Raum aller möglichen Positionen beider Stangen , wird durch ihre Winkel zur x-Achse parametrisiert, das heißt C = T 2 = S1 × S1 . Sein Arbeitsbereich W , das heißt die Menge der Positionen des Endpunktes, ist ein Annulus mit äußerem Radius l1 + l2 und innerem Radius l1 − l2 . Das liefert die Parametrisierung α : C = T2 → W l2 ϑ2 l1 ϑ1 (ϑ1 , ϑ2 ) 7→ l1 · ϑ1 + l2 · ϑ2 Lemma Es bezeichne ∆ die Diagonale in T 2 und ∆∗ = {(ϑ, −ϑ) | ϑ ∈ S1 }. Das Komplement T 2 \ ∆ ∪ ∆∗ besitzt zwei Komponenten, deren jede von α diffeomorph auf W abgebildet wird. 1 Abstandsfunktion von Roboterarmen Zur Untersuchung der Abstandsfunktion k i≤n li ϑi k genügt die Betrachtung des Raumes aller möglichen „Gestalten“ des Armes, seines Modellraumes: Seine „Gestalt“ hängt nicht vom ersten Winkel, beziehungsweise seiner Länge im R2 ab. Der Modellraum sei definiert als P l3 l 4 l2 k l1 P l i ϑi k i≤n 1 1 W = (ϑ1 , . . . , ϑn ) ∈ S × . . . × S SO(2). −1 Durch die Abbildung [ϑ1 , . . . , ϑn ] 7→ (1, ϑ2 ϑ−1 1 , . . . , ϑn ϑ1 ) erhält man einen DiffeoP morphismus M ∼ = T n−1 . Für jeden festen Abstand k i≤n li ϑi k ist das Urbild der Abstandsfunktion der Raum der geschlossenen polygone mit Kantenlängen l1 , . . . , ln . 2 Polygonräume l4 Jedes geschlossene Polygon ist, bis auf euklidische Bewegungen, durch l1 , . . . , ln und die orientierten Winkel zwischen den Kanten charakterisiert. Normalisiert man die letzte Kante auf die x-Achse mit ϑn = −e1 , so erhält man als Modulraum Ml = P {(ϑ1 , . . . , ϑn ) ∈ S1 × . . . × S1 | li ϑi = 0, ϑn = −e1 }. Jede solche Normalisierung entspricht einer Drehung, also 1 1 Ml = {(ϑ1 , . . . , ϑn ) ∈ S × . . . × S | P li ϑi = 0} SO(2) l1 l5 l3 l1 ln 43 l2 Kapitel 3: „Gestänge“ (Linkages) l2 l3 l1 l3 l2 wobei auch hier SO(2) diagonal auf dem n-Torus wirkt. Jede Permutation σ ∈ Sn induziert einen Diffeomorphismus ϕσ : T n → T n durch ϕσ (ϑ1 , . . . , ϑn ) = (ϑσ(1) , . . . , ϑσ(n) ). Da die Summation und SO(2)-Wirkung invariant unter der Permutation sind, erhält man so einen Diffeomorphismus Ml → Mlσ , mit ˜l = (lσ(1) , . . . , lσ(n) ). Das Diffeomorphismus hängt nicht von der Reihenfolge der Kantenlängen ab. Im Fall n = 3 nehmen wir l1 ≥ l2 ≥ l3 an. Falls l1 = l2 + l3 gilt, so ist das Dreieck entartet, es gilt Ml = {∗}. Ist die Dreickesungleichung strikt erfüllt, das heißt l1 < l2 + l3 , so existieren zwei Dreiecke mit genau diesen Kantenlängen, welche sich durch eine Spiegelung unterscheiden. Gilt l1 > l2 + l3 , so existiert kein Dreieck mit diesen Kantenlängen und Ml = ∅. l1 Lemma Für n ≥ 3 gilt genau dann Ml = ∅, wenn li > l1 + l2 + . . . + ˆli + . . . + ln für ein i ≤ n gilt. Beweis P Offensichtlich ist die Bedingung hinreichend. Es gelte li = i6=j lj für alle i ≤ n. Für n = 3 ist die Aussage klar. Für n ≥ 4 existiert ein i ≤ n, so dass li + li+1 ≤ l1 + . . . + li−1 + li+2 + . . . + ln gilt, denn wäre dem nicht so, so gälte 2(li + li+1 ) > X li = L für alle i und es folgte 4·L= X 2(li + li+1 ) > n · L . i≤n Nach Induktion existiert ein geschlossenes Polygon mit Kantenlängen l1 , l2 , . . . , li + li+1 + . . . + ln , das heißt ein n-gon mit kollinearen Kanten der Längen li und li+1 . Damit gilt Ml 6= ∅. 2 Wann ist Ml eine Mannigfaltigkeit? Ein Längenvektor l = (l1 , . . . , ln ) heißt geneP risch, wenn es keine εi ∈ {+1, −1} gibt mit i≤n εi li = 0. Satz Ist l ∈ Rn>0 generisch, so ist Ml eine kompakte orientierbare (n − 3)-Mannigfaltigkeit ohne Rand. n Es sei W = T SO(2) der Modulraum eines Roboterarmes mit n Stangen und fl : W → R [ϑ1 , . . . , ϑn ] 7→ k X li ϑi k2 i≤n die Höhenfunktion zum Längenvektor l = (l1 , . . . , ln ). Ist fl (p) = 0, so ist der Arm geschlossen, das heißt p bestimmt ein geschlossenes ebenes n-gon mit Kantenlängen l1 , . . . , ln , d. h. p ∈ Ml . Der Modulraum liegt als Nullstellenmenge von fl in dem (n − 1)-Torus W ; M besteht genau aus den Maximalstellen von fl . 44 2 Polygonräume Ml 0∈R fl Kollineare Konfigurationen sind (topologisch) interessante Punkte in W . P Eine Teilmenge J ⊆ {1, . . . , n} heißt kurz (beziehungsweise lang), falls j∈J lj < P i6=j lj (beziehungsweise . . . > . . .) gilt, andernfalls heiße sie ausgewogen. J ist genau dann ausgewogen, wenn sein Komplement J c ausgewogen ist. Es existiert genau dann ein ausgewogenes J , wenn l nicht generisch ist. Ist J lang oder ausgewogen, so sei pJ = [ϑ1 , . . . , ϑn ] ∈ W mit ϑi = 1 für i ∈ J und ϑi = −1 sonst. Insbesondere gilt pJ = pJ c für ausgewogenes J . Lemma Die kritischen Punkte von fl : W \ Ml → R sind genau die Konfigurationen pJ für lange Teilmengen J . Jeder solche Punkt ist nicht-entartet und hat den Morse-Index n − | J |. Bevor wir mit dem eigentliche Beweis beginnen erinnern wir uns noch zunächst an die Vorlesung vom letzten Semester. Die Hessesche ist gegeben durch Hf = ∇2 f für ein f ∈ C ∞ (M ) und es gilt (ACHTUNG, stimmt nicht mit Kapitel 9.1 der alten VL überein!) Hf (X, Y ) = X(df (Y )) − df (∇X f ) = X(Y (f )) − (∇X f )(f ) = [X, Y ](f ) + Y (Xf ) − (∇X Y − ∇Y X) f − ∇Y Xf | {z =[X,Y ]f } = Y (Xf ) − ∇Y Xf = Hf (Y, X) Hf ist im Allgemeinen nicht C ∞ -linear, aber in kritischen Punkten von f : Sei Xp ∈ Tp M , setze fort zu Vektorfeldern X und X̃ auf M . Dann gilt Hf (X̃, Y )|p = X̃p (Y f ) − (∇X̃p Y )f = Xp (Y f ) − df |p (∇X̃p Y ) = Xp (Y f ). | {z } =0 C ∞ -linear In kritischen Punkten ist Hf und hängt nicht von der Wahl des ZusamP P d i d menhangs ab. In lokalen Koordinaten sei dann Xp = i≤n ζ i dx i , Yp = i≤n η dxi , und ζ i , η i konstant. Dann folgt Hf (Xp , Yp ) = Xp (Y f ) = Xp X i≤n = X j≤n ζi ηi ∂ ∂xi ∂η i 2 2 X ∂f i ∂ f i j ∂ f + η = η ζ ∂xi ∂xi ∂xi ∂xj ∂xi ∂xj |{z} i,j≤n =0 Für den beweis des Lemmas setzen wir l = (l1 , . . . , ln ) und fl : W \ Ml → R mit P [u1 , . . . , un ] 7→ k− li ui k2 . Die kritischen Punkte von fl sind genau die (kollinearen) P P Konfigurationen pJ für lange Teilmengen J ⊆ {1, . . . , n} ( i∈J li > j ∈J / lj und pJ = (u1 , . . . , un ) mit ui = 1 für i ∈ J und ui = −1 sonst). Jeder solche kritische Punkt pJ ist nicht ausgeartet und hat den Morse-Index n − | J |. 45 l2 l1 l3 l 4 Kapitel 3: „Gestänge“ (Linkages) Beweis (vom Lemma) Wir betrachten die Abbildung f l fl : T n W − → R (u1 , . . . , un ) 7→ −k X li ui k2 und setzen ui = eiϑi = (cos ϑi , sin ϑi ). Dann gilt X li cos ϑi )2 − ( X X li2 cos2 ϑi + 2 X fl (u) = − ( = −( X li2 sin2 ϑi + 2 X X li lj sin ϑi sin ϑj ) i<j i≤n = −( li lj cos ϑi cos ϑj ) i <j i≤n −( li sin ϑi )2 li2 (cos2 ϑi + sin2 ϑi )) − 2 X li lj (cos ϑi cos ϑj + sin ϑi sin ϑj ) i<j | {z =cos(ϑi −ϑj ) } Wie steht es nun um die kritischen Punkte? Es gilt X X ∂fl = −2lk li sin(ϑi − ϑk ) = −2lk li (sin ϑi cos ϑk − cos ϑi sin ϑk ) = 0 ∂ϑk i≤n i≤n genau dann, wenn cos ϑk X li sin ϑi = sin ϑk li cos ϑi i≤n i≤n | X {z =:y(u) } | {z =:x(u) } 1. Fall: x(u) = y(u) = 0 ⇔ −x2 (u) − y 2 (u) = fl (u) = 0 ⇔ u ∈ Ml y(u) ∀k ≤ n ⇔ ϑi ∈ {ϑ1 , ϑ1 + π, ϑ1 − π} ⇔ ui = ±uj ∀i, j ⇔ u ist 2. Fall: tan ϑk ≡ x(u) kollineare Konfiguration Es sei J ⊆ {1, . . . , n} eine lange Teilmenge, pJ = (u1 , . . . , un ) mit ui = 1 für i ∈ J P und ui = −1 für i ∈ / J . Dann ist LJ = i≤n li ui > 0 und es gilt fl (pJ ) = − L2J . Die Hessesche von fl im Punkt pJ ist −2l l cos(ϑ − ϑ ) i j j i = 2l P ∂ϑi ∂ϑj i k6=i lk cos(ϑi − ϑk ) | {z } ∂ 2 fl li . falls i = k =ui uk Es gilt X falls i 6= j lk ui uk = li ui k6=i X lk uk = li ui (LJ −li ui ) = li2 k6=i li Li −1 li und di = ui LJ , li also folgt −l l u u = (l u )(l u )(−1) 1 i j i j i i j j = l2 (d − 1) = (l u )(l u )(d − 1) 2 ∂ϑi ∂ϑj i i i i i i ∂ 2 fl . Wir setzen nun für drei Matrizen d1 . . . 0 . . . . . ... D= . 0 . . . dn 46 1 ... 1 . . . . . ... A= . 1 ... 1 l1 u1 . . . 0 . .. . . .. B= . . 0 . . . ln un 2 Polygonräume und schreiben dann 1 Hf (pJ ) = B T (D − A)B. 2 Es genügt zu zeigen, dass D − A auf T[pJ ] W nicht ausgeartet mit Signatur n − | J | ist: det(D − A) = Y di (1 − i≤n X 1 j≤n dj ) Ohne Einschränkung sei J = {k, k + 1, . . . , n}. Dann gilt ui = 1 und di < 0 für i < k, dann gilt für die Hauptminoren von Ordnung l < k det(D − A)ll = Y di 1 − i≤n X 1 j≤l | | {z >0 {z <0 dj . } } Für l ≥ k gilt 1− X 1 j≤l dj =1− X j≤l = L−1 J X X X lJ −1 l u = L−1 L − = L l u − l u j j i i j j J J J uj LJ i≤n j≤l j≤l > 0 li ui = 0 i>l | {z } X für k ≤ l < n für l = n ≥0 Es gilt sign(det(D − A)ll ) = (−1)l für l < k (−1)k−1 für k ≤ l < k und D − A hat n − | J | negative Eigenwert, n − k = | J | − 1 positive Eigenwerte und genau einen Eigenwert 0. Da fl invariant unter der SO(2)-Wirkung ist, gilt in d2 pJ in Richtung der Faser Hfl (pJ , pJ ) = dλ 2 fl (λpJ ) = 0. Damit ist Hfl auf W in [pJ ] nicht ausgeartet und hat Signatur n − | J |. 2 Satz P Ist l = (l1 , . . . , ln ) generisch, das heißt gilt i≤n li ui 6= 0 für alle ui ∈ {1, −1}, so ist Ml eine kompakte orientierbare (n − 3)-Mannigfaltigkeit ohne Rand. Beweis = (−ln2 ) = Ml . Betrachte den „Roboterarm“ mit Seien l0 = (l1 , . . . , ln−1 ) und fl−1 0 (n − 1) Segmenten und fl0 : W = T n−2 → R. Nach dem obigen Lemma hat fl0 genau einen kritischen Wert −a2 6= 0, wenn eine kollineare Konfiguration (u1 , . . . , un−1 ) P P existiert mit ui ∈ {1, −1}, so dass −a2 = k i≤n li ui k2 = fl0 (u) ⇔ ±a + li ui = 0 ⇔ (l1 , . . . , ln−1 , a) ist nicht generisch. 2 Das heißt −ln2 ist ein regulärer Wert von fl0 und damit ist fl−1 0 (−ln ) = Ml eine n−2 kompakte orientierbare Mannigfaltigkeit in W ∼ der Kodimension 1. 2 =T Was ist mit nicht-generischen Längenvektoren? Betrachte die Urbilder von kritischen Punkten. 47 l2 l1 ln Kapitel 3: „Gestänge“ (Linkages) Lemma (Morse-Lemma) Es sei p ein nicht-entarteter kritischer Punkt von Index k einer glatten Funktion f auf einer Mannigfaltigkeit M . Dann existieren lokale Koordinaten x = (x1 , . . . , xn ) von M um p mit f = f (p) − (x1 )2 − . . . − (xk )2 + (xk+1 )2 + . . . + (xn )2 Beweisskizze Für f (p) = 0 schreibe f (x) = Z 1 d(f (tx1 , . . . , txn )) dt 0 dt = X xi i≤n Z 1 ∂f 0 | ∂xi (tx)dt {z =:gi (x) } ∂f (0) = 0 ∂xi wobei analog zu f für ensprechends g̃ij gi (0) = gi (x) = X xj g̃ij (x) j≤n f (x) = X xi xj i,j g̃ij + g̃ji 2 = X xi xj hij und dementsprechend Hf (0) = (hij )ij . „Verbiege“ nun die Koordinaten so, dass gilt (hij ) = −1 .. . σ −1 +1 .. σ . +1 Lokal hat f um p entlang k Kurven in linear unabhängige Richtungen Maxima und entsprechend n − k Minima. f ≡ε f ≡0 f ≡ −ε n−k Rn−k f ≡ f (p) p Rk und xi , i ≤ k k Allgemein gilt f (q) = c−(x1 )2 −. . .+(xk+1 )2 +. . .+(xn )2 = c− i≤k (xi )2 + i>k (xi )2 , und mit x = (x1 , . . . , xk ) und y = (y 1 , . . . , y n−k ) = (xk+1 , . . . , xn ) schreibe f (q) = c − kxk2 + kyk2 . Es gilt genau dann f (q) = c, wenn kxk = kyk. P 48 P 2 Polygonräume Dies ist genau dann der Fall, wenn entweder x(q) = y(q) = 0 gilt, oder ζ ∈ Sk−1 , η ∈ Sn−k−1 und r ∈ R>0 existieren, mit x(q) = rζ und y(q) = rη. Es existiert also eine Umgebung U von p, so dass k−1 × Sn−k−1 × [0, 1] f − (c) ∩ U ∼ = C(Sk−1 × Sn−k−1 ) = S Sk−1 × Sn−k−1 × {0} und x(tζ 1 , . . . , tζ k , tη 1 , . . . , tη n−k ) ←[ [ζ, η, t] (2) Eine weitere Folgerung des Morse-Lemmas ist, dass nicht-entartete kritische Punkte stets isoliert sind. Eine Teilmenge J ⊂ {1, . . . , n} ist genau dann ausgewogen P P bezüglich eines Längenvektors (l1 , . . . , ln ), das heißt i∈J li = i∈J / li , wenn entc weder I = J oder sein Komplement J = J eine lange Teilmenge in {1, . . . , n − 1} bezüglich l0 = (l1 , . . . , ln−1 ) ist und fl0 = (pJ ) = −ln2 . In einer Umgebung eines kritischen Punktes ist fl−0 (−ln2 ) homöomorph zu einem Kegel über dem Produkt der Spären der Dimensionen ind(pI ) − 1 = (n − 1) − | J | − 1 = n − | J | − 2 und (n − 1) − ind(pJ ) − 1 = | J | − 2. Damit gilt der folgende Satz: Satz Ist l = (l1 , . . . , ln ) ein nicht-generischer Längenvektor, so ist Ml kompakt und bis auf endlich viele Punkte eine (n − 3)-Mannigfaltigkeit. Eine Umgebung jeder dieser unendlich vielen Singularitäten ist homöomorph zu C(Sn−| J |−2 × S| J |−2 ), wobei J eine bezüglich l ausgeartete Teilmenge ist. Der Diffeomorphietyp von Ml hängt nicht von der Reihenfolge der Längen l1 , . . . , ln ab, das heißt σ ∈ Sn definiert einen Diffeomorphismus von Ml auf Mσ(l) . [Ml ,→ Rn ] Satz (Ferber-Schütz) Es sei l = (l1 , . . . , ln ) ein geordneter Längenvektor, das heißt l1 ≥ l2 ≥ . . . ≥ ln > 0, und es bezeichne σk (beziehungsweise µk ) die Anzahl der kurzen (beziehungsweise ausgewogenen) Teilmengen J ⊆ {1, . . . , n} mit | J | = k + 1 und 1 ∈ J . Dann ist Hk (Ml ; Z) frei abelsch vom Rang σk + µk + σ(n−3) − k, wobei n − 3 = dim Ml . Beispiel Sei l = (3, 2, 2, 1, 1), n = 5 und dim Ml = 2. Es existieren keine ausgewogenen Teilmengen, das heißt µk = 0. σ0 = # σ1 = # σ2 = # kurze J = #{{1}} = 1 kurze J = #{{1, 4}, {1, 5}} = 2 kurze J =0 1∈J ,| J |=1 1∈J ,| J |=2 1∈J ,| J |=3 49 Kapitel 3: „Gestänge“ (Linkages) Damit: χ(Ml ) = X (−1)k βk = (1 + 0 + 0) − (2 + 0 + 2) + (0 + 0 + 1) = 1 − 4 + 1 = −2 | {z } =2−2g Also: Ml = 3 Walkers Vermutung Welche Invarianten von Ml bestimmen den Längenvektor von l (bis auf geeignete Äquivalenz)? Für l ∈ Rn>0 und t ∈ R>0 gilt Ml ∼ = Mtl . Zur Definition der geforderten Äquivalenz betrachtet man zunächst Längenvektoren im Inneren A ⊂ P ∆n−1 − {(l1 , . . . , ln ) ∈ Rn≥0 | li = 1} des Standardsimplex. Weiter zerlegt man A wie folgt in Teilmengen niedrigerer Dimension. Für jedes J ⊆ {1, . . . , n} definiert X li = i∈J X li i∈J / eine Hyperebene HJ . Es bezeichnen A(k) ⊂ A die Menge der Längenvektoren l, welche in mindestens (n − 1) − k solcher Hyperebenen HJ enthalten sind, das heißt A(0) ⊂ A(1) ⊂ A(2) ⊂ . . . ⊂ A(n−1) ⊂= A. Ein k-Stratum ist eine Zusammenhangskomponente von A(k) \ A(k−1) . Zwei Längenvektoren liegen in demselben Stratum, falls sie die gleichen kurzen Teilmengen besitzen. x3 H{3} ∩ {x2 = 0} H{3} ∩ {x1 = 0} A x2 A x1 H{3} = {x3 = x1 + x2 } Maximale Strata, Zusammenhangskomponenten von A(n−1) \ A(n−2) , heißen Kammern. Betrachte die Involution (Spiegelung an der x-Achse) τ : Ml → Ml [u1 , . . . , un ] 7→ [u1 , . . . , un ] Ist n ein Fixpunkt von τ , so gilt ui ∈ R, ui = ±1 für alle i ≤ n, und somit ist jeder Fixpunkt eine kollineare Konfiguration. Insbesondere besitzt τ für generische l keine Fixpunkte. Satz (Hausmann, Rodriguez ’04) Falls l und l0 in denselben Straten liegen, so sind Ml und Ml0 τ -äquivariant diffeomorph. 50 3 Walkers Vermutung Walkers Vermutung Es seien l, l0 ∈ A generische Längenvektoren. Falls die ganzzahligen Kohomologieringe von Ml und Ml0 graduiert isomorph sind, so existiert ein σ ∈ Sn so, dass l und σ(l0 ) in derselben Kammer liegen. Satz (Faber, Hausmann, Schütz ’07) Es seien l, l0 ∈ A geoordnete Längenvektoren. Falls dann ein Isomorphismus geraduierter Ringe von H ∗ (Ml ; Z) nach H ∗ (Ml0 ; Z) existiert, welcher mit τ ∗ kommutiert, so liegen l und l0 in demselben Stratum. Insbesondere sind dann Ml und Ml0 τ äquivalent diffeomorph. Betrachte den Modulraum Nl der geschlossenen Polygone in R3 mit Kantenlängen l1 , . . . , ln , das heißt 2 2 Nl = {(u1 , . . . , un ) ∈ S × . . . × S | P li ui = 0} SO(3) Hier lässt sich zeigen, dass für generische l Nl eine Mannigfaltigkeit der Dimension 2(n − 3) ist. Satz (Faber, Hausmann, Schütz ’07) Es sei n 6= 4 und es seien l, l0 ∈ A generische geordnete Längenvektoren. Falls H ∗ (Ml ; Z) und H ∗ (Ml0 ; Z) isomorph (siehe oben) sind, so liegen l und l0 in derselben Kammer. Für n = 4 ist die Aussage falsch: Die Längenvektoren l = (2, 1, 1, 1) und l0 = (2, 2, 2, 1) liegen in unterschiedlichen Kammern. Es gilt ∼ S0 Ml = ˙ 1 Ml 0 ∼ = S1 ∪S Nl ∼ = S2 ∼ = Nl0 Ein Längenvektor heißt normal, falls gilt \ J = 6 ∅. | J |=3 lang und ausgew. Eine Kammer heißt normal, wenn sie einen normalen Längenvektor enthält; damit sind alle darin normal. Satz (Faber, Hausmann, Schütz ’07) Es seien l und l0 geordnete Längenvektoren und es gäbe einen Isomorphismus H ∗ (Ml ; Z) → H ∗ (Ml0 ; Z). Falls l normal ist, so ist l0 normal und l und l0 liegen in denselben Straten. Dieser Satz liefert uns 1) Die Anzahl der Sn -Bahnen von normalen Kammern ist höchstens so groß wie die Anzahl der Diffeomorphie Typen von Ml für generische l. Diese Anzahl wiederum ist höchstens so groß wie die Anzahl der Sn -Bahnen von Kammern. Diffeom.-Typen Sn -Bahnen Sn -Bahnen # norm. ≤ # von Ml ,l generisch ≤ # v. Kammern Kammern 2) Die Anzahl der Sn -Bahnen von normalen Strata ist höchstens so groß wie die Anzahl der Diffeomorphie Typen von Ml . Diese Anzahl wiederum ist höchstens so groß wie die Anzahl der Sn -Bahnen von Strata. Sn -Bahnen n -Bahnen # norm. ≤ # Diffeom.-Typen ≤ # Sv. von Ml Strata Strata 51 Kapitel 3: „Gestänge“ (Linkages) Für große n existieren wenige nicht-normale Strata: Es sei N n ⊆ A(n−1) die Vereinigung aller normalen Strata. Dann gilt vol(A(n−1) \ N n ) n6 . ≤ 2n vol(A(n−1) ) 52 Kapitel 4 Kinematik z0 y0 z b y x0 x Bewegungen und Zustände eines (idealisierten) Roboterarmes werden durch abstandserhaltende Transformationen, das heißt Isometrien des R3 , beschrieben. Jede solche Transformation ist von der Gestalt R3 3 x 7→ Ax + b mit A ∈ O(3) und b ∈ R3 , wobei O(3) = {A ∈ R3×3 | AT A = idR3 } die Menge der skalarprodukterhaltenden linearen Abbildungen bezeichnet, die orthogonale Gruppe. Die Hintereinanderausführung A0 (Ax + b) + b0 = A0 Ax + A0 b + b0 ist wieder eine Isometrie des R3 . Die Gruppe E(3) der euklidischen Bewegungen ist das semidirekte Produkt E(3) = O(3) × R3 mit der Multiplikation (A0 , b0 )(A, b) = (AA0 , A0 b + b0 ). Die orthogonale Gruppe O(3) besitzt zwei Zusammenhangskomponenten, die orientierungserhaltenden Drehungen mit Determinante 1, also die Spezielle Orthogonale Gruppe oder Drehgruppe SO(3), und die (Dreh-)Spiegelungen. Da mechanisch keine Spiegelung realisierbar ist, betrachtet man nur die orientierungserhaltenden euklidischen Bewegungen SE(3) = SO(3) × R. Zur Vereinfachung der Notation betrachtet man die 4-dimensional Darstellung (A, b) 7→ SE(3) ,→ GL4 (R) A b 0 1 ! . Tatsächlich gilt A0 b0 0 1 ! A b 0 1 ! = AA0 A0 b + b0 0 1 ! 53 Kapitel 4: Kinematik mit Inversem A b 0 1 !−1 AT 0 = ! −AT b 1 . Nach einem Satz von Chasles (1832): z y v u s x Jede euklidische Bewegung kann als „Schraubbewegung“ aufgefasst werden: Für alle A b ∈ SE(3) existieren eine Richtung v ∈ S2 ⊂ R3 , ein Drehwinkel ϑ, eine Steigung 0 1 s ∈ R und ein Translationsvektor u ∈ R3 . A b 0 1 ! = id u 0 1 ! R(ϑ, v) 0 | ϑ 2π sv ! 1 {z id −u 0 1 ! = R 0 ϑ 2π sv + (id −R)u 1 ! } „Schraube“ mit Achse R·v und Steigung s Bestimmte Roboterarme, beziehungsweise Teile davon, können im Allgemeinen nur bestimmte Bewebungen ausführen, zum Beispiel lässt ein Drehgelenk keine translationen aus SE(3) zu. Der Konfigurationsraum dieses Drehgelenkes ist anschaulich S1 = SO(2) < SE(3). Es stellt sich also die Frag nach den Untergruppen von SE(3): Ist G eine Untergruppe von SE(3) = SO(3)×R3 , so ist auch G∩R3 = ({1}×R3 ) eine Untergruppe von R3 , also 0, R, R2 , R3 , r Z, r Z × R, r Z × R2 , r Z ×s Z, r Z ×s Z × R und r Z ×s Z ×t Z. Wegen A b 0 1 ! id t 0 1 ! AT 0 −AT t 1 ! = id A(−AT b + t) + b 0 1 ! = id At 0 1 ! „∈“ R3 ist R3 ein Normalteiler in SE(3), das heißt die Projektion SE(3) SE(3) R3 ∼ = SO(3) ist eine Gruppenhomomorphismus und jede Untergruppe G < SE(3) projeziert auf eine Untergruppe in SO(3), also SO(3), SO(2) oder {1}. Welche „Bausteine“ ergeben Untergruppen von SE(3)? Genau jene, für welche der „Faktor“ in R3 normal in der Untergruppe liegt. G 3 = ∼ SO(3): • G ∩ R3 = {0} R • G ∩ R3 = R3 , denn SO(3) ist transitiv auf S 2 . G 3∼ • G ∩ R3 = {0} ⇒ G ∼ = SO(2) R = SO(2): 3 3 3 ∼ • G ∩ R = R , G = SO(2) × R = SE(2) × R • G ∩ R2 = R3 , G ∼ = SO(2) × R2 = SE(2) • G ∩ R = R3 , G ∼ = SO(2) × R 3 • G ∩ R = sZ 1 0 0 cos ϑ G= 0 sin ϑ 0 54 0 0 − sin ϑ cos ϑ 0 ϑ 2π s 0 0 1 = Hs ∼ =R 1 Vorwärtstransformation „Schraube“ durch die x-Achse mit Steigung s ∈ R. Alle diese Hs sind nicht zu R ,→ SE(3) konjugiert. • G ∩ R3 = s Z × R2 ⇒ G = Hs × R2 Reuleux-Paare (1875) Bewegungen, welche durch das gegeneinander Verschieben oder Verdrehen zweier gleicher Flächen(-stücke) im R3 entstehen. Diese entsprechen den Orbiten von einund zweidimensionalen Untergruppen von SE(3). SO(3) SE(2) Ebene Sphäre Rotationsfäche (Drehgelenk) Zylinder SO(2) Translationsfläche 1 0 0 cos ϑ Hs = 0 sin ϑ Helicoid 0 SO(2) × R 0 0 − sin ϑ cos ϑ 0 ϑ 2π s 0 0 1 R 1 Vorwärtstransformation Wie berechnet man zu gegebenen Winkeln, beziehungsweise Translationen, die Endpositionen eines Roboters? Man kann sich diese Frage etwa am Puma (Programmable Universal Machine for Assembly) veranschaulichen: ϑ3 ϑ6 ϑ5 ϑ2 ϑ4 ’72 Scheinmann, @Standford ϑ1 Jedes Gelenk bestimmt eine Ein-Paramter-Untergruppe in SE(3), ϑ 7→ Ai (ϑ), wobei Ai (ϑ) eine Schraube in obigem Sinne ist, zum Beispiel Ai (ϑ) = id u 0 1 ! 1 0 0 0 cos ϑ − sin ϑ 0 0 sin ϑ cos ϑ 0 1 id −u 0 1 ! 55 Kapitel 4: Kinematik oder Ai (ϑ) = ϑs 2π ·v 1 id 0 ! für eine Translation in Richtung v. Nach Wahl einer Ausgangsposition des Roboters, welche den Winkeln ϑ1 = ϑ2 = . . . = ϑk = 0 enstpricht, erhält man die Endposition, beziehungsweise die Gestalt, durch Anwenden der Transformation ϑ = (ϑ1 , . . . , ϑk ). Tk → SE(3) K(ϑ) = A1 (ϑ1 )A2 (ϑ2 ) . . . Ak (ϑk ) Es bleiben immer noch einige Fragen offen: • Geschwindigkeiten, Beschleunigungen, etc. • Effizienz • Umkehrbarkeit der Abbildung • Geometrie, insbesondere in singulären Punkten 2 Linarisierung (d.h. Tangentialräume) Die Geschwindigkeit eines Werkzeugs ist gegeben durch die erste Ableitung (nach der Zeit) des Positionvektors p(t) des Roboterarmes. Es gilt p(t) = K(ϑt )p0 . Da jede Gestalt durch eine Transformation g = K(ϑ) beschrieben ist, genügt es, die durch Wege t 7→ gt (gp0 ), mit g0 = id, zu beschreiben. Dann gilt ṗ(t) = ġt (gp0 ). Die Gruppe SE(3) = so(3) × R3 ist eine Lie-Gruppe, das heißt eine Glatte Mannigfaltigkeit und die Gruppenoperationen sind glatt bezüglich dieser differenzierbaren Struktur. Als Untermannigfaltigkeit von GL(3) ist SO(3) durch die Gleichung AT A = id bestimmt. Ist gt = A(t) ein glatter Weg durch id ∈ SO(3), so gilt 0= d d T id = A(t) A(t) = A0 (0)T A(0) + A(0)T A0 (0) = A0 (0)T + A0 (0). | {z } | {z } dt t=0 dt t=0 =id =id Also gilt A0 (0) = −A0 (0)T , das heißt der Tangentialraum in 1 von SO(3), T1 SO(3) = SO(3), besteht aus schiefsymmetrischen Matrizen. Ist gt = A0t b1t ein glatter Weg in SE(3) mit g0 = idR4 , das heißt A0 = id, b0 = 0, dann gilt g00 A00 b00 0 0 = ! = Ω v 0 0 ! , wobei 0 −ωz ωy Ω = ωz 0 −ωx −ωy ωx 0 eine schiefe Matrix ist und v ∈ R3 . Für einen durch xt = gt · x0 parametrisierten Weg in R3 gilt dann ẋ0 = Ωx0 + v = ω × x0 + v, 56 3 Adjungierte Darstellung wobei ω = (ωx , ωy , ωz )T . Ist gt eine Schraubbewegung, das heißt existieren u, v ∈ R3 und s ∈ R mit gt = R(ϑt , v) 0 ϑt s 2π v + (id −R(ϑt , v)) 1 ! , so gilt 0 −ωz ωy (R(ϑt , v)) = ωz 0 −ωx t=0 −ωy ωx 0 ϑt s d s v= v + (id ·Rt )u = ϑ00 · v − Ωu dt t=0 2π 2π s s ẋ0 = Ωx0 + ϑ00 v − Ωu = ωx(x0 − u) + ϑ00 v | {z } | {z 2π 2π } d Ω= dt Rotationsgeschwindigkeit „Vortrieb“ der Schraube wobei ω die Winkelgeschwindigkeit ist. xt v ẋ0 x0 ω × (x0 − u) u v s ϑ0 2π v (x0 − u) 3 Adjungierte Darstellung Im Allgemeinen ist Ad : G → Aut(g) ∼ g → Te G = g. Ad(g) : (h 7→ ghg −1 )∗e : Te G = Für die Gruppe SO(3), beziehungsweise die Lie-Algebra so(3), ist die Konjugation von Metriken gegeben durch Ω0 = Ad(R)Ω = RΩRT . Für SO(3) existiert eine Orthonormalbasis r1 , r2 , r3 von R3 mit RT = (r1 |r2 |r3 ). Ist dann 0 −ωz ωy Ω = ωz 0 −ωx = ω × (·), −ωy ωx 0 so gilt Ω0 = RΩRT = R(ω × r1 |ω × r2 |ω × r3 ) 0 hr1 , ω × r2 i hr1 , ω × r3 i 0 −hr3 , ωi hr2 , ωi = hr2 , ω × r1 i 0 hr2 , ω × r3 i = . . . = hr3 , ωi 0 −hr1 , ωi = Rω × (·) hr3 , ω × r1 i hr3 , ω × r2 i 0 −hr2 , ωi hr1 , ωi 0 57 Kapitel 4: Kinematik In SE(3) gilt damit Ω0 v 0 0 0 ! ! R v 0 1 = Ad ! = R v 0 1 = RΩRT 0 Ω v 0 0 Ω v 0 0 ! ! ! = R v 0 1 RT 0 −RT v 1 ! Rv − RΩRT v 0 Ω v 0 0 ! R v 0 1 !−1 ! Da RΩRT v = (Rω) × v gilt, folgt für 0 −vz vy V = vz 0 −vx −vy vx 0 mit v = (vx , vy , vz )T für alle x ∈ R3 : V x = −x × v = v × x, das heißt −RΩRT v = −(Rω) × v = V Rω. Stellt man ein Lie-Algebra-Element ω0 v ! = Ad ΩV 0 0 R v 0 1 ! durch ( ωv ) ∈ R6 dar, so gilt ω v ! R 0 VR R = ! ω v ! Adjungierte Darstellung der Lie-Algebren so (3) und se (3) Es gilt Ad : G → Aut(g) (g −1 (·)g)∗ = Ad(g) Ad∗e = ad : g → Der(g) ad(X)Y = [X, Y ] Die Lie-Algebra so(3) von SO(3) besteht aus den schiefsymmetrischen Matrizen Ω wie sie im letzten Abschnitt definiert wurden. Die Matrizen 0 0 0 X = 0 0 −1 0 1 0 bilden eine Basis von SO(3). Nun gilt 0 0 0 0 1 0 ad(X)Y = XY − Y X = 1 0 0 − 0 0 0 = Z 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ad(Y )Z = Y Z − ZY = 0 0 0 − 0 0 1 = X 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 ad(Z)X = ZX − XZ = 0 0 0 − 0 0 0 = Y, 0 0 0 1 0 0 58 0 −1 0 Z = 1 0 0 0 0 0 0 0 1 Y = 0 0 0 −1 0 0 4 Exponentialabbildung wobei man leicht sieht, dass ad(X)Y = [X, Y ] = −[Y, X] = − ad(Y )X, und entsprechend für die übrigen Matrizen. In der Basis gilt dann 0 0 0 ad(X) = 0 0 −1 = X 0 1 0 ad(Y ) = Y ad(Z) = Z. Zu se(3) betrachte die Basis ωi = vi = X 0 0 0 ! 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Y 0 ωj = 1 0 0 0 vj = 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ! ωk = 0 0 0 0 0 1 0 0 vk = Z 0 0 0 ! 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 Wie oben berechnet man mit den Kommutatoren der Basiselementen ad(ωi ) = X 0 0 X ad(vi ) = 0 0 X 0 ! ad(ωj ) = Y 0 0 Y ad(vj ) = 0 Y 0 0 ! ! ad(ωk ) = Z 0 0 Z ad(vk ) = 0 0 Z 0 ! ! ! in der obigen Basis. 4 Exponentialabbildung Die gewöhnliche Exponentialabbildung für Matrizen exp(X) = ∞ X 1 n! n=0 Xn stimmt für Matrixgruppen wie SO(3) und SE(3), beziehungsweise ihre Lie-Algebren so(3) und se(3), mit der Exponentialabbildung des Zusammenhanges welcher durch Paralleltransport durch die Linksmultiplikation defniert ist, überein. Bezüglich dieses Zusammenhanges sind die Integralkurven von linksinvarianten Vektorfeldern Geodätische, das heißt gt = exp(tX) löst ġt = gt X. Es sei Ω ∈ so(3) wie im letzten Abschnitt und ω = (ωx , ωy , ωz )T . Wie berechnet man exp(Ω)? Zerlege Ω (und id) in orthogonale Idempotente: Ω3 x = ω × (ω × (ω × x)) = hω, ω × xiω − hω, ωiω × x = 0 − kωk2 ω × x = −kωk2 Ωx Also gilt Ω3 + kωk2 Ω = 0. Setzt man 1 P0 = (Ω + ikωk id) (Ω − ikωk id) kωk2 −1 P+ = (Ω − ikωk id) 2kωk2 −1 P− = (Ω + ikωk id) 2kωk2 59 Kapitel 4: Kinematik so gilt P0 P+ = P0 P− = P+ P− = 0 P0 + P+ + P− = id P02 = P0 , P+2 = P+ , P−2 = P− Ω = ikωk(P− − P+ ). Damit folgt Ωn = (ikωk)n P− + (−ikωk)n P+ und exp(Ω) = id + ∞ X 1 n! n=1 Ωn = P0 + P− + P+ + ∞ X 1 n! n=1 ((ikωk)n P− + (−ikωk)n P+ ) = P0 + eikωk P− + e−ikωk P+ = ... 1 ikωk 1 −ikωk e − eikωk Ω − e − e−ikωk − 2 Ω2 2kωk 2kωk 1 1 = id + sin kωkΩ + (1 − cos kωk)Ω2 . kωk kωk2 = id + ω Mit ϑ = kωk und v = kωk erhält man die sogenannte Rodrigues-Formel für die Drehung um die Achse R ·v mit dem Winkel ϑ: R(ϑ, v)x = eϑv x = x + sin ϑ(v × x) + (1 − cos ϑ)v × (v × x) Analog erhält man in der Darstellung von se(3) S= Ω v 0 0 ! eine Gleichung vierten Grades S 4 + kωk2 S = 0. Wie oben zerlegt man S und id in Idempotente und ein Nilpotent und erhält exp(S) = id + 1 1 sin kωkS + (1 − cos kωk)S 2 . kωk kωk2 In bestimmten Fällen lässt sich damit die Kinematik eines Roboters lösen. Zum Beispiel findet man damit für Roboter mit drei Gelenken (generisch) für einen Ausgangspunkt p0 ∈ R3 und einen Zielpunkt p ∈ R3 Elemente S1 , S2 und S3 in se(3), so dass eϑ1 S1 eϑ2 S2 eϑ3 S3 60 p0 1 ! = p 1 ! 5 Clifford Algebren 5 Clifford Algebren Eine (reelle) Clifford-Algebra ist bestimmt durch die Wahl einer Basis e1 , . . . , en ∈ V ∼ = Rn und die Relationen • ei ej + ej ei = 0 für i 6= j • e2i ∈ {0, +1, −1} Eine Clifford Algebra ist eindeutig bestimmt durch die Anzahlen der Basiselemente, deren Quadrate 1, −1 oder 0 ergeben. Man schreibt sie dann als Cl(p, q, r) Beispiel Die Clifford-Algebra Cl(0, 1, 0) wird erzeugt von e1 und R mit e21 = −1 (x + ye1 )(z + we1 ) = xz + ywe21 + yze1 + xwe1 = (xz − yw) + (yz + xw)e1 Mit einem Isomorphismus, der die Abbildungen e1 7→ i und 1 7→ 1 enthält ist die Algebra isomorph zu den komplexen Zahlen, also Cl(0, 1, 0) ∼ =C Jedes Monom von Erzeugern ei1 , . . . , eik kann als Produkt von Erzeugern ej1 , . . . , ejl mit j1 < j2 < . . . < jl (für l ≤ k) geschrieben werden. Diese Elemente bilden eine Vektorraum-Basis von Cl(p, q, r), man erhält eine direkte Zerlegung Cl(p, q, r) = n M Vk . k=0 Insbesondere gilt dim Cl(p, q, r) = 2(p+q+r) . Diese Vektorraum-Graduierung hängt im Allgemeinen von der Wahl der Basis ab, allerdings ist die Zerlegung Cl(p, q, r) = Cl(p, q, r)− ⊕ Cl(p, q, r)+ in Produkte mit einer ungeraden beziehungsweise geraden Anzahl abhängig von der Wahl der Basis. Das ist eine Involution von Cl mit ei 7→ e∗i = −ei und (ab)∗ = b∗ a∗ . Wo ist SO(3) (euklidische Bewegungen) Betrachte die Clifford-Algebra Cl(0, n, 0). Dann liegt Rn in Cl(0, n, 0) durch δij = :i=j 0 : i 6= j Kronecker-Delta x1 . . 7→ x1 e1 + . . . + xn en . 1 hx, yi = − X xi y j (−δij ) i,j≤n xn =− 1 X i j x y (ei ej + ej ei ) 2 i,j≤n 1 = (xy ∗ + yx∗ ) 2 Betrachte die Gruppe Pin(n) = {g ∈ Cl(0, n, 0) | gg ∗ = 1, (−1)|g| g × g ∈ Rn für alle x ∈ Rn ⊆ Cl} 61 Kapitel 4: Kinematik Die oben bschriebene Wirkung Pin(n) y R erhält das Skalarprodukt: 1 ((−1)|g| gxg ∗ )((−1)|g| gyg)∗ + ((−1)|g| gyg ∗ )((−1)|g| gxg ∗ )∗ 2 = 1 (−1)|g| gx(g ∗ g )y ∗ (−1)|g| g ∗ + . . . |{z} 2 =1 1 =g (xy ∗ + yx∗ ) g ∗ 2 = gg ∗ hx, yi = hx, yi Damit existiert ein Homomorphismus von Pin(n) nach O(n). Man kann zeigen, dass dieser surjektiv ist und Z2 := Z 2 Z als Kern hat. Es gilt Pin(n) ∩ Rn = Sn−1 , denn 1 1 = vv ∗ = (vv ∗ + vv ∗ ) = hv, vi = kvk2 2 und man rechnet schnell nach, dass −vwv ∗ ∈ Rn für alle w ∈ Rn . Jedes solche v wirkt als Spiegelung an der Hyperebene v ⊥ : (−1)|v| v(λv)v ∗ = −λvvv ∗ = −λv Ist w ∈ v ⊥ , so gilt 1 0 = hw, vi = (wv ∗ + vw∗ ), 2 also wv ∗ = −vw∗ = vw und es folgt (−1)|v| vwv ∗ = −vvw = v ∗ vw = w. Fasst man Drehungen in Rn als Verkettung von Spiegelungen auf, so ist klar, dass die von geraden Elemente erzeugte Untergruppe Spin(n) = {g ∈ Cl+ (0, n, 0) | gg ∗ = 1 und (−1)|g| gxg ∗ ∈ Rn für alle x ∈ Rn } gerade die zweifache Überlagerung von SO(n) ist. Wir werden uns nun im Folgenden auf den Fall n = 3 beschränken. Sei g ∈ Cl+ (0, 3, 0) mit g = a0 + a1 e2 e3 + a2 e3 e1 + a3 e1 e2 und g ∗ = a0 + a1 (e2 e3 )∗ + a2 (e3 e1 )∗ + a3 (e1 e2 )∗ = a0 + a1 e∗3 e∗2 + a2 e∗1 e∗3 + a3 e∗2 e∗1 = a0 + a1 (−e3 )(−e2 ) + a1 (−e1 )(−e3 ) + a1 (−e2 )(−e1 ) = a0 − a1 e2 e3 − a2 e3 e1 − a3 e1 e2 und damit gg ∗ = . . . = a20 + a21 + a22 + a23 und man rechnet leicht nach, dass für alle x ∈ Rn schon (−1)|g| gxg ∗ ∈ Rn gilt, Danmit gilt i j k Spin(3) ⊆ S3 ⊆ Cl+ (0, 3, 0) = [e2 e3 , e3 e1 , e1 e2 ] = H 62 5 Clifford Algebren Beispiel Die Drehung um den Winkel ϑ um die Achse ek wird definiert durch g = cos ϑ ϑ + sin ei ej , 2 2 wobei k ∈ / {i, j} für i 6= j gelte. Damit erhält man ϑ ϑ ϑ ϑ gek g = cos + sin ei ej ek cos − sin ei ej 2 2 2 2 ϑ ϑ ϑ ϑ ϑ ϑ = cos2 ek + cos sin ei ej ek − cos sin ek ei ej + sin2 ei ej ek ei ej 2 2 2 2 2 2 ϑ 2 ϑ = cos + sin ek = ek 2 2 ϑ ϑ ϑ ϑ gej g ∗ = cos + sin ei ej ek cos − sin ei ej 2 2 2 2 ϑ ϑ ϑ ϑ ej − 2 cos sin ei = . . . = cos2 − sin2 2 2 2 2 = cos ϑej − sin ϑei ∗ Betracht Spin(n)×Rn = {„g + t“}. Betrachte Cl(0, n, 1) mit den Erzeugern e1 , . . . , en mit e2i = −1, sowie e mit e2 = 0. Cl(0, n, 1) enthält mit (x1 , . . . , xn )T 7→ 1 + (x1 e1 + . . . + xn en )e einen Rn , und die Gruppe 1 Spin(n) × Rn = {(g + tge) ∈ Cl(0, n, 1) | g ∈ Spin(n), t = t1 e1 + . . . + tn en } 2 wirkt durch 1 1 (g + tge)(1 + xe)(g − tge)∗ = . . . = 1 + (gxg ∗ + t)e. 2 2 Das sind unsere gesuchten euklidischen Bewegungen. Beispiel Ist h = (g + 21 tge) eine reine Drehung, also t = 0, so gilt h(1 + xe)h∗ = g(1 + xe)g ∗ = gg ∗ + gxeg ∗ = 1 + (gxg ∗ )e Die letzte Gleichheit kommt daher, dass g gerade ist. Ist h = (1 + 21 te) reine reine Translation, so gilt 1 1 1 1 1 (1 + te)(1 + xe)(1 − te)∗ = (1 + te + xe + texe) · (1 − te)∗ 2 2 2 2 2 1 1 = (1 + te + xe)(1 − et) 2 2 1 1 1 1 = 1 + te + xe − et − te2 t − xe2 t 2 2 4 2 = 1 + te + xe = 1 + (x + t)e 63 Kapitel 4: Kinematik Wo ist die „Geometrie“? Ebenen im R3 sind mit einer Einheitsnormalen n ∈ S2 ⊆ R3 und einem „Abstand“ d gegeben durch Hn,d = {x ∈ R3 | hn, xi = d}. Ist (R, v) eine euklidische Bewegung, so gilt (R, v)Hn,d = {x | d = hn, RT x − RT vi = hRn, xi − hRn, vi} = HRn,d+hRn,vi . Betrachte Elemente vom Grad 1 in Cl(0, 3, 1), also π = nx e1 + ny e2 + nz e3 + de. Für n = (nx , xy , xz )T gilt genau dann knk = 1, falls ππ ∗ = 1. Ist h = g + 12 tge eine euklidische Bewegung, so gilt ∗ 1 1 hπh = g + tge (n + de) g − tge = . . . 2 2 1 ∗ ∗ ∗ = gng + d − (gng t + tgng ) e„=“ − hRn, vi. 2 ∗ Im Gegensatz zu den vorangegeangen Betrachtungen werden jetzt „geometrische“ Punkte nicht als Grad 1 Elemente in Cl(0, 3, 1) modelliert, sondern wie folgt: Ein Punkt ist von der Form p = e1 e2 e3 + xe2 e3 e + ye3 e1 e + ze1 e2 e. Die ist äquivalent (bis auf Vorzeichen) zu pp∗ = 1. Die Wirkung von Spin(3) × R3 (beziehungsweise SE(3)) ist wieder gegeben durch 1 1 (g + tge)p(g − tge). 2 2 Im R3 ist eine Gerade L durch einen Punkt p ∈ L und eine Richtung v ∈ R3 gegeben. In Cl(0, 3, 1) ist dann die entsprechende Gerade gegeben durch L v v×p v L = (vx e2 e3 + vy e3 e1 + vz e1 e2 ) + (ux e1 e + uy e2 e + uz e3 e) p mit u = (ux , uy , uz )T = p × v. Dies ist äquvalent zu ll∗ = 1. Die Wirkung ist durch Konjugation gegeben. V Durch die Relation x ∧ y = −y ∧ x für x, y ∈ Rn erhält man die äußere Algebra Rn über Rn . Diese findet sich wie folgt in der Clifford Algebra wieder: Sind x ∈ Rn und c ∈ Cl, so sind 1 x ∧ c = (xc + (−1)|c| cx) 2 1 c ∧ x = (cx + (−1)|c| xc). 2 Die R-lineare und assoziative Einbettung ergibt ein (weites) Produkt in Cl. Für Basiselemente ei , ej ∈ Rn gilt: 0 1 ei ∧ ej = (ei ej − ej ei ) = −e ∧ e 2 j i 64 i=j i 6= i . 5 Clifford Algebren Damit erhält Cl die äußere Algebra. Für i 6= j gilt ferner 1 1 ei ∧ ej = (ei ej − ej ei ) = (ei ej + ei ej ) = ei ej . 2 2 Betrachte das äußere Produkt eines Punktes p = e1 e2 e3 + xe2 e3 e + ye3 e1 e + ze1 e2 e und einer Ebene π = nx e1 + ny e2 + nz e3 + de. Dann gilt 1 π ∧ p = (πp − pπ) = (xnx + yny + znz − d)e1 e2 e3 e. 2 Damit liegt genau dann der Punkt p in der Ebene π, wenn π ∧ p = 0 gilt. Analog zeigt man, dass eine Gerade l genau dann in einer Ebene π liegt, wenn π ∧ l = 0 gilt. Der Ausdruck l ∧ p verschwindet (formal), da Grad l ∧ p > 4. Ein Punkt p liegt jedoch genau dann auf einer Geraden l, wenn pl∗ + lp∗ = 0 gilt. Allgemeiner lässt sich der Schnitt zweier geometrischer Objekte mit Hilfe des äußeren Produktes charakterisieren: Es seien π1 und π2 zwei Ebenen. Dann ist jedenfalls π1 ∧ π2 ein Grad 2 Element. Es bleibt zu zigen, dass das eine Gerade definiert, also die Bedingung ll∗ = 1 erfüllt ist. Es gilt 1 1 (π1 ∧ π2 ) = (π1 π2 + (−1)|π2 | π2 π1 ) = (π1 π2 − π2 π1 ), 2 2 also 1 (π1 ∧ π2 )(π1 ∧ π2 )∗ = (π1 π2 − π2 π1 )(π1 π2 − π2 π1 )∗ 4 1 = (π1 π2 − π2 π1 )(π2 π1 − π1 π2 ) 4 1 = (π1 π2 π2 π1 + π2 π1 π1 π2 − π2 π1 π2 π1 − π1 π2 π1 π2 ) 4 1 = (2 − π2 π1 π2 π1 − π1 π2 π1 π2 ) 4 Man rechnet nach, dass sich alle Grad 4 Terme aufheben, und dass keine Grad 1 oder Grad 2 Terme auftreten, da (π1 ∧ π2 )(π1 ∧ π2 )∗ selbstandjungiert ist. Damit ist l= p π1 ∧ π2 ±(π1 ∧ π2 )(π1 ∧ π2 )∗ eine Gerade. Wegen π1 ∧ (π1 ∧ π2 ) = 0 = π2 ∧ (π1 ∧ π2 ) ist l in π1 und π2 enthalten. Analog zeigt man, dass sowohl das äußere Produkt p einer Geraden l und einer Ebene π mit l∧π p= p , ±(l ∧ π)(l ∧ π)∗ als auch das äußere Produkt dreier Ebenen p = 1 (...) π1 ∧ π2 ∧ π3 einen Punkt ergeben. Anwendung Die inverse Kinematik eine Roboters mit sechse Gelenken ist lösbar, falls drei aufeinanderfolgende Drehachsen entweder einen gemeinsamen Schnittpunkt haben (Piper 1968) oder parallel sind (Duffy 1980). Die inverse Kinematik ist gegeben durch k(ϑ) = a1 (ϑ1 )a2 (ϑ2 ) . . . a6 (ϑ6 ), 65 Kapitel 4: Kinematik wobei jedes Drehgelenk durch den Drehwinkel ϑi eines Elementes ai (ϑi ) = cos ϑi ϑi + sin li 2 2 parametrisiert wird. Beweisskizze Angenommen die Achsen l2 , l3 und l4 seien parallel. Dann ist eine Ebene π orthogonal zu den Richtungsvektoren aller drei Geraden l2 , l3 und l4 und invariant unter a2 , a3 und a4 , das heißt π = a2 a3 a4 πa∗4 a∗3 a∗2 . Stellt man die direkte Kinematik um, so folgt a∗1 ka∗6 a∗5 = a2 a3 a4 , und mit der obigen Gleichung π = a∗1 ka∗6 a∗5 πa5 a6 k ∗ a1 . Es gilt also die folgenden Gleichungen zu lösen: k ∗ a1 πa∗1 k = a∗6 a∗5 πa5 a6 (1) | {z } a2 a3 a4 = =π 0 ∗ ∗ ∗ a1 ka6 a5 = k0 (2) Lösungen zu (2) lassen sich auf die klassische Art finden. Zu (1), der Schnittpunkt l6 ∧ (a∗5 πa5 ) ist invariant unter der Drehung um l6 . Damit gilt l6 ∧ (k ∗ a1 πa∗1 k) = l6 ∧ (a∗6 a∗5 πa5 a6 ) = l6 ∧ (a∗5 πa5 ). Dies liefert Lösungen für sin ϑ1 , cos ϑ1 , sin ϑ5 , cos ϑ5 , beziehungsweise für ϑ1 und ϑ5 . Damit erhält man direkt eine Lösung für ϑ6 durch (1). (2) 66 Stichwortverzeichnis Arbeitsbereich, 43 ausgewogen, 45 ausgewogene Teilmenge, 49 (BC), 18 CAT(κ)-Ungleichung, 8 Clifford-Algebra, 61 Diagonale verallgemeinerte, 29 Dreieck geodatisches, 8 (EBC), 21 Ecke, 30 essentielle, 30 freie, 30 Erzeuger, 40 kommumtativer, 41 zulässiger, 41 Fahnenkomplex, 39 generisch, 47 Geodätische minimierende, 7 gerümmt nicht-positiv, 9 Gerade, 64 Gestalt, 56 Grad einer Ecke, 30 Graph, 30 Greedy, 12 Kante, 30 Orientierung, 30 Konfigurationsraum, 29, 43 ungeordneter, 29 konvex, 10 kurz, 45 Längenvektor, 44 generischer, 44 normaler, 51 lang, 45 Link, 39 Lion and Man, 15 lokal rekonfigurierbares System, 41 äquivalentes, 41 Metrik innere, 7 Mκ -Polyederkomplex, 36 Planes, 13 Puma Puma, 55 Punkt, 64 Vergleichs-, 8 Randabbildung, 30 Raum R-geodätischer, 7 CAT(κ)-, 9 geodätischer, 7 Längen-, 7 Rodrigues-Formel, 60 Rotating Spheres, 18 Höhenfunktion, 44 Hessesche, 45 Spheres, 15 Stratum, 50 k-Kette, 37 Kammer, 50 normale, 51 Totalkrümmung, 23 Umfang, 24 67 STICHWORTVERZEICHNIS vollständig geodätisch, 8 Weg rektifizierbarer, 7 Wirkung, 41 Zopfgruppe, 29 Zusatandskomplex, 41 Zustand, 40 68
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