SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Zeitwort 26.07.1656 Rembrandt erklärt seine Zahlungsunfähigkeit Von Ursula Wegener Sendung: 26.07.2016 Redaktion: Ursula Wegener Produktion: SWR 2016 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Zeitwort können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/zeitwort.xml Autorin: Wie Raffael, der als der größte aller Maler angesehen war, signierte er selbstbewusst von Anfang an nur mit seinem Vornamen: Sprecher: „Rembrandt“ Autorin: Er hat immer wieder Selbstportraits gemalt, in jedem Lebensalter, schlicht oder gestellt, mit Edelmannshut oder Bauernkappe, in verschiedenster Mimik und Gestik. 1651, da ist er 45 Jahre alt, zeigt er sich besorgt, mit Falten um dunkle, traurige Augen und auf der Stirn. Zwei seiner drei Kinder sind tot, die Mutter, seine sehr geliebte Saskia von Uylenburgh ist ein Jahr nach der Geburt des Sohnes Titus gestorben. Und ihre reiche Mitgift ist aufgebraucht. Er malt großartiger denn je, mit groberem Strich, dunkleren Farben. Aber damit kommt er aus der Mode, die Holländer lieben die Bilder jetzt in hellem, elegantem flämischem Barock. Und Rembrandts Großmannssucht zehrt ihn auf. Musik Autorin: Statt zu reisen, hat er immer Kunst gesammelt, manchmal viel zu hohe Preise bezahlt. Zitator: „Für einen Lucas von der Leyden 179 Gulden, weil dieser sonst nicht zu bekommen ist.“ Autorin: Vermerkt erstaunt ein Zeitgenosse. Der Meister besitzt Werke von Schongauer, da Vinci, Rubens, Holbein, Cranach, Raffael… Zitator: „…Papierkunst von verschiedenen der vornehmsten italienischen französischen, deutschen und niederländischen Meistern, und von denselben Rembrandt mit großer Kennerschaft zusammen getragen.“ Autorin: Dazu Kuriositäten, wie sie Fürstenhäuser damals sammelten: Muscheln, ausgestopfte Tiere, Fossilien, Schneckenhäuser, chinesisches Geschirr, Waffen, Stoffe, Musikinstrumente aus aller Welt.1639, im Rausch seines Erfolgs auf dem Amsterdamer Kunstmarkt, hat Rembrandt ein enormes Haus gekauft mit Platz für die Sammlung, für Familie, viele Schüler und Gäste, mit beheizten Ateliers und Werkstätten auf mehreren Etagen. 13 000 Gulden hat es gekostet, wer diese Summe damals besaß, war sehr reich, ein einfacher Mann verdiente 300 Gulden im Jahr. 14 Jahre später stehen immer noch über 2/3 vom Kaufpreis aus und die Grundsteuer. Tausende Gulden hat Rembrandt sich schon geliehen, aber er kann die Schuldscheine nicht mehr bedienen. Jetzt, am 26. Juli 1656, meldet er Konkurs an. Ein gewisser Henricus Torquinius kommt zusammen mit 2 Buchhaltern für drei Tage, um den Besitz aufzuzeichnen. Die Inventarliste ist erhalten, sie beginnt mit 1 Zitator: „Kleines Gemälde von Adriaen Brouwer, einen Zuckerbäcker darstellend.“ Autorin: Im Eingangsbereich. Hendrijke, Rebrandts Lebensgefährtin und Mutter der 19 Monate alten Cornelia, hat noch versucht, einen Schrank vollzustopfen und als persönliches Eigentum zu verteidigen. Erfolglos. Hilflos schaut Titus, der fast 15jährige Sohn aus der Ehe mit Saskia zu. Trotzdem wird es ihn amüsiert haben, dass auf der Inventarliste neben Michelangelo, Dürers „4 Bücher von menschlicher Proportion“ und all den vielen eigenen Werken Rembrandts auch verzeichnet wird. Zitator: „Ein Gemälde nach der Natur und ein Kopf der Jungfrau Maria von Titus van Rijn.“ Autorin: Der Vater hat die Kinderzeichnungen aufgehoben. Den Abschluss der Liste macht die Kleiderkammer. Zitator: „3 Männerhemden, 6 Taschentücher, 12 Servietten, 3 Tischtücher, diverse Kettchen und Armbänder.“ Autorin: Drei Zwangsversteigerungen folgen bis Herbst 1658. Die Amsterdamer Kunsthändler haben Zeit, sich abzusprechen. Sie schicken Schuster und Schneider als Strohmänner vor. Rembrandt wird nach Strich und Faden betrogen. Die dritte und letzte Auktion bringt gerade mal 600 Gulden für eine der besten graphischen Sammlungen ihrer Zeit. 20 000 hätte Rembrandt gebraucht. Als er 11 Jahre später stirbt, bleibt: Zitator: „Nichts von Wert. Rembrandt van Rijn, Maler, wohnhaft Rozengracht, gegenüber dem Doolhof. Sarg mit 16 Trägern, Hinterlässt zwei Mädchen, Tochter Cornelia und Enkelin Titia. Kassiert: 20 Gulden.“ 2
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