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Walliser Bote
Donnerstag, 21. Juli 2016
SCHWEIZ
KURZMELDUNGEN
Angeklagt
BERN | Die Bundesanwaltschaft hat gegen 13 Personen
aus dem Umfeld der «Tamil Tigers» (LTTE) Anklage eingereicht. Sie wirft ihnen vor, die
tamilische Rebellenorganisation von der Schweiz aus mit
rund 15 Millionen Franken unterstützt zu haben – mit Geld
von Landsleuten. Die 13 Personen stammen aus der
Schweiz, aus Deutschland
und Sri Lanka, wie die Bundesanwaltschaft (BA) am
Mittwoch mitteilte. Sie werden der Unterstützung oder
Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation, des Betrugs, der Falschbeurkundung
sowie der Geldwäscherei angeklagt und müssen sich vor
dem Bundesstrafgericht in
Bellinzona verantworten. | sda
Sommaruga
sorgt sich
BERN | Nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei und
der Entlassung Tausender
Richter und Staatsanwälte
zeigt sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga besorgt um
die Rechtsstaatlichkeit in der
Türkei. Rechtliche Verfahren
müssten fair und unparteiisch
geführt werden, sagte sie.
«Es ist ein zentrales Prinzip eines Rechtsstaates, dass die
Justiz ihre Arbeit unabhängig
machen kann», teilte die Vorsteherin des Justizdepartements mit. | sda
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Bern / Verscio | Zum Tod von Dimitri – Z’Brieggeli u z’Lächeli sy im gliche Chächeli
Nationales Monument
Seit 20 Jahren träumte
Dimitri davon, einen
Stummfilm in SchwarzWeiss zu drehen wie
Charlie Chaplin, den er
persönlich gekannt hat.
Im Frühling sollte der
Dreh beginnen. Nun hat
sein unerwarteter Tod
das Projekt begraben.
IRENE WIDMER, SDA
Am Montag stand er noch auf
der Bühne, am Dienstagabend
verschied er mit 80 Jahren
«nach kurzem Unwohlsein»,
wie seine Familie mitteilte. Dabei hatte er noch viel vor,
nicht nur einen Film. Noch
letztes Jahr antwortete er Roger Schawinski auf die Frage
«Wer bist du?», er sei «einer,
der ein noch besserer Clown
werden möchte».
Sein alter Wunsch, «bis
zum Umfallen» weiterzumachen, nahm er zurück, nachdem er kurz vor seinem 75. Geburtstag während einer Vorstellung einen Unfall hatte und
sich zwei Wirbel brach. Wie er
so auf der Bühne gelegen sei,
und gemeint habe, er sei gelähmt, habe er sich gesagt, fürs
Publikum «isch das überhoupt
nid luschtig».
Der gebürtige Tessiner,
der akzentfrei Berndeutsch
sprach, gilt manchen als nationales Monument – dabei war er
eigentlich ein internationales.
1995 war er der erste Ausländer,
der zu Lebzeiten in die Clown
Hall of Fame in Delavan, Wisconsin, aufgenommen wurde.
1975 hatte er die erste von
zehn US-Tourneen absolviert.
Touren durch Südamerika und
Gastspiele in China, Japan und
Australien folgten. «Meine
Kunst beruht auf einer nichtverbalen Ausdrucksweise, auf
einer Körpersprache, der Komik
und Musik, also auf einer Art
Universalsprache», sagte er.
«Diese wird an allen Ecken und
Enden der Welt verstanden. So
fühle ich mich nicht mit einer
bestimmten Kultur verbunden.
Ich fühle mich als Weltbürger.»
«Kasperligesicht»
Dimitri wurde am 18. September 1935 in Ascona geboren als
Sohn eines Bildhauers und einer Kunsthandwerkerin und
Enkel eines Russen. Seinen
Taufnamen Dimitri Jakob Müller liess er später in Jakob Dimitri ändern. Als er sieben war,
sah er im Circus Knie den Clown
Andreff und beschloss, diesen
Beruf ebenfalls zu ergreifen.
1941 bestärkte der Kabarettist
Walter Morath den 16-Jährigen
in seinem Vorhaben: Er habe genau das richtige «Kasperligesicht» dafür.
Auch die Weichen zum
glücklichen
Familienleben
stellte Dimitri schon früh: Mit
zwölf verliebte er sich in einem
Ferienlager in seine spätere
Frau Gunda, die seine Gefühle
vorerst nicht erwiderte. Auch
eine zweite Begegnung fünf Jahre später fruchtete nicht, es
dauerte noch einmal acht Jahre, bis Amors Pfeil traf. Im Jahr
darauf wurde geheiratet, fünf
Kinder folgten, drei sind heute
auch im Show-Business.
Unsterbliche Nummern
Nach der Schulzeit in Ascona
zog Dimitri mit Mutter und
Schwester ins Bernbiet, wo er eine Töpferlehre absolviert. Daneben nahm er Ballett-, Akrobatik-, Schauspiel- und Klarinettenstunden und spielte im Studententheater. Dort lernte er
den später weltberühmten Kurator Harald Szeemann kennen.
Im Jahr 2000 sollte ihm dieser
auf dem Gelände des Teatro Dimitri und der Scuola Teatro Dimitri in Verscio TI das Museo
Comico einrichten.
Nach dem Abschluss der
Töpferlehre zog Dimitri zunächst nach Südfrankreich
zum Töpfern und danach zur
Erweiterung seiner Clownausbildung nach Paris, wo er neben
Pantomime bei Etienne Decroux auch Akrobatik, Ballett,
internationale Volkstänze und
Flamenco-Gitarre studierte – alles in allem spielte er als Clown
zehn Instrumente.
1958 belegte er einen
Kurs bei Marcel Marceau und
Todesfall. Clown Dimitri, aufgenommen im Oktober 1999,
verschied im 80. Altersjahr.
FOTO KEYSTONE
spielte in seinem Ensemble.
Im Jahr darauf verschaffte
ihm sein Vater seinen ersten
Solo-Auftritt im Rahmen eines
Fests des örtlichen Kunstvereins in Ascona. Manche seiner
Nummern, etwa das legendäre
Liegestuhl-Debakel, spielte er
seine ganze Karriere über immer wieder.
Engagement
für Flüchtlinge
Doch «man kann sein Leben
nicht nur damit verbringen, indem man lacht oder Witze
macht», sagte Dimitri einmal.
Deshalb engagierte er sich
schon früh politisch für Flüchtlinge, beispielsweise als Weggefährte des «Kampfpriesters der
Heimatlosen», Kaplan Cornelius Koch. Die aktuelle Flüchtlingskrise stimmte ihn unheimlich traurig, sagte er letztes Jahr
im Interview.
«Z’Brieggeli u z’Lächeli
sy im gliche Chächeli» (Weinen und Lachen liegen im selben Topf) war nicht umsonst eines seiner LieblingsSprichwörter.
Kündigung droht
ROTKREUZ | Am Roche-Standort Rotkreuz ZG sind 44 Mitarbeitende von der Kündigung
bedroht. Findet das Unternehmen keine interne Lösung für
diese Angestellten, werden sie
entlassen. Grund dafür ist eine
Reorganisation. In Forschung
und Entwicklung von Roche
Diagnostics wird gegenwärtig
eine neue, globale Einheit aufgebaut. Die meisten Stellen in
Rotkreuz hätten in diese neue
Organisation übertragen werden können. Für 44 Mitarbeitende habe man allerdings keine Lösung gefunden, sagte eine Roche-Sprecherin auf Anfrage der sda und bestätigte
damit eine Meldung des Nachrichtenportals zentralplus vom
Mittwoch. | sda
Auf Autobahn
ZUG | Falsche Trainingsstrecke:
Die Zuger Polizei hat am Mittwochmorgen zwei Velofahrer
auf der Autobahn A4a gestoppt. Die beiden Amerikaner
gaben an, für den Ironman in
Zürich vom nächsten Wochenende zu trainieren. Dabei seien
sie irrtümlich auf die Autobahn
geraten. | sda
Gefährlich nahe
ZÜRICH | Nach dem Abflug vom
Flughafen Zürich sind sich zwei
Passagierflugzeuge der Swiss
südwestlich von Zürich gefährlich nahe gekommen. Gemäss
der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle (SUST) ereignete sich der Vorfall am Vormittag des 12. Juli. In den Vorfall involviert waren Flugzeuge
vom Typ Airbus A321-111 und
Avro 146-RJ100. Sie starteten
in Zürich auf zwei verschiedenen Abflugrouten. Eine Maschine flog nach Budapest, die andere nach Valencia. Die SUST
hat eine Untersuchung angekündigt. | sda
Zürich | Nachwuchs gibt es im Zürcher Zoo
Zürich | Geri Müllers Intimsphäre
Streng nach Plan
Kein öffentliches
Interesse
Jungtiere sind Publikumsmagnete für Zoos.
Doch das Hauptziel der
tierischen Familienplanung heisst nicht kurzfristig viele Besucher anlocken, sondern langfristig eine gesunde Population erhalten. Daher
arbeiten viele Zoos im
Rahmen von Zuchtprogrammen zusammen.
Jungtiere wecken Emotionen.
Sie sind quasi die «Türöffner»
zum Herzen und können dazu
beitragen, Verständnis für die
Natur und einen sorgfältigeren
Umgang mit ihr zu wecken, wie
Robert Zingg, Kurator vom Zoo
Zürich, am Mittwoch sagte.
Doch nur auf den Jööh-Effekt zu setzen, reicht für eine erfolgreiche Zoo-Arbeit nicht aus.
Um einen gesunden Tierbestand
zu erhalten, haben sich rund
350 Zoos in der europäischen
Zoo-Vereinigung zusammengeschlossen, in deren Rahmen
auch verschiedene Zuchtprogramme koordiniert werden.
Hauptziel dieser rund 500
Zuchtprogramme ist es, eine genetisch gesunde Zoo-Population über einen längeren Zeitraum zu erhalten, und zwar
mindestens 90 Prozent der genetischen Variabilität der Gründertiere über einen Zeitraum
von 100 Jahren, wie Zingg sagte.
Empfängnisverhütung
für Rote Varis
Dazu braucht es möglichst genaue Informationen über die
einzelnen Tiere, Hilfsmittel zur
Analyse der Population und Modelle für künftige Entwicklungen. Notwendig ist aber auch,
Familienplanung. Ein erwachsenes Rotes Varis (Varecia rubra) im
Zoo Zürich. Zuchtstopp wurde aufgehoben.
FOTO KEYSTONE
dass sich die Beteiligten an die
vereinbarten «Spielregeln» halten. Dazu gehört beispielsweise, dass ein Zuchtstopp ausgesprochen wird.
Ein solcher galt beispielsweise für die Roten Varis im
Zürcher Zoo zwischen 2007 und
2014. Den vier Weibchen wurden Hormonpräparate implantiert, um Nachwuchs zu verhindern. Vor zwei Jahren erhielten
dann zwei Weibchen eine
Zuchtempfehlung und die Hormonimplantate wurden nicht
wieder erneuert.
Wie lange die Wirkung
der Empfängnisverhütung bei
der Lemurenart, die in Madagaskar zu Hause ist, andauern
würde, war ungewiss – bis zum
24. April dieses Jahres, als eines
der beiden Weibchen drei Junge
zur Welt brachte. Sie turnen
nun durch die üppige Vegetation in der Masoala-Halle oder liegen auf einem Ast und lassen
ganz entspannt die Beine baumeln.
Gibt es demnächst
Tigerbabys?
Nachwuchs könnte es auch beim
Zürcher Amurtiger-Paar geben.
Nachdem Elena 2011 Vierlinge
zur Welt gebracht und drei erfolgreich aufgezogen hat, verfügte das Zuchtprogramm einen
Stopp. Die Tigerin erhielt in den
folgenden Jahren Hormonimplantate. Der Koordinator des
Amurtiger-Zuchtprogramms
richtet sich bei seinen Entscheidungen nach dem sogenannten
Mean Kinship Value (MK). Dieser
Wert gibt an, wie eng ein Individuum mit allen anderen in der
Population verwandt ist. Nachdem es entsprechende Veränderungen gab, erhielt das Zürcher
Tigerpaar in diesem Jahr wieder
eine Zuchtempfehlung. Allerdings kann bei Grosskatzen die
längere Anwendung von Hormonpräparaten zur dauernden
Sterilität führen. Daher ist es
noch ungewiss, ob bald wieder
Tigerbabys durch das Zürcher
Zoo-Gehege tollen. | sda
Die Zeitung «Schweiz am
Sonntag» hat mit ihrem
ersten Artikel über Geri
Müllers privaten SexChat mit einer Frau den
Journalistenkodex verletzt. Der Schweizer Presserat hat eine Beschwerde von 18 Parlamentarierinnen und Parlamentariern gutgeheissen. Das
Interesse einer grossen
Öffentlichkeit sei
nicht zu verwechseln
mit einem öffentlichen
Interesse.
ser während der Arbeitszeit geführt werde. Die «Schweiz am
Sonntag» habe nicht überzeugend darlegen können, worin
das öffentliche Interesse an einer Berichterstattung über den
Sex-Chat bestehen soll. Zwar
entspreche es der Natur des
Menschen, sich für den Intimbereich anderer zu interessieren, heisst es in der Stellungnahme des Presserats. Das Interesse einer grossen Öffentlichkeit sei aber nicht zu
verwechseln mit einem öffentlichen Interesse.
Die «Schweiz am Sonntag» hatte am 17. August 2014 unter
dem Titel «Geri Müller: NacktSelfies aus dem Stadthaus» über
einen Onlinechat zwischen Badens Stadtammann Geri Müller
und einer jungen Frau berichtet. Der grüne Politiker habe an
seinem Arbeitsort und teilweise
während der Arbeitszeit SexChats geführt.
Mit dem Artikel habe die
Zeitung die Privat- und Intimsphäre von Geri Müller in
schwerer Weise verletzt, sagte
Presserats-Vizepräsident Max
Trossmann am Mittwoch vor
den Medien in Zürich. Ein höher zu wertendes öffentliches
Interesse, das die Publikation
gerechtfertigt hätte, bestehe
nicht.
Es sei «nicht alles, was in
Amtsräumen passiert, von öffentlichem Interesse». «Der Inhalt eines intimen Chats gehört
der Intimsphäre an, es geht
nicht an, dass Medien über den
Inhalt eines solchen Chats berichten», sagte Trossmann. Dies
gelte auch für den Fall, dass die-
«Absolute Person
der Zeitgeschichte»
Die «Schweiz am Sonntag» argumentierte in ihrer Stellungnahme an den Presserat, Geri
Müller sei als Mitglied des Nationalrats eine «absolute Person
der Zeitgeschichte». Soweit ein
sachlicher Zusammenhang mit
seiner Tätigkeit als Stadtoberhaupt bestehe, seien Eingriffe
in seine Privatsphäre – und ausnahmsweise in die Intimsphäre – zu dulden, schrieb die Zeitung. Nach Ansicht der Beschwerdeführer – es handelt
sich um 18 Parlamentarierinnen und Parlamentarier – hatte
sich Müller nicht fehlverhalten,
denn der Chat sei einvernehmlich zwischen zwei Erwachsenen erfolgt. Er sei nicht illegal
gewesen und hätte strikt privat
bleiben müssen.
Die «Schweiz am Sonntag» hatte in ihrem Artikel über
einen Polizeieinsatz der Stadtpolizei Baden geschrieben, der
zur vorübergehenden Verhaftung von Müllers Chat-Partnerin geführt habe. | sda