(Ausgabe Juni / Juli 2016) PDF

6/7·2016
z ia a k t u e l l
Foto: vivan hertz
m at t n e r s s ta n d p u n k t
Gefährdende Eingriffe
nicht zulassen
Der Tag der Immobilienwirtschaft 2016 hat wieder gezeigt: Die
intensiven Diskussionen mit den Akteuren aus Politik und Wirtschaft sind dringend notwendig, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und geeignete Rahmenbedingungen für
eine bezahlbare Stadtentwicklung zu schaffen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Klimaschutzplans 2050 und
der geplanten Novellierung des Energieeinsparrechts. Wir dürfen
gefährliche und existenzbedrohende Eingriffe in die deutsche
Immobilienwirtschaft nicht zulassen.
Ganz oben auf der politischen Agenda müssen deshalb Wirtschaftlichkeit und Technologieoffenheit stehen. Nur sie können die
Marschroute der wichtigen klimaschutzpolitischen Maßnahmen
vorgeben. Diese Grundlagen sind für die gesamte Immobilienwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Andernfalls gefährden wir
nicht nur die Rentabilität von Wohn- und Wirtschaftsimmobilien,
sondern auch den Wohnraum sowie die Arbeitsplätze und Nahversorgungsmöglichkeiten der Bevölkerung. Die Immobilienwirtschaft ist das impulsgebende Rückgrat unserer Gesellschaft und
das Fundament des Industriestandorts Deutschland.
Bei all den Diskussionen um klimaschutzpolitische Maßnahmen
dürfen wir andere Themen nicht aus dem Blick verlieren: So
haben wir in Brüssel vor kurzem den ersten ZIA EU-Dialog veranstaltet, der die Chancen und Risiken einer europäischen Kapitalmarktunion für die Immobilienbranche beleuchtet hat.
Darüber hinaus begrüßen wir das neue Integrationsgesetz der
Bundesregierung, das eine Wohnortzuweisung von Flüchtlingen enthält. Als ZIA haben wir uns seit mehreren Monaten nachdrücklich dafür stark gemacht. Doch die Wohnortauflage kann
nur der erste Schritt in Richtung einer erfolgreichen Verteilung
und Integration sein. Wir benötigen auch eine kapazitätsorientierte Lenkung der Flüchtlingsströme innerhalb Deutschlands.
Und dafür setzen wir uns auch weiterhin ein.
Rund 100 Gäste begrüßte der ZIA bei seinem ersten ZIA EU-Dialog in der Landesvertretung Hessen
in Brüssel.
Kapitalmarktunion –
Chancen und Risiken für die
Immobilienbranche
Die Immobilienwirtschaft als besonders kapitalintensive
Branche ist auf ein stabiles Finanzierungsumfeld angewiesen. Deshalb begrüßt der ZIA auch das Vorhaben,
eine europäische Kapitalmarktunion zu schaffen. Diese
kann die Finanzierungssituation der Branche verbessern,
vorausgesetzt, dass der Zugang zu Kapital tatsächlich
erweitert wird.
Zum ersten Mal hat der ZIA Ende April 2016 in Brüssel zum ZIA EUDialog in die Vertretung des Landes Hessen bei der Europäischen
Union eingeladen. Dabei diskutierten hochrangige Experten über
die Chancen und Risiken, die sich für die Immobilienwirtschaft aus
der Entwicklung einer europäischen Kapitalmarktunion ergeben.
Als Teilnehmer waren Paul Tang, Mitglied des Europäischen Parlaments, Niall Bohan, Leiter des Referates Kapitalmarktunion der Europäischen Kommission, sowie Burkhard Dallosch, Vorsitzender des
ZIA-Ausschusses Finanzierung, und Diego Valiante, Head of the Financial Markets and Institutions Unit des Centre for European
Policy Studies (CEPS), eingeladen.
Immobilieninvestments spielen sowohl für private als auch für institutionelle Investoren eine herausragende Rolle. Die Branche ist
aber in besonderem Maße vom Finanzmarkt und dem Zugang zu
Fremdkapital abhängig, der entscheidend für die Sicherstellung
von Investitionen in Immobilien ist. Dementsprechend ist es für die
Immobilienbranche elementar, dass die bisherigen Finanzierungsstrukturen über die Banken innerhalb der Pläne der Europäischen
Union zur Kapitalmarktunion beibehalten werden.
Herzlichst, Ihr
D r . A n drea s M at t n er , P r ä s ide n t
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i m m ob i l i e n m a nag e r
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termine
Wenn die Kreditwirtschaft Fremdkapital aufgrund strengerer regulatorischer Vorgaben aber nur noch sehr restriktiv zur Verfügung stellt, erhält Eigenkapital als Finanzierungsform – und damit die Kapitalsammelstellen – eine deutlich größere Bedeutung für die Branche. Fallen
jedoch diese als Finanzierungsquellen ebenfalls weg oder werden sie
durch zusätzliche Regulierungsmaßnahmen verdrängt, sind Finanzierungsengpässe unausweichlich. In Zeiten des dringend benötigten
Neubaus von Wohn- und Wirtschaftsimmobilien und der Modernisierung von Bestandsgebäuden wäre eine solche Entwicklung fatal.
Risiken ergeben sich auch durch die aktuelle Tendenz, bei der Immobilienbewertung die Risikogewichtung zu Lasten von Immobilienfinanzierungen zu verschieben, was nicht immer den realen Gegebenheiten entspricht. Insbesondere wird hierbei nicht dem
Umstand Rechnung getragen, dass beispielsweise der deutsche Immobilienmarkt, der sich durch eine ausgeprägte Kultur von langfristigen Festzinsfinanzierungen kennzeichnet, über eine große
Stabilität verfügt. Diese ist auch auf die in Deutschland üblichen
Bewertungsmodalitäten zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund
muss jede Verschärfung der derzeit geltenden Risikogewichtung
für deutsche Immobilien als überzogen angesehen werden.
Leider wird der Einfluss der Bankenregulierung auf Wirtschaftsimmobilien, die untrennbar sowohl mit der mittelständischen Wirtschaft wie auch mit dem Bedarf nach und der Finanzierung von Infrastruktur verbunden sind, bislang nicht ausreichend betrachtet.
Denn in Deutschland werden 30 bis 40 Prozent aller Wirtschaftsimmobilien als Investitionsobjekt gehalten und vermietet. Die Besicherung von Wirtschaftsimmobilien und die Finanzierung von kleinen
und mittleren Unternehmen (KMU) hängen somit eng zusammen,
und es bedarf einer besonders umsichtigen Regulierung, um den
Wirtschaftsstandort Deutschland nicht zu gefährden.
Der ZIA wird sich deshalb auch weiterhin auf europäischer Ebene bei
der Erarbeitung der Kapitalmarktunion einsetzen mit dem Ziel eines
stabilen Finanzierungsumfelds für die Immobilienwirtschaft.
29. bis 30. Juni 2016
23. Handelsblatt Jahrestagung Immobilienwirtschaft, Hamburg
6. Juli 2016
Corporates meet Real Estate – Sommerkonferenz 2016, Darmstadt
Zwei Fragen an...
... Bärbel Schomberg, Vizepräsidentin
des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss
e.V.
Der ZIA hat zusammen mit der ICG Initiative Corporate Governance der deutschen Immobilienwirtschaft eine Umfrage
unter den Mitgliedsunternehmen und -verbänden zum Status
Quo von Frauen in der Immobilienbranche durchgeführt. Welches Ergebnis sticht besonders hervor?
Bärbel Schomberg: Wir merken anhand zweier konkreter Zahlen,
dass die Diskussion um Frauen in der Immobilienwirtschaft in
den Unternehmen angekommen ist: Für 63 Prozent der Befragten steigt die Bedeutung dieses Themas für die eigene Unternehmensstrategie. 83 Prozent der deutschen Immobilienunternehmen sind der Meinung, dass sich ein ausgeglichener Anteil
an Frauen und Männern in Führungspositionen langfristig erfolgsfördernd auf ein Unternehmen auswirkt.
Wo sehen Sie noch Nachholbedarf?
Bärbel Schomberg: Der Anteil von Frauen innerhalb der ersten
beiden Führungsebenen ist noch sehr schwach ausgeprägt und
liegt im Durchschnitt bei rund 15,3 Prozent. Erst in der dritten
Führungsebene steigt der Anteil von Frauen etwas deutlicher auf
27,6 Prozent. Das zeigt, dass wir bei der Partizipation und der Präsenz von Frauen in Führungspositionen deutscher Immobilienunternehmen sicherlich noch am Anfang eines langen Wegs stehen. Diesen Prozess möchten wir als ZIA und ICG mit innovativen
Vorschlägen und Ideen aktiv vorantreiben. Dabei geht es auch
darum, für qualifizierte Bewerberinnen die Vielfalt und das enorme Gestaltungspotenzial der Branche aufzuzeigen. Der Bereich
der Aus- und Weiterbildung ist die erste wichtige Stellschraube,
um Frauen für unsere Branche zu gewinnen. Doch auch die gezielte Förderung wird eine entscheidende Rolle spielen.
Kontakt ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Unter den Linden 42, 10117 Berlin
Vereinsregister-Nummer:
VR 25863 B – Amtsgericht Berlin-Charlottenburg
Telefon 030 / 20 21 585 - 0, Fax 030 / 20 21 585 - 29
[email protected], www.zia-deutschland.de
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Foto: schomberg & co.
22. September 2016
ZIA-Dialog Finanzen, Frankfurt am Main