MITTEILUNG NR.12

REBSCHUTZDIENST HEILBRONN – WEINBAUBERATUNG
MITTEILUNG NR.12
29. JUNI 2016
Allgemeine Situation
Die Null muss stehen! Was der Nationalmannschaft mit „Nachbarschaftshilfe“ über vier Spiele hinweg gelang, war
auch das Ziel bei der Peronosporavorsorge in den Weinbergen. Leider hat man sich hier bei permanent nassem
Geläuf einige Treffer eingefangen. Manche Betriebe und Flächen hat es leider auch stärker getroffen. Gute
Abwehrarbeit ist auch die nächsten Wochen noch nötig – im Weinbau genauso wie beim nächsten EM-KO-Spiel
gegen die Chianti-Kicker aus Italien.
Die Rebblüte ist zügig bis auf wenige Ausnahmen am letzten Juniwochenende zu Ende gegangen. Die Beerchen
zeigen angesichts wüchsiger Verhältnisse bereits vielfach Schrotkorngröße. Der erste Eindruckt lässt vermuten,
dass es keine außergewöhnlichen Schäden durch Verrieslungen gegeben hat.
Selten gab es bereits in der Vorblütephase flächendeckend einen so starken Peronosporadruck wie 2016.
Teilweise gibt es auch sehr bedenklichen Traubenbefall. Selbst pilzwiderstandsfähige Rebsorten wurden infiziert.
Das hohe Sporenangebot bleibt grundsätzlich erhalten und beeinflusst weiterhin die Spritzstrategie. Ziel muss
grundsätzlich sein, durch gezielte Behandlungen bisher unbefallenes Blatt- und Traubengewebe gesund zu erhalten.
Wie seither schon sind dabei Maßnahmen vor Regenfällen das Entscheidende. Welche Auswirkungen die erneuten
Gewitterniederschläge mit bis zu 60 Liter/m² am Samstag, 25. Juni ausgelöst haben, wird sich erst wieder nach Ablauf
der Inkubationszeit in der zweiten Juliwoche zeigen. Längere Spritzabstände als 8-10 Tage im frühen
Nachblütebereich gehen nur, wenn die Wettervorsage „sauberes“ Wetter meldet. Es gilt auch zu bedenken, dass
gerade im Nachblütebereich das Thema Oidium mit 10-12 Tagen Spritzabstand an die Grenzen stößt, je nach
Mittelwahl. Zum Glück nimmt ab Erbsengröße die Gefahr sowohl bei Peronospora wie auch bei Oidium an den
Beeren ab. Allerdings ist es zum Beispiel vom Trollinger bekannt, dass auch noch spätere Infektionen am Trauben
bezüglich Peronospora über das Stielgerüst und bezüglich Oidium über ungeschützte Beerenoberflächen möglich
sind.
Bis auf wenige Flächen (Frost oder Virus) ist der Wuchs dieses Jahr enorm. Bereits zur abgehenden Blüte mussten
oder müssen demnächst viele Weinberge bereits zum ersten Mal gegipfelt werden. Das ist zwar angesichts der
dadurch zu erwartenden kompakteren Trauben nicht vorteilhaft, aber leider auch nicht zu umgehen, soll die Anlage
nicht komplett zuwachsen. Als nächstes sollte bereits daran gedacht werden, die Traubenzone zu entblättern.
Mit Hilfe moderner Technik ist diese wichtige Gesundheitsvorsorge heutzutage in Direktzuganlagen mit
überschaubarem Zeitaufwand zu erledigen. Allerdings sind die Schlepperfahrer in dieser turbulenten Zeit besonders
gefordert. Pflanzenschutz, Heften, Laubschnitt und Entblätterung müssen in diesem engen Zeitfenster erst einmal
bewältigt werden. Gut, wer dabei mit Hilfe von Maschinenkombinationen zum Beispiel die Bodenpflege mit
abarbeiten kann.
Besonders bei Hubschrauberflächen muss vor der Befliegung die Laubarbeit erledigt sein. In Halb- oder ganz
zugewachsene Anlagen gelingt es sonst nicht, den Sprühnebel auch in das Innere der Laubwand zu platzieren.
Wichtigstes Utensil in den Terrassenanlagen ist derzeit die Heckenschere.
Angesichts der im Vergleich zu den Vorjahren etwas später stattgefundenen Rebblüte ist davon auszugehen, dass die
Abschlussspritzung in diesem Jahr zum Ende der zweiten Augustwoche stattfindet. Spätester Endtermin dürfte
dabei Samstag, der 13. Augst sein. In vielen Fällen werden daher noch, je nach Witterung vier, wahrscheinlich eher
fünf Behandlungen notwendig werden. Bei frühen Sorten sollte die Abschlussbehandlung eine Spritzung früher
enden.
Peronospora
Nach Beendigung der Rebblüte kann bei vorbeugenden Behandlungen nun schwerpunktmäßig wieder auf
Kontaktfungizide zurückgegriffen werden, wenn vor Regen behandelt wird. Dazu gehören neben Folpan oder Delan
auch zum Beispiel die Mittel Mildicut oder Enervin. Kurativprodukte kommen nur noch zum Einsatz, wenn
unmittelbar nach einem Infektionsereignis gespritzt wird. Dies ist aber immer nur die zweitbeste Lösung. Eine Infektion
ist umso stärker, je wärmer es ist, je länger es nass ist und je mehr Windturbulenzen damit einher gehen. Absolute
Sicherheit nach einer Spritzung ist lediglich - je nach Wuchs - zwischen 4-6 Tagen gegeben. Danach nimmt weniger
durch Mittelabbau, sondern eher durch Zuwachs die Wirkungssicherheit fließend ab. Für die nächsten beiden
Behandlungen kann die Wirkung eines Peronosporafungizides weiterhin durch ein Produkt auf Basis der
Phosphorigen Säure optimiert werden (z.B. Veriphos mit 4 Ltr./ha).
Lothar Neumann
Nicole Dickemann
Tel.: 07131- 994 7353 (mobil: 0175- 261 9011)
[email protected]
Tel.: 07131- 994 7111 (mobil: 0175- 262 2383)
[email protected]
Landratsamt Heilbronn- Landwirtschaftsamt, Lerchenstraße 40, 74072 Heilbronn
REBSCHUTZDIENST HEILBRONN – WEINBAUBERATUNG
MITTEILUNG NR.12
29. JUNI 2016
Oidium
Der Infektionsdruck ist aktuell sehr hoch und bleibt dies auch noch für die nächsten zwei bis drei Wochen. Im
Bereich der abgehenden Blüte sollte, wo noch nicht geschehen, Luna Experience einmalig zum Einsatz kommen.
Darum herum platzieren sich abwechselnd hinsichtlich Resistenzvorbeugung die übrigen Produkte.
Botrytis
Rechtzeitig vor Traubenschluss wird einmalig der Einsatz eines Spezialbotrytismittels empfohlen. Ganz besonders
wichtig ist dies bei allen zur Kompaktheit neigenden Rebsorten. Ansonsten stellen vorbeugende Maßnahmen die
beste Möglichkeit der Fäulnisvermeidung dar: Keine Nachblütedüngung, keine Bodenbearbeitung sowie lockere
und luftige Traubenzone (bei Rotwein- mehr als bei Weißweinsorten). Eine geniale Vorbeugung vor Fäulnis bietet
auch die „Druckluftentblätterung“ mit Spezialmaschinen. Das Zeitfenster ist hier allerdings sehr kurz. Der Druck sollte
nach südbadischen Erfahrungen nicht zu hoch gewählt werden (ca. 0,6 bar). Schauen Sie sich die Geräte bei der im
November 2016 stattfindenden Intervitis genauer an.
Beim Einsatz von Botrytismitteln ist auch auf die Resistenzvermeidung zu achten, auch im Hinblick auf
entsprechende Oidiummittel,
Kirschessigfliege
Noch sind Weinberge nicht attraktiv für die Kirschessigfliege. Deshalb sind die Fangzahlen in den Becherfallen auch
noch gering. Über die weitere Entwicklung kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden. Vorbeugend sollte
jedoch bereits, wie ohnehin zur allgemeinen Fäulnisvorbeugung empfohlen, die Traubenzone bei Rotweinsorten gut
freigestellt werden.
Tafeltrauben
Wer beabsichtigt, im Herbst Tafeltrauben zu schneiden, muss dringend auf die abweichende Zulassung beim Einsatz
von Mitteln bei der Tafeltraubenerzeugung achten. Mit entsprechenden Kontrollen hinsichtlich der „Indikation
Tafeltrauben“ ist zu rechnen.
sonstiges
„Sonderbare“ Schwachwüchsigkeit mit sehr engem Internodienwachstums im Basalbereich der Triebe wurde bei
verschiedenen Rebsorten, auch bei Riesling, einige Male gemeldet. Vieles deutet darauf hin, dass es sich hierbei um
ein Versorgungsproblem handelt, da nach einer gewissen Stagnationszeit viele stecken gebliebenen Triebe, wie über
eine Bypass versorgt, wieder anfangen normal weiter zu wachsen. Vielleicht ist der 2015er Trockenstress in
Verbindung mit gewissen Vorschädigungen (Eutypiose?) ein Auslöser. Sicherheitshalber sollte bei den befallenen
Stöcken mit Hilfe von Stockaustrieben ein neuer Ersatzrebstamm hochgezogen werden.
Bei der nächsten Behandlung ist der 3,5 bis 4 -fache Basisaufwand notwendig.
Hinweise und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel, insbesondere zum Bienenschutz,
sind immer zu beachten.
Generell, besonders aber bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe oder Reinigungsflüssigkeit in
die Kanalisation oder direkt in Oberflächengewässer gelangen.
Diese Rebschutzmitteilung kann auch im Internet abgerufen werden.
Der nächste Hinweis erfolgt voraussichtlich am 06. Juli 2016.
Lothar Neumann
Nicole Dickemann
Tel.: 07131- 994 7353 (mobil: 0175- 261 9011)
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Landratsamt Heilbronn- Landwirtschaftsamt, Lerchenstraße 40, 74072 Heilbronn