Erbschaftsteuerreform auf der Zielgeraden

Erbschaftsteuerreform auf der Zielgeraden
Nach 1 ½-jährigem Streit in der Koalition um die Reform der Erbschaftsteuer haben sich Finanzminister Wolfgang Schäuble, SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer
kurz vor Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist auf einen Kompromiss geeinigt.
Dieser muss nun noch das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Angestrebt wird der Abschluss
noch vor der Sommerpause am 8. Juli 2016. Der Bundestag soll das Gesetz bereits diesen Freitag
beschließen. Das Gesetz soll rückwirkend am 1. Juli 2016 in Kraft treten.
Nach dem Kompromissvorschlag sollen Firmenerben auch weiterhin begünstigt besteuert werden.
Dabei sollen die Rahmenbedingungen zukünftig im Überblick wie folgt aussehen:
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Es bleibt bei einem Verschonungsabschlag von im Regelfall 85 %, auf Antrag i. H. v. 100 %
(Optionsverschonung) des Wertes des Betriebsvermögens. Auch die damit einhergehenden Behaltensregelungen und Lohnsummenfristen bleiben bestehen (5 Jahre im Fall der Regelverschonung, 7 Jahre im Fall der Optionsverschonung).
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Der Verschonungsabschlag soll zukünftig grundsätzlich nur noch bis EUR 26 Mio. pro Erwerber
gewährt werden. Beim Erwerb größerer Unternehmensvermögen ist eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell vorgesehen.
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Beim Verschonungsabschlagsmodell kann der Erwerber bei einem Wert des Betriebsvermögens von EUR 26 Mio. bis EUR 89,75 Mio. (Regelverschonung) bzw. EUR 90 Mio. (Optionsverschonung) die Anwendung eines reduzierten Verschonungsabschlags beantragen. In diesem
Fall verringert sich der Verschonungsabschlag von 85 % bzw. 100 % um jeweils 1 % für jede volle EUR 750.000,00, die der Wert des begünstigten Vermögens den Betrag von EUR 26 Mio.
übersteigt.
Ab einem Wert des begünstigten Betriebsvermögens von EUR 89,75 Mio. bzw. von
EUR 90 Mio. wird keine Verschonung gewährt.
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Enthält der Gesellschaftsvertrag Regelungen, die
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die Entnahme oder Ausschüttung des steuerrechtlichen Gewinns und
die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, Angehörige und Familienstiftungen beschränken und
für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorsehen, die unter dem
gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt
und entsprechen die Bestimmungen den tatsächlichen Verhältnissen, wird eine Steuerbefreiung
in Höhe von maximal 30 % des Anteilswertes gewährt.
Die Regelung soll Familienunternehmen begünstigen. Allerdings müssen die vertraglichen Regelungen bereits 2 Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer vorliegen. Ferner soll die
Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit entfallen, wenn diese Voraussetzungen nicht
über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer eingehalten
werden.
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Die Lohnsummenregelung ist bislang nur anwendbar, wenn der Betrieb mehr als
20 Beschäftigte hat. Diese Grenze soll auf 5 Beschäftigte abgesenkt werden.
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Verschärft werden auch die Regelungen zum Verwaltungsvermögen. Dazu gehören beispielsweise Wertpapiere, fremdvermietete Grundstücke und unter bestimmten Voraussetzungen Finanzmittel des Unternehmens.
Bislang hängt die Verschonung des Betriebsvermögens davon ab, dass es nicht zu mehr als
50 % aus sog. Verwaltungsvermögen besteht. In diesem Umfang kann Verwaltungsvermögen
grundsätzlich begünstigt mitübertragen werden. Zukünftig soll es nur noch bis zu einer Quote
von 10 % wie steuerlich begünstigtes Betriebsvermögen behandelt werden. Geld und geldwerte
Forderungen (Finanzmittel) sollen bis zu 15 % zum steuerlich begünstigten Vermögen gerechnet
werden können.
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Verwaltungsvermögen, welches gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von
zwei Jahren nach dem Tod für Investitionen in das begünstigte Unternehmensvermögen eingesetzt wird, soll steuerlich begünstigt werden.
Achtung: Die Begünstigung soll nicht für Schenkungen gelten.
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Mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren werden Unternehmen aufgrund eines Kapitalisierungsfaktors von 17,86 im derzeitigen Niedrigzinsumfeld tendenziell überbewertet. Künftig soll
sich dieser Faktor zwischen 10 bis maximal 12,5 bewegen.
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Die Steuer auf begünstigtes Vermögen soll bis zu 10 Jahren zinslos gestundet werden, allerdings nur im Erbfall und nicht bei Schenkungen. Die Stundung entfällt bei Verstoß gegen die Behaltens- und Lohnsummenregelung.
Ausblick: Ob der Bundesrat dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen wird, erscheint derzeit
keineswegs sicher. Nach Presseinformationen hat sich der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen,
Norbert Walter-Borjans, gegen den Kompromiss ausgesprochen. Auch von den Bundesländern mit
grüner Regierungsbeteiligung droht Widerstand.
Einschätzungen, dass es durch eine Verzögerung der Neuregelung eine Phase ohne geltendes
Erbschaftsteuerrecht geben könnte, hat der Pressesprecher des Bundesverfassungsgerichts nach
Medieninformationen bereits widersprochen. In seinem Beschluss habe das Gericht die Fortgeltung
des bisherigen Rechts bis zu einer Neufassung und nicht befristet bis zum 30. Juni 2016 angeordnet.
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Stand: Juni 2016