Beschluss

7 E 1486/16
Verwaltungsgericht Hamburg
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
- Antragsteller Prozessbevollmächtigte:
,
gegen
Freie und Hansestadt Hamburg,
vertreten durch das Bezirksamt Altona,
-Rechtsamt-,
Platz der Republik 1,
22765 Hamburg,
- Antragsgegnerin beigeladen:
f & w - fördern und wohnen AöR,
vertreten durch die Geschäftsführer
Grüner Deich 17,
20097 Hamburg,
hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 7, am 15. Juni 2016 durch
..........
beschlossen:
-2-
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 4. April 2016 gegen
die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 31. März 2016 wird angeordnet.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin mit
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Ausnahme
der
Der Streitwert wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten und sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde
an das Oberverwaltungsgericht zu. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses
schriftlich oder durch ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes und elektronisch
übermitteltes Dokument (§ 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. der Verordnung über den
elektronischen Rechtsverkehr in Hamburg vom 28. Januar 2008 in der jeweils geltenden Fassung) beim
Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen.
Die Beschwerdefrist wird auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Hamburgischen
Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.)
eingeht.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die
Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen
Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich oder in elektronischer Form (s.o.)
einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die
Entscheidung abzuändern ist oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander
setzen.
Eine Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist nur zulässig, wenn der Wert des
Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.
Der Beschwerde sowie allen Schriftsätzen sollen – sofern sie nicht in elektronischer Form eingereicht werden
– Abschriften für die Beteiligten beigefügt werden.
Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch
Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor
dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an
einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt zugelassen.
Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als
Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4
und Abs. 5 VwGO verwiesen.
Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten die Beschwerde an das Hamburgische
Oberverwaltungsgericht zu. Die Streitwertbeschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in elektronischer Form (s.o.) beim Verwaltungsgericht Hamburg,
Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzulegen.
Sie ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft
erlangt hat, einzulegen.
Soweit die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nicht durch das Verwaltungsgericht zugelassen
worden ist, ist eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nur gegeben, wenn der Wert des
Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt.
-3-
-3-
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine
der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine Anlage, in der im Sinne einer
Folgeunterbringung Asylsuchende bzw. Flüchtlinge untergebracht werden sollen.
Das ca. 5.400 Quadratmeter große Vorhabengrundstück liegt am nordöstlichen Ende der
schmalen, in diesem letzten Abschnitt jenseits der Kleingartenanlage lediglich einspurig
befestigten Straße Björnsonweg im Stadtteil Hamburg-Blankenese. Die Vorhabenfläche
ist im Baustufenplan Blankenese vom 20. November 1951, erneut festgestellt am
14. Januar 1955, als „Außengebiet, Landschaftsschutz“ ausgewiesen; etwa ein Drittel der
Fläche, im Westen, ist erfasst von der Verordnung zum Schutz von Landschaftsteilen in
den Gemarkungen Altona-Südwest, Ottensen, Othmarschen, Klein Flottbek, Nienstedten,
Dockenhuden, Blankenese und Rissen vom 18. Dezember 1962 (GVBl. S. 203,
m.spät.Änd.). Auf dem Vorhabengrundstück hatte sich bis zum Abbruch der Baulichkeiten
im Jahr 2008 ein ehemaliges Studentenwohnheim befunden, das zuletzt zur öffentlichrechtlichen Unterbringung für wohnraumberechtigte Personen genutzt worden war. Im
Anschluss an die Freiräumung entwickelten sich hier mehrere Biotope und wurde die
Fläche nach allseitiger Bewertung Teil des auf drei Seiten umschließenden Waldes.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines zu Wohnzwecken genutzten, ...
auf der
anderen Straßenseite belegenen Grundstücks. Der Bebauungsplan ................ weist
dieses Grundstück überwiegend als reines Wohngebiet aus. .................
Die auf dem Vorhabengrundstück geplante Einrichtung soll aus neun Typengebäuden in
zweigeschossiger
Holzbauweise
mit
einer
Grundfläche
von
jeweils
rund
175
Quadratmetern bestehen. In acht der neun Holzpavillons soll in wohnungsähnlichen
Zuschnitten (pro Gebäude vier Nutzungseinheiten mit drei Zimmern, Küche, Bad, für bis
zu
sechs
Personen,
insoweit
familienweise
oder
als
Wohngemeinschaft
von
Alleinstehenden) die öffentlich-rechtliche Unterbringung von bis zu 192 Personen
ermöglicht werden. In einem weiteren Gebäude sollen Verwaltungsräume für das
Unterkunfts- und Sozialmanagement (insoweit mit 2,5 Stellen, zudem 1,5 Stellen
technisches Personal), Gemeinschaftsräume sowie Räume für die gemeinschaftlich
genutzten
Waschmaschinen
und
Trockner
vorgehalten
werden.
Für
den
Kraftfahrzeugverkehr sind auf dem Grundstück eine Zufahrt, Abstellflächen sowie ein
Wendeplatz mit einem Durchmesser von 18 Metern vorgesehen. Fußwege sollen die
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Zufahrt und die Kehre begleiten und zu allen Gebäuden führen. In zentraler Lage auf dem
Grundstück soll sich ein 390 Quadratmeter großer Spielplatz mit Sandspielbereich und
Spielgeräten befinden. Zwischen dem Bauvorhaben und dem Björnsonweg soll von der
bislang vorhandenen Vegetation ein mit Gehölzen und Bäumen bestandener Randstreifen
erhalten bleiben.
Der Bauantrag sah zunächst den Bau von 16 Stellplätzen auf dem Vorhabengrundstück
und die Fällung von 89 Bäumen vor.
Die
nach
der
standortbezogenen
Vorprüfung
des
Einzelfalles
gebotene
Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgte ab Oktober 2015.
Am 16. Februar 2016 wurde im Amtlichen Anzeiger (Nr. 13, S. 301) zu dem Bauvorhaben
eine Bekanntmachung veröffentlicht. Dort heißt es insbesondere:
„Die Unterlagen nach § 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)
und
die
das
Vorhaben
Empfehlungen, die der
betreffenden
entscheidungserheblichen
zuständigen Behörde zum
Berichte
und
Zeitpunkt des Beginns des
Beteiligungsverfahrens vorliegen, liegen in der Zeit vom 23. Februar 2016 bis
einschließlich 22. März 2016 an den Werktagen […] im Bezirksamt Altona […] zur Einsicht
aus und können ab dem 23. Februar 2016 unter www.hamburg.de/altona/ online
eingesehen werden.“
Entsprechend der Bekanntmachung erfolgte eine öffentliche Auslegung in der Zeit vom
23. Februar bis zum 22. März 2016 einschließlich. Seit dem 23. Februar 2016 finden sich
- nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin - auf der in der Bekanntmachung
bezeichneten Internetseite unter der Überschrift „Neubau eines Pavillondorfes am
Björnsonweg in Blankenese – Öffentliche Bekanntmachung nach dem HmbUVPG“ der
Bekanntmachungstext
sowie
folgende
"Umweltverträglichkeitsuntersuchung",
Downloads:
"Bauantragsunterlagen",
"Landschaftspflegerischer
Begleitplan"
und
"Allgemeine Vorprüfung Faunistische Potenzialanalyse und Artenschutzuntersuchung".
Mit Schriftsatz vom 21. März 2016 fragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin nach,
um welche Unterlagen es sich bei den in der öffentlichen Bekanntmachung bezeichneten
„Unterlagen gem. § 6 UVPG“ genau handele. Wenn diese interessant seien, wolle er sie
vor einer Stellungnahme noch einsehen. Eine Antwort erhielt er auf seine Anfrage –
soweit ersichtlich – nicht.
Mit Schriftsatz vom 21. März 2016 nahmen die Prozessbevollmächtigten des
Antragstellers im Rahmen eines anderweitigen Mandatsverhältnisses zu den ausgelegten
-5-
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Unterlagen Stellung und machten diverse umweltverfahrensrechtliche Fehler geltend.
Darüber hinaus verwiesen sie auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und rügten, dass in der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung
lediglich
die
baubedingten
Beeinträchtigungen
thematisiert würden, während betriebsbedingte Umweltauswirkungen, wie etwa solche,
die durch die vorhabenbedingten Verkehre ausgelöst würden, nicht in den Blick
genommen worden seien.
Am 30. März 2016 legte die Beigeladene einen geänderten Lageplan vor, nach dem
nunmehr insgesamt lediglich 42 Bäume gefällt werden sollten.
In der Bauakte der Antragsgegnerin findet sich, datiert auf den 31. März 2016, ein
„Vermerk über die öffentliche Auslegung und Stellungnahme von SL 30“. Darin heißt es
unter anderem, dass der Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers
vom 21. März 2016 nicht gefolgt werden könne. Bei Beachtung diverser Auflagen könne
die beantragte Baugenehmigung mit geändertem Lageplan vom 30. März 2016 erteilt
werden. Die Begründung hierzu werde nachgereicht. Des Weiteren wurde in dem
Vermerk zur „Minderung der Eingriffe in Natur und Landschaft und wegen anderer
Umweltbelange“ die Bitte formuliert, bei Erteilung der Baugenehmigung diverse in dem
Vermerk
näher
bezeichnete
Auflagen
aufzunehmen,
so
insbesondere
die
Baugenehmigung befristet für sieben Jahre zu erteilen und auf den Bau der Stellplätze 4
bis 16 zu verzichten.
Ebenfalls unter dem 31. März 2016 erteilte die Antragsgegnerin durch ihr Bezirksamt
Altona der Beigeladenen eine bis zum 1. April 2023 befristete Baugenehmigung im
Verfahren nach § 62 HBauO für den „Neubau eines Pavillondorfes zur öffentlichen
Unterbringung
für
zweigeschossiger
Flüchtlinge
und
Holzbauweise“.
Die
Asylbegehrende,
9
Antragsgegnerin
Typengebäuden
gestattete
in
in
der
Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Einrichtung auf Grundlage des
§ 246 Abs. 9 BauGB die Abweichung von dem Bauverbot des § 35 BauGB befristet für
sieben Jahre. Darüber hinaus bestimmte sie, dass abweichend vom dem Bauantrag (dort:
Landschaftspflegerischer Begleitplan) nur 42 Bäume gefällt werden dürften - hierzu
erteilte sie für das Fällen "innerhalb der Schutzfrist vom 1. März bis zum 30. September"
eine "naturschutzrechtliche Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG" mit Geltung bis zum 8.
April 2016 - und auf den Bau der Stellplätze 4 bis 16 mit Zufahrt zu verzichten sei,
während
die
vorgesehenen
zwei
Garagen
anders
anzuordnen
sein
sollten.
Immissionsschutzrechtliche Auflagen enthält die Baugenehmigung nicht. In der
Baugenehmigung heißt es in dem Abschnitt "Dieser Bescheid schließt ein:..." unter "5."
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mit der Zwischenüberschrift „Das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß des
Gesetzes [sic] über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)“:
„Die Baugenehmigungsbehörde kommt im Rahmen der gemäß § 12 UVPG durchgeführten
Bewertung der zu erwartenden Umweltauswirkungen zu dem Ergebnis, dass trotz der
Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen in Hinblick auf einige Schutzgüter erhebliche
nachteilige Umweltbeeinträchtigungen nicht vermieden werden können.
Durch die umzusetzenden naturschutzfachlichen Kompensationsmaßnahmen, wird für die
erheblichen Beeinträchtigungen eine hinreichende Kompensation gemäß § 15 Abs. 2
NatSchG erzielt.
Die Vermeidungs-, Minderung- und Kompensationsmaßnahmen sind als Auflagen in die
Baugenehmigung aufgenommen.
Die gesamte UVP mit dem landwirtschaftspflegirischen [sic] Begleitplan ist Bestandteil der
Baugenehmigung und als Anlage beigefügt.“
Mit Schriftsatz vom 4. April 2016 erhob der Antragsteller, veranlasst durch die
Beobachtung bauvorbereitender Tätigkeiten eines Gutachters am 2. bzw. 3. April 2016
und die von diesem eingeholte Auskunft, für den 5. April 2016 seien Baumfällarbeiten
geplant, Widerspruch gegen die Baugenehmigung.
Am selben Tag hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf vorläufigen
Rechtsschutz - verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung anhängig gemacht und zur Begründung in der Folge mehrfach ausgeführt.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom
4. April 2016 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom
31. März 2016 zum Neubau eines Pavillondorfes zur öffentlichen
Unterbringung für Flüchtlinge und Asylbegehrende, 9 Typengebäude in
zweigeschossiger Holzbauweise (GZ.: A/WBZ/03305/2015) anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
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Sie macht mit ausführlichen Darlegungen geltend, der Antrag sei bereits unzulässig und
jedenfalls unbegründet.
Die Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Am Vormittag des 5. April 2016 hat die Antragsgegnerin auf die Bitte des Gerichts, vor
einer Prüfung einer Zwischenverfügung keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, erklärt,
dass die - nach ihrer Ansicht gegebenenfalls erst wieder drei Monate später zulässigen Baumfällarbeiten bis 12:00 Uhr am 7. April 2016 ausgesetzt würden.
Das erkennende Gericht hat am 6. April 2016 im Wege einer Zwischenverfügung zur
Vermeidung eines unumkehrbaren Eingriffs in die Waldfläche die aufschiebende Wirkung
des Widerspruchs vom 4. April 2016 vorläufig, bis zu einer abschließenden Entscheidung
des Gerichts im vorliegenden Eilverfahren, angeordnet. Auf die Beschwerde der
Antragsgegnerin hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19.
April 2016, zugestellt am 20. April 2016, den genannten Beschluss mit der Begründung,
am 6. April 2016 habe nur unzureichender Vortrag des Antragstellers zu seiner
Antragsbefugnis vorgelegen, geändert und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer
gerichtlichen Zwischenverfügung abgelehnt (2 Bs 51/16). Auf der Grundlage einer
Änderung der naturschutzrechtlichen Fristbestimmung zu der Fällgenehmigung hat die
Beigeladene am 21. April 2016 mit den Baumfällarbeiten auf dem Grundstück begonnen.
Zuvor, am 13. April 2016, hatte das Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt des
Fachamtes Bauprüfung der Antragsgegnerin dem prozessvertretenden Rechtsamt ein auf
den 4. April 2016 datiertes Schriftstück mit der Überschrift „Zusammenfassende
Darstellung der Umweltauswirkungen nach § 11 UVPG und ihre Bewertung nach § 12
UVPG“ zugeleitet, in welchem insbesondere die Rügen der Prozessbevollmächtigten des
Antragstellers vom 21. März 2016 erörtert werden. Unter anderem heißt es dort, dass
erhebliche
betriebsbedingte
Umweltauswirkungen
durch
die
vorhabenbezogenen
Verkehre ausgeschlossen werden könnten, da die Flüchtlinge und Asylbegehrenden in
aller Regel über keine motorisierten Fahrzeuge verfügten. Selbst wenn ein Teil der
Bewohner über Kraftfahrzeuge verfüge, habe der Björnsonweg genügend Kapazitäten
hierfür. Hinsichtlich der Zusammenfassung der Umweltauswirkungen des Vorhabens
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werde auf die Seiten 69 bis 77 der Umweltverträglichkeitsuntersuchung verwiesen und
den
Ausführungen
zugestimmt.
Unter
der
Zwischenüberschrift
„Ergebnis
der
Umweltverträglichkeitsprüfung“ wird ausgeführt, dass man im Rahmen der gemäß § 12
UVPG durchgeführten Bewertung der zu erwartenden Umweltauswirkungen zu dem
Ergebnis
komme,
dass
trotz
der
vorgesehenen
Vermeidungs-
und
Minderungsmaßnahmen im Hinblick auf einige Schutzgüter einige vorübergehende
geringe nachteilige Umweltbeeinträchtigungen nicht vermieden werden könnten. Die
Befristung auf sieben Jahre, eine Berücksichtigung des geänderten Lageplans mit einer
erheblichen Reduzierung der zu fällenden Bäume und die erteilten Auflagen und
Bestimmungen der Baugenehmigung führten insgesamt jedoch zu einer Zulässigkeit des
Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ 1, 2 UVPG.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Bauakte der
Antragsgegnerin verwiesen, die dem Gericht bei seiner Entscheidungsfindung vorgelegen
haben.
II.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat Erfolg. Er ist zulässig (1.) und begründet (2.).
1.
Der
Antrag
des
Antragstellers
ist
gemäß
§ 80
Abs. 5
i.V.m.
§ 80a
der
Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB statthaft und auch im
Übrigen zulässig.
Dem Antragsteller steht insbesondere die erforderliche Antragsbefugnis gemäß § 42
Abs. 2 VwGO analog zu.
Entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80
Abs. 5 i.V.m. § 80a VwGO nur zulässig, wenn der Antragsteller eine Verletzung eigener
Rechte geltend macht und die Verletzung dieser Rechte zumindest als möglich erscheint.
Zu verneinen ist die Antragsbefugnis nach allgemeinen Maßstäben nur dann, wenn die
geltend
gemachte
Rechtsposition
offensichtlich
und
eindeutig
nach
keiner
Betrachtungsweise bestehen oder dem Rechtsschutzsuchenden zustehen kann (ständige
Rechtsprechung des BVerwG, vgl. zuletzt Urt. v. 19.11.2015, 2 A 6/13, juris Rn. 15
m.w.N.).
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Dahinstehen kann insoweit, ob - wie es das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in
seinem Beschluss vom 19. April 2016 (2 Bs 51/16) zu dem Verfahren um die gerichtliche
Zwischenverfügung in dieser Sache konkludent verneint hat - die konkret von dem
Antragsteller als verletzt gerügten Verfahrensvorschriften über die Durchführung der
Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in
der Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Gesetz vom
21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2490) - UVPG -, etwa § 9 Abs. 1a Nr. 5, §§ 6, 11 und 12
UVPG, sowie der Art. 6 und 8 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei
bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (Amtsblatt der Europäischen Union L 26/1
vom 28.1.2012 – UVP-Richtlinie –), Grundstücksnachbarn als Teil der betroffenen
Öffentlichkeit subjektive Rechte einräumen – was das Bundesverwaltungsgericht zuletzt
in seinem Urteil vom 22. Oktober 2015 (7 C 15/13) offen gelassen hat (vgl. juris Rn. 23)
und was in der Literatur umstritten ist (vgl. etwa Scheidler, NVwZ 2005, 863; Wulfhorst, in:
Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 58. EL, Stand 3/2010, § 11 UVPG Rn. 41 und § 12
UVPG Rn. 55 ff.; Beckmann, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, § 11 Rn. 40
ff. und § 12 Rn. 135; jeweils m.w.N.) –, und ob der Antragsteller zur Begründung seiner
Antragsbefugnis eine mögliche Verletzung dieser Vorschriften geltend machen kann.
Dahinstehen kann auch, ob der Ansicht des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts in
dem genannten Beschluss vom 19. April 2016 zu folgen ist, wonach der anfängliche
Vortrag des Antragstellers in seinem Antragsschriftsatz vom 4. April 2016 trotz seines
Rechtsschutzbegehrs als Baunachbar, der sich durch das Vorhaben gestört sieht (vgl.
S. 2 des Antragsschriftsatzes), nicht ausgereicht haben soll, um eine für die Annahme
einer Antragsbefugnis ausreichende Rüge einer Verletzung des bauplanungsrechtlichen
Rücksichtnahmegebotes zu erkennen.
Hierauf kommt es nicht an, da die Antragsbefugnis des Antragstellers zumindest aufgrund
seines ergänzenden Vortrags im vorliegenden Verfahren zu einer möglichen Verletzung
des
bauplanungsrechtlichen
Rücksichtnahmegebots
zu
bejahen
ist.
Mit
seinen
Schriftsätzen vom 8. April 2016 und 15. April 2016 im o.g. Beschwerdeverfahren sowie
vom 27. April 2016 hat der Antragsteller zu einer möglichen Verletzung des
bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots geltend gemacht, es sei zu erwarten,
dass von dem geplanten Vorhaben unzumutbare Belästigungen oder Störungen
ausgehen würden. Der Umstand, dass dieser ausdrückliche Vortrag des Antragstellers
erst im Laufe des Eilverfahrens erfolgt ist, steht der Zulässigkeit des Antrags auf
vorläufigen
Rechtsschutz
nicht
entgegen,
zumal
eine
Berücksichtigung
dieser
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Einwendungen
des
Antragstellers
vorliegend
nicht
aufgrund
etwaiger
Präklusionsvorschriften ausgeschlossen ist (vgl. VGH München, Urt. v. 24.1.2011, 22 A
09.40059, juris Rn. 47; Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 42 Rn. 106 ff.).
Der Antragsteller hat zum Tatsächlichen im Wesentlichen weiter ausgeführt, dass von
dem Betrieb der geplanten Einrichtung Lärmbelästigungen zu erwarten seien, die für ihn
unzumutbar seien, zumal sich sein Wohngrundstück in einem reinen Wohngebiet befinde
und damit planungsrechtlich einem besonderen Schutz unterliege. Ferner sei zu
berücksichtigen, dass von dem geplanten Vorhaben ein erhöhter Ziel- und Quellverkehr
ausgehen werde, da eine große Flüchtlingsunterkunft typischerweise einen solchen
verstärkten An- und Abfahrtsverkehr auslöse, der die Verkehrsbelastung im Wohngebiet
spürbar erhöhe. Auch die Müllentsorgung werde weitere Verkehre auslösen.
Ausgehend von dem Vortrag des Antragstellers erscheint seine Verletzung in eigenen
Rechten auch möglich und nicht offensichtlich ausgeschlossen, denn es kann nicht von
vornherein nach jeder Betrachtungsweise die Möglichkeit verneint werden, dass die
streitgegenständliche, der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung gegen das hier
maßgebliche,
in
§ 35
Abs. 3
BauGB
angelegte
bauplanungsrechtliche
Rücksichtnahmegebot verstößt. Das Gericht teilt die einhellige Einschätzung der
Beteiligten,
dass
Außenbereich
zu
das
Vorhabengrundstück
bewertenden
Gebiet
in
liegt.
einem
Für
bauplanungsrechtlich
die
Maßgeblichkeit
als
dieses
Rücksichtnahmegebotes nach § 35 BauGB unerheblich ist es, ob die Antragsgegnerin für
die Genehmigung die Vorschrift des § 246 Abs. 9 BauGB zu Recht herangezogen hat.
Denn der Verweis des § 246 Abs. 9 BauGB auf die Rechtsfolge des § 35 Abs. 4 Satz 1
BauGB bedeutet lediglich, dass Vorhaben, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder
Asylbegehrenden dienen, nicht entgegengehalten werden kann, dass sie Darstellungen
des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche
Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder
Erweiterung
einer
Splittersiedlung
befürchten
lassen
(soweit
sie
im
Übrigen
außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sind). Die Vorhaben für die
Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden haben damit als sonstige Vorhaben
im Außenbereich eine Teilprivilegierung (nur) dergestalt erhalten, dass ihnen die
genannten öffentlichen Belange nicht entgegengehalten werden können. Alle sonstigen,
nicht in § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB angeführten öffentlichen Belange dürfen durch ein
teilprivilegiertes Vorhaben nicht beeinträchtigt werden, da insoweit eine erleichterte
Zulassung gerade nicht vorgesehen ist (vgl. VG Münster, Beschl. v. 11.2.2015, M 8 SN
14.4430, juris Rn. 49; Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609, 1613); das
einfachgesetzlich in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB im Begriff der „schädlichen
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Umwelteinwirkungen“ verankerte Rücksichtnahmegebot (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.2.1977,
IV C 22.75, juris Rn. 21) bleibt dementsprechend beachtlich.
Für das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot gilt allgemein, unabhängig von der
jeweiligen gesetzlichen Herleitung, dass sich abstrakte, allgemeine Maßstäbe für die
gebotene Rücksichtnahme nicht bestimmen lassen. Welche konkreten Anforderungen
sich aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme ergeben, hängt
vielmehr wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und
schutzwürdiger die Stellung des Nachbarn ist, umso mehr kann er an Rücksichtnahme
verlangen; je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten
Interessen sind, umso weniger braucht der Bauherr Rücksicht zu nehmen. Bei der in
diesem Zusammenhang anzustellenden Interessenbewertung ist ausschlaggebend, was
dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem zur Rücksichtnahme Verpflichteten nach der
jeweiligen Situation, in der sich die betroffenen Grundstücke befinden, im Einzelfall
zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004, 4 C 1/04, juris Rn. 22; VG München,
Beschl. v. 11.2.2015, M 8 SN 14.4430, juris Rn. 59 f.). Die Schutzwürdigkeit des
Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das,
was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, sind gegeneinander
abzuwägen. Bedarf die Bestimmung der Verletzung des Rücksichtnahmegebots aber
einer umfassenden Interessenabwägung, so kann die Verletzung dieses Gebots
regelmäßig nicht als offensichtlich ausgeschlossen angesehen werden, sondern erscheint
grundsätzlich zumindest als möglich. Im Rahmen der Antragsbefugnis hat es dabei zu
bleiben, dass – wie bereits erörtert – lediglich die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des
Antragstellers zu prüfen ist. Es kann nicht allein deshalb von dem allgemein anerkannten
Maßstab des § 42 Abs. 2 VwGO abgewichen und ein strengerer Maßstab bei der
Antragsbefugnis angelegt werden, weil etwa, wie hier, aufgrund der Besonderheiten des
(europarechtlich
geprägten)
Umweltverfahrensrechts
im
Rahmen
der
Begründetheitsprüfung des Rechtsbehelfs ein Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3
i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG selbst dann zu bejahen sein kann, wenn eine Verletzung der
den Rechtsbehelfsführer schützenden materiell-rechtlichen Vorschriften nicht festzustellen
wäre. Unbeachtlich – im Sinne einer Unzulässigkeit eines hierauf gestützten
Rechtsschutzantrags
–
Rücksichtnahmegebot
typischerweise
wäre
ein
Berufen
nur
dann,
auf
das
wenn
baunachbarrechtliche
schon
der
räumliche
Zusammenhang zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Grundstück, von dem aus
Nachbarschutzansprüche geltend gemacht werden, so gering ist, dass negative
Einwirkungen von vornherein auszuschließen sind (vgl. VG Hamburg, Beschl. v.
11.12.2015, 9 E 6301/15: Entfernung von ca. 280 Metern zu der Vorhabenfläche und
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zusätzliche räumliche Trennung durch eine Straße und zwischen den Grundstücken
liegende Bebauung) bzw. wenn es an jeglichem nachbarlichem Bezug fehlt. Dies kann
vorliegend jedoch nicht angenommen werden.
Bei der Bestimmung der Schutzwürdigkeit des Grundstücks des Antragstellers ist
zunächst von Bedeutung, dass dieses in einem als reines Wohngebiet festgesetzten
Bebauungsplangebiet liegt und ... [wird ausgeführt] ...
Zumal sich die Antragsgegnerin für die Genehmigung des Außenbereichsbauvorhabens
auf § 246 Abs. 9 BauGB stützt, wonach die Rechtsfolge des § 35 Abs. 4 Satz 1 für solche
Vorhaben
entsprechend
Asylbegehrenden
gilt,
dienen,
die
"wenn
der
das
Unterbringung
Vorhaben
im
von
Flüchtlingen
unmittelbaren
oder
räumlichen
Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen
innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll", erschiene es auch widersprüchlich, dem
Antragsteller, dessen Wohnhaus zu ............. denjenigen baulichen Hauptnutzungen
gehört, die dem Vorhaben den nach der Norm erforderlichen baulichen Zusammenhang
vermitteln, hier das Fehlen einer Nähebeziehung entgegenzuhalten. .................
Der Möglichkeit, dass die erteilte Baugenehmigung den Rücksichtnahmeanspruch des
Antragstellers verletzt, steht auch nicht von vorn herein entgegen, dass der Bauherr umso
weniger Rücksicht zu nehmen hat, je verständlicher und unabweisbarer die mit dem
Vorhaben verfolgten Interessen sind bzw. je ähnlicher sein Vorhaben mit der
vorhandenen nachbarlichen Nutzung ist. Insoweit ist grundsätzlich zu berücksichtigen,
dass die Unterbringung von Asylbegehrenden eine gewichtige öffentliche Aufgabe ist,
dass auch in einem reinen Wohngebiet Anlagen für soziale Zwecke - aufgrund einer
gesonderten Abweichungsentscheidung - zulassungsfähig wären (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2
BauNVO i.V.m. § 246 Abs. 11 Satz 1 BauGB) und dass die Nutzung der Anlage aus der
Sicht der dort öffentlich-rechtlich Untergebrachten hinsichtlich der Funktion als
Lebensmittelpunkt
wohnähnlich ist.
Dadurch ist
indes nicht geklärt, dass die
Baugenehmigung für die konkrete Anlage mit ihrer Größe, Gestaltung und mit ihren
Nutzungsbedingungen
auch
den
durch
das
Rücksichtnahmegebot
geforderten
Interessenausgleich schafft. Vorliegend kann insbesondere nicht ohne Weiteres davon
ausgegangen werden, dass der Betrieb der geplanten Einrichtung in Form einer
Folgeunterkunft mit einer Belegung von 192 Personen im Hinblick auf den dadurch
- 13 -
- 13 -
hervorgerufenen
Kfz-Verkehr
nicht
zu
unzumutbaren
Lärmimmissionen
für
den
Antragsteller führen wird. Der Umstand, dass für die Flüchtlingsunterkunft nur drei KfzStellplätze genehmigt sind, dürfte einen typischen Ziel- und Quellverkehr nur
unvollständig
abbilden.
Sollte
dem
genannten
Beschluss
des
Hamburgischen
Oberverwaltungsgerichts vom 19. April 2016 die Ansicht zu entnehmen sein, dass die
Rüge gesteigerter Verkehrsbelastung und der damit verbundenen Störungen schon
deshalb offensichtlich verfehlt sei, weil die angegriffene Baugenehmigung lediglich drei
Stellplätze vorsehe, so wäre dem - auch abgesehen davon, dass die Baugenehmigung
zusätzlich die Errichtung von zwei Garagen umfasst - nicht zu folgen. Denn die
Baugenehmigung oder auch die darauf gestützte Errichtung einer derartig beschränkten
Zahl von Stellplätzen ist nicht verlässlich geeignet, das allein rechtserhebliche, nämlich
das tatsächlich zu erwartende störende Geschehen (hier: Verkehrsaufkommen) zu
steuern. Vielmehr entspricht es ständiger Rechtsprechung, eine Baugenehmigung u.a.
dann
für
rechtsfehlerhaft
zu
erachten,
wenn
die
durch
sie
ermöglichte
Grundstücksnutzung (insbesondere durch die Verursachung von Fahrzeugverkehr)
absehbar Konflikte eröffnet, die sie nicht wiederum selbst bewältigt (vgl. u.a. OVG
Hamburg, Urt. v. 2.2.2011, 2 Bf 90/07, juris).
So liegt es hier nahe, dass der Betrieb der geplanten Einrichtung zu deutlich mehr und
aufgrund des unzulänglichen Ausbauzustands der Straße gesteigert konfliktanfälligem
Kfz-Verkehr führen wird als nur der motorisierte An- und Abfahrverkehr des in der
Einrichtung tätigen Personals. Einrichtungen zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung von
knapp 200 Menschen – insbesondere auch Einrichtungen zur Folgeunterbringung von
Flüchtlingen und Asylbegehrenden – lösen typischerweise erheblichen weiteren Verkehr
aus (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.5.2015, 2 Bs 23/15, juris Rn. 43). Insbesondere ist
nicht nur damit zu rechnen, dass die Einrichtung auch von Handwerksbetrieben oder
ähnlichen Dienstleistern der Beigeladenen zur Vornahme von Reparatur- oder
Wartungsarbeiten angefahren wird, sondern auch durch sonstige Lieferfahrzeuge, durch
Fahrzeuge weiterer betreuender Personen (für Sprachkurse etc., vgl. Nutzung der in dem
Gemeinschaftsgebäude
vorgehaltenen
Gruppenräume)
sowie
Fahrzeuge
zur
Abfallentsorgung. Ebenso ist damit zu rechnen, dass neu in die (fern einer Bushaltestelle
gelegene) Einrichtung einziehende Bewohner diese nicht zu Fuß erreichen, sondern mit
Bustransporten oder bei kleineren Gruppen auch per Taxi oder Pkw-Transfer. Anders als
bei Erstaufnahmeeinrichtungen ist auch Besucherverkehr gerade nicht ausgeschlossen.
Einzubeziehen ist schließlich, dass die in der Einrichtung unter Umständen über mehrere
Jahre untergebrachten Personen, etwa größere Familien, - sei es über die Aufnahme
- 14 -
- 14 -
einer entgeltlichen Tätigkeit, sei es über familiäre Verbindungen - im Laufe der Zeit selbst
über Kraftfahrzeuge verfügen (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 9.3.2016, 7 E 6767/15).
Der zu erwartende Zu- und Abfahrtsverkehr dürfte insbesondere Auswirkungen auf das
Grundstück des Antragstellers haben, da ... [wird ausgeführt] ...
Der
mit
Gehölzen
und
Bäumen
bestandene
schmale
Grünstreifen
auf
dem
Vorhabengrundstück dürfte die zu erwartenden Lärmimmissionen, die insbesondere durch
den Zu- und Abfahrtsverkehr zu befürchten sind, nicht verringern können; dies gilt erst
recht, wenn aufgrund der Beschränktheit der Verkehrs- und Abstellflächen auf dem
Vorhabengrundstück auch der ruhende bzw. der Parksuchverkehr auf den Björnsonweg
ausweicht.
Entgegenstehende
Erkenntnisse
sind
dem
Verwaltungsverfahren,
insbesondere der Umweltverträglichkeitsuntersuchung, nicht zu entnehmen. Eine
konkrete Sachverhaltsermittlung der Antragsgegnerin hinsichtlich der zu erwartenden, von
dem Vorhabengrundstück ausgehenden Lärmemissionen ist offenbar nicht erfolgt. In der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung werden Lärmimmissionen lediglich insoweit in den
Blick genommen, als sie durch die Bautätigkeit bei Errichtung der Einrichtung entstehen
können, während sich dort keinerlei Überprüfung der anschließenden betriebsbedingten
Lärmauswirkungen findet. Schließlich enthält die Baugenehmigung selbst keine
Regelungen
zu
einer
Immissionsbegrenzung,
mit
denen
eine
möglicherweise
rücksichtlose Lärmbelastung des Grundstücks des Antragstellers vermieden werden
könnte.
Wie diese Auswirkungen im Einzelnen einzuschätzen und zu bewerten sein werden, ist
wiederum nicht Gegenstand der Frage nach der Zulässigkeit der Klage.
2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
Im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens sind die betroffenen öffentlichen und privaten
Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Der Gegensatz zwischen dem
Interesse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen einerseits daran, dass von der
erteilten Baugenehmigung Gebrauch gemacht werden kann, und dem Interesse des
Antragstellers als Drittbetroffenem andererseits zu verhindern, dass später nur schwer
wieder rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden, kann in der Regel – und
so auch hier – angemessen nur in der Weise gelöst werden, dass jeweils den Interessen
- 15 -
- 15 -
desjenigen
der
Vorrang
eingeräumt
wird,
der
aller
Voraussicht
nach
im
Hauptsacheverfahren obsiegen wird. Im vorliegenden Fall überwiegen bei dieser
Abwägung die Interessen des Antragstellers diejenigen der Antragsgegnerin und der
Beigeladenen, weil die angefochtene Baugenehmigung nach dem Ergebnis der im
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden
summarischen Prüfung - d.h. nicht lediglich nach dem Maßstab der "ernstlichen Zweifel"
im Sinne von § 4a Abs. 3 UmwRG, der nur in Abgrenzung zu einer reinen
Folgenabwägung von Bedeutung wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.9.2014, 7 VR 1/14,
juris Rn. 10) - in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich aufzuheben sein wird.
Die hier angefochtene Baugenehmigung wird voraussichtlich zumindest wegen Verstoßes
gegen die Vorschriften der §§ 11, 12 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 HmbUVPG aufzuheben sein
(dazu unter a)). Es kann vor diesem Hintergrund im Ergebnis dahinstehen, ob auch der
Verstoß gegen § 9 Abs. 1a Nr. 5 i.V.m. § 6 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 HmbUVPG einen Aufhebungsanspruch nach sich zieht (dazu unter b)) bzw. ob es bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung zu weiteren erheblichen Fehlern gekommen ist (dazu unter c)).
a) Ein absoluter Fehler des umweltrechtlichen Verfahrens, der einen Aufhebungsanspruch
des Antragstellers nach § 4 Abs. 1 UmwRG begründen dürfte, besteht voraussichtlich in
dem Fehlen der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen des
Vorhabens nach § 11 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 HmbUVPG und dem Fehlen der darauf
basierenden Bewertung nach § 12 UVPG i.V.m. § 1 Abs. 1 HmbUVPG bei Erteilung der
Baugenehmigung am 31. März 2016.
Im Einzelnen:
Gemäß § 11 UVPG erarbeitet die zuständige Behörde auf Grundlage der Unterlagen nach
§ 6 UVPG, der behördlichen Stellungnahmen nach den §§ 7 und 8 UVPG sowie den
Äußerungen der betroffenen Öffentlichkeit nach den §§ 9 und 9a UVPG eine
zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen des Vorhabens sowie der
Vermeidungs-,
Verminderungs-
und
Ausgleichsmaßnahmen,
einschließlich
Ersatzmaßnahmen. Die Ergebnisse eigener Ermittlungen sind einzubeziehen. Die
zusammenfassende Darstellung kann dabei auch unmittelbar in der Begründung der
Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen.
Gemäß § 12 UVPG bewertet die zuständige Behörde die Umweltauswirkungen des
Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG und
berücksichtigt diese Bewertung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des
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Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 1
Satz 2 und 4 UVPG nach Maßgabe des geltenden Rechts.
aa) Im Zeitpunkt der Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung am 31. März
2016 fehlten sowohl die zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG als auch eine
darauf basierende Bewertung im Sinne des § 12 UVPG. Dies ergibt sich bereits daraus,
dass die insoweit maßgeblichen (mit Schreiben vom 13. April 2016 übermittelten)
Unterlagen des Dezernats Wirtschaft, Bauen und Umwelt des Fachamtes Bauprüfung der
Antragsgegnerin auf den 4. April 2016 datiert sind. Dies deckt sich im Übrigen mit dem
Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, wonach ihm bei einer
persönlichen Vorsprache beim Bezirksamt am 4. April 2016, und damit nach Ergehen der
angefochtenen Baugenehmigung am 31. März 2016, mitgeteilt worden sei, dass die
entsprechenden Unterlagen noch erstellt würden. Eine zusammenfassende Darstellung
und Bewertung nach den §§ 11 und 12 UVPG kann auch nicht der bereits vor Erlass der
Baugenehmigung
erstellten
Umweltverträglichkeitsuntersuchung
aus Januar
2016
entnommen werden. Selbst wenn entsprechende Ausführungen darin enthalten sein
sollten, wären diese nicht im Sinne von § 11 und 12 UVPG von der zuständigen Behörde
auf Grundlage der Unterlagen nach § 6 UVPG erstellt worden, sondern wären Bestandteil
der letztgenannten Unterlagen. Dies wäre unzureichend, da die zuständige Behörde die
Angaben und Beiträge von Verfahrensbeteiligten nicht ungeprüft übernehmen darf,
sondern in eigener Verantwortung sicherzustellen hat, dass die Umweltauswirkungen
sachgerecht und umfassend ermittelt werden (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer,
Umweltrecht, 59. EL, Stand 10/2010, § 1 Rn. 39; Beckmann, in: Hoppe/Beckmann,
UVPG, 4. Auflage 2012, § 11 Rn. 10).
Auch der „Vermerk über die öffentliche Auslegung und Stellungnahme von SL 30“ der
Antragsgegnerin vom 31. März 2016 stellt nach dem objektiven Empfängerhorizont schon
mit
seiner
Kennzeichnung
als
interner
Beitrag
noch
nicht
die
erforderliche
zusammenfassende Darstellung und Bewertung nach §§ 11, 12 UVPG dar. Hiervon ist die
Antragsgegnerin auch ersichtlich selbst ausgegangen, da in dem Vermerk von einer
zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen und deren Bewertung (noch)
keine Rede ist. Diese Begrifflichkeiten werden von der Antragsgegnerin vielmehr erst in
dem Schriftstück vom 4. April 2016 verwendet. Zwar benennt der Vermerk vom 31. März
2016
bereits
zusammenfassend
die
Vermeidungs-,
Verminderungs-
und
Ausgleichsmaßnahmen, die in Form von Auflagen in die am selben Tag erlassene
Baugenehmigung eingeflossen sind - insbesondere eine zusammenfassende Darstellung
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- 17 -
der Umweltauswirkungen des Vorhabens, wie sie § 11 UVPG fordert, findet sich in dem
Vermerk jedoch nicht.
Dasselbe gilt für die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Eine
solche ist in dem Vermerk vom 31. März 2016 noch nicht erfolgt. Vielmehr enthalten
insbesondere erst die Unterlagen vom 4. April 2016 eine ausführliche Bewertung der in
der Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 21. März 2016
enthaltenen Rügen, während es in dem Vermerk vom 31. März 2016 lediglich heißt, dass
der Stellungnahme nicht gefolgt werden könne und eine Begründung hierzu nachgereicht
werde.
Der Genehmigungsbescheid vom 31. März 2016 selbst enthält zwar die Aussage (S. 3),
dass die Baugenehmigungsbehörde "im Rahmen der gemäß § 12 UVPG durchgeführten
Bewertung" zu einem bestimmten Ergebnis "kommt", dass nämlich trotz der
Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen im Hinblick auf einige Schutzgüter erhebliche
nachteilige
Umweltbeeinträchtigungen
nicht
vermieden
werden
könnten,
sodass
entsprechende Vermeidungs-, Minderungs- und Kompensationsmaßnahmen als Auflagen
in die Baugenehmigung aufgenommen worden seien. Unklar bleibt bei dieser
Formulierung indes schon, ob diese Passage die Bewertung selbst enthalten soll oder
eine andernorts vorgenommene Bewertung mitteilen soll. Vor dem Hintergrund der
Gesamtumstände kann damit eine Bewertung im Sinne von § 12 UVPG nicht gemeint
sein, da sie gerade nicht – wie § 12 UVPG es vorschreibt – auf Grundlage der
zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG vorgenommen worden sein kann.
Letztere wurde erst nach Ergehen der angefochtenen Baugenehmigung erstellt.
Dementsprechend findet sich eine zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG auch
nicht in der angefochtenen Genehmigung.
bb) Hierbei handelt es sich um einen beachtlichen Verfahrensfehler, der zu einem
Aufhebungsanspruch des Antragstellers nach § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG führt. Denn das
Fehlen einer zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG und einer Bewertung
nach § 12 UVPG ist dem Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung gleichzusetzen und
daher als Fehler gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG einzuordnen.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die nicht durch eine zusammenfassende Darstellung
und Bewertung gemäß §§ 11 und 12 UVPG abgeschlossen, d.h. nicht vollständig zu Ende
geführt wird, ist als eine Nicht-Durchführung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG)
zu bewerten. Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht die Gesetzessystematik unter
dem Gesichtspunkt entgegen, dass mit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG ein
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- 18 -
Auffangtatbestand für sonstige absolute Verfahrensfehler geschaffen worden ist (vgl.
hierzu insb. die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 18/5792, S. 10). Dieser
Auffangtatbestand steht nicht einem weiten Verständnis des gesetzlichen Tatbestandes in
Nr. 1 der Vorschrift entgegen, für welche Sachverhalte anzunehmen ist, dass eine
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne der Norm nicht durchgeführt worden
ist; eben dieses weite Begriffsverständnis ist bereits in Satz 2 des Absatzes 1 von § 4
UmwRG angelegt.
Die Verfahrensschritte nach § 11 und § 12 UVPG sind keine bloßen, für die Vollendung
der gesetzeskonformen Umweltverträglichkeitsprüfung unerheblichen "Formalien". § 2
Abs. 1 Satz 2 UVPG, wonach die Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung,
Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines
Vorhabens umfasst, normiert mit dem Dreiklang „Ermitteln – Beschreiben – Bewerten“
das
im
Rahmen
einer
Umweltverträglichkeitsprüfung
zu
beachtende
Verfahrensprogramm. Jeder Schritt in diesem Verfahren baut auf dem vorigen auf. § 11
UVPG ist mit der geforderten zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen
des Vorhabens der zweite Verfahrensschritt, während § 12 UVPG den letzten Akt der
Trias darstellt und das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren abschließt. Bereits aus
dem Wortlaut des § 12 UVPG ergibt sich, dass die Bewertung der Umweltauswirkungen
zwingend vor deren Berücksichtigung in einer Zulassungsentscheidung überhaupt zu
erfolgen hat (vgl. VG Os-nabrück, Urt. v. 4.11.2015, 3 A 88/14, juris Rn. 55). Dabei
beinhaltet § 12 UVPG wiederum zwei getrennte Verfahrensschritte: Zum einen die
Bewertung der Umweltauswirkungen auf der Grundlage der zusammenfassenden
Darstellung nach § 11 UVPG und zum anderen die anschließende Berücksichtigung bei
der Zulassungsentscheidung. Die Berücksichtigung der Bewertungsergebnisse stellt die
verfahrensmäßige Verbindung zur materiellen Genehmigungsentscheidung her; § 12
UVPG fungiert als Schnittstelle zwischen der Umweltverträglichkeitsprüfung und der
Zulassungsentscheidung (vgl. Wulfhorst, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 58. EL,
Stand 3/2010, § 12 UVPG Rn. 2; VG Osnabrück, Urt. v. 4.11.2015, 3 A 88/14, juris Rn.
55). Die auf § 11 UVPG beruhende Bewertung und Berücksichtigung nach § 12 UVPG ist
damit das eigentliche Kernstück bzw. Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung
(Beckmann, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, § 12 Rn. 18; VG Osnabrück,
Urt. v. 4.11.2015, 3 A 88/14, juris Rn. 53).
Vor diesem Hintergrund ist das Fehlen einer zusammenfassenden Darstellung nach § 11
UVPG und einer Bewertung nach § 12 UVPG als ein mit dem Fehlen einer
Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG) gleichzusetzender
- 19 -
- 19 -
Fehler
anzusehen.
Verfahrensschritten
Bei
den
handelt
Umweltverträglichkeitsprüfung
in
es
den
sich
§§ 11
um
unverzichtbar
und
12
solche,
sind.
die
Denn
UVPG
im
fehlt
beschriebenen
Rahmen
der
es
der
an
zusammenfassenden Darstellung und der Bewertung der Umweltauswirkungen eines
Vorhabens, können diese bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nicht
im Sinne von § 12 UVPG berücksichtigt werden. Es liegen dann lediglich Informationen zu
den voraussichtlichen Umweltfolgen vor - ohne dass die verfahrensführende Behörde sich
mit diesen auseinandergesetzt hätte, können sie indes nicht in die Entscheidung
einfließen und bleiben in der Sache bedeutungslos. Die inhaltliche Berücksichtigung der
zusammenfassenden Darstellung und der Bewertung der Umweltauswirkungen eines
Vorhabens bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens sind, vgl.o., gerade
Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung. Wenn aber Sinn und Zweck der
Umweltverträglichkeitsprüfung im Zuge der Erteilung der Baugenehmigung nicht zur
Geltung kommen, ist dies dem vollständigen Ausfall der Umweltverträglichkeitsprüfung im
Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG gleichzusetzen (vgl. VG Os-nabrück, Urt. v.
4.11.2015, 3 A 88/14, juris Rn. 53 ff.).
Die demnach fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung ist auch nicht dadurch im Sinne des
§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG nachgeholt worden, dass die Antragsgegnerin die
relevanten Unterlagen nach Ergehen der angefochtenen Zulassungsentscheidung noch
erstellt und zu den Sachakten gebracht hat.
Die Nachholung lediglich der beiden Verfahrensschritte nach §§ 11 und 12 UVPG zu
einem Zeitpunkt, als die Zulassungsentscheidung bereits getroffen worden war, kann
nicht als Nachholung der gesamten Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 4
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, mit der Folge, dass der Fehler behoben ist, angesehen
werden. Die insoweit isolierte Nachholung dieser beiden Verfahrensschritte ist unter
Berücksichtigung der streng vorgegebenen Verfahrensschritte im UVPG nicht mehr
möglich, wenn die Zulassungsentscheidung bereits getroffen worden ist, da in diesem Fall
die zusammenfassende Darstellung und Bewertung nach §§ 11 und 12 UVPG ihre
Funktion als vorbereitende Verfahrensschritte für die Zulassungsentscheidung nicht mehr
sinnvoll erfüllen können. Die zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG ist
Voraussetzung für den darauf folgenden Verfahrensschritt der Bewertung und
Berücksichtigung der Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG). Bei einer nachgeschobenen
zusammenfassenden
Darstellung,
nachdem
die
Zulassungsentscheidung
bereits
getroffen worden ist, kann aber die primäre Funktion des § 11 UVPG, die Grundlage der
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- 20 -
Bewertung der Umweltauswirkungen zu bilden, nicht mehr erreicht werden (vgl. VG
Osnabrück, Urt. v. 4.11.2015, 3 A 88/14, juris Rn. 79).
Auch die Bewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 12 UVPG hat zu
einem Zeitpunkt zu erfolgen, in dem noch die Möglichkeit besteht, die Zulassung des
Vorhabens wegen der Ergebnisse zu versagen bzw. mit Nebenbestimmungen zu
versehen. Diese Möglichkeit ist aber in dem Fall deutlich eingeschränkt, in dem die
Behörde unter dem Eindruck der bereits erteilten bzw. sogar bereits (teilweise)
ausgenutzten Genehmigung eine Abwägung vornimmt.
Wäre der entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG hier nicht zu folgen,
so wäre jedenfalls, mit demselben Ergebnis eines Aufhebungsanspruchs, das Fehlen
einer zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG und einer Bewertung nach § 12
UVPG im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung als anderer absoluter
Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG einzuordnen.
Nach Art und Schwere wäre ein solcher Fehler vor dem dargestellten Hintergrund den in
§ 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Fehlern jedenfalls vergleichbar (§ 4 Abs. 1
Nr. 3 Buchst. b UmwRG). Der Verfahrensfehler ist auch nicht dadurch geheilt worden,
dass die Antragsgegnerin die relevanten Unterlagen nachträglich – nach Ergehen der
angefochtenen Baugenehmigung – noch erstellt hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG).
Denn nach Ergehen der Zulassungsentscheidung ist eine Heilung der vorliegenden
Verfahrensfehler unmöglich, da die beiden Verfahrensschritte nach §§ 11 und 12 UVPG
dann nicht mehr „basisbildend“ für die Zulassungsentscheidung sein können. Die Heilung
eines umweltverfahrensrechtlichen Fehlers durch Nachholung der Verfahrenshandlung
kann aber nur dann angenommen werden, wenn die nachgeholte Verfahrenshandlung
ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde noch uneingeschränkt erfüllen
kann. Die Heilung durch Nachholung muss in einer Art und Weise erfolgen, dass die mit
dem Fehler verbundenen Nachteile vollständig beseitigt werden (Kopp/Ramsauer,
VwVfG, 16. Auflage 2015, § 45 Rn. 26 und 42). Wie bereits ausgeführt konnten die
zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG sowie die Bewertung nach § 12 UVPG
ihre „basisbildende“ Funktion für den Entscheidungsprozess der Antragsgegnerin nach
Erlass der streitgegenständlichen Baugenehmigung jedoch nicht mehr erfüllen.
Schließlich ist der betroffenen Öffentlichkeit durch Unterlassen der zusammenfassenden
Darstellung und Bewertung nach den §§ 11 und 12 UVPG vor Erlass der
Baugenehmigung auch im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c UmwRG die Möglichkeit
der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden.
Die Möglichkeit zur Beteiligung am Entscheidungsprozess im Sinne der Vorschrift ist dann
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- 21 -
genommen, wenn der jeweilige Fehler der (betroffenen) Öffentlichkeit eine der Garantien
genommen hat, die ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu
Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess ermöglichen sollen (vgl.
Begründung des Regierungsentwurfs zu der entsprechenden Anpassung des § 4 UmwRG
an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - BT-Drs. 18/5927, S. 9). Die
zusammenfassende Darstellung nach § 11 UVPG als Grundlage der Bewertung nach
§ 12 UVPG soll unter anderem auch die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung
eingegangenen Einwendungen und Stellungnahmen berücksichtigen (§ 11 Satz 1 UVPG),
d.h. diesen die Möglichkeit eröffnen, das Ergebnis der Zulassungsentscheidung zu
beeinflussen. Wird die zusammenfassende Darstellung jedoch erst nach Ergehen der
Zulassungsentscheidung erstellt, fehlt es an der Einführung der Stellungnahmen in den
konkreten Entscheidungsprozess.
So
ist
auch
vorliegend
die
Stellungnahme
des
Prozessbevollmächtigten
des
Antragstellers vom 21. März 2016 erst am 4. April 2016, mithin nach Ergehen der
angefochtenen Baugenehmigung am 31. März 2016, von der Antragsgegnerin
nachvollziehbar bewertet worden.
Auch die für den hier ergänzend betrachteten Fall, dass es sich bei dem Verfahrensfehler
lediglich um einen solchen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG handelt, weiter zu
beachtende
Voraussetzung
nach
§
4
Abs.
3
Satz
2
UmwRG
für
einen
Aufhebungsanspruch eines bloßen Beteiligten, der nicht anerkannter Umweltverband ist,
ist erfüllt. Danach muss der Verfahrensfehler nicht nur der betroffenen Öffentlichkeit,
sondern gerade auch dem jeweiligen Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich
vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen haben. Zwar ist dem
Antragsteller, der selbst keine Rügen angebracht hat, durch die Zulassungsentscheidung
ohne vorherige Bewertung i.S.v. § 11 UVPG nicht die Beachtung seiner Einlassungen
abgeschnitten worden. Darauf kommt es indes vorliegend bereits in Bezug auf den
konkreten Verfahrensfehler nicht an. Mit der genannten Bestimmung zielt der
Gesetzgeber nur darauf, dass Beteiligte nicht solche Mängel des Verfahrens erfolgreich
rügen, von denen sie selbst nicht betroffen sind: Die "Möglichkeit der gesetzlich
vorgesehenen Beteiligung" wird dem Beteiligten nach der Vorstellung des Gesetzentwurfs
im Sinne der Vorschrift insbesondere dann nicht "genommen", wenn der Verfahrensfehler
darin besteht, dass eine Auslegung der Unterlagen zwar in einigen von dem Vorhaben
betroffenen Gemeinden unterblieben, am Wohnort des Beteiligten aber erfolgt ist (vgl. BTDrs. 18/5927, S. 11). Der Umstand jedoch, dass eine Zulassungsentscheidung ohne den
vorherigen Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung getroffen wird, betrifft den
- 22 -
- 22 -
Antragsteller ebenso wie andere Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit. Im Übrigen
wäre ihm das Fehlen einer eigenen, gegebenenfalls übergangenen Einlassung im
Hinblick auf die Mängel der Bekanntmachung (vgl. u.) bzw. das Fehlen einer Antwort auf
seine Bitte um Information zu der Bekanntmachung nicht entgegenzuhalten.
b) Die hier angefochtene Baugenehmigung ist eine Zulassungsentscheidung, in deren
Vorbereitung es zu einem Bekanntmachungsfehler gekommen ist.
Die erforderliche Bekanntmachung ist von der Antragsgegnerin fehlerhaft durchgeführt
worden. Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 HmbUVPG i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 1 UVPG wird die
Öffentlichkeit in einem Zulassungsverfahren, das eine Erörterung mit der Öffentlichkeit
grundsätzlich
nicht
vorsieht
–
wozu
das
vorliegend
streitgegenständliche
Baugenehmigungsverfahren zu zählen ist –, dadurch beteiligt, dass das Vorhaben mit den
Angaben nach § 9 Abs. 1a UVPG öffentlich bekannt gemacht wird. Gemäß § 9 Abs. 1a
Nr. 5 UVPG hat die zuständige Behörde bei der Bekanntmachung zu Beginn des
Beteiligungsverfahrens die Öffentlichkeit unter anderem darüber zu informieren, "welche"
Unterlagen nach § 6 UVPG vorgelegt wurden. Die Bekanntmachung im Amtlichen
Anzeiger vom 16. Februar 2016 genügt den gesetzlichen Anforderungen des § 9 Abs. 1a
Nr. 5 UVPG indes nicht, da sie eine Auflistung der nach § 6 UVPG vorgelegten
Unterlagen nicht umfasst. Vielmehr beschränkt sie sich auf den Hinweis auf das Vorliegen
von Unterlagen nach § 6 UVPG, bietet aber keine Informationen, um welche Unterlagen
es sich dabei handelt. Dies stellt einen Fehler im Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung
dar. Schon dem Wortlaut des § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG nach reicht es nicht aus, nur darauf
hinzuweisen, dass Unterlagen nach § 6 UVPG einsehbar sind, sondern es hat ein Hinweis
darauf zu erfolgen, „welche Unterlagen“ dies sind. So ist auch in der obergerichtlichen
Rechtsprechung geklärt, dass eine Bekanntmachung, die lediglich einen Hinweis auf das
Vorliegen von Unterlagen nach § 6 UVPG enthält, nicht aber darauf, welche Unterlagen
vorgelegt wurden, fehlerhaft ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 14.12.2015, 5 M 303/15,
juris Rn. 72 ff.; OVG Münster, Urt. v. 15.5.2015, 11 D 12/12.AK, juris Rn. 100).
Vorliegend hat etwas anderes auch nicht deshalb zu gelten, weil ohne weiteres auf den
Inhalt der zur Einsicht bereitstehenden Unterlagen geschlossen werden könnte. Der Umfang der insofern relevanten Unterlagen ergibt sich insbesondere nicht aus dem Gesetz in
Verbindung mit dem Text der Bekanntmachung im Amtlichen Anzeiger selbst. So wird in
der Bekanntmachung nicht etwa darauf verwiesen, dass sich Inhalt und Umfang der
Unterlagen im Sinne von § 6 Abs. 2 UVPG nach spezialgesetzlichen Vorschriften richten.
§ 6 Abs. 3 UVPG enthält außerdem lediglich eine Mindestauflistung vorzulegender
Unterlagen, was es - mit dem Ergebnis, dass die Unterlagen immer ausdrücklich zu
- 23 -
- 23 -
benennen
sind
-
nicht
ausschließt,
dass
es
nach
dem
Maßstab
der
Entscheidungserheblichkeit weitere Unterlagen über die Umweltauswirkungen des
Vorhabens gibt, die ggf. der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind (vgl. Hofmann, in:
Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 67. EL, Stand 11/2012, § 6 UVPG Rn. 15).
Dieser Bekanntmachungsfehler ist nicht deshalb unbeachtlich (bzw. geheilt), weil der
Bekanntmachungstext nicht allein im Amtlichen Anzeiger abgedruckt, sondern zusätzlich
im Internet veröffentlicht worden ist und dort unmittelbar unter dem Bekanntmachungstext
die einzelnen Unterlagen zum Download zur Verfügung standen (und noch stehen).
Hierdurch genügte die Antragsgegnerin zwar den Anforderungen des § 27a des
Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – HmbVwVfG –, wonach in dem Fall,
dass durch Rechtsvorschrift eine öffentliche Bekanntmachung angeordnet ist – wie hier
durch § 1 Abs. 4 Satz 1 HmbUVPG i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 1 UVPG –, die Behörde deren
Inhalt zusätzlich im Internet veröffentlichen soll. Dazu soll der Inhalt der Bekanntmachung
auf einer Internetseite der Behörde oder ihres Verwaltungsträgers zugänglich gemacht
werden und es sollen auch solche zur Einsicht auszulegenden Unterlagen über das
Internet zugänglich gemacht werden, auf die sich die Bekanntmachung bezieht. Dies führt
jedoch nicht dazu, dass der beschriebene Bekanntmachungsfehler geheilt wäre, denn
§ 27a HmbVwVfG normiert lediglich ein zusätzliches Informationsangebot, ersetzt aber
nicht
herkömmliche
Formen
der
öffentlichen
Bekanntmachung
(Schwarz,
in:
Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2016, § 27a VwVfG Rn. 1;
Kopp/Schenke, VwVfG, 16. Auflage 2015, § 27a Rn. 1; Prell, in: Bader/Ronellenfitsch,
BeckOK VwVfG, 30. Auflage, Stand 1/2016, § 27a Rn. 10 f.). Die Veröffentlichung im
Internet hat der Gesetzgeber bewusst als nur zusätzlichen Informationsweg vorgesehen,
um (unter anderem) sicherzustellen, dass Adressaten, die das Internet nicht nutzen
können oder wollen, vom Informationszugang nicht ausgeschlossen sind (Prell, in:
Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, 30. Auflage, Stand 1/2016, § 27a Rn. 11;
Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Entwurf eines
Gesetzes zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinheitlichung von
Planfeststellungsverfahren vom 27.2.2013, BT-Drs. 17/12525, S. 9). Tritt mit anderen
Worten die Veröffentlichung im Internet und die dortige Zugänglichkeit der Unterlagen
nicht an die Stelle der vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung, so kann ein
Fehler in der öffentlichen Bekanntmachung auch nicht dadurch geheilt und unbeachtlich
werden, dass sämtliche erforderlichen Angaben in der Veröffentlichung im Internet
vorhanden sind.
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Für das Gericht ist allerdings nicht erkennbar, dass diesem Bekanntmachungsfehler für
das Verfahren eine Bedeutung zukommt, die es erfordern würde, ihn als absoluten
Verfahrensfehler im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG zu bewerten. Zu beachten
ist insoweit, dass die Begründung zu dem u.a. hierauf bezogenen Gesetzesentwurf vom
7. September 2015, mit dem die Unterscheidung zwischen absoluten und relativen
Fehlern präzisiert werden sollte, vom Vorliegen eines absoluten Fehlers im Sinne des § 4
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG für den Fall ausgeht, dass in einem Zulassungsverfahren für
ein umweltverträglichkeitsprüfungspflichtiges Vorhaben keine Unterlagen nach § 9
Abs. 1b UVPG ausgelegt worden sind, wohingegen ein nur relativer Fehler im Sinne des
§ 4 Abs. 1a UmwRG vorliegen soll, wenn lediglich einzelne Angaben fehlen oder inhaltlich
fehlerhaft sind (BT-Drs. 18/5927, S. 10). Soll danach sogar das tatsächliche Fehlen von
einzelnen Unterlagen lediglich als relativer Fehler bewertet werden, so dürfte dies erst
recht für den Fall zu gelten haben, in dem zwar nicht im Einzelnen aufgeführt wird, welche
Unterlagen zugänglich gemacht werden, mit dem summarischen Hinweis auf das
Ausliegen indes noch ein gewisser Anstoß vermittelt wird.
Ob der Bekanntmachungsmangel als lediglich relativer Verfahrensfehler gemäß § 4
Abs. 1a UmwRG die Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung zur Folge hätte, kann
hier in Anbetracht der Feststellung zu a) dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Zwar findet bei einem relativen Verfahrensfehler, anders als beim Vorliegen eines
absoluten Verfahrensfehlers, die Vorschrift des § 46 HmbVwVfG Anwendung. Hiernach
kann
die
Aufhebung
eines
Verwaltungsakts
wegen
der
Verletzung
einer
Verfahrensvorschrift dann nicht beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass die
Verletzung der Verfahrensvor-schrift die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
Lässt sich dies nicht aufklären, wird eine Beeinflussung gemäß § 4 Abs. 1a Satz 2
UmwRG aber vermutet.
c) Keiner weiteren Prüfung bedarf im Hinblick auf die obigen Feststellungen im
vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Frage, ob die
angefochtene Baugenehmigung aufgrund etwaiger sonstiger, von dem Antragsteller
gerügter Verfahrensfehler aufzuheben wäre. Insoweit kann insbesondere dahinstehen, ob
eine möglicherweise fehlerhafte Zusammenstellung von Unterlagen im Rahmen der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung, die einen relevanten Verstoß gegen § 9 Abs. 1b
Nr. 5 i.V.m. § 6 UVPG darstellen könnte, einen Aufhebungsanspruch des Antragstellers
begründen könnte. Entsprechendes gilt für die Frage, was aus der im Rahmen der
Umweltverträglichkeitsuntersuchung ggf. fehlerhaften Nichtberücksichtigung eines nur
durch weitere Baumfällungen nach (jedenfalls in anderen Bundesländern unzweifelhaft)
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allgemein anerkannten Sicherheitsanforderungen herzustellenden deutlich größeren
Abstands der Anlage zum Wald (hierauf, insbesondere auf die - durch das Gebot einer
Einzäunung nicht bewältigte - Gefahrerhöhung durch die Holzbauweise der Anlage und
den Trockenwald-Charakter des umgebenden Grüns hatte im Verwaltungsverfahren der
BUND frühzeitig hingewiesen) folgen würde.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Beigeladene hat keinen eigenen Sachantrag gestellt und auch ansonsten nicht weiter zur
Sache vorgetragen. Da sie damit kein eigenes Kostenrisiko übernommen hat, entspricht
es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
IV.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des
Gerichtskostengesetzes – GKG – und folgt der Rechtsprechung des Hamburgischen
Oberverwaltungsgerichts zu der Bewertung baunachbarrechtlicher Rechtsschutzanliegen.
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