China plant Zerstörung der grössten buddhistischen Akademie

Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft
14. Juni 2016
China plant Zerstörung der grössten buddhistischen Akademie
Laut einer offiziellen Ankündigung plant China, die weltweit grösste buddhistische Akademie bis
September 2017 weitgehend zu zerstören. Betroffen ist das Studienzentrum Larung Gar im
Bezirk Serthar in der Präfektur Kardze. Larung Gar ist kein tibetisch-buddhistisches Kloster im
konventionellen Sinn, sondern ein Zentrum der buddhistischen Lehre, das sich übergreifend über
einzelne Schulen des tibetischen Buddhismus an alle Lernenden wendet und auch zahlreiche
Studenten aus dem chinesischen Festland und anderen asiatischen Staaten angezogen hat. Weit
über 10'000 Lernende sollen sich derzeit dort aufhalten und wohnen in einer Siedlung, die sich
zwischen zwei benachbarte Hügel schmiegt (Foto: http://www.rfa.org/english/news/tibet/cuts06072016160719.html).
Laut einem publizierten Dekret soll die Zahl der Studierenden bis September 2017 auf 5'000
eingefroren werden. Weil etwa 60 – 70 Prozent der Behausungen abgerissen werden sollen,
befürchten die Studierenden, dass de facto die Zahl der Studierenden weit unter 5'000 sinken
wird. Schon im vergangenen Jahr wurden 600 Studierende weggewiesen, zusätzlich mussten
auch 60 Mitglieder der Gemeinschaft, die über 60 Jahre alt, weichen. Im Moment würden laut
Informanten weitere 1'200 von ihrer Wegweisung unterrichtet. Der Abriss der ersten
Behausungen habe bereits stattgefunden, und weitere würden derzeit für den Abriss markiert. Als
Begründung wurde angegeben, dass diese Behausungen dem Strassenbau im Wege stünden oder
die Passage von Feuerwehrfahrzeugen behinderten.
Der Gründer Khenpo Jigme Phuntsok liess sich im Jahre 1980 in Kardze als Einsiedler nieder
und unterrichtete zunächst nur wenige Studenten. Als sich deren Zahl über die Zeit erheblich
steigerte, gelang dem X. Panchen Lama im Jahre 1987 die Anerkennung von Serthar als
„akademisches Institut“. Möglicherweise wegen dieses einzigartigen Status blieb es von der
ersten Welle der „patriotischen Umerziehung“ seit 1997 verschont, die sich auf Klöster
konzentrierte. Serthar geniesst seitdem einen hervorragenden Ruf wegen der Qualität seiner
Lehre und Sammlung von chinesischen und tibetischen Schriften.
Serthar war bereits 2001 von einer massiven Zerstörungsaktion betroffen. Damals sollten etwa
1'000 Behausungen abgerissen werden. Durch Wegweisungen sollte die Zahl der Studierenden
von über 10'000 auf etwa 1'400 reduziert werden. Später zeigte sich, dass über 2'000
Behausungen zerstört worden waren. Chinesische Arbeiter erhielten einen «Lohn» von
umgerechnet Fr. 20 pro zerstörtes Gebäude. Den Studierenden wurde verboten, sich einem
anderen Kloster anzuschliessen und befohlen, sich stattdessen wieder in ihrem Heimatort
niederzulassen. Viele irrten im beginnenden Winter ziellos in den umliegenden Hügeln umher,
weil sie in ihrer Heimat keine Angehörigen mehr hatten. Khenpo Jigme Phuntsog stand während
der ersten Zerstörungsaktion faktisch unter Hausarrest, war gesundheitlich angegriffen und starb
wenig später [vergl. Tibet-Information vom 26. Juni, 30. August und 15. Oktober 2001; UM].
Radio Free Asia, 7. Juni 2016
New Delhi TV, 10. Juni 2016
Wiederum zwangsweiser Abriss von tibetischen Gebäuden am Koko-nor
Wie bereits im Mai und Oktober 2015 wurden im Juni wiederum zahlreiche Gebäude von
Tibetern am Koko-nor (chin. Qinghai Lake) zerstört. Mehr als 600 Gebäude, Geschäfte und
Restaurants, aber auch Wohngebäude, wurden in einer konzertierten Aktion unter
Polizeibegleitung mit schwerem Gerät abgerissen. Als Begründung wurde mitgeteilt, die
Gebäude seien «illegal» errichtet. Betroffene Tibeter bericheteten, sie hätten ordungsgemäss
Anträge auf Genehmigung gestellt, aber die von Funktionären geforderten Bestechungsgelder
nicht gezahlt.
Etwa ein Drittel der zerstörten Gebäude gehörte Tibetern, aber auch Muslime und Han-Chinesen
waren von der Zerstörungsaktion betroffen. Fünf Eigentümer, drei Tibeter und zwei Muslime,
wurden in Handschellen abgeführt. Die Betroffenen fürchten, dass noch weitere Siedlungen vom
Abriss betroffen werden. Es kommt nicht selten vor, dass reiche Chinesen Bestechungsgelder an
die Verwaltung zahlen, damit diese die Verkäufe forcieren, um sich danach die lukrativen Lagen
selbst zunutze zu machen.
Im Oktober 2015 wurden etwa 300 Geschäfte und Restaurants abgerissen. Die offizielle
Begründung lautete damals, dass die Tibeter die Gegend „verschmutzt“ hätten, und im Mai 2015
wurden Abrisse damit begründet, dass die Gebäude die „schöne Aussicht“ auf den See störten
[vergl. Tibet-Information vom 26. Oktober 2015; UM].
Radio Free Asia, 3. Juni 2016