Programm Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio Juli 2016 Freitag, 1. Juli Das Mittelalter in Multicolor Eine Epoche im Rausch der Farben Von Ulrike Rückert Leuchtende Seide und glänzende Brokatstoffe aus dem Orient. Schimmernder Samt aus Florenz, goldene Gewänder, bunt geteilte Röcke: Die höfischen Feste des Mittelalters waren ein einziger Rausch der Farben. Könige, Adlige und Ritter hoben sich durch ihre Garderobe von den anderen Ständen ab. Damals sollte jedermann an Qualität und Farbe seiner Kleidung erkennbar sein; aus ihr ließen sich Status, Macht und Reichtum ablesen. In einer weitgehend illiteraten Gesellschaft hatten die Farben Zeichen- und Symbolcharakter, sie leiteten die Menschen durch die Untiefen des sozialen Umgangs. In den Kirchen traf buntes Licht auf bemalte Statuen, vielfarbige Stickereien und Messgewänder, deren Farben wiederum symbolische Bedeutung hatten. Färber waren hochbezahlte Fachleute, und der globale Handel mit Farbstoffen sowie der Anbau von Färberpflanzen wurden zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. (Produktion 2014) Samstag, 2. Juli Radio Akademie: Die unsichtbaren Netze Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (9) Von Maximilian Schönherr Auch wenn sich viele gegenseitig die Augen aushacken: Alle Lebewesen teilen – oft ohne es zu wissen. Die Freunde von jemandem, der an Körpergewicht zunimmt, legen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit selbst zu. Wenn jemand arrogant auftritt, isoliert er sich nicht nur in seiner direkten Umgebung selbst, sondern er treibt auch andere in einem viel weiteren Netzwerk, die ihn vielleicht gar nicht kennen, an den Rand. Wenn ein Ehepartner an den Folgen einer bestimmten Lungenerkrankung stirbt, zieht er den Überlebenden viel früher mit in den Tod, als wenn er an Parkinson gestorben wäre. Wir bilden laufend Netzwerke, über die wir uns gegenseitig beeinflussen, ohne davon zu wissen. Sonntag, 3. Juli Aula: Der Studienkompass 11: Wirtschaftswissenschaften Von Till van Treeck In der SWR2 Aula geben Forscherinnen und Forscher angehenden Studenten Orientierungshilfe bei der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was man mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit Master oder Bachelor anfangen kann. Professor Till van Treeck von der Universität Duisburg-Essen stellt sein Fach, die Wirtschaftswissenschaften, vor. SWR2 Wissen – Juli 2016 2 Montag, 4. Juli Ankunft am Jupiter Die Mission der Raumsonde Juno Von Guido Meyer Seit fünf Jahren fliegt die amerikanische Raumsonde “Juno” nun schon hinaus ins All. Heute Nacht soll sie endlich ihr Ziel erreichen: Jupiter, den größten Planeten des Sonnensystems. Er hat seit zwei Jahrzehnten keinen Besuch mehr von der Erde gesehen – und das, obwohl die spannendsten Fragen rund um seine Entstehung und seinen Aufbau nach wie vor unbeantwortet sind. Verbirgt sich unter seiner äußeren, dicken Wolken- und Gasschicht womöglich ein fester Kern? Und was nährt den “großen roten Flecken”, jenen gewaltigen Wirbelsturm, der größer ist als der gesamte Planet Erde? Gelingt das Abbremsmanöver und tritt “Juno” wie geplant in Jupiters Umlaufbahn ein, soll sie diese – und noch mehr – Rätsel bei jedem Umlauf ein Stückchen lösen. Nach 37 Umkreisungen Jupiters dann soll die Sonde in einem spektakulären Finale in den Planeten hineinfliegen und dabei verglühen. Dienstag, 5. Juli Kükentötung und die schwierige Suche nach Alternativen Von Miriam Freudig und Marion Meyer-Radtke Jedes Jahr werden in deutschen Legehennen-Brütereien 45 Millionen männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen getötet – weil sich niemand ihre Aufzucht leisten kann bzw. will. Nicht nur Verbraucher finden das empörend, auch in der Geflügelbranche wachsen die Skrupel. Seit Jahren forschen Experten an Alternativen wie dem sogenannten Zweinutzungshuhn, der Aufzucht der LegehennenBrüder oder der Geschlechtsbestimmung noch im Ei. Doch eine einfache Lösung gibt es nicht, erst recht keine preiswerte. Hier zeigt sich das ganze Dilemma der industrialisierten Agrarwirtschaft, weil mangelnde Ethik und äußerste Effizienz wohl nirgendwo auf so unheilvolle Weise miteinander verknüpft sind wie in der Geflügelwirtschaft. (Produktion 2015) Mittwoch, 6. Juli Wie 3D-Druck die Produktion verändert Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster In einem Berliner Hinterhof spuckt der größte serienmäßige Drucker der Welt Hocker und kleine Esstische per Knopfdruck aus: “BigRep”. Die Technologie hat vielerorts den Sprung in die Produktion geschafft, mehr als 100 Materialien können mittlerweile zu Lampenschaltern, Hüftimplantaten, Fahrrad- oder Flugzeugteilen verarbeitet werden. Die Technik wird wohl die Wirtschaftswelt als Ganzes erschüttern, prognostizieren Experten. Der Berliner “BigRep” leite die nächste Runde der Entwicklung ein, glauben die Autoren des US-Technologiemagazins “Wired”. Sie sehen das junge Unternehmen als “Ikea der Zukunft”. Donnerstag, 7. Juli Sex per Smartphone Wie Apps das Liebesleben verändern Von Johannes Nichelmann Er will die große Liebe und sucht mit der Dating-App nach der perfekten Frau. Sie ist auch nicht abgeneigt und nach dem dritten Date werden die beiden zum Paar. Mit einer neuen App führen sie in ihren Smartphones zusammen Tagebuch und legen eine Checkliste für die gemeinsamen Pläne an. Dann zieht er beruflich nach London, sie wohnt weiterhin in Stuttgart. Ihr Liebesleben aber bleibt in Schwung – denn er kann per Knopfdruck ihren Vibrator steuern. Aber auch seine Libido wird von der digitalen Welt erfasst: Eine App gibt über seine Performance im Bett Auskunft. Das ist keine ScienceFiction, all diese Möglichkeiten gibt es schon. Was bedeuten die neuen Technologien für unsere Sehnsüchte und Wünsche? Und wie ordnen Soziologen und Philosophen diese neue Ökonomie der Liebe ein? (Produktion 2015) SWR2 Wissen – Juli 2016 3 Freitag, 8. Juli Das Frauen-KZ Ravensbrück Von Eduard Hoffmann und Jürgen Nendza 1945 befreite die Rote Armee das KZ Ravensbrück – das größte Konzentrationslager für weibliche Häftlinge. Seit 1939 hatten dort mehr als 130.000 Frauen und Kinder aus rund 40 Nationen unter Zwangsarbeit und Folter gelitten. Zehntausende von ihnen waren erschossen oder vergast worden, viele gingen elend an Hunger, Krankheiten, sinnloser Schwerstarbeit oder medizinischen Experimenten zugrunde. Der KZ-Alltag war angelegt auf brutale Erniedrigung und die Zerstörung der Persönlichkeit. “Das ist die Hölle”, schrieb die internierte Französin Micheline Maurel. Von der Zwangsarbeit der Frauen profitierten Unternehmen wie Siemens. Die Inhaftierten versuchten, sich menschliche Würde zu bewahren, u. a. indem sie ihre Kinder unterrichteten und Gedichte schrieben. (Produktion 2014) Samstag, 9. Juli Radio Akademie: Kulturen des Teilens Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (10) Von Dirk Asendorpf Geteilt wird überall auf der Welt – und das schon sehr lange. Großfamilien, Dörfer und Genossenschaften helfen sich gegenseitig, nutzen Werkzeuge und Ressourcen gemeinsam. Heute können auch Menschen etwas teilen, die sich persönlich noch nie begegnet sind, das Internet macht es möglich. Sharing ist zur globalen Erscheinung geworden. Westliche Großstädte wie San Francisco, Berlin oder Amsterdam sind Vorreiter, aber die erste Metropole, die sich offiziell zur “Sharing City” erklärt hat, ist Südkoreas Hauptstadt Seoul. Und doch hat das Teilen in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Wurzeln und Ausprägungen. In Afrika ist es kollektive Verpflichtung, in Europa eher rationaler Effizienzgewinn. Und persönliches Vertrauen wird heute durch technische Bewertungssysteme ergänzt. Sonntag, 10. Juli Aula: Computer oder doch Papier? Wie und wann wir besser lernen Von Hans Giessen Wenn die digitalen Medien die Welt so dramatisch verändern, muss man natürlich erforschen, was sich sinnvollerweise mit ihnen machen lässt. Forschungs- und Bildungsministerien haben deshalb immer wieder Projekte ins Leben gerufen und finanziert, mit denen dies untersucht werden sollte. Wie wirken die digitalen Medien? Was sind ihre Vorteile, was sind die neuen Chancen, die mit ihnen und durch sie entstehen, gerade beim Lernen? Wie kann man sie sinnvoll einsetzen? Der Medienwissenschaftler Professor Hans Giessen von der Universität des Saarlandes gibt aufgrund eigener Forschungsarbeiten Antworten. Montag, 11. Juli Herzschwäche Von Horst Gross Mittlerweile leiden zwei Millionen Patienten in Deutschland an einer Herzschwäche. Tendenz steigend. Ein Krankheitsbild, das zu häufig übersehen oder verspätet diagnostiziert wird. Mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen. Das ungebremste Voranschreiten der Erkrankung verschlechtert nicht nur die Herzfunktion, sondern auch die Lebensqualität. Hilfe bringen die richtigen Medikamente in Kombination mit gezielten Begleitmaßnahmen wie körperliche Aktivität, psychologische Betreuung und intensive medizinische Überwachung (Telemedizin). Auch bei der fortgeschrittenen Herzschwäche hat die Medizin neue Therapieoptionen parat. Miniaturisierte Pumpen, in den Brustkorb implantiert, entlasten das schwache Herz und machen manchmal die Herztransplantation überflüssig. Doch die beste kardiologische Medizin nutzt nichts, solange die Patienten die Symptome ihrer Krankheit nicht als Alarmzeichen deuten und rechtzeitig zum Arzt gehen. (Produktion 2015) SWR2 Wissen – Juli 2016 4 Dienstag, 12. Juli Die Textilindustrie von der Schwäbischen Alb Zweiter Frühling für eine totgesagte Branche Von Helmut Frei Feine Wäsche wie aus Paris, textile Gewebe für Betonbrücken und Hightech-Näh-Nadeln für die Modeindustrie auf der ganzen Welt – Beispiele für Produkte der Textilbranche rund um Albstadt Ebingen. Im 19. Jahrhundert hatte die Region den Ruf, ein schwäbisches Manchester zu sein. Doch die Boomzeiten sind lange vorbei. Aber die Branche ist überraschend zählebig – und vor allem innovativ, auch in sozialer Hinsicht. Wie schaffen es Textilfirmen von der Alb, sich im Zeitalter einer globalisierten Textilproduktion gegen die Konkurrenz aus Niedriglohnländern zu behaupten? (Produktion 2015) Mittwoch, 13. Juli Gibt es Geschlechter – und wenn ja, wie viele? Von Silvia Plahl Menschen strikt nach “weiblich” und “männlich” zu kategorisieren, scheint sinnlos geworden zu sein. Während Facebook rund 60 Geschlechtsidentitäten von Transmann bis genderqueer anbietet, diskutieren Forscher darüber, ob die Trennung zwischen nur zwei Geschlechtern kulturell konstruiert ist. Fachleute aus Medizin, Pädagogik und Kulturanthropologie untersuchen, was durch die soziale Zuschreibung eines “Geschlechts” von vornherein manifestiert wird und was ein geschlechtsneutraler Blick offenbaren kann. Dabei geht es auch um die Enttarnung gesellschaftlicher Normen. Kritik und Gegenthesen dazu kommen vor allem aus der Biologie. Donnerstag, 14. Juli Die neue Bier-Szene Craftbeer und Aromahopfen Von Dimitrios Kisoudis Schon die Germanen brauten gemaischtes und vergorenes Getreide und wurden dafür von den weintrinkenden Römern als Barbaren verachtet. Als Feierabendbier ist das “kühle Blonde” eine Institution. Doch seit Kurzem etabliert sich ein neuer Trend auf dem deutschen Biermarkt: Craftbeer, ein handwerklich gebrautes Bier, dem neue Hopfensorten fruchtige Aromen verleihen. Wie in vergangenen Zeiten wird es in Privathäusern oder Mikrobrauereien gebraut und nicht in Industriehallen. Die Heimbrauer bestellen seltene Sorten von Aromahopfen und tauschen sich in Internet-Foren mit Gleichgesinnten aus. Überall in Deutschland schießen Craftbeer-Brauereien aus dem Boden, Bier-Sommeliers informieren über die verschiedensten Geschmacksnuancen. Wird Bier das neue Szene- und Genussgetränk? Und kann der Trend den lahmenden Biermarkt in Deutschland neu beleben? (Produktion 2015) Freitag, 15. Juli ”Die Panzer kamen vom Schwarzwald her” Das Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Schwäbischen Alb Von Anette Selg 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Mit dem Einmarsch alliierter Truppen in Deutschland brach das “Tausendjährige Reich” zusammen. Auch auf der Schwäbischen Alb rollten Panzer über die Dorfstraßen. Zeitzeugen berichten vom Einmarsch der Franzosen, von der Zusammenarbeit mit den Alliierten und von der schwierigen und langwierigen Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen in der Provinz. Als Bissinger Jusos in den 80er-Jahren z. B. eine erste Dokumentation über das Konzentrationslager des Ortes druckten, wurden sie noch als Nestbeschmutzer attackiert. Wie wichtig lokales Gedenken an nationalsozialistisches Unrecht ist, erläutern Archivare, HistorikerInnen und Militärforscher. (Produktion 2015) Samstag, 16. Juli Radio Akademie: Die Utopie vom Teilen Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (11) Von Martin Hubert SWR2 Wissen – Juli 2016 5 Egoismus und Wachstumswahn sind überwunden. Die Menschen tauschen und kooperieren ohne Verlangen nach Profit. So klingt der Traum von der wahrhaft teilenden Gesellschaft. Für die einen ist er eine reine Utopie, die sich höchstens in kleinen Nischen der kapitalistischen Gesellschaft verwirklichen lasse. Andere glauben, dass die Idee den Gang der Geschichte verändern könnte. Wie aber soll diese friedliche Revolution vonstattengehen? Welche Ökonomie und welche Eigentumsformen wären nötig und wie viel Verzicht im Tausch für ein neues “gutes Leben”? Sonntag, 17. Juli Aula: Lernen ohne Lehrer Abgründe neuer Lernkultur Von Christoph Türcke In der neuen Lernkultur werden Lehrer zu Kompetenz-Beschaffungsgehilfen oder Lernbegleitern degradiert. Denn heute wird ja eigenständig gelernt, beweglich, kreativ, Schülerinnen und Schüler legen ihre eigenen Lernwege und Lernrhythmen fest und evaluieren sich auch noch selbst – da steht der traditionelle Lehrer eher im Wege. Christoph Türcke, emeritierter Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, zeigt die Gefahren dieser Entwicklung. Montag, 18. Juli Erdarbeiter Regenwurm Von Konrad Lindner Sie sind die stillen Helfer der Bauern. Die Regenwürmer im Boden unter unseren Füßen. Im Netzwerk von Milben, Asseln, Springschwänzen, Larven, Käfern, Algen, Pilzen und Bakterien sind sie die größten und bekanntesten Bodentiere. Regenwürmer ernähren sich von abgestorbenen Pflanzenteilen, produzieren Wurmkot und bohren Gänge. Sie erhöhen nicht nur die Bodenfruchtbarkeit, indem sie humusangereicherte Erdkrümel herstellen, sondern sie befördern auch die Durchlüftung des Bodens und steigern seine Kapazität der Wasseraufnahme. Aufgrund der großen Bedeutung der Regenwürmer für das bäuerliche Handeln verbünden sich Bodenzoologen und Agrartechnologen in der Forschung. Durch ihre gemeinsamen Analysen zur Rolle des Regenwurms im Bodenleben möchten sie zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft beitragen. (Produktion 2015) Dienstag, 19. Juli Das UNESCO-Weltkulturerbe Mehr schützen – mit weniger Geld? Von Alexander Musik Die Welterbeliste der UNESCO umfasst mittlerweile mehr als 1.000 Stätten weltweit. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen soll immer mehr Welterbestätten schützen – mit einem Drittel weniger Budget. 2011 haben die USA und Israel ihre Beitragszahlungen eingestellt, aus Protest gegen die Anerkennung Palästinas als vollwertiges UN-Mitglied. Gleichzeitig investieren wohlhabende UNESCO-Mitgliedsstaaten viel Geld, um weitere vermeintlich schutzwürdige Stätten auf die Liste zu hieven. Bewerbungen einzelner Orte haben indes kaum noch Chancen. 16 europäische Kur- und Badestädte versuchen es daher gemeinsam – unter dem Titel “Great Spas of Europe”. Mit dabei unter anderem das englische Bath, Vichy in der französischen Auvergne, das tschechische “Bäderdreieck”, Bad Homburg und Baden-Baden. 2017 soll die Bewerbung auf den Weg gebracht werden. Mittwoch, 20. Juli Gold aus dem Weltraum? Der amerikanische Traum vom Bergbau im All Von Jan Bösche Der nächste Goldrausch könnte im Weltall stattfinden, denn Asteroide bergen Gold, Platin, Nickel oder Eisenerz. Private Unternehmen in den USA bereiten sich darauf vor, diese Rohstoffe abzubauen und entwickeln mit Hochdruck die nötige Weltraum-Technik. Wenn es nach ihnen geht, sind Bergwerke im All keine wilde Fantasie, sondern nur eine Frage der Zeit. Der US-Kongress hilft dabei: Ende November unterzeichnete Präsident Barack Obama den “US Commercial Space Launch Competitiveness Act”. Das umstrittene Gesetz verstößt aber möglicherweise gegen internationale Verträge und untergräbt die Idee, dass der Weltraum für alle gleichermaßen zu Forschungszwecken offensteht. SWR2 Wissen – Juli 2016 6 Donnerstag, 21. Juli Japans ältester Roman Die Geschichte vom Prinzen Genji Von Isabelle Arcucci ”Die Geschichte vom Prinzen Genji” gilt als ältester Roman Japans, manche Literaturwissenschaftler sprechen sogar vom ältesten Roman der Welt. Er wurde Anfang des 11. Jahrhunderts von der Hofdame Murasaki Shikibu verfasst und erzählt von einer Epoche, in der Kyoto japanische Kaiserstadt und blühende Kulturmetropole war: Der Adel schwelgte in Poesie, und die Schönheit eines blühenden Kirschbaumes ließ gestandenen Männern Tränen über die gepuderten Wangen rinnen. Doch keiner besaß wohl die verfeinerte Schönheit von Prinz Genji, dem Helden des Romans, der die Herzen der Damen reihenweise bricht. Vielschichtig und mit psychologischem Feingefühl erzählt Murasaki von Liebe, Eifersucht und Trauer. Und sie war nicht die einzige Autorin, die Japans frühe Literaturgeschichte geprägt hat. Für viele Frauen war das Schreiben ein Weg, ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen – in einer Welt, in der die Schönheit einer Frau alles, ihre Meinung hingegen kaum etwas galt. (Produktion 2013) Freitag, 22. Juli Schamrot – Eine Kulturgeschichte der Peinlichkeit Von Patrick Batarilo Peinlichkeit und Scham werden in unserer auf Erfolg und Optimismus getrimmten Gesellschaft oft als Fluch empfunden – ein viel zu gut antrainierter moralischer Reflex, das Korsett unseres Über-Ichs. Peinlichkeit und Scham – weg damit. Aber was ist Peinlichkeit überhaupt, die eigene aber auch die der anderen – und wozu dient sie uns möglicherweise? Können Tiere sich schämen? Gibt es schamfreie Gesellschaften? Peinlichkeit und Scham begleiten Menschen auf der ganzen Welt ein Leben lang, nur wofür man sich schämt, das ist verschieden. In Japan soll man beim Essen schlürfen, in Deutschland ist das eher peinlich. Doch überall gilt: So unangenehm sie sein mögen, peinliche Momente sind für unsere Entwicklung wichtig. (Produktion 2015) Samstag, 23. Juli Radio Akademie: Das Miteinander teilen Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (12) Von Silvia Plahl Die moderne Gesellschaft ist heterogen. Selbst unter dem Dach eines Mehrfamilienhauses leben unter Umständen Menschen mit unterschiedlichsten Lebensstilen und Weltanschauungen. Auch die sozialen Medien bringen Menschen in Kontakt, die sonst nichts voneinander mitbekämen. Das Aufeinanderprallen von politischen Haltungen und Emotionen führt oft zu Konflikten: Die Kollegin, die auf Facebook ausländerfeindliche Sprüche klopft. Der Nachbar, der einen gänzlich anderen Tagesrhythmus pflegt – oder der Vater, der seine Töchter nicht alleine aus dem Haus lässt. Dies alles will ausgehalten werden, denn es gibt auch den Wunsch nach einer Art “Wir-Kultur”. Das Teilen eines gemeinsamen Raums erfordert eine aktive Auseinandersetzung mit dem anderen. Dann ist Kommunikation gefragt – oder Rückzug. Sonntag, 24. Juli Aula: Die Geburt der Klinik Revolution und Medizin in Paris um 1800 Von Wolfgang U. Eckart Ende des 18. Jahrhunderts kommt es in der Medizin zu einer entscheidenden Wende: Das Spitalwesen wird radikal verändert, die moderne Klinik entsteht, die von den ärztlichen Praxen abgekoppelt ist; gleichzeitig entwickelt sich in den pathologischen Abteilungen eine systematische Untersuchung von Leichnamen. Der französische Philosoph Michel Foucault sieht darin etwa Zeichen einer Entzauberung, eines neuen rationalen Umgangs mit Krankheit und Tod. Die Krankheit ist nicht mehr das Unheil schlechthin, sondern ein Symptomenkomplex, den der Arzt bekämpfen kann. Professor Wolfgang U. Eckart, Medizinhistoriker an der Universität Heidelberg, beschreibt diese Veränderungen und ihre Konsequenzen. SWR2 Wissen – Juli 2016 7 Montag, 25. Juli Über Interessenkonflikte in der Medizin Von Martina Keller Sponsoring in Millionenhöhe ist bei Ärztekongressen keine Seltenheit. Auch Journalisten sind Ziele des Pharmamarketings. Doch die Geschenke der Firmen bergen Risiken. Sie können Therapieentscheidungen beeinflussen oder Zeitungsberichte färben. Finanzielle Interessenkonflikte wirken unterschwellig. Selbst wer nur ein geringfügiges Geschenk annimmt, verspürt gewöhnlich den Wunsch, etwas zurückzugeben. Um der Gefahr der Beeinflussung sicher zu entgehen, hilft nur eines: Interessenkonflikte meiden. Zumindest müssen Zuwendungen transparent sein, damit Beeinflussung erkennbar ist. (Produktion 2015) Dienstag, 26. Juli Investitionsverträge, die Maßanzüge der Multis Lateinamerikanische Erfahrungen Von Karl-Ludolf Hübener ”Ein Multi droht uns mit Verfahren”, empörte sich der Präsident Uruguays Tabaré Vazquez. Sein Antitabak-Gesetz war allzu starker Tobak für den Tabakgiganten Philip Morris. Der Großinvestor sieht seine Eigentumsrechte verletzt und klagt vor dem Internationalen Schiedsgericht (ICSID) in Washington. Gesundheit gehe vor blauem Dunst, argumentiert dagegen die Regierung in Montevideo. Uruguay und Philip Morris sind kein Einzelfall. Und das Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten ist für interessierte Europäer durchaus ein Begriff – seit den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der Europäischen Union TTIP. Ein privates Gericht hebele nationale Gesetze aus, kritisieren die Gegner des Freihandelsabkommens. Es tage zudem geheim und sei keineswegs neutral, favorisiere es doch Großkonzerne. Investitionsschutz wurde ursprünglich vereinbart, um Auslandsinvestitionen vor allem in Entwicklungsländern zu fördern und abzusichern. Manche Regierungen sehen sich allerdings in einer Falle: Investitionsschutzabkommen behinderten Reformen in Sozialpolitik, zum Umwelt- und Verbraucherschutz. Sie schränkten Demokratie und Souveränität ein. Profit würde zum höchsten Rechtsgut. Lateinamerika liefert reichlich Anschauungsmaterial zum Thema Investitionsschutz. (Produktion 2015) Mittwoch, 27. Juli Moderne Musketiere Fechten zwischen Leistungssport und Tradition Von Rainer Volk Degen, Florett und Säbel verbinden viele noch mit tapferen Helden und romantischen Filmszenen. Doch heute sind es nur noch Sportwaffen, die in Deutschland kaum mehr als 25.000 Fechterinnen und Fechter faszinieren. Der Sport hat Nachwuchssorgen und kann die Erwartungen als Garant für Medaillen bei Olympischen Spielen nicht mehr erfüllen. Dabei erhalten die Athleten auch in dieser Sportart professionelle Unterstützung von Psychologen und Neurowissenschaftler, wenn es um Übungspläne und Trainingseinheiten geht. Fechten ist heute sogar Bestandteil von Managerseminaren. Donnerstag, 28. Juli Der Frosch Eine quakende Kulturgeschichte Von Brigitte Kohn Frösche können schwimmen, springen, klettern und meterweit durch die Luft segeln. Sie leben in fast allen Teilen der Welt, schillern in den verschiedensten Farben und machen eine erstaunliche Metamorphose durch: von der Kaulquappe im Wasser zum Landtier mit Lungenatmung. In der Paarungszeit wird das Quaken der Frösche zu einem wahren Naturkonzert. Seit jeher haben Frösche, Kröten und Unken auch die Phantasie des Menschen belebt: als Zeichen für Fruchtbarkeit und Verwandlung, als Symbole einer verteufelten oder vergötterten Sexualität. Frösche und Kröten brodeln in Hexenkesseln, sie leisten dem Teufel in der Hölle Gesellschaft oder sind freundlicher Bestandteil ostasiatischer Hochzeitsriten. Fast alle Kulturen haben Froschmythologien hervorgebracht, und bis heute hüpft das Tier durch Kunst, Literatur und Werbung und zeugt von der tiefen Verbindung zwischen Mensch und Frosch. (Produktion 2014) SWR2 Wissen – Juli 2016 8 Freitag, 29. Juli ”Wir wollten im Kampf fallen” Jüdischer Widerstand in Polen Von Ingrid Strobl ”Die Juden gingen wie Lämmer zur Schlachtbank” – unter diesem Vorwurf litten die Überlebenden der Shoa, der Vernichtung der europäischen Juden, jahrzehntelang. Erst in den 80er-Jahren begannen ehemalige jüdische Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Und allmählich interessierten sich auch Historiker für das, was sie zu berichten hatten: dass es erstens für die jüdische Bevölkerung im besetzten Europa unmöglich war, Widerstand zu leisten. Dass zweitens ein paar junge Leute es dennoch gewagt haben, sogar in den abgeriegelten Ghettos in Polen. Und dass sie mit Molotowcocktails und Pistolen gegen eine mit Panzern und Maschinengewehren ausgerüstete Armee von SS-Leuten und Wehrmachtsoldaten kämpften. (Produktion 2015) Samstag, 30. Juli Ursprung der Ethik – Wie der Mensch moralisch wurde Aus der 12-teiligen Reihe: “Die Grenzen des Erlaubten” (1) Von Martin Hubert Babys wollen so unschuldig wie hemmungslos ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen. Wie werden aus ihnen dann moralische Wesen, die Gut und Böse unterscheiden, an das Wohl anderer denken und Schuldgefühle besitzen? Lange Zeit dachte man, dass der Weg dorthin nur über Strafe und Gehorsam gehen könne: Lerne, was erlaubt ist! Inzwischen glauben Psychologen, dass schon Babys einen Sinn für Moral haben. Aus evolutionsbiologischer Sicht entstand Moral, weil schon die frühen Menschen bemerkten, dass sie aufeinander angewiesen sind. Aber wie weit reicht diese Einsicht, wie stark ist der moralische Sinn? Gilt er nur für Verwandte, Freunde und die eigene Gruppe – oder auch für Fremde? Wie universal können moralische Werte sein? (Produktion 2015) Sonntag, 31. Juli Aula: Ich mach Facebook, und du? Wie Migration die deutsche Sprache verändert Von Uwe Hinrichs Die Zuwanderung hat die deutsche Gesellschaft und mit ihr die Sprache wesentlich geprägt. Darüber mögen sich Sprachpuristen und Sprachhüter aufregen, es ist und bleibt eine Tatsache, die man unvoreingenommen betrachten sollte. Es gibt neue Mischformen wie Türkisch-Deutsch oder RussischDeutsch, die zeigen, dass vor allem Jugendliche von einer Sprache in die andere hinüberwechseln und dabei auf neue grammatikalische Formen zurückgreifen. Uwe Hinrichs, Sprachwissenschaftler an der Universität Leipzig, beschreibt diesen Wandel. (Produktion 2014) SWR2 Wissen – Juli 2016 9 SWR2 IMPULS: „1000 ANTWORTEN“ Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher? Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Jeden Mittwoch gibt es in SWR2 Impuls Antworten auf die Wissens-Fragen der SWR2 Hörer. SWR2 IMPULS bietet damit eine einzigartige Gelegenheit, allgemeine und spezielle Fragen zu einem Sachthema an einen renommierten Experten weiterzugeben. Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter www.swr.de/blog/1000Antworten und twitter.com/1000Antworten SWR2 IMPULS (Montag bis Freitag 16.05 Uhr bis 17.00 Uhr) auf SWR2 und um 21.03 Uhr auch bei SWRinfo. SWRinfo SWRinfo sendet täglich ab 6 Uhr im Viertelstundenrhythmus Nachrichten, die durch Wettervorhersagen und Verkehrshinweise ergänzt werden. Zusätzlich bietet SWRinfo Hintergrundinformation zu aktuellen Themen, u. a. aus Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Wissenschaft, Technik, Umwelt und Sport. Dabei steht der regionale Bezug zum Südwesten im Vordergrund. Abends um 20 Uhr sendet SWRinfo die ARD Tagesschau, danach runden ausführliche Hintergrundsendungen, teilweise aus anderen SWR-Hörfunkprogrammen, das Programm ab. WISSEN können Sie am Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr sowie am Samstag um 21.30 Uhr und am Sonntag um 14.30 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. CAMPUS – NEUES AUS FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTSPOLITIK Samstags, 10.05 – 10.30 Uhr SWR2 Wer den nächsten Nobelpreis bekommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in CAMPUS über diese Arbeit längst berichtet wurde. Jeden Samstag gibt es hier Neues aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Damit nicht genug. In CAMPUS erfährt man auch, unter welchen Bedingungen geforscht wird und wie es um den wissenschaftlichen Nachwuchs steht. Hochschul- und Forschungspolitik haben hier ihren festen Platz. CAMPUS – ein Magazin mit Kurzberichten, Interviews, Glossen und Kommentaren richtet sich an alle, für die »Wissensgesellschaft« nicht nur ein Schlagwort ist. CAMPUS können Sie am Sonntag um 14.05 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. – SERVICE Podcast – Webradio können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskriptdienst Manuskripte der Sendungen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen. Auch als E-Book für mobile Endgeräte. Programm-Informationen per E-Mail Die Wochenübersichten des Programms von können Sie sich regelmäßig über den SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter www.swr2.de/wissen (Service). SWR2 Programmfragen Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222 (Mo-Fr, 10-12 Uhr). SWR2 Wissen – Juli 2016 10 Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? 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