SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen
Polizeigewerkschaft, gab heute, 10.06.16,
dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema:
„Sicherheitslage zur Fußball-EM 2016“.
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph.
Mit freundlichen Grüßen
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Datum:
10.06.2016
Wendt: Public Viewing ist sicher!
Baden-Baden: Während der Fußball-Europameisterschaft wird es verstärkt Fahndungsaktionen
der Polizei von Bund und Ländern geben. Den Auftakt hat die Bundespolizeidirektion Karlsruhe
gemacht, die gestern Autos, Fernbusse und Züge im Verkehr nach Frankreich kontrolliert hat.
Ort und Zeitpunkt der kommenden Aktionen sind nicht vorhersehbar, sagte der Vorsitzende der
Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt im SWR-Tagesgespräch. Das stelle hohe
Anforderungen an die Einsatzkräfte. Sie seien der Aufgabe aber gewachsen.
Public Viewing hält Polizeigewerkschaftler Wendt grundsätzlich für sicher. Die Polizei werde
alles unternehmen, um Massenveranstaltungen zu schützen. Dabei würden die Beamten nicht
in Kampfmontur antreten: Hochsicherheitstrakte werde es nicht geben. „Wir wollen eine
fröhliche Veranstaltung haben, und keine Waffenstarrende!“ Natürlich werde es im Hintergrund
auch Einsatzkräfte geben, die robust ausgestattet sind. Die werde man aber nicht auf den
ersten Blick wahrnehmen.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Rudolph: Können sie empfehlen, sich die Spiele zusammen mit Tausenden anderen, wie
man es eigentlich doch gewohnt ist von solchen Ereignissen, beim Public Viewing
anzuschauen dieses Jahr?
Wendt: Aber ganz bestimmt sogar und ich werde das bestimmt selber auch tun, gemeinsam mit
meinem Sohn. Ich freue mich schon darauf.
Rudolph: Die USA haben ihre Bürger vor kurzem davor gewarnt in dieser Zeit Reisen
nach Europa zu unternehmen. Übertreiben die es denn mit ihrer Angst?
Wendt: Na ja wir wissen doch wie die Amerikaner sind. Die sind manchmal ein bisschen
überdreht. Da sind wir Europäer schon ein bisschen gelassener und ich glaube das ist auch
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
richtig so. Diese Warnung, die ja gar keine richtige war, die ist so typisch amerikanisch. Die
hören schon die Flöhe husten wo noch gar keiner ist und deshalb: Ich finde das übertrieben.
Rudolph: Wenn wir uns die Umfragen anschauen, will jeder dritte Fan aber die Spiele
lieber nicht auf der Großleinwand schauen. Lässt sich denn so ein Fan-Fest etwa in
Berlin mit Hunderttausenden oder auch ein bisschen kleiner, in Stuttgart, Mainz,
Mannheim oder Freiburg, lässt sich das wirklich schützen?
Wendt: Natürlich lässt sich das schützen. Sie können sich darauf verlassen, dass nicht nur
meine Kolleginnen und Kollegen, sowohl offen als auch verdeckt alles tun werden, um die
Menschen dort zu beschützen, sondern auch private Dienste, die Ordnungsämter, alle sind
damit beschäftigt die Spiele möglichst sicher zu machen und ihre Veranstaltungen zu schützen,
sowohl was Eingangskontrollen angeht, als auch was die Verlauf- und Fluchtwege angeht da
gibt es Sicherheitskonzepte. Es gibt natürlich keine 100-prozentige Sicherheit aber das wissen
die Leute. Das hat es noch nie gegeben.
Rudolph: Ein flaues Gefühl ist ja trotzdem dabei. Sie haben ja gesagt, dass solche
Publik-Viewing-Events ein willkommenes Ziel für Terroristen wären?
Wendt: Ja, natürlich. Solche Events und andere Großveranstaltungen sind deshalb attraktive
Ziele für Terroristen, weil sie natürlich größtmögliche Aufmerksamkeit versprechen. Das ist doch
aber auch immer so. Das ist ja nicht nur bei der Europameisterschaft so, das ist überhaupt
nichts Neues. Möglicherweise kann man sich auch andere Ziele noch vorstellen. Das bedeutet
doch aber nicht, dass wir diese Ziele, diese Veranstaltungen nicht schützen können. Wie
gesagt, eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht und was solche Umfragen, wie mulmige
Gefühle angeht, wissen sie, ich glaube die Menschen haben erst dann ein mulmiges Gefühl,
wenn man sie danach fragt ob sie ein mulmiges Gefühl haben. Ansonsten verhalten sich die
Leute automatisch vernünftig. Das erleben wir in jedem Jahr bei den Weihnachtmärkten. Die
sind immer voll und ich bin auch ganz ganz sicher, die Fanmeilen werden überall voll sein.
Rudolph: Wie müssen wir uns das denn dann in diesem Jahr vorstellen?
Einlasskontrollen wie am Airport, Polizisten in Kampfmontur links und rechts vom
Getränkestand. Kann man da wirklich noch Spaß haben?
Wendt: Die Polizisten in Kampfmontur, die können sie mal gleich vergessen. Wir werden mit
Polizisten natürlich sichtbar vor Ort sein, aber mit der Kampfmontur das lassen wir mal weg. Es
werden keine Hochsicherheitstrakte werden, sondern wir wollen keine Waffen, wir wollen eine
fröhliche Veranstaltung haben, keine waffenstarrende Veranstaltung. Natürlich wird es im
Hintergrund und sehr verdeckt auch Kräfte geben, die notfalls mit robuster Ausstattung
eingreifen können, aber die sieht man erst mal nicht. Wir wollen fröhliche Spiele haben und da
werden sie auch fröhliche Polizistinnen und Polizisten sehen.
Rudolph: Es wird verstärkte Kontrollen auf jeden Fall geben. Gestern war Auftakt mit
einer großen Fahndungsaktion im Bereich der Bundespolizeidirektion Karlsruhe. Worauf
müssen wir uns denn da in den nächsten vier Wochen einstellen, was das angeht?
Wendt: Sie müssen sich die Polizei nicht als eine Organisation vorstellen die einmal ein Plan
macht und den dann einfach abarbeitet. Sondern wir sind sehr flexibel und müssen uns auf
neue Lagen immer wieder blitzschnell einstellen und das kann die Bundespolizei und das
können die Länderpolizeien in hervorragender Weise. Das heißt, wenn die Erkenntnisse
bekommen, irgendwo spezifische Fahndungsmaßnahmen einleiten zu müssen, dann sind wir
zur stellen, dann verlagern wir unsere Kräfte dorthin und dann findet das dort statt. Wenn
morgen ein neuer Schwerpunkt kommt, während wir dort mit starken Kräften präsent sein. Das
heißt, wir werden immer an anhand der aktuellen Lageentwicklung unsere Kräfte einsetzen,
man kann also nicht vorhersagen, wo morgen oder übermorgen viele Kontrollen sein werden.
Das kann sich blitzschnell ändern. Das heißt an die Einsatzkräfte werden natürlich unglaublich
hohe Anforderungen gestellt jetzt. Sie müssen flexibel sein, sie müssen rund um die Uhr
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verfügbar sein. Das wird eine große Aufgabe, aber sie wissen doch, die deutsche Polizei, die
Bundespolizei wie die Länderpolizeien auch, die können das.
Rudolph: Sie warnen davor jetzt in eine Terrorhysterie zu verfallen. Andererseits wird
aber jeden Tag ein neues Horrorszenario präsentiert. Jetzt warnt das Bundeskriminalamt
auch noch vor Drohnenangriffen auf Stadien und Massenveranstaltungen? Was ist denn
nun das richtige Verhalten?
Wendt: Das richtige Verhalten ist, dass was die Leute sowieso machen. Völlig unabhängig
davon, welche Warnungen nun gerade ausgesprochen werden. Es gibt natürlich immer
Szenarien, die sich die Sicherheitsbehörden ausmalen und das müssen sie auch tun, weil wir
uns auf solche Szenarien auch vorbereiten müssen. Wenn die dann in die Öffentlichkeit
kommen, dann klingt das so, als würde man permanent davon bedroht sein. Davon lassen sich
die Menschen gar nicht beeindrucken. In jedem Jahr, immer um die Weihnachtszeit herum, um
die Vorweihnachtszeit herum, dann telefonieren wir auch miteinander und sie fragen immer
wieder: „Können denn die Leute noch unbeschwert auf die Weihnachtsmärkte gehen?“ und ich
sag auch da immer wieder dasselbe: „Wenn sie mit dem Auto anfahren, haben sie bei der
Ankunft den gefährlichen Teil der Veranstaltung schon hinter sich“.
Rudolph: Herr Wendt sie kommen uns nicht ohne Fußballtipp davon. Abschließend, was
erwarten sie für das erste deutsche Spiel am Sonntag gegen die Ukraine?
Wendt: Deutschland gewinnt 3:1, aber wir werden auch natürlich Europameister. So leid es mir
für alle anderen tut.
- Ende Wortlaut -
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