Programm Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio Juni 2016 Mittwoch, 1. Juni, 8.30 Uhr Mendel und Miescher Die Väter der Genetik Von Michael Lange Gene steuern unser Leben, sie sind der Grundstoff für die Evolution der Arten. Biologie ohne Gene und die Erbsubstanz DNA ist heute nicht mehr vorstellbar. Vor 150 Jahren begann diese Entwicklung in der mährischen Industriestadt Brünn. 1866 veröffentlichte der Augustinermönch Gregor Johann Mendel seine Züchtungsexperimente mit Erbsen, die er im Klostergarten durchgeführt hatte. Etwa zur gleichen Zeit erforschte Friedrich Miescher in einem kleinen Labor im Tübinger Schloss eine klebrige Substanz im Zellkern der Lebewesen: die DNA. Ohne voneinander zu wissen, waren Mendel und Miescher auf einer wichtigen Spur. Aber sie gerieten in Vergessenheit. Erst Jahrzehnte später, lange nach dem Tod der Pioniere, wurden sie wiederentdeckt und als Väter der Genetik gefeiert. Donnerstag, 2. Juni, 8.30 Uhr Spionage – Roman und Realität Von Imogen Rhia Herrad 1903 erschien der erste große Spionageroman “Das Rätsel der Sandbank” in Großbritannien: die Geschichte zweier Gentleman-Abenteurer, die einem Invasionsplan der Deutschen auf die Spur kommen und diesen (natürlich) vereiteln – ein Bestseller. Kurioserweise schürte der Roman in Großbritannientatsächlich die reale Angst vor einem Überfall der Deutschen. Diese Wechselwirkung von Roman und Realität besteht bis heute. Spionagegeschichten zeigen immer die gerade aktuellen Schreckgespenster: 1903 die Angst vor den Deutschen, im Kalten Krieg vor den Russen, inzwischen vor islamistischen Terroristen. Politik ist komplex und verwirrend; Spionagegeschichten bieten klare Fronten und verständliche Zusammenhänge. Sie spiegeln die Realität – und beeinflussen sie wiederum mit ihren eingängigen Feindbildern. Freitag, 3. Juni, 8.30 Uhr Mineure – Nomaden des Tunnelbaus Von Helmut Frei Einige haben noch vor wenigen Jahren den Gotthard-Basistunnel in den Fels getrieben – und sich dann an den Tunnelbaustellen von Stuttgart 21 wieder getroffen. Heute hier – morgen dort, damit müssen Mineure leben. Viele von ihnen stammen aus Kärnten, aus Polen oder den neuen Bundesländern. Sie sehnen sich nach ruhigem Familienleben und halten es zu Hause doch kaum aus. Den Monteuren, die Tunnel mit Stromleitungen und technischem Gerät ausstatten, geht es genauso. Man müsste ihnen allen ein Denkmal setzen, wie damals den Arbeitern am alten GotthardScheiteltunnel, durch den seit mehr als 130 Jahren Züge rollen. Demnächst rücken Mineure erneut an, um den Gotthard-Straßentunnel zu erneuern. Manche werden sich am Brenner, unter der Ostsee oder anderswo auf der Welt wiedersehen. SWR2 Wissen – Juni 2016 2 Samstag, 4. Juni, 8.30 Uhr Radio Akademie: Geteiltes Wissen Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (5) Von Maximilian Schönherr Geteiltes Wissen sei halbes Wissen, unkten viele, als die Wikipedia entstand. Inzwischen bedient sich auch die Wissenschaft dieser Enzyklopädie, an der Forscher selbst mitschreiben. Wissen pflanzt sich dank Internet und der Öffnung von Bibliotheken und durch die Bildung sozialer Netze auch über andere Kanäle fort. Aktivisten twittern, Journalisten bloggen – und nichts davon kostet den Leser etwas. Geteiltes Wissen fördert die Zusammenarbeit, vernichtet aber Arbeitsplätze. Wenn eine Gesellschaft Universitäten finanziert, sollten dann nicht die Arbeiten der Wissenschaftler jedem zugänglich sein, Open Source? Eine neue Generation von Informatikern untersucht, wie sich Informationen und Meinungen in diesen Netzen verbreiten und ob man Vorhersagen treffen kann, welche Informationen sich durchsetzen. Sonntag, 5. Juni, 8.30 Uhr Aula: Braunes Erbe der DDR? Rechtsextremismus in Ostdeutschland Von Klaus Schroeder Bei der Landtagswahl in Sachsen erreichte die AfD über 20 Prozent der Stimmen. Ein Indiz dafür, dass gerade im Osten Deutschlands rechtspopulistische und auch rechtsextreme Positionen auf fruchtbaren Boden fallen. Professor Klaus Schroeder, Leiter der Arbeitsstelle Politik und Technik an der FU Berlin, zeigt die Ursachen. Montag, 6. Juni, 8.30 Uhr Hirntod – ein umstrittenes Konzept Von Horst Gross Die Diagnose Hirntod war lange Zeit nur im Zusammenhang mit der Transplantationsmedizin relevant. Immer häufiger wird der Hirntod nun auch unabhängig von einer geplanten Organspende diagnostiziert. Diese juristisch-medizinische Definition erlaubt es dann, sinnlose Therapien sehr schnell zu beenden. Neue komplizierte Richtlinien erschweren allerdings die Diagnosestellung. Laien können diesen unumkehrbaren Zustand zwischen Leben und Tod kaum akzeptieren, denn viele Hirntote sehen einfach zu sehr wie lebende Menschen aus. Wenn die Angehörigen zudem schlecht betreut werden, bleibt nicht selten ein lebenslanges, psychisches Trauma zurück. Vergebens sucht man ethische Konzepte, die Angehörigen und Ärzten helfen, diesen bizarren Zustand, in dem das Herz noch schlägt, aber alle Hirnfunktionen ausgefallen sind, besser zu verstehen. Selbst der Deutsche Ethikrat hat sich über das Thema Hirntod zerstritten. Dienstag, 7. Juni, 8.30 Uhr Hygienisch, aber ungesund? Junkfood in Entwicklungsländern Von Thomas Kruchem Die chronische Mangelernährung von rund zwei Milliarden Menschen geht langsam zurück. Zugleich wird in armen Ländern immer mehr “Junkfood” der internationalen Nahrungsmittelindustrie verzehrt: Fertigprodukte, die viel Zucker, Mehl, Fett und Salz enthalten. Die Zahl übergewichtiger Kinder und Diabetiker wächst. Internationale Entwicklungshilfe trägt unfreiwillig dazu bei, Junkfood zu verbreiten: Viele Menschen in armen Ländern kennen mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Nahrungsergänzungsmittel, die Hilfsorganisationen verteilen. Die Industrie nutzt diese Vertrautheit und verkauft ihre gleichfalls angereicherten Fertigprodukte als “gesund”, z. B. in Schwellenländern wie Südafrika und Indien. Lokale Nahrungsmittel, die oft verträglicher und inhaltsreicher sind, diskreditiert die Industrie gerne als “unhygienisch”. SWR2 Wissen – Juni 2016 3 Mittwoch, 8. Juni, 8.30 Uhr Nicht tödliche Waffen Von Mirko Smiljanic Mikrowellengewehre und Druckluftkanonen, Irritationsgranaten und Elektrotaser, Betäubungsgase und Gummigeschosse gehören zu den sogenannten “Nicht tödlichen Waffen”. Diese Waffenart soll einen dritten Weg eröffnen zwischen ohnmächtigem Zuschauen und dem Einsatz schwerer Waffen – etwa bei Kämpfen zwischen ethnischen Gruppen. Sie sollen auch verhindern helfen, dass unbeteiligte Zivilisten zu Tode kommen. Vor dem Hintergrund vieler asymmetrischer Konflikte in der Welt besticht das Konzept. Doch sind längst nicht alle “Nicht tödlichen Waffen” harmlos. Kritiker fordern daher Grenzen für den polizeilichen und militärischen Einsatz und Kontrollen für jene Rüstungsfirmen und Institute, die diese Waffen entwickeln und begutachten. Donnerstag, 9. Juni, 8.30 Uhr Der Psychologe Kurt Lewin Pionier der Gruppendynamik Von Brigitte Kohn Der Psychologe Kurt Lewin war ein Zeitgenosse Sigmund Freuds, arbeitete aber völlig anders als sein Kollege. Ihm ging es nicht um die Innenwelt des Einzelnen und dessen Therapie, sondern um das Zusammenspiel von Person und Umwelt. Lewin war ein experimenteller Psychologe, der die Dynamik aller Kraftfelder im Lebensraum des Menschen wissenschaftlich exakt beschreiben wollte. Im Zentrum seiner Forschung standen lange Zeit die Gruppendynamik und ihr Einfluss auf das Verhalten des Einzelnen. Er entwickelte unter anderem das Prinzip des “feedback”, das Psychologen und Coaches bis heute bei Teamberatungen anwenden. Aus Hitlerdeutschland in die USA emigriert, verschrieb sich der Psychologe neuen Sozialtechniken für demokratisches Verhalten. Freitag, 10. Juni, 8.30 Uhr Atheist im Priesterrock Jean Meslier, Vordenker der Aufklärung Von Rolf Cantzen ”Man solle alle Großen der Erde mit den Gedärmen der Priester erwürgen und daran aufhängen ...” – Ungehobelt fand Jean Meslier (1664 – 1729) dieses Zitat eines Bauern schon, er illustrierte damit aber seine im Verborgenen verfasste Religionskritik. Der katholische Landpfarrer hatte so viel Elend und Unterdrückung gesehen, dass er jede Religion als Betrug der geistlich und politisch Mächtigen sah. Sie helfe, die Masse der Menschen zu knechten, dumm und unmündig zu halten, in Kriege zu treiben – und auf ein besseres Jenseits zu vertrösten. Mesliers Texte kursierten später in handschriftlichen Kopien unter Vertretern der französischen Aufklärung. Seine Hauptschrift wurde von Voltaire anonym und verharmlosend herausgegeben. Voltaire ging der Atheismus und Materialismus Mesliers ebenso zu weit wie dessen Plädoyer für die Gleichheit aller Menschen und für soziale Gerechtigkeit. (Produktion 2015) Samstag, 11. Juni, 8.30 Uhr Radio Akademie: Ressourcen teilen Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (6) Von Uwe Springfeld Seit den “Grenzen des Wachstums” verstehen wir, dass uns die Erde begrenzte Ressourcen zur Verfügung stellt. Wie groß die Mengen genau sind, wussten wir noch nie so genau: Fossile Energie, Wasser, seltene Erden, Luft – für alles gibt es Zahlen und Modelle. Doch das große Wissen steht in krassem Gegensatz zur mangelnden Fähigkeit, die begrenzten Ressourcen transparent, effizient und gerecht zu teilen. Die “Große Transformation”, von der die Rede ist, setzt auch auf neue Strukturen, etwa in der Energiewirtschaft. Jeder kann zum “Prosumenten” werden – zum Strom-Erzeuger und Nutzer gleichzeitig. SWR2 Wissen – Juni 2016 4 Sonntag, 12. Juni, 8.30 Uhr Aula: Der Studienkompass 8: Medienwissenschaften Von Bernhard Pörksen In der SWR2 Aula geben Forscherinnen und Forscher angehenden Studenten Orientierungshilfe bei der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was man mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit Master oder Bachelor anfangen kann. Professor Bernhard Pörksen von der Universität Tübingen stellt sein Fach, die Medienwissenschaft, vor. (Nächster Studienkompass: Sonntag, 19. Juni, 8.30 Uhr) Montag, 13. Juni, 8.30 Uhr Schattenbanken Von Eckhard Rahlenbeck Die Finanzkrise 2008 löste die teuerste Rettungsaktion in der Geschichte der Menschheit aus, um Banken und ganze Volkswirtschaften vor der Pleite zu retten. Seitdem fordern Regierungen und Aufsichtsbehörden Konsequenzen. Doch je strenger die Regeln, umso mehr wandern die Geschäfte mit dem großen Geld in Hinterzimmer. Außerhalb des herkömmlichen regulierten Bankensystems schießen Schattenbanken aus dem Boden. Sie befinden sich in einer Grauzone. Der Internationale Ausschuss für Finanzstabilität, das offizielle Beratungsgremium der G20 Industrie- und Schwellenländer, beziffert das globale Anlagevermögen der Schattenbanken auf die unglaubliche Summe von 35 Billionen US-Dollar. Schattenbanken und Steueroasen bilden eine ideale Kombination für Geldwäsche aus illegalen Geschäften. In zehn Jahren hat sich dieses Volumen fast verdreifacht und entspricht der Hälfte des Weltsozialprodukts. Behält die Politik noch das Heft des Handelns in der Hand? Lassen sich die zersplitternden Finanzmärkte noch bändigen? Oder können anonyme Finanzmarktakteure weiter ihr Spiel treiben? (Produktion 2015) Dienstag, 14. Juni, 8.30 Uhr Tierische Tunnelbauer Was Nacktmull und Hamster unter Tage treiben Von Pia Fruth Es gibt viele Gründe, warum Tiere Tunnel bauen: Larven von Eintagsfliegen z. B. ernähren sich in selbst gebauten Unterwasserröhren, durch die sie nährstoffreiches Wasser strudeln. Blattschneiderameisen züchten Pilze unter Tage. Der heimische Feldhamster legt, ähnlich wie der afrikanische Nacktmull, komfortable Wohnhöhlen an: mit Schlaf- und Vorratskammern, Toilette – und mit senkrechten Schächten, in die er sich fallen lässt, wenn Feinde ihn verfolgen. Nordamerikanische Präriehunde bauen teils unfassbar große unterirdische Kolonien: Um 1900 sollen im US-Bundesstaat Texas etwa 400 Millionen Präriehunde eine Fläche so groß wie Bayern untertunnelt haben – bis zu fünf Meter tief. Mittwoch, 15. Juni, 8.30 Uhr Ayurveda Mehr als Stirngüsse und Massagen Von Peggy Fuhrmann Ayurveda heißt übersetzt: “Das Wissen vom Leben”. Diese traditionelle indische Medizin ist ein von der WHO anerkanntes medizinisches System. In Südasien wird es seit 3000 Jahren eingesetzt: vor allem bei chronischen Krankheiten der Muskeln und Gelenke wie Rheuma oder Arthrose, bei entzündlichen Darmerkrankungen und bei Leiden, die durch einen ungesunden Lebensstil mit verursacht werden – von Diabetes bis zu Erschöpfung. Die Ärzte unterscheiden drei verschiedene menschliche Konstitutionstypen, an denen sie die jeweilige Therapie ausrichten. In Deutschland findet Ayurveda immer mehr Anhänger, wissenschaftliche Studien belegen seine Wirkung. SWR2 Wissen – Juni 2016 5 Donnerstag, 16. Juni, 8.30 Uhr Thomas Manns “Buddenbrooks” Leiden an der bürgerlichen Existenz Aus der Reihe: Klassiker der Schullektüre (3/3) Von Dagmar Lorenz Thomas Manns großer Gesellschaftsroman “Buddenbrooks: Verfall einer Familie” (1901) erzählt vom allmählichen Abstieg einer hanseatischen Kaufmannsfamilie. Dabei stellt er die Frage nach den Bedingungen der bürgerlichen Existenz, ihren Widersprüchlichkeiten, Zwängen und möglichen Gegenentwürfen, wie sie sich etwa im Dasein des freien Künstlers andeuten. Seine Figuren sind in einem Netz aus überlieferten, aber auch selbst geschaffenen Konventionen gefangen; suchen nach innerem Halt und scheitern häufig daran, die eigenen Bedürfnisse mit den Ansprüchen ihrer Umwelt in Einklang zu bringen – ein Problem, das jede jüngere Generation immer wieder aufs Neue durchlebt. Freitag, 17. Juni, 8.30 Uhr Tunnelkampf – Krieg unter Tage Von Rainer Volk Seit der Antike werden Kriege auch unter Tage geführt: Ob bei der jüdischen Bar Kochba-Revolte im 2. Jahrhundert vor Christus, beim Aufstand der Germanen gegen römische Besatzer oder der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453. “Schanzsoldaten”, oft hochspezialisierte Söldner, untertunnelten Festungsmauern oder trieben Stollen unter feindliche Stellungen, um sie zu sprengen – woran Gegner sie mit Horchposten in Kellern, dem Graben von Gegenstollen und dem Einblasen giftiger Schwaden zu hindern versuchten. Im Ersten Weltkrieg hofften Generäle, die erstarrten Fronten mit Tunneln aufzubrechen. Die unterirdischen Gänge der Vietcong und die Höhlensysteme der Taliban lehrten Supermächten das Fürchten. Auch der IS hoffte bereits mehrfach, mit Hilfe von Tunneln zu siegen. Samstag, 18. Juni, 8.30 Uhr Radio Akademie: Geld von der Crowd Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (7) Von Beate Krol Viele Ideen scheitern am Geld. Mit der Crowd-Finanzierung soll sich das ändern. Dabei stellen viele Hundert Menschen über eine Internet-Plattform kleine Summen zur Verfügung, die zu größeren Beträgen gebündelt und an ein Start-up, ein Projekt oder einen privaten Kreditnehmer weitergegeben werden. Das Crowd-Funding belohnt die Geber meist mit einer Sachleistung. All das klappt so gut, dass auch Banken und Großinvestoren zunehmend auf die Crowd setzen und die Politik Regulierungsmaßnahmen für die junge Geldbewegung ersinnt. Sonntag, 19. Juni, 8.30 Uhr Aula: Der Studienkompass 9: Soziologie Von Cornelia Koppetsch In der SWR2 Aula geben Forscherinnen und Forscher angehenden Studenten Orientierungshilfe bei der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was man mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit Master oder Bachelor anfangen kann. Professorin Cornelia Koppetsch von der TU Darmstadt stellt die Soziologie vor. (Nächster Studienkompass: Sonntag, 26. Juni, 8.30 Uhr) SWR2 Wissen – Juni 2016 6 Montag, 20. Juni, 8.30 Uhr Der “Grand Canyon” unter dem Meer Tiefseeforschung im Golf von Biskaya Von Harald Brandt Lange bevor es möglich war, den Ozean mit Sonden und Tauchrobotern zu vermessen, wussten die Bewohner von Capbreton und Hossegor, dass sich direkt vor ihrer Küste eine ungewöhnliche Struktur im Boden des Meeres verbirgt. Ein Abgrund. Das französische Meeresforschungsinstitut IFREMER hat in den vergangenen Jahren die geologische Struktur, die Strömungsverhältnisse und die Biodiversität im größten unterseeischen Canyon im Golf von Biskaya erforscht. Der Abgrund beginnt wenige Hundert Meter vor der Hafenausfahrt des Fischerstädtchens Capbreton an der südfranzösischen Atlantikküste und erstreckt sich 250 Kilometer nach Westen. Einer der ersten, der die wahre Dimension und Bedeutung des Unterseecanyons einem großen Publikum zugänglich gemacht hat, ist der Schriftsteller Hugo Verlomme. Auf seiner neugeschaffenen Webseite “123ocean.com” werden jüngste Forschungsergebnisse über den Zustand der Weltmeere ebenso veröffentlicht wie praktische Informationen für Surfer, Segler und alle Liebhaber des Meeres. (Produktion 2014) Dienstag, 21. Juni, 8.30 Uhr ”Es innerschte Wese vun de Palz …” Die Pfälzer und ihr Dialekt Von Franziska Kottmann Der Pfälzer gilt als ehrlich, gesellig, laut und dickköpfig. Er steht für Weck, Worscht und Woi und für das Land der Rüben und Reben. Soweit die gängigen Klischees. Aber was ist die Mentalität des Pfälzers – und welche Rolle spielt dabei die Mundart seiner Heimatregion im Süden von RheinlandPfalz und über die Grenzen der Pfalz hinaus? Das Pfälzische zählt zu den rheinfränkischen Dialekten und ist ein Sammelbegriff für Mundart-Varianten mit erstaunlichen Unterschieden, oft sogar von Dorf zu Dorf – ein weites Feld für die Sprachwissenschaft. Darüber hinaus stiftet das Pfälzische Identität für Heimatverwurzelte und ist kreatives Ausdrucksmittel für Kabarettisten und Dialektlyriker. Alla hopp: ein analytischer, zuweilen ironischer aber durchaus liebevoller Blick auf die Pfälzer und ihre Sprache. (Produktion 2015) Mittwoch, 22. Juni, 8.30 Uhr Talentförderung im Jugendfußball Die Suche nach dem neuen Messi Von Marcus Schwandner Enzo hat die Chance seines Lebens. Mit elf Jahren durfte er am Probetraining beim SC Freiburg teilnehmen, nach einem halben Jahr war er bereits Mitglied der Jugend-Mannschaft. Sein Ziel ist klar: Er will Profi-Kicker werden in der Bundesliga. 6000 Kinder machen jedes Jahr den DFB-Fußballtest. Neben Fitness, Talent und Ehrgeiz werden auch “weiche” Faktoren geprüft: Wie lernfähig ist der junge Spieler? Wie weit sind seine Wahrnehmungs- und Entscheidungsfähigkeiten ausgebildet, ist er teamfähig? Der Auswahlprozess ist so hart wie das spätere Fußball-Geschäft: Am Ende schaffen es nur wenige in die 1. Bundesliga. Donnerstag, 23. Juni, 8.30 Uhr Das Mittelalter in Multicolor Eine Epoche im Rausch der Farben Von Ulrike Rückert Leuchtende Seide und glänzende Brokatstoffe aus dem Orient. Schimmernder Samt aus Florenz, goldene Gewänder, bunt geteilte Röcke: Die höfischen Feste des Mittelalters waren ein einziger Rausch der Farben. Könige, Adlige und Ritter hoben sich durch ihre Garderobe von den anderen Ständen ab. Damals sollte jedermann an Qualität und Farbe seiner Kleidung erkennbar sein; aus ihr ließen sich Status, Macht und Reichtum ablesen. In einer weitgehend illiteraten Gesellschaft hatten die Farben Zeichen- und Symbolcharakter, sie leiteten die Menschen durch die Untiefen des sozialen SWR2 Wissen – Juni 2016 7 Umgangs. In den Kirchen traf buntes Licht auf bemalte Statuen, vielfarbige Stickereien und Messgewänder, deren Farben wiederum symbolische Bedeutung hatten. Färber waren hochbezahlte Fachleute, und der globale Handel mit Farbstoffen sowie der Anbau von Färberpflanzen wurden zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. (Produktion 2014) Freitag, 24. Juni, 8.30 Uhr ”Bilderstürmer” – Kunstzerstörung im Namen Gottes? Von Hans-Volkmar Findeisen Akte wie die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamyian durch afghanische Taliban oder die Zerstörung antiker Tempel und Kunstwerke durch den “Islamischen Staat” werden von der Weltöffentlichkeit mit Entsetzen und Unverständnis wahrgenommen. Tatsächlich reihen sie sich ein in eine lange Geschichte der Bilderstürmerei, die auch die christliche Kultur geprägt hat. Hinter dem Hass auf das Bild stehen oftmals komplizierte Anschauungsweisen und Zusammenhänge. Der USamerikanische Islamwissenschaftler Jamal J. Elias und der Berliner Kunsthistoriker Horst Bredekamp versuchen eine Deutung des Phänomens. Samstag, 25. Juni, 8.30 Uhr Radio Akademie: Unfair geteilt? Aus der 12-teiligen Reihe: “Die teilende Gesellschaft” (8) Von Uwe Springfeld Wirtschaftswissenschaftlich ist der Staat nicht die Summe seiner Bürger, sondern eine Maschine, die Geld umverteilt. In den vergangenen Jahren hat sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet. Diejenigen, die mehr Lasten tragen könnten, ziehen sich aus der Verantwortung zurück; diejenigen, die weniger leisten können, müssen mehr schultern. In der Folge bröckelt der gesellschaftliche Kitt, jeder wird sich selbst der nächste. Die OECD hat in einer Untersuchung auch festgestellt, dass Einkommensunterschiede keineswegs anspornen, sondern das Wachstum eher bremsen. Wie gerecht teilen sich die Bürger über ihren demokratisch gewählten Staat ihren Reichtum? Wie gerecht können sie teilen? Sonntag, 26. Juni, 8.30 Uhr Aula: Der Studienkompass 10: Paläontologie Von Friedemann Schrenk In der SWR2 Aula geben Forscherinnen und Forscher angehenden Studenten Orientierungshilfe bei der Suche nach einem Studienfach. Sie zeigen, warum ihr Fach gesellschaftlich relevant ist, was man mitbringen muss, um es zu studieren, was man mit Master oder Bachelor anfangen kann. Professor Friedemann Schrenk vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt stellt die Paläontologie und Paläoanthropologie vor. (Nächster Studienkompass: Sonntag, 3. Juli, 8.30 Uhr) Montag, 27. Juni, 8.30 Uhr Höher hinaus Mit Gasballonen in die Stratosphäre Von Dirk Asendorpf Jeden Tag steigen Hunderte mit Helium gefüllte Ballone in die Stratosphäre auf. Weit oberhalb der höchsten Flugrouten sammeln sie Messwerte und Bilder für die Wettervorhersage, die Atmosphärenforschung, die Beobachtung von Erde und All. Für weniger Erkenntnis, aber mehr Aufmerksamkeit sorgen Menschen, die sich mit Höhenballonen über die Tropopause in 15 Kilometern Höhe hinauswagen. Pionier war 1931 der Schweizer Physiker Auguste Piccard. Sein Enkel Bertrand schaffte 1999 in 20 Tagen eine Erdumrundung in der Druckkapsel eines Höhenballons. Und 2012 stellte der österreichische Abenteurer Felix Baumgartner den jüngsten Weltrekord auf. Im freien Fall stürzte er sich aus 39 Kilometern Höhe zurück zur Erde und erreichte dabei Überschallgeschwindigkeit. SWR2 Wissen – Juni 2016 8 Dienstag, 28. Juni, 8.30 Uhr Italiens Fünf-Sterne-Bewegung – Kind politischer Krise Von Aureliana Sorrento Der Komiker Beppe Grillo gründete 2009 die Fünf-Sterne-Bewegung, zusammen mit dem Informatiker Gianroberto Casaleggio. Bei den italienischen Parlamentswahlen 2013 erreichte die Partei aus dem Stand 25 Prozent der Stimmen. Die Volksvertreter der Fünf Sterne, die als Systemgegner ins Parlament einzogen, haben sich aber bislang vor allem als Ankläger der grassierenden Korruption, als Verteidiger der Verfassung und Interessenvertreter des kleinen Mannes hervorgetan. Deshalb schließen sich der Fünf-Sterne-Bewegung immer mehr Linke an, die sich wegen des von Matteo Renzi vorangetriebenen Rechtsrucks der Demokratischen Partei von ihr abwenden. Inzwischen ist die FünfSterne-Bewegung die einzige ernstzunehmende Konkurrentin der regierenden PD. Mittwoch, 29. Juni, 8.30 Uhr Welches Kind darf leben? Probleme der Pränatal-Diagnostik Von Christine Werner Seit dem 20. August 2012 bieten knapp 200 Pränatalzentren und Frauenarztpraxen einen neuen Bluttest an, mit dem Embryonen auf Trisomie 21 getestet werden können, das Down-Syndrom. Der „Praena-Test“ darf erst ab der 12. Woche durchgeführt werden, wenn ein Verdacht auf einen Gendefekt vorliegt und die Frauen vorher beraten wurden – das schreibt das Gendiagnostikgesetz vor. Doch die Forschung auf diesem Gebiet ist schon weiter. Der am Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik entwickelte Kingsmore-Test kann über 1200 Gendefekte identifizieren, die mit schwersten Behinderungen im Zusammenhang stehen. Wird bei einem Ungeborenen eine unheilbare Krankheit festgestellt, stehen Paare vor einer extremen Situation: Sie müssen über Leben oder Tod ihres Kindes entscheiden. Kritiker sprechen von „Selektion“ und befürchten, dass die Gesellschaft gegenüber Behinderungen zunehmend intolerant wird. (Produktion 2013) Donnerstag, 30. Juni, 8.30 Uhr Gelassenheit Erkundungen zur inneren Ruhe Von Ingrid Strobl Schon in der Antike befassten sich Philosophen mit der “Seelenruhe”; Dichter und Mystiker erkundeten jahrhundertelang das Wesen der Gelassenheit. Meister Eckart predigte im späten 13. Jahrhundert: Du musst dich selbst lassen, dann wirst du gelassen. Heute bieten Wellness-Kurse und Ratgeber gestressten Menschen Rezepte zur inneren Ruhe an. Doch so einfach ist das nicht. Neuropsychologen weisen darauf hin, dass Gelassenheit von der Natur nicht vorgesehen ist. Doch man kann sie erlernen, indem man die Plastizität des Gehirns nutzt. Und die Altersforschung kann belegen, dass die seelische Ruhe mit dem Älterwerden zunimmt – unter bestimmten Voraussetzungen. Wie gelangen wir zu einer tiefen Gelassenheit, die uns auch in ausweglosen Situationen stützen kann? (Produktion 2014) SWR2 Wissen – Juni 2016 9 SWR2 IMPULS: „1000 ANTWORTEN“ Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher? Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Jeden Mittwoch gibt es in SWR2 Impuls Antworten auf die Wissens-Fragen der SWR2 Hörer. SWR2 IMPULS bietet damit eine einzigartige Gelegenheit, allgemeine und spezielle Fragen zu einem Sachthema an einen renommierten Experten weiterzugeben. Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter www.swr.de/blog/1000Antworten und twitter.com/1000Antworten SWR2 IMPULS (Montag bis Freitag 16.05 Uhr bis 17.00 Uhr) auf SWR2 und um 21.03 Uhr auch bei SWRinfo. SWRinfo SWRinfo sendet täglich ab 6 Uhr im Viertelstundenrhythmus Nachrichten, die durch Wettervorhersagen und Verkehrshinweise ergänzt werden. Zusätzlich bietet SWRinfo Hintergrundinformation zu aktuellen Themen, u. a. aus Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Wissenschaft, Technik, Umwelt und Sport. Dabei steht der regionale Bezug zum Südwesten im Vordergrund. Abends um 20 Uhr sendet SWRinfo die ARD Tagesschau, danach runden ausführliche Hintergrundsendungen, teilweise aus anderen SWR-Hörfunkprogrammen, das Programm ab. WISSEN können Sie am Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr sowie am Samstag um 21.30 Uhr und am Sonntag um 14.30 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. CAMPUS – NEUES AUS FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTSPOLITIK Samstags, 10.05 – 10.30 Uhr SWR2 Wer den nächsten Nobelpreis bekommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in CAMPUS über diese Arbeit längst berichtet wurde. Jeden Samstag gibt es hier Neues aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Damit nicht genug. In CAMPUS erfährt man auch, unter welchen Bedingungen geforscht wird und wie es um den wissenschaftlichen Nachwuchs steht. Hochschul- und Forschungspolitik haben hier ihren festen Platz. CAMPUS – ein Magazin mit Kurzberichten, Interviews, Glossen und Kommentaren richtet sich an alle, für die »Wissensgesellschaft« nicht nur ein Schlagwort ist. CAMPUS können Sie am Sonntag um 14.05 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. – SERVICE Podcast – Webradio können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskriptdienst Manuskripte der Sendungen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen. Auch als E-Book für mobile Endgeräte. Programm-Informationen per E-Mail Die Wochenübersichten des Programms von können Sie sich regelmäßig über den SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter www.swr2.de/wissen (Service). SWR2 Programmfragen Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222 (Mo-Fr, 10-12 Uhr). SWR2 Wissen – Juni 2016 10 Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter Telefon 07221 300 200 oder swr2.de IMPRESSUM Südwestrundfunk SWR Redaktion Redaktionskollegium (Mo, Di, Do, Fr) Anja Brockert, Detlef Clas, Udo Zindel, Gábor Paál, Sonja Striegl (Mi) Christoph König (Sa) Ralf Caspary (So) 76522 Baden-Baden Fax 07221 929 22387 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.swr2.de/wissen
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