Baurechtliche Herausforderungen bei der Schaffung von

Baurechtliche Herausforderungen bei der Schaffung
von Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge
Dr. Christian Giesecke, LL.M. (McGill)
Baurechtliche Behandlung von Flüchtlingsunterkünften
•
Ausgangssituation
•
deutlich gestiegene Zahl an Flüchtlingen und Asylbewerbern wegen anhaltender
weltweiter Konflikte
•
Bestehende Standorte zur zeitweisen Unterbringungen reichen oft nicht aus
•
Deshalb häufig Umnutzung bestehender Gebäude oder Neubau
•
große planerische Herausforderungen für Bund, Länder und Kommune
•
Lage der Unterkünfte häufig im Gewerbegebiet und an anderen, planungsrechtlich
problematischen Standorten
Kompetenz durch Spezialisierung
2
Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Allgemeinen planungsrechtlichen Instrumente
•
Beurteilung der Vorhaben nach §§ 29, 30 ff BauGB
•
Zulässigkeit in den typisierten Baugebieten der BauNVO richtet sich insbesondere nach der
rechtlichen Qualifizierung der Unterkünfte
•
Wohnnutzung
•
Einrichtung für soziale Zwecke
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Einzelhandel
Werkstätten und
Handwerksbetriebe
Büro- und
Verwaltungsgebäude
Flüchtlingsunterkunft?
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
•
§ 8 BauNVO
•
Abs. 1: Zweckbestimmung
GE dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden
Gewerbebetrieben.
•
Abs. 2: Allgemein zulässig sind,
•
Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
•
Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude,
•
Tankstellen,
•
Anlagen für sportliche Zwecke.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
•
§ 8 BauNVO
•
Abs. 3: Ausnahmsweise können zugelassen werden
•
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für
Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm
gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
•
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
•
Vergnügungsstätten.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Ursprüngliche Rechtslage:
Wohnen oder Soziale Einrichtung?
Flüchtlingsunterkunft
„Wohnen“
„Anlage für soziale
Zwecke“
 Folge: im Gewerbegebiet
unzulässig
 Folge: im Gewerbegebiet
ausnahmsweise zulässig
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Rechtslage vor Inkrafttreten des Maßnahmengesetzes:
•
Grundsätzlich waren Gerichte der Auffassung, dass Flüchtlingsunterkünfte mit der
Zweckbestimmung von Gewerbegebieten nicht vereinbar seien:
•
•
•
•
•
•
•
BVerwG, Urt. v. 17.12.1998 – 4 C 16/97;
VGH München, Beschl. v. 01.10.1992 - 26 CS 92.1676
VGH Mannheim, Beschl. v. 14.03.2013 – 8 S 2504/12;
OVG Hamburg, Beschl. v. 17.06.2013 – 2 Bs 151/13
VG Schwerin, Urt. v. 29.09.2012 m – 2 B 409/12
VG Ansbach, Urt. v. 09.10.2014 – AN 9 K 14.00830
etc.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Ursprüngliche Rechtslage:
Wohnen oder Soziale Einrichtung?
•
Begründung:
•
wegen der langen Dauer von Asylverfahren (im Schnitt 13 Monate)
•
weisen Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbewerbern Wohncharakter oder
wohnähnlichen Charakter auf, selbst wenn es sich um Unterkünfte in Heim- oder
Kasernenart handelt.
•
Folge:
Neubau von Unterkünften oder entsprechende Nutzung vorhandener Gebäude war
immer dann unmöglich, wenn eine Wohnnutzung wegen des Gebietscharakters (vor
allem in Gewerbe- und Industriegebieten) unmöglich war.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Probleme bei entgegenstehendem Planungsrecht:
Überwindung der Unzulässigkeit eines Vorhabens gem. § 37 Abs. 1 BauGB?
•
§ 37 Abs. 1 BauGB
Macht die besondere öffentliche Zweckbestimmung für bauliche Anlagen des Bundes
oder eines Landes erforderlich, von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den
auf Grund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften abzuweichen oder ist das
Einvernehmen mit der Gemeinde nach § 14 oder § 36 nicht erreicht worden,
entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
§ 37 Abs. 1 BauGB
•
materiell-rechtliche Bedeutung: zusätzlicher Befreiungstatbestand (ergänzend zu § 31
Abs. 2 BauGB)
•
formelles Verfahren:
•
Entscheidung durch die höhere Verwaltungsbehörde
•
auch zur Überwindung des fehlenden Einvernehmens nach § 14 Abs. 2 S. 1
BauGB oder § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 BauGB
•
Vorhaben des Bundes oder des Landes
•
Vorhaben weist eine besondere öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung
•
Zweckbestimmung macht ein Abweichen erforderlich
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Besondere öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung
•
nicht jeder öffentlich-rechtliche Zweck, sondern „besondere“ Zwecke nötig
•
mit der Hervorhebung wird auf die spezielle öffentliche Funktion des jeweiligen
Vorhabens abgestellt
•
besondere öffentliche Zweckbestimmung liegt vor, wenn es sich um ein Vorhaben
handelt, das sich wegen seiner Aufgabenstellung nach Standort, Art, Ausführung
oder Auswirkung von sonstigen Verwaltungsbauten unterscheidet und aus diesen
Gründen auf einen bestimmten Standort angewiesen ist.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Besondere öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung
•
Grundsatzentscheidungen des BVerwG:
•
BVerwG, Beschl. v. 16.07.1981 – 4 B 96/81
•
besondere öffentliche Zweckbestimmung bejaht für technische Anlagen der
Daseinsvorsorge
•
•
bzw. Anlagen der Verteidigung oder des zivilen Bevölkerungsschutzes
bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 03.12.1992 – 4 C 24/90
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Besondere öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung
•
Beispiel:
Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) – liegt eine besondere öffentlichrechtliche Zweckbestimmung vor?
•
Unterbringungsanlage, die nicht zum dauerhaften Wohnen genutzt wird und mit
Vorrichtungen zur behördlichen Aufgabeerledigung verbunden ist
•
höheres Schutzbedürfnis, ggfs. Einzäunung
•
Größe und Bedarf sind stark situationsabhängig, wenig planbar
•
Besonderheiten bei der baulichen Ausgestaltung zu berücksichtigen
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Besondere öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung
•
Aber:
•
Beurteilung der besonderen öffentlichen Zweckbestimmung vom Gericht voll
überprüfbar – Kein Beurteilungsspielraum
•
Stark einzelfallabhängig
•
Höchstrichterlich nicht geklärt, daher Beurteilung mit Risiken verbunden
•
Situation führt zu Verhandlungspositionen
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Erforderlichkeit der Abweichung
•
Eine Abweichung ist nach § 37 Abs. 1 BauGB erforderlich, wenn sie zur Erfüllung
oder Wahrung der in Rede stehenden besonderen öffentlichen Zweckbestimmungen
vernünftigerweise geboten ist;
•
nicht notwendig ist, dass das Vorhaben gleichsam mit der Abweichung steht und fällt,
die Abweichung also das einzig denkbare Mittel zur Verwirklichung ist.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage vor In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Erforderlichkeit der Abweichung
•
die Erforderlichkeit ist darüber hinaus durch eine Gewichtung der widerstreitenden
öffentlichen und privaten Belange zu ermitteln. (Zweck-Mittel-Relation)
•
1. Schritt:
Feststellung der mit dem geplanten Vorhaben verbundenen Nachteile und
Beeinträchtigungen
•
2. Schritt:
Die Nachteile sind in ihrem Gewicht und an der Dringlichkeit der Gründe zu
messen, die für das Vorhaben der öffentlichen Hand in seiner konkreten
Ausführung sprechen.
•
Vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 03.12.1992 – 4 C 24.90; Urt. v. 14.02.1991 – 4 C
20.88; OVG Münster, Urt. v. 14.03.1991 – 11 A 2247/87.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage nach In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Ursprünglich im Entwurf vorgesehen:
•
Separates Maßnahmengesetz, welches neben BauGB und BauNVO stehen sollte.
•
Die Länder sollten selber durch Landesrecht regeln, ob sie die Maßnahmen
umsetzen wollen oder nicht.
•
Beides ist in der letztendlich verabschiedeten Version geändert worden:
•
Die Änderungen wurden direkt im BauGB vorgenommen.
•
Die Änderungen gelten ohne Wahlmöglichkeit bundesweit.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Rechtliche Lage nach In-Kraft-Treten der
Änderungsgesetze
•
Überblick über die wichtigsten Änderungen:
•
•
Unbefristete Änderungen
•
§ 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB
•
§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB
Befristete Änderungen
•
•
§ 246 Abs. 8 – 14 BauGB
Keine Änderung haben erfahren:
•
Die allgemeine Systematik der Genehmigung von Vorhaben in den §§ 29 ff. BauGB.
•
Die Gebietsbestimmungen in den §§ 2-10 BauNVO.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Neu: Die Interessen von Flüchtlingen als
abwägungsrelevante Belange
•
Neu eingefügt: § 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB
Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
Nr. 13: die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung.
•
Neu eingefügt: § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB
Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der
Planung nicht berührt werden und
1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von
Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im unbeplanten Innenbereich
Kompetenz durch Spezialisierung
22
Erweiterung der Genehmigungsmöglichkeit
Neu eingefügt: § 246 Abs. 8 BauGB:
Bis zum 31. Dezember 2019 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der
Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung,
Änderung oder Erneuerung.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Erweiterung der Genehmigungsmöglichkeit
•
Erleichterung der Erweiterung und Umnutzung bestehender baulicher Anlagen zu
Flüchtlingsunterkünften.
•
§ 34 Abs. 3a Satz 1 BauGB ermöglicht Ausnahme vom Erfordernis des Einfügens in die
nähere Umgebung.
•
Ausnahme galt bisher nur für die Nutzung als Gewerbebetrieb, Handwerksbetrieb oder
Wohnung.
•
Nun auch, wenn das Ziel die Unterbringung von Flüchtlingen ist.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Kompetenz durch Spezialisierung
25
Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Neue Rechtslage
Neu eingefügt: § 246 Abs. 10 BauGB:
Bis zum 31. Dezember 2019 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch
in
Verbindung
mit
§
34
Absatz
2
BauGB)
für
Aufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von
den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für
soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und
die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen
vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet:
Neue Rechtslage
•
Sind Anlagen für soziale Zwecke innerhalb des (konkreten) Gewerbegebietes nicht, d.h.
auch nicht ausnahmsweise zulässig, kann für
•
die Errichtung mobiler Unterkünfte sowie
•
Nutzungsänderungen zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in
Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für
Flüchtlinge oder Asylbegehrende
befreit werden, wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen
mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
•
Nutzung ist allerdings auf längstens 3 Jahre zu befristen, vgl. § 246 Abs. 12 BauGB.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Neue Rechtslage
Klarstellung damit:
•
Flüchtlingsunterkünfte sind in Gewerbegebieten noch immer grundsätzlich unzulässig.
•
Aber:
•
in Ausnahmefällen eine Befreiungsmöglichkeit
•
Gemeinden können Flüchtlingsunterkünfte nur von vornherein durch eine Planung
ausschließen, wenn Anlagen für soziale Zwecke generell als unzulässig festgesetzt
werden.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Neue Rechtslage
Klarstellung damit:
•
Befreiung ist überall dort möglich,
•
wo Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können
•
oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung
nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
•
Sind Anlagen für soziale Zwecke nicht zulässig, ist die Genehmigung auf 3 Jahre zu
befristen.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet
Neue Rechtslage
Ein (unbefristeter) Bau ist in Gewerbegebieten also nur dann möglich, wenn der Bau sozialer
Anlagen nicht ausgeschlossen wurde.
Voraussetzung weiterhin: Die Befreiung muss unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit
öffentlichen Belangen vereinbar sein.
•
In Betracht kommende Belange:
•
Allgemeine Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse
•
Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB)
•
Belange der Flüchtlinge und Asylbegehrenden sowie ihrer Unterbringung, etwa
hinsichtlich Integration und Teilhabe (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB)
Kompetenz durch Spezialisierung
30
Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet:
Würdigung nachbarlicher Interessen
•
Einzelfallprüfung: Ist die wohnähnliche Nutzung mit den jeweils zulässigen
Gewerbenutzungen vereinbar, z.B. hinsichtlich ihrer Emissionen?
•
Die Flüchtlingsunterkunft darf die Gewerbenutzung nicht unzumutbar stören.
•
Die Gewerbenutzung darf (bei typischen Nutzungsszenarien) die
Flüchtlingsunterkunft nicht unzumutbar stören.
Kompetenz durch Spezialisierung
31
Zusätzliche Möglichkeit der Befreiung in GE/GI/SO
Neu eingefügt: § 246 Abs. 12 BauGB:
Bis zum 31. Dezember 2019 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende
1. Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2. Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und
Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der
Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in
Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für
Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter
Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt
entsprechend.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Zusätzliche Möglichkeit der Befreiung in GE/GI/SO
•
mobile Unterkünfte = z.B. Wohncontainer und Zelte
•
Befreiungsmöglichkeit in den Gebieten nach §§ 8 bis 11 BauNVO (GE, GI und SO)
•
Befreiung auch dann möglich, wenn die Grundzüge der Planung berührt sind
•
Aber: Abweichung muss – auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen – mit
öffentlichen Belangen vereinbar sein.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Generalklausel entsprechend § 37 BauGB
Neu eingefügt: § 246 Abs. 14 BauGB
(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte
Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht
rechtzeitig
bereitgestellt
werden
können,
kann
bei
Aufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
bis zum 31. Dezember 2019 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund
dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden.
Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. (…)
Kompetenz durch Spezialisierung
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Generalklausel entsprechend § 37 BauGB
•
in Anknüpfung an § 37 BauGB
•
wird in einem Sondertatbestand geregelt, dass von den Vorschriften des BauGB im
erforderlichen Umfang abgewichen werden kann.
•
Voraussetzung:
auch nach Anwendung des § 246 Abs. 8 – 13 dringend benötigte Unterkünfte nicht
rechtzeitig bereits gestellt werden können.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Zusätzliche Möglichkeit der Befreiung für die anderen
Baugebiete
Neu eingefügt: § 246 Abs. 11 BauGB:
Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 7 der Baunutzungsverordnung (auch in
Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden
können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass dort bis zum 31. Dezember 2019
Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge
oder Asylbegehrende in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in
übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten
vergleichbar sind.
Kompetenz durch Spezialisierung
36
Zusätzliche Möglichkeit der Befreiung für die anderen
Baugebiete
•
Betonung der Bedeutung des Belangs der Flüchtlingsunterkünfte
•
Bei der Zulassung der genannten Einrichtungen besteht i.d.R. kein Widerspruch zur
Zweckbestimmung der jeweiligen Baugebiete
•
Richtung für intendiertes Ermessen wird vorgegeben
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Außenbereich
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Außenbereich
Flüchtlingsunterkünfte können grundsätzlich nach § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich als
sonstige Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn
•
ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und
•
die Erschließung gesichert ist.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Außenbereich
Neu eingefügt: § 246 Abs. 9 BauGB:
Bis zum 31. Dezember 2019 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben
entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn
das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34
zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.
Kompetenz durch Spezialisierung
40
Flüchtlingsunterkünfte im Außenbereich
•
Flüchtlingsunterkünfte sind nunmehr im Außenbereich teilprivilegiert.
•
Ihnen kann nicht entgegengehalten werden, dass
•
•
sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen,
•
die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder
•
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen.
Vorhaben muss allerdings im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30
Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs
erfolgen.
•
§ 246 Abs. 9 BauGB zielt auf in der Nähe von besiedelten Gebieten gelegene Flächen.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Flüchtlingsunterkünfte im Außenbereich
Neu eingefügt: § 246 Abs. 13 BauGB:
(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum 31. Dezember 2019 die
Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für
1. die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für
Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2. die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren
bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen,
Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder
Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
(…)
Kompetenz durch Spezialisierung
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§ 246 Abs. 15 – 17 BauGB
•
•
Gemeindliches Einvernehmen, § 246 Abs. 15 BauGB
•
Einvernehmen gilt abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 als erteilt
•
wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird
Beteiligung der Naturschutzbehörden, § 246 Abs. 16 BauGB
•
•
in den Fällen des § 34 des BauGB Äußerungsfrist binnen eines Monats
Befristete Laufzeit der Regelungen, § 246 Abs. 17 BauGB
•
Befristung bezieht sich nicht auf Geltungsdauer der Genehmigung
•
Sondern auf den Zeitraum, in dem von den Vorschriften der Abs. 9 – 17 Gebrauch
gemacht werden kann.
Kompetenz durch Spezialisierung
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Christian Giesecke, LL.M. (McGill)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Lenz und Johlen
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