Ruinöse Milchpreise: Marktakteure, Handel und Politik stehen

Ruinöse Milchpreise:
Marktakteure, Handel und Politik
stehen in der Verantwortung!
Bonn, 19. Mai 2016
Die Auszahlungspreise für die Milcherzeuger in NRW liegen derzeit nur noch zwischen 22
und 25,67 Cent/kg Milch netto ab Hof. Die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe ist damit
bis auf´s Äußerste angespannt. Die Gründe für den schwachen Milchmarkt sind vielfältig. Das
unverändert andauernde Russlandembargo für europäische Lebensmittel, eine stockende
Importnachfrage aus China, Unruhen und ein unsicheres Marktumfeld sowie die mangelnde
Kaufkraft in Erdöl-exportierenden Ländern gehören dazu. Zugleich jedoch belasteten verstärkte Milchanlieferungen den Markt. Die verheerenden Ergebnisse der jüngsten Kontraktverhandlungen mit dem deutschen Lebensmitteleinzel-Handel und gnadenlose Preissenkungen für Trinkmilch lassen ein weiteres Absacken der Erzeugerpreise befürchten.
Vor diesem Hintergrund fordert der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV):
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Mit dem Auslaufen der Quotenregelung sind Molkereien und Milcherzeuger gemeinsam gefordert, auf die schwankende Nachfrage nach Milch zu reagieren, um einer Abwärtsspirale der Erzeugerpreise entgegenzuwirken. Es bedarf dazu Maßnahmen, die den Verwertungsmöglichkeiten der jeweiligen Molkerei mit ihren Genossen bzw. Lieferanten Rechnung
tragen. Staatliche oder brancheninterne Pauschallösungen sind daher strikt abzulehnen!
Vielmehr sollte in Abhängigkeit von der Marktentwicklung eine flexible Preisfindung stärker
in den Blick genommen werden. Differenzierte Auszahlungspreise etwa durch freiwillige Zusatzvereinbarungen, Bonuszahlungen zur Mengenanpassung oder eine verwertungsbezogene Preisstaffelung müssen in den Unternehmen ergebnisoffen diskutiert werden.
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Die ungleichen Kräfteverhältnisse zwischen den wenigen Handelsunternehmen und
der Vielzahl der Verarbeiter und Anbieter beeinträchtigen die Preisbildung zu Lasten der
Milcherzeuger. Die bestehenden Strukturen sind nicht ausreichend, um in den Preisrunden
mit dem Einzelhandel auf Augenhöhe zu agieren. Die Verhandlungsmacht des Milchsektors
gegenüber dem Handel muss endlich gestärkt werden! Die Molkereien sind weiter gefordert,
alle Möglichkeiten zu nutzen, sich etwa durch Kontorbildung zu gleichwertigen Verhandlungspartnern zu entwickeln.
Rheinischer Landwirtschafts-Verband e.V.
- Pressestelle Rochusstraße 18, 53123 Bonn
Tel: 0228/52006-529, Fax: 0228/52006-560, Internet: www.rlv.de
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Mit der weiter steigenden Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel drohen Erzeuger und Produzenten auf der Strecke zu bleiben. Durch die Ministererlaubnis zur Übernahme
von Tengelmann durch EDEKA wird die Situation weiter verschärft. Die Politik steht in der
Verantwortung, gerichtsfeste Instrumente zur Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen zu
schaffen. Dabei sind kartellrechtlich klare Grenzen zwischen harten Verhandlungen und
missbräuchlicher Ausnutzung von Nachfragemacht zu setzen.
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Während der deutsche Lebensmitteleinzelhandel eine maßlose Billigpreisstrategie
fährt, haben Händler in Ländern wie Frankreich und Belgien zugesagt, den Einkaufspreis für
Milch nicht zu senken oder sogar Unterstützungsaktionen für die Milcherzeuger gestartet.
Aldi, Lidl & Co. sind daher gefordert, endlich Verantwortung gegenüber den deutschen
Milchbauern zu zeigen und die ohnehin schwierige Marktsituation nicht durch eine Einkaufspolitik zu verschärfen, die den Landwirten und ihren Familien keine Perspektive lässt.
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Nach mehr als einem Jahr fallender Preise ist die Liquiditätssituation inzwischen äußerst angespannt und die Existenz vieler Betriebe bedroht. Neben Liquiditätshilfen und erleichterten Bürgschaftsprogrammen bedarf es vor allem einer Entlastung bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung und bei der Besteuerung des Agrardiesels. Zudem müssen
die neuen bürokratischen Sanktionsregelungen bei der Kennzeichnung und Registrierung
von Rindern, die zu empfindlichen Kürzungen der mehr denn je benötigten Direktzahlungen
führen können, dringend entschärft werden! Die Politik ist ebenso gefordert, auf immer
neue kostenträchtige Anforderungen etwa im Bau- und Umweltrecht zu verzichten.
Marktakteure, Handel und Politik stehen jetzt in der Verantwortung, einem drohenden
Strukturbruch in der Milchviehhaltung entgegenzutreten. Nur durch entschlossenes Handeln
lässt sich verhindern, dass ein massives Höfesterben einsetzt, das zu einer Verarmung der
ländlichen Regionen führt.