Juniorpartner ÖVP in Doppelmühle

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MITTWOCH, 11. MAI 2016 · PREIS: 2,20 EURO · NR. 20.860*** · DIEPRESSE.COM
Juniorpartner ÖVP in Doppelmühle
THEMEN
Regierung. Mitterlehner steckt in der Koalition mit der SPÖ fest, das erhöht die ÖVP-Ängste. Es fehlt eine
Mehrheit für Schwarz-Blau, Neuwahlen wären hochriskant. Vorerst soll daher ein neuer Koalitionspakt her.
VON KARL ETTINGER UND IRIS BONAVIDA
Wien/Salzburg. Diese Situation kommt langgedienten Spitzenpolitikern der ÖVP bekannt vor. Viele halten es nur noch mit zugehaltener Nase als Juniorpartner in der rotschwarzen Koalition aus. Selbst für eine stille
Duldung einer schwarzen Minderheitsregierung durch Heinz-Christian Straches FPÖ
reicht jedoch die Stärke von Schwarz und
Blau im Nationalrat nicht aus. Bei Neuwahlen droht ein Abrutschen hinter die FPÖ.
ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner,
der nach dem Rücktritt von Bundeskanzler
Werner Faymann mit der Führung der Amtsgeschäfte betraut worden war, ging daher
schon vor der Sitzung des ÖVP-Bundesparteivorstands am Dienstagnachmittag in Salzburg in die Offensive: Er möchte den neuen
SPÖ-Chef, der bis spätestens kommenden
Dienstag feststehen soll, de facto einen neuen Regierungspakt diktieren. Mögliche Szenarien offenbaren ein strategisches Problem
für die Volkspartei.
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FILM
Frauen, die
von Freiheit
träumen
Frankreich, Anfang
der Siebzigerjahre:
Sie sind zu früh
dran mit der Liebe.
Den Hauptfiguren
Carole und Delphine
bringt „La belle saison – eine Sommerliebe“ nicht das ersehnte Glück. S. 21
EU-PARLAMENT
Die seltsamen
Freunde der
FPÖ
Die FPÖ bildet mit
anderen Rechtsparteien eine Fraktion im EU-Parlament. Es ist eine
Gruppe mit teilweise extremen
Positionen, die v. a.
Geld und Macht zusammenhalten. S. 8
Keine Mehrheit für einen fliegenden Wechsel zu
Schwarz-Blau und eine FPÖ-Duldung.
Die SPÖ bereitet ÖVP-Politikern extreme
Kopfschmerzen. Die Flucht aus der rotschwarzen Regierung bei einem neuen
SPÖ-Vorsitzenden ist praktisch nicht möglich, weil ÖVP (50) und FPÖ (39) für eine
Mehrheit im Nationalrat zumindest die Hilfe des Teams Stronach (fünf Abgeordnete)
brauchten, um auf die notwendigen 93
Mandate im Parlament zu kommen. Damit
fehlt für einen fliegenden Wechsel zu
Schwarz-Blau, dem FPÖ-Obmann Strache
gar nicht zustimmen würde, eine fixe Basis.
In der ÖVP überlegen manche, so ist zu hören, ein Stillhalteabkommen bei einer
schwarzen Minderheitsregierung mit FPÖDuldung bis zur nächsten Nationalratswahl
2018, samt Abmachung für Schwarz-Blau
oder Blau-Schwarz danach. ÖVP-Klubchef
Reinhold Lopatka winkt mit Hinweis auf die
Mehrheitsverhältnisse ab: „Es ist einfach
absurd.“ Unter dem amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer ist eine derartige
Variante noch einen Tick unrealistischer.
Ob FPÖ-Kandidat Norbert Hofer tatsächlich
Bundespräsident wird und dies zulässt,
wird erst am 22. Mai endgültig feststehen.
Der neue Bundespräsident wird dann erst
ab dem 8. Juli 2016 im Amt sein.
GLOSSE
ZENTRALMATURA
Kleinere
Pannen und
Kritik
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Neuwahlen wollen weder SPÖ noch ÖVP, auch
wenn sie sich das gegenseitig vorhalten.
Rot wie Schwarz droht bei vorzeitigen Neuwahlen auf Bundesebene nach dem Abschied von Werner Faymann und wegen der
breiten Unzufriedenheit der Bevölkerung
eine Wahlschlappe. Daran hat keiner Interesse. Dennoch bezichtigen einander die rotschwarzen Regierungspartner gegenseitig,
Neuwahlen anzupeilen. Vorarlbergs Landeshauptmann, Markus Wallner, schätzt die Gefahr/Chance von Neuwahlen mit 50 zu 50
ÖVP-Beratungen am Tag
eins nach dem Abgang
von Bundeskanzler
Werner Faymann:
Klubobmann Reinhold
Lopatka und Parteichef
Reinhold Mitterlehner
(von links) vor Beginn
des ÖVP-Bundesvorstands in Salzburg. [ APA ]
VON ULRIKE WEISER
Der Mann nach Faymann
W
er folgt Werner Faymann? Die Antwort steht aus, fix ist aber schon
jetzt, wer nicht: eine Nachfolgerin. Der
interimistische SPÖ-Chef, Michael Häupl,
spricht nur von einem Nachfolger.
Jetzt könnte man sagen: Na und? So
viele geeignete Kanzler in spe gibt es halt
nicht, zudem haben sich Frauen wie Brigitte Ederer selbst aus dem Rennen genommen (Ederer empfand sich – obwohl
gleich alt wie Gerhard Zeiler – als zu alt).
Allerdings findet die Debatte nicht im
luftleeren Raum statt. Sondern in einem
Land, in dem es derzeit null Frauen unter
den Landeshauptleuten gibt, in dem es
noch nie eine Präsidentin der Arbeiterkammer oder auch der Gewerkschaft gegeben hat. Und das noch nie eine Bundespräsidentin hatte, obwohl Irmgard Griss
gezeigt hat, dass die Wählerschaft für eine
Frau an der Spitze prinzipiell bereit wäre.
Aber ist es auch die Politik? Wenn es
wirklich um Macht geht, zeigt sich, was
der Soziologe Ulrich Beck „verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre“ genannt hat. Soll heißen:
Theoretisch sind alle willens und wissen,
wo es hakt. In der Praxis bleibt alles, wie
es ist. Entscheidend für die erste Reihe in
der Politik im Österreich des Jahres 2016
ist noch immer, ob man Bauer, Beamter
oder Gewerkschafter ist.
Anders gesagt: Über einen weiblichen
Sebastian Kurz oder eine Wiener Bürgermeisterin werden wir noch länger nicht
diskutieren. Nicht einmal in der Theorie.
E-Mails an: [email protected]
ein. Gleichzeitig versichern jedoch Vertreter
beider Koalitionsparteien naturgemäß, man
habe keine Angst vor Neuwahlen.
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Mitterlehner, der am Dienstag den Ministerrat leitete, ging zu einer Vorwärtsstrategie
über. Er stellte mit Rückendeckung der Parteigranden dem künftigen SPÖ-Vorsitzenden
ÖVP-Bedingungen für eine Fortsetzung von
Rot-Schwarz. Dieses ÖVP-Wunschprogramm
für einen neuen, überarbeiteten Regierungspakt umfasst fünf Punkte (siehe S. 2 und 3).
Details wurden bei der Sitzung des ÖVPBundesparteivorstands, der ausnahmsweise
wegen der bevorstehenden Tagung der Landeshauptleute in Salzburg zusammentraf,
festgelegt. Vor weiteren Entscheidungen
wird dann abgewartet, wer nun tatsächlich in
der SPÖ das Rennen um Parteivorsitz und
Kanzlerschaft macht und damit die Faymann-Nachfolge antritt.
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Mehr zum Thema:
Leitartikel von Oliver
Pink ............................. S. 2
Wilfried Haslauer im
Interview .............. S. 2, 3
Mitterlehners fünf
Bedingungen ........... S. 3
Was den neuen SPÖChef erwartet .... S. 4, 5
Die Tücken eines Wechsels nach Brüssel .. S. 4
Die Suche nach dem
Nachfolger .............. S. 5
Die ÖBB-Bilanz von
Christian Kern ........ S. 5
Mitterlehners Vorwärtsstrategie soll signalisieren, dass die ÖVP das Heft in der Hand hat.
Es herrscht Angst, die ÖVP werde als Juniorpartner mit neuem SPÖ-Kanzler aufgerieben.
Mitterlehners ÖVP ist damit in einer schwierigen Lage. Schwarze Politiker befürchten,
sollte es nach der Klärung des SPÖ-Vorsitzes
in Umfragen aufwärtsgehen, werde davon in
erster Linie die Kanzlerpartei profitieren und
dies dem neuen roten Regierungschef zugeschrieben. Verfällt die rot-schwarze Regierung bald in ihren alten Trott mit Dauerreibereien, nützt das erst recht wieder der FPÖ.
Vorerst scharen sich die ÖVP-Landeschefs
hinter Bundesobmann Mitterlehner. Hoffnungsträger Außenminister Sebastian Kurz
soll nicht vorzeitig verheizt werden.
In drei HTL tauchten falsche Mathematikangaben auf.
Kritik gab es unter
anderem an der
Aufgabenstellung
bei der Deutschmatura.
S. 11
NATUR
Hälfte der
Falter
gefährdet
Zuerst waren es die
Bienen, nun sind die
Schmetterlinge
dran: Die Tiere sind
gefährdet, vor allem
wegen Verbauung
und Pestiziden. S. 9
NAVIGATOR
Aktien, Fonds ..... S. 16
Sport ............. S. 19, 20
Veranstaltungen,
Radio & TV S. 24, 25
Wetter ................... S. 28
Impressum ......... S. 28
24 Stunden ........ S. 28
[ Fotos: Thimfilm, APA]
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