LS Roth Tu-Dresden – Juristische Fakultät AG Strafrecht SoSe 2016 Danny Gude, LL.M. Strafrecht – Kausalität und objektive Zurechnung1 Zurechnung des Eintritts des tatbestandlichen Erfolges zur Tathandlung nur bei Erfolgsdelikten (Verletzungsdelikte, konkrete Gefährdungsdelikte) nicht bei abstrakten Gefährdungsdelikten oder reinen Tätigkeitsdelikten in der Fallbearbeitung nur in problematischen Fällen ausführliche Diskussion 1. Stufe: Kausalität ursächlicher Zusammenhang zwischen Handlung und tatbestandlichem Erfolg sog. Äquivalenztheorie (conditio-sine-qua-non-Formel) Kausal für den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges ist jedes Verhalten, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Alle Bedingungen sind gleichwertig (äquivalent), wenn sie den Erfolg (mit)verursacht haben. Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung Kausalität ist zu bejahen, wenn die betreffende Handlung aufgrund einer gesetzmäßigen Beziehung im konkreten Erfolg tatsächlich wirksam geworden ist. Erforderlich ist also, dass sich an die Tathandlung Veränderungen in der Außenwelt angeschlossen haben, die zur Handlung und untereinander in ihrem Aufeinanderfolgen (natur-)gesetzmäßig verbunden sind. Problemfälle der Kausalität a) Alternative Kausalität oder Doppelkausalität Zusammenwirken mehrerer Ursachen, von denen jede für sich allein den Erfolg zum selben Zeitpunkt herbeiführte. Modifikation der conditio-sine-qua-non-Formel Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, ist jede für den Erfolg ursächlich. b) Kumulative Kausalität Zwei (oder mehrere) unabhängig voneinander vorgenommene Handlungen führen nur in ihrem Zusammenwirken den Erfolg herbei. Kausalität (+), aber Korrektur bei objektiver Zurechnung c) Abgebrochene / überholende Kausalität "Ersttäter" setzt Ursache für Erfolg, aber ein zweites Ereignis Verhalten eines Dritten oder des Opfers) schaltet Fortwirken der früheren Ursachenreihe aus und bewirkt allein den Erfolgseintritt. (Abbrechen der ursprünglichen Kausalreihe) Kausalität (+) nur bei den zweiten Ursachenreihe 1 Die Aufzählung der problematischen Punkte ist nicht abschließend. Beachten Sie, dass in der Klausur der pauschale Hinweis auf eine bestimmte Fallgruppe die Argumentation aus dem Sachverhalt heraus nicht ersetzen kann. LS Roth Tu-Dresden – Juristische Fakultät AG Strafrecht SoSe 2016 Danny Gude, LL.M. d) »hypothetische« Kausalität – Unbeachtlichkeit hypothetischer Ersatzursachen Handlung, die den Erfolg tatsächlich bewirkt hat, bleibt ursächlich, auch wenn derselbe Erfolg zum gleichen Zeitpunkt durch eine andere, aber tatsächlich nicht wirksam gewordene Reserveursache eingetreten wäre. (Abgestellt wird nur auf den "Erfolg in seiner konkreten Gestalt".) 2. Stufe: objektive Zurechnung haftungsbegrenzende Korrektur Der Erfolg ist objektiv zuzurechnen, wenn der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen bzw. erhöht hat und diese Gefahr sich im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat. Fallgruppen in denen objektive Zurechnung verneint wird: Keine rechtlich relevante Risikoschaffung o Außerhalb menschlichen Beherrschungsvermögens o Sozialadäquate Verhaltensweisen Fehlender Schutzzweckzusammenhang Völlig atypischer Kausalverlauf Fehlender Pflichtwidrigkeitszusammenhang (rechtmäßiges Alternativverbalten) Risikoverringerung Zurechnungsverlagerung auf Dritte Schaffung und Verwirklichung eines neuen Risikos, das Zurechnung an Erstverursacher überlagert, durch einen Dritten oder das Opfer selbst o neue Risikoschaffung durch Eingreifen Dritter o Fälle der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung Selbstverletzung Die Übergänge der Fallgruppen sind mitunter fließen. Oft ist eine Einordnung in mehrere Fallgruppen möglich. Klausurlösung daher auf möglichst viele Argumente stützen.
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