Ansprache von Pawel Adamowicz, Stadtpräsident

Text von Pawel Adamowicz,
Stadtpräsident von Danzig:
Sollte ich Hans Koschnick möglichst kurz beschreiben, würde ich sagen - ein großer
Deutscher. Und ich würde sagen - ein Freund.
Das Wort „Freund” - wenn es ehrlich gemeint ist - kommt nicht in dem Wörterbuch vor,
das Politiker benutzen. Aber gerade dieses Wort gibt am besten wieder, wie wir an Hans
Koschnick zurückdenken.
Hans Koschnick gehörte zu der Generation politischer Giganten, Persönlichkeiten von
Format, von denen es um uns herum heute immer weniger gibt. Wenn sie uns verlassen,
bleibt nur eine Riesenleere, der heutigen politischen Klasse fällt es immer schwieriger,
diese Leere zu füllen.
Er war ein Mensch der Vision. Er veranlasste als Bürgermeister im Jahre 1976 die
Unterzeichnung der "Rahmenvereinbarung für die Zusammenarbeit zwischen der Freien
Hansestadt Bremen und der Stadt Gdańsk". Dies war die erste Vereinbarung über eine
Kooperation der Vertreter von zwei bislang feindlich gesinnten Völkern. Viel hat sich seit
diesem Zeitpunkt getan. Auch dank der Leidenschaft und dem Engagement von Hans
Koschnick.
Er war gerne in Gdańsk. Genauso wie wir gerne bei ihm in Bremen zu Gast waren. Es
gab lange Gespräche am Abend und sein warmes Lächeln.
Hans Koschnick war immer mit uns. Besonders in schweren Momenten. Er war mit uns,
als die große Friedensbewegung „Solidarność” entstand. Er war mit uns während des
großen Brandes der Werfthalle, als er half, Medikamente und Rettungsgeräte für die
Krankenhäuser in Gdańsk zu gewinnen. Er war mit uns während des Hochwassers im
Jahre 2006, als er Nahrungsmittel und Bekleidung für die Betroffenen organisierte.
Bei uns in Polen sagt man: „Wahre Freunde lernt man in der Notzeit kennen”. Seine
Freundschaft wussten die Einwohner von Gdańsk zu schätzen. Auch die Stadträte von
Gdańsk erwiesen ihm Hochachtung, indem sie ihm im Jahre 1994 den Titel „Ehrenbürger
der Stadt Gdańsk” verliehen.
Hans Koschnick ist am 21. April verstorben, fast am 40. Jahrestag der Unterzeichnung
der Vereinbarung zwischen Bremen und Gdańsk.
Für uns Danziger war dies ein harter Schlag. Wie immer, wenn ein wahrer Freund
heimgeht. An dem Gebäude des Neuen Rathauses wurde die Flagge von Gdańsk auf
Halbmastposition heruntergelassen. Im Rathaus wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt, in
dem wir von unserem Freund Abschied nahmen.
Heute verabschieden wir uns nochmals von ihm.
Mit der Hoffnung, uns irgendwann wiederzusehen.