ZA/WV für Website Erstellt am 18.11.2015 Gesetzentwurf zu Zeitarbeit und Werkverträgen Der Referentenentwurf zur Regelung von Zeitarbeit und Werkverträgen des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) ist aus Sicht der Arbeitgeber Baden‐Württemberg mit einer modernen, arbeitsteiligen Wirtschaft nicht vereinbar und geht zudem weit über die im Koalitionsvertrag angekündigten Regelungen hinaus. Mit dem Gesetz soll eigentlich angeblicher Missbrauch von Zeitarbeit und Werkverträgen eingedämmt und die Abgrenzung der verschiedenen Arbeits‐ und Vertragsformen geschärft werden. Tatsächlich schafft es jedoch für große Teile der wachsenden Dienstleistungsbranchen neue Rechtsunsicherheiten und überflüssige Regulierungen und gefährdet damit die Erbringung von Dienstleistungen durch Selbstständige und das Zusammenwirken von Unternehmen. Zeitarbeit/Arbeitnehmerüberlassung: Der Gesetzentwurf sieht eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten und die Gleichbehandlung der Zeitarbeitnehmer wie Stammbeschäftigte des Entleihers (u.a gleiche Bezahlung/„Equal Pay“) nach 9 Monaten vor. In beiden Fällen kann per Tarifvertrag davon abgewichen werden, bei der Überlassungsdauer unbegrenzt, beim „Equal Pay“ um 3 auf 12 Monate. Gerade die Einschränkung der tariflichen Abweichungsmöglichkeiten beim „Equal pay“ stellt eine erhebliche Einschränkung zur bisherigen bewährten Praxis dar und verkennt, dass gerade die Tarifvertragsparteien am besten die betrieblichen Notwendigkeiten einschätzen und einem Interessenausgleich zuführen können. Die derzeit vorgesehene tarifliche Regelungsmöglichkeit wird darauf beschränkt, den Zeitpunkt um drei Monate zu verschieben. Dafür einen Tarifvertrag abzuschließen, bedeutet keinen wirklichen Mehrwert und bedeutet erneut eine „Schwächung der Tarifvertragspartien“. Sehr kritisch sehen die Arbeitgeber Baden‐Württemberg auch, dass nur tarifgebundene Unternehmen per Tarifvertrag von der Höchstüberlassungsdauer abweichen dürfen, nicht jedoch Unternehmen ohne Tarifvertrag. Dies stellt einen massiven Eingriff in die im Grundgesetz verankerte negative Koalitionsfreiheit dar (kein Unternehmen kann zur Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband gezwungen werden). Es ist auch keine Stärkung der Tarifautonomie oder der Tarifbindung, erst die gesetzlichen Rahmenbedingungen massiv zu verschlechtern, um anschließend selektiv tarifgebundenen Unternehmen wieder eine Erleichterung zu gewähren. Über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags hinaus geht zudem die geplante Regelung, wonach ein Verstoß gegen die Überlassungshöchstdauer ein Arbeitsverhältnis zwischen Zeitarbeitnehmer und Entleiher begründet. Auch die Pläne, Zeitarbeitnehmer nicht nur bei den Schwellenwerten der Betriebsverfassung, sondern darüber hinaus bei sonstiger Unternehmensmitbestimmung zu berücksichtigen, finden sich im Koalitionsvertrag nicht wieder. Unverhältnismäßig ist das geplante gesetzliche Verbot, Zeitarbeitnehmer im unmittelbar bestreikten Betrieb einzusetzen. Dies stellt einen gravierenden Eingriff in die Arbeitskampfparität dar. Solche Komplettverbote sehen selbst die Tarifverträge in der Tarifgemeinschaft der Zeitarbeit nicht vor. Werkverträge: Positiv zu bewerten ist, dass in dem Gesetzentwurf der Missbrauch von Werkverträgen auf Vertragskonstruktionen begrenzt wird, bei denen es sich tatsächlich jedoch um Arbeitsverträge oder Arbeitnehmerüberlassungsverträge handelt. Das BMAS ist damit nicht der gewerkschaftlichen Rhetorik gefolgt, wonach ein Missbrauch schon dann vorliegt, wenn Arbeitsschritte an Dritte vergeben werden, die zu anderen Rahmenbedingungen als in der Branche des Auftraggebers arbeiten. Der Gesetzentwurf enthält jedoch einen Katalog von Kriterien, die eine bessere Abgrenzung von ordnungsgemäßem und missbräuchlichem Einsatz von Fremdpersonal ermöglichen sollen. Die Kriterien sind aber zum Teil rückwärtsgewandt und praxisfern, weil sie nicht die moderne Spezialisierung und Arbeitsteilung von Unternehmen berücksichtigen. Für die Betriebe bedeutet er mehr Verunsicherung als Rechtsklarheit. Zwar soll aus einzelnen Kriterien keine absolute Vermutung eines Missbrauchs ableitbar sein. Dennoch werden die Arbeitgeber einem erheblichen Rechtfertigungszwang ausgesetzt, falls nach den Kriterien zunächst von einem Arbeitsverhältnis auszugehen ist. Hier bedarf es dringend einer gesetzlichen Klarstellung. Es muss dabei bleiben, dass die Weisungsgebundenheit und die im Einzelfall zu prüfende Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers die wesentlichen Entscheidungsmerkmale sind. Systemwidrig ist wiederum die geplante Regelung, wonach ein Arbeitsverhältnis zum Auftraggeber besteht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) ein solches Beschäftigungsverhältnis festgestellt hat. Die DRV prüft nach sozialversicherungsrechtlichen Kriterien, die nicht identisch sind mit den arbeitsrechtlichen. Deshalb ist es unzulässig, dass der Arbeitgeber dadurch unter Zugzwang gesetzt wird und er im Zuge einer Beweislastumkehr den Nachweis erbringen muss, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt. In der vorliegenden Form hätte dieses Gesetz weitreichende Folgen für eine zunehmend arbeitsteilige Wirtschaft und würde den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig beschädigen. Es wäre eine Bremse für die Modernisierung der Arbeitswelt, die angesichts der Digitalisierung der Wirtschaft gerade auch von der Politik eingefordert wird.
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