Staatsanzeiger Baden-Württemberg vom 26.02.2016 Autor: Seite: Ressort: sta 15 Wirtschaft Jahrgang: Nummer: Auflage: Gattung: Wochenzeitung Reichweite: 2016 7 13.671 (gedruckt) 12.678 (verkauft) 13.609 (verbreitet) 0,04 (in Mio.) Nahles gibt bei Zeitarbeit und Werkverträgen nach Expertenbeitrag: Gesetzesreform Arbeitsministerin Nahles hat von Wirtschaft und Arbeitgeberverbänden heftige Kritik für ihren Gesetzesentwurf zur Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen erhalten. Nun hat sie die Pläne entschärft. Doch nun blockiert die Union, was Wirtschaftsminister Schmid empört. Alexander Bissels, Rechtsanwalt, Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle, Köln Stuttgart. In der Berliner Koalition ist offener Streit über die Gesetzespläne zu Leiharbeit und Werkverträgen ausgebrochen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zeigte sich empört, weil die Union ihren bereits nachgebesserten Gesetzentwurf blockiere. Die Landesregierung werde den Druck auf die Union aufrechterhalten und weiter für eine entsprechende Regelung kämpfen, stellte sich Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) an ihre Seite. In der vergangenen Woche habe die Landesregierung eine Bundesratsinitiative gegen den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit auf den Weg gebracht. Tarifungebundene Betriebe können Überlassungsdauer verlängern Der von Nahles nun überarbeitete Gesetzesentwurf sieht in der Zeitarbeit eine Überlassungsdauer von höchstens 18 Monaten vor. Von dieser sollte ursprünglich nur durch einen Tarifvertrag der Einsatzbranche oder einer aufgrund eines solchen Tarifvertrages abgeschlossenen Betriebs-/Dienstvereinbarung abgewichen werden können. Mithin sollten nur tarifgebundene Unternehmen von einer (erweiterten) HöchstüberWörter: © 2016 PMG Presse-Monitor GmbH 499 lassungsdauer profitieren können. Der überarbeitete Entwurf sieht nun eine Regelung vor, nach der im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags auch tarifungebundene Kundenunternehmen durch eine Betriebs-/Dienstvereinbarung die abweichende tarifliche Höchstüberlassungsdauer inhaltsgleich übernehmen können. Ist in einem Tarifvertrag der Einsatzbranche eine Öffnungsklausel zugunsten einer Betriebs/Dienstvereinbarung vorgesehen, können die Betriebspartner selbst eine Höchstüberlassungsdauer festlegen. Nicht tarifgebundene Kundenunternehmen können sich ebenfalls auf diese Öffnungsklausel stützen, allerdings ist die zulässige Höchstüberlassungsdauer in diesem Fall auf 24 Monate begrenzt. Es bleibt auch im überarbeiteten Gesetzesentwurf dabei, dass Zeitarbeiter nach neun Monaten denselben Lohn erhalten müssen wie vergleichbare Stammarbeitskräfte. Eine Ausnahme von diesem „equal pay-Prinzip“, bei der gleicher Lohn nicht schon nach zwölf, wie bei den alten Plänen, sondern jetzt erst nach 15 Monaten gezahlt werden muss, besteht nur, wenn für den Einsatz ein sogenannter Branchenzuschlagstarifvertrag anwendbar ist. Dieser führt nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen zu einer stufenweisen Annäherung des dem Zeitarbeitnehmer gezahlten Entgelts an die Vergütung der im Kundenbetrieb beschäftigten Stammmitarbeiter. Kriterienkatalog für typische Dienstund Werkverträge Den Arbeitgebern entgegengekommen ist das Arbeitsministerium bei der Regelung gegen einen missbräuchlichen Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen von Werkverträgen. Ursprünglich war ein Kriterienkatalog zur Abgrenzung von Werkverträgen zu normalen Arbeitsverträgen vorgesehen. Die Arbeitgeberverbände hatten jedoch kritisiert, dass ein solcher Katalog typische Dienst- oder Werkverträge infrage stellen würde. Nun ist er im Entwurf nicht mehr enthalten. Stattdessen ist eine Definition des Arbeitnehmerbegriffs vorgesehen, um dessen Merkmale genauer zu präzisieren (siehe Kasten). Erstaunlich ist, dass der Gesetzgeber dabei inhaltliche Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG ) in ein Gesetz zu gießen beabsichtigt (vergleiche BAG vom 14. März 2007 - 5 AZR 499/06; BAG vom 20. Mai 2009 5 AZR 31/08). Für die Praxis ist damit nichts gewonnen, da durch die verwendeten abstrakten Rechtsbegriffe weiterhin eine am konkreten Sachverhalt durchzuführende Einzelfallbewertung erfolgen muss, ohne dass sich aus dem Gesetz Anhaltspunkte ergeben, wie diese ausfallen soll. Der Entwurf geht weiterhin an zahlreichen Stellen über die im Koalitionsvertrag getroffenen Festlegungen hinaus. Dies gilt insbesondere für die Berücksichtigung von Zeitarbeitnehmern bei Schwellenwerten der unternehmerischen Mitbestimmung.
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