Schriftspracherwerb Rechtschreibdidaktik Ruth Hoffmann-Erz Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 1 Lernpsychologische Aspekte des Rechtschreiblernen variantenreiches und verteiltes Wiederholen Vermeidung der Ähnlichkeitshemmung Anschaulichkeit durch Prototypen mehrkanaliges Lernen Neugierlernen/ Induktive Aufgabenstellungen operationales Lernen Nutzung von Vorstrukturierungen, Vernetzung von Wissen Differenzierung und Individualisierung Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 2 Bildungsstandards für den Bereich „richtig schreiben“ geübte, rechtschreibwichtige Wörter normgerecht schreiben Rechtschreibstrategien verwenden: Mitsprechen, Ableiten, Einprägen Zeichensetzung beachten… Über Fehlersensibilität und Rechtschreibgespür verfügen Rechtschreibhilfen verwenden: Wörterbuch nutzen Rechtschreibhilfen des Computers kritisch nutzen Arbeitstechniken nutzen: methodisch sinnvoll abschreiben Übungsformen selbständig nutzen Texte auf orthographische Richtigkeit überprüfen und korrigieren Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 3 Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 4 Grundwortschatzkonzepte „Ermutigung aus Begrenzung und Struktur der Orthografie“ (Naumann) Kriterien für die Zusammenstellung eines Wortschatzes: Häufigkeit bei Erwachsenen Häufigkeit bei Kindern Modellcharakter für orthographische Phänomene häufige Fehlerwörter klasseninterner/ themenbezogener/ individueller GWS Kritische Überlegungen: Bezugspunkt für die Auszählung der Häufigkeitsverhältnisse lexembezogene GWS versus Einbeziehung verschiedener Wortformen Inhaltswörter streuen stark – Funktionswörter wenig fehleranfällig GWS kann nicht beliebig quantitativ erweitert werden keine bloßes Eintrainieren ohne Nachdenken Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 5 Regelkonzepte Eine Didaktik, die auf der Übernahme vorgegebener Regeln beruht, gilt heute als nicht mehr akzeptabel, denn der Stellenwert des lernenden Subjekts hat sich gewandelt. Besondere Bedeutung werden demgegenüber Eigenregeln und Privatregeln zugesprochen. Das sind Abstraktionen und Verallgemeinerungen, die Lernende selbst aufbauen und die nicht gegenstandsangemessen sein müssen. Eine wichtige Rolle bei der Eigenaktivität kommt dem „Probieren und Identifizieren“ zu. Morphembasierte Regelkonzepte vermitteln Morpheme in ihrer Vorkommenshäufigkeit als ganze Einheiten. Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 6 Silbenkonzepte Silbenkonzepte bekamen in den achtziger Jahren Impulse aus der sonderpädagogischen Arbeit. Günther entwickelte 1986 ein Silbenkonzept für Schulanfänger, welches die schwer erlernbare Lautanalyse und –synthese umgehen sollte. Meyer-Schepers (1991) fordert bei der Arbeit mit LRS-Kindern ein Gefühl für die Silbigkeit, vermittelt aber auch die Nichtübereinstimmung von Silbe- und Morphemgrenze. Schmid-Barkow (1997) warnt davor, Silben über den Anfangsunterricht hinaus für orthographische Wissensbildung heranzuziehen. Röber-Siekmeyer entwickelt seit 1993 Konzepte für den Anfangunterricht auf der Grundlage von Maas 1992. Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 7 Silbenorientierte Aufgabenstellungen werden in Sprachbüchern häufig als Aufgabenvarianten in simplifizierten Grundwortschatzkonzepten eingesetzt oder als Seitenfüllsel mit willkürlicher Wortauswahl (Risel 2008, S. 124 f.) Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 8 Intuitive Silbenkonzepte setzen Methoden des „Mitsprechens“ (Pilotsprache) als Basisstrategie ein (Mann 1991, Tacke 1992, Hinney 1993). Dabei sollen Verbesserungen in Bereichen erzielt werden, die von der lautgetreuen Schreibung abweichen. Bsp. Die Konsonantverdopplung, die in der Silbe die Stellung von Einzelkonsonanten einnimmt: Pup-pe. Elaborierte Silbenkonzepte finden sich in den letzten Jahren gehäuft. Durch die Annahme, Einzellaute seien aus dem Artikulationsfluss nicht herauszuhören, soll ohne Phonembezug mit Silben operiert werden, die als Einheiten zu lesen und zu schreiben sind (Röber-Siekmeyer 1993, Maas 1992). Andererseits wird bei der Verschriftung auf die generelle Hörbarkeit zwischen stimmhaften und stimmlosen Phonemen vertraut, womit implizit doch eine Phonem-Graphem-Korrespondenz angenommen wird. (Riesel 2008, S. 130) Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 9 Empirische Befunde zur Silbenkonzeption: Bezüglich der Silbenanzahl verfügen Kinder über intuitive Kenntnisse, was nicht für die Silbengrenze bestätigt werden kann. (Günther 2006) Insbesondere Wörter mit doppeltem Konsonant führen bei Kindern zu widersprüchlichen Silbierweisen. (Hofmann 1999, Hanke 2002) Das langsame Silbensprechen führt teilweise zu unangemessenen Vokaldehnungen (Flaa-sche, See-ssel) und zu einigen Behauchungen (Flah-sche). Es gibt Belege für artkulatorisch induzierte orthographische Fehler vom Typ herran, herrein, Lehrerrin. (Zeuke 1980, Spiegel 1999) Vergleiche zwischen Kl. 2 und Kl.4 zeigen eine Tendenz zur orthographischen Artikulation als Ergebnis von Unterricht. Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 10 Diktate Gegen Diktate sprechen lernpsychologische, sprachlichkommunikative, didaktische, pädagogische und sprachwissenschaftlich-statistische Argumente (Vgl. Fix 1994). Diktate bestehen üblicherweise aus einer Ansammlung orthographischer Stolpersteine, sodass verzerrte orthographische Schwerpunkte entstehen. Für die Schüler entsteht eine Trennung zwischen der Konzentration auf das orthographisch richtige Schreiben in Diktaten und dem Schreiben freier Texte ohne Berücksichtigung der Rechtschreibung. Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 11 Quelle: Risel, H. (2008): Arbeitsbuch Rechtschreibdidaktik. Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren. Spitta, G. (2000): Welche Lernvorteile biete die Arbeit mit einem Grundwortschatz? In: Valtin (Hrsg.): Rechtschreiben lernen in den Klassen 16. Frankfurt a.M., Beiträge zur Reform der Grundschule. Bd. 109. S. 77-80. Schriftspracherwerb - Rechtschreibdidaktik 12
© Copyright 2024 ExpyDoc