Faktenblatt: Akupunktur Mai 2015 Verantwortlich: PD Dr. J. Hübner

Faktenblatt: Akupunktur
Mai 2015 Verantwortlich: PD Dr. J. Hübner, Prof. K. Münstedt, Prof. O. Micke, PD Dr. R. Mücke, Prof. F.J. Prott, Prof. J. Büntzel, Prof. V. Hanf, Dr. C. Stoll Akupunktur wird bei Tumorpatienten für unterschiedliche supportive Indikationen
eingesetzt.
Für die Bewertung werden im Folgenden vorwiegend systematische Reviews und
nach deren Erscheinen publizierte randomisierte kontrollierte Studien verwendet.
Methode/Substanz
Bei der Akupunktur werden Nadeln an bestimmten auf Meridianen liegenden
Punkten gestochen. Die heute bekannten Meridiane stimmen wahrscheinlich nicht
mit alten Traditionen überein, sondern sind in der Neuzeit festgelegt worden.
Wirksamkeit in Bezug auf den Verlauf der Tumorerkrankung
Keine Daten.
Wirksamkeit als supportive Therapie
Eine Arbeit aus Großbritannien befragte Teilnehmerinnen an Akupunkturstudien zu
ihrer Einstellung gegenüber der Studie. Die Patientinnen in der Kontrollgruppe
berichteten über eine deutliche Enttäuschung in Bezug auf die Randomisierung, die
Autoren diskutieren die Bedeutung dieser Reaktion für die Auswertung von
randomisierten, kontrollierten Studien (Peter 2014).
Übersichtsarbeiten
Zwei systematische Reviews aus den Jahren 2009 und 2013 fassen in einem Fall 26
Studien mit Patientinnen mit Mammakarzinom, im anderen Fall 41 randomisierte
klinische Studien bei Tumorpatienten zusammen. Beide fanden außer bei Übelkeit
und Erbrechen keinen Vorteil für die Akupunktur (Chao 2009; Garcia 2013).
1 Muskel- und Gelenkbeschwerden unter antihormoneller Therapie
In einer Studie zur Elektroakupunktur konnte kein Vorteil für die Verum- gegenüber
der Shamakupunktur gezeigt werden (Oh 2013); gleiches gilt für eine Studie mit
echter Akupunktur (Bao 2013).
Fatigue
In einem systematischen Review der in Englisch und Chinesisch publizierten Studien
zur Behandlung von Fatigue durch Akupunktur oder Akupressur konnte aufgrund der
Heterogenität der Daten keine Metaanalyse durchgeführt werden. Die Autoren
fanden eine Tendenz zu einer Verbesserung insbesondere durch Akupunktur (Ling
2014)
Ein systematisches Review beschreibt, dass vier RCTs einen Vorteil für Akupunktur
im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigen; drei RCTs keinen. Auch in den positiven
Studien ist unklar, ob es sich um Akupunktureffekte handelt oder um unspezifische
Effekte
(Posadzki
2013).
Auch
eine
2013
publizierte
randomisierte,
mit
Shamakupunktur kontrollierte Studie hatte keinen Vorteil ergeben (Deng 2013).
Danach wurde eine kleine Studie publiziert:
•
In dieser randomisierten Studie mit einer Sham-Kontrollgruppe und einer
Wartelistenkontrollgruppe verbesserten sich unter Elektroakupunktur, Fatigue,
Angst und Depression im Vergleich zur Wartelistenkontrollgruppe. Auch eine
Sham-Akupunktur verbesserte Depression (Mao 2014)
Schmerzen
Zur Therapie von Tumorschmerzen wurden drei systematische Reviews, darunter ein
Cochrane-Review publiziert, die aufgrund der schlechten Studienqualität keine
ausreichenden Daten für den Nachweis einer schmerzreduzierenden Wirkung der
Akupunktur bei Tumorpatienten fanden (Lee 2005, Paley 2011, Choi 2012).
2 Übelkeit und Erbrechen
Ein Cochrane-Review fasst die Ergebnisse von elf Studien so zusammen, dass es zu
einer Reduktion von akutem Erbrechen, nicht jedoch zu einer Verminderung von
akuter oder verzögerter Übelkeit im Vergleich kommt. Akupressur vermindert akute
Übelkeit, nicht akutes Erbrechen oder verzögertes Erbrechen. Elektrostimulation
zeigt keine Effekte (Ezzo 2006).
Danach wurden eine Reihe weiterer kontrollierter Studien publiziert:
•
Kein Einfluss auf akute Übelkeit und akutes Erbrechen, bei verzögerter
Übelkeit und Erbrechen Reduktion (Dibble 2007)
•
Verminderung von Übelkeit durch Injektion von Vitamin B6 am Punkt PC6,
nicht jedoch durch Akupunktur oder Vitamin B6-Injektion allein (You 2009)
•
Kein Effekt auf die Übelkeit bei abdomineller Bestrahlung (Enblom 2012).
•
Kein Unterschied zwischen Verum- und Shamakupunktur bei Kindern (Yeh
2012)
•
kein Effekt einer Elektroakupunktur auf Übelkeit und Erbrechen bei
transarterieller Chemoperfusion bei Leberzellkarzinom (Shen 2014)
Xerostomie
In einem systematischen Review wurden drei Arbeiten zusammengefasst, davon
zwei mit einem moderaten Risiko für einen Bias, eine mit einem hohen Risiko. Alle
drei Artikel berichteten über eine signifikante Reduktion der Xerostomie (O’Sullivan
2010).
Danach wurde eine kleine Studie publiziert:
•
In dieser randomisierten Studie berichtete die Verumgruppe weniger über
trockenen
Mund,
bei
den
Speichelflussmessungen
ergab
sich
kein
Unterschied (Simcock 2013).
Hormonentzugserscheinungen
3 Weder ein systematisches Review aus dem Jahr 2008 noch die Cochrane-Analyse
konnten einen signifikanten Benefit für die Akupunktur finden (Lee 2009, Rada 2010).
Danach wurden eine Reihe weiterer Studien publiziert (aufgeführt nur die Studien mit
Kontrollgruppe):
•
Kein Vorteil der Verum- gegenüber einer Scheinakupunktur; lediglich in einer
Subanalyse bezüglich nächtlicher Hitzewallungen signifikanter Unterschied zu
Gunsten der Akupunkturgruppe (Liljegren 2010)
•
Beim Vergleich von Akupunktur oder Venlafaxin kein Unterschied, nach
Beendigung
der
Therapie
in
der
Venlafaxin-Gruppe
Zunahme
der
Hitzewallungen, in der Akupunkturgruppe bleibend niedrige Beschwerden;
keine Nebenwirkungen unter Akupunktur, aber unter Venlafaxin (Walker 2010)
Luftnot
In einer randomisierten placebokontrollierten Pilotstudie wurde kein Effekt gesehen
(Vickers 2005).
Interaktionen
Keine bekannt.
Unerwünschte Wirkungen
Keine bekannt.
Kontraindikationen
Keine bekannt.
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7 Die Faktenblätter sind nach Kriterien der Evidenzbasierten Medizin erstellt. Angaben
beziehen sich auf klinische Daten, in ausgewählten Fällen werden präklinische Daten
zur Evaluation von Risiken verwendet. Um die Informationen kurz zu präsentieren,
wurde auf eine abgestufte Evidenz zurückgegriffen. Im Falle, dass systematische
Reviews vorliegen, sind deren Ergebnisse dargestellt, ggf. ergänzt um Ergebnisse
aktueller klinischer Studien. Bei den klinischen Studien wurden bis auf wenige
Ausnahmen nur kontrollierte Studien berücksichtigt. Die Recherche erfolgte
systematisch in Medline ohne Begrenzung des Publikationsjahres mit einer
Einschränkung auf Publikationen in Deutsch und Englisch.
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