4 Erzwungene Schwingungen konservativer Schwingungssysteme

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Erzwungene Schwingungen konservativer
Schwingungssysteme
Die allgemeine Lösung einer inhomogenen linearen Schwingungsgleichung findet man
durch Überlagerung der homogenen Lösung (freie Schwingungen) mit einer erregungsspezifischen Partikulärlösung. Aufgrund einer in der Realität immer vorhandenen Dämpfung klingt die homogene Lösung im Laufe der Zeit ab, weshalb das Langzeitverhalten des
Schwingungssystems allein durch die Partikulärlösung bestimmt wird und dieser deshalb
entscheidende Bedeutung zukommt.
Die Bestimmung der Partikulärlösung kann durch modale Entkopplung wesentlich vereinfacht werden. Dazu baut man aus den massenorthogonalen Eigenvektoren spaltenweise
die sogenannte Modalmatrix auf, die eine Koordinatentransformation zwischen den modalen Koordinaten und den physikalischen Koordinaten vermittelt. Zunächst angewandt auf
die homogene Bewegungsgleichung entkoppeln sich die Differentialgleichungen, jede einzelne modale Gleichung entspricht dann einem Schwinger mit einem Freiheitsgrad mit bekannter harmonischer Lösung. Durch Rücktransformation auf physikalische Koordinaten
werden diese Lösungen superponiert und man erhält das bereits bekannte Ergebnis.
Auch für inhomogene Bewegungsgleichungen entstehen durch die Modaltransformation
entkoppelte Differentialgleichungen, wobei sich die modale Erregung durch Projektion des
Erregervektors auf die Eigenvektoren ergibt. Deren allgemeine Lösung setzt sich aus einer
harmonischen homogenen Lösung und einer der Erregung entsprechenden inhomogenen
Lösung zusammen. Die Gesamtlösung findet man dann wieder durch Superposition der
modalen Lösungen, die jeweils mit den entsprechenden Eigenvektoren gewichtet werden
und somit als Überlagerung der Eigenschwingungsformen interpretiert werden können.
Bei harmonischer Erregung mit vorgegebener Erregerfrequenz wird dies besonders deutlich. Die Partikulärlösung folgt der äußeren Erregung synchron mit der Anregungsfrequenz,
jedoch in den einzelnen Eigenschwingungsformen mit unterschiedlicher, frequenzabhängig gewichteter Amplitude. Fällt die Erregerfrequenz mit einer Eigenfrequenz des Systems
zusammen, wachsen die Amplituden der zugehörigen Schwingungseigenform über alle
Grenzen (strenge Resonanz), wodurch die Eigenschwingungsformen des Systems deutlich
sichtbar werden. Alternativ kann die Partikulärlösung auch direkt mit Hilfe der Frequenzgangmatrix gefunden werden.
Bei Systemen mit mehreren Freiheitsgraden besteht die Möglichkeit, dass bei harmonischer Erregung trotz äußerer Krafteinwirkung einzelne Bewegungsgrößen nicht mitschwingen, weil die Krafteinwirkung durch gegenphasiges Schwingen von Teilsystemen kompensiert wird. Dieses Phänomen bezeichnet man als Tilgung und nutzt es in der Technik zur
Schwingungsreduktion.
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4.1 Modaltransformation der homogenen Bewegungsgleichung
Voraussetzung
massenorthogonale Eigenvektoren:
~T
y i My~j +
T
å ~
y i Ky~j +
0 für i 0 j
1 für i + j
0 für i 0 j
w2i für i + j
Modalmatrix
Die normierten Eigenvektoren können zu einer Modalmatrix Y :+ ƪ~
y 1y~2AAAy~fƫ zusammengefasst werden.
Für massenorthogonale Eigenvektoren gilt dann
Y TMY + E,
Y TKY + diag{w 2k} +: W 2 .
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Modaltransformation des Anfangswertproblems
homogenes Anfangswertproblem
..
My ) Ky + 0
y(0) + y 0,
.
entkoppelte Gleichungen
modale
Entkopplung
y + Yy^
.
y(0) + y 0
f
ȍ akyk cosǒwkt * ökǓ
~
k+1
y ) W 2y^ + 0
^
y(0) + Y TMy 0,
.
^
.
y(0) + Y TMy 0
Superposition der
modalen Lösungen
y(t) +
..
^
Rücktransformation
^
y + Yy
Lösung der entkoppelten
modalen Gleichungen
..
^
y k ) w 2ky^k + 0
³ ^
y k(t) + a k cosǒw kt * ö kǓ
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4.2 Modaltransformation der inhomogenen Bewegungsgleichung
Anfangswertproblem eines konservativen Schwingungssystems mit Fremderregung
Lineare
Bewegungsgleichung:
Anfangsbedingungen:
..
My ) Ky + h(t)
Lage:
y(0) + y 0
.
.
Geschwindigkeit: y(0) + y 0
Modaltransformation y(t) + Yy^(t),
Y TMY + E
Modale Entkopplung
in Modalkoordinaten:
..
^
^
y ) W 2y^ + h(t),
^
mit h + Y Th,
^
y(0) + ^
y 0,
.
^
.
y(0) + ^
y0
^
y 0 + Y TMy0,
.
^
.
y 0 + Y TMy0
Allgemeine Lösung für die k-te modale Koordinate
Schwingungsgleichung:
homogene Lösung:
inhomogene Lösung:
³ allg. Lösung
durch Superposition:
..
^
^
y k ) w 2ky^k + h k(t),
..
^
y hk ) w 2ky^hk + 0
..
^
^
y pk ) w 2ky^pk + h k(t)
^
y k(t) + ^
y hk(t) ) ^
y pk(t)
^
y k(0) + ^
y 0k,
.
^
.
y k(0) + ^
y 0k
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Superposition der modalen Lösungen
Rücktransformation:
y(t) + Yy^(t)+ Yǒ^
y h(t) ) ^
y p(t) Ǔ
+ Yy^h(t)) Yy^p(t)
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4.3 Harmonische Erregung
Linearer, konservativer Schwinger mit harmonischer Erregung
..
My ) Ky + h 0 cos Wt
Bestimmung der Partikulärlösung mit Hilfe der Modaltransformation
Bewegungsgleichung:
..
My ) Ky + h 0 cos Wt
Modaltransformation
modale
Schwingungsgleichung:
..
^
^
y k ) w 2ky^k + h 0k cos Wt
Superposition der modalen
Partikulärlösungen:
y p(t) + Yy^p(t)
ȡ f ~ h^0k ȣ
+ȧȍ y k 2
ȧ cos Wt
Ȣk+1 wk * W2Ȥ
ȡ f ~yky~kT ȣ
+ȧȍ 2
ȧh 0 cos Wt
Ȣk+1 wk * W2Ȥ
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Direkte Bestimmung der Partikulärlösung
..
Bewegungsgleichung:
My ) Ky + h 0 cos Wt
Ansatz:
y p(t) + r 0 cos Wt
å r 0 + ǒ* MW 2 ) KǓ
Lösung:
y p(t) + ǒ* MW 2 ) KǓ
*1
*1
h0
für
h 0 cos Wt
W 0 wk
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Beispiel: Amplitudengang einer Laufkatze mit pendelnder Last
u + u 0 cos Wt
s
m1
ȱm1 ) m2
ȧ m 2l
Ȳ
c
ƪƫ ƪ
m 2l ȳ s..
c 0
..
2ȧ ö ) 0 m gl
m 2l ȴ
2
ƫƪ ƫ ƪ ƫ
s
cu0
+
ö
0 cos Wt
l
ö
m 1 + 0.1kg, m 2 + 0.288kg, c + 14.4Nńm,
l + 0.3924m, u 0 + 0.01m
m2
0.1
r 0i
0.08
0.06
0.04
0.02
s(W)
0
−0.02
ö(W)
−0.04
−0.06
−0.08
−0.1
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
W
Resonanz in erster
Eigenform
gleichphasig
Tilgung : s 5 0trotzAnregung
Pendel im Gegentakt
gleicht Anregung aus
Resonanz in zweiter
Eigenform
gegenphasig