Dieser Mann ist der beste italienische Küchenchef der Welt Er ist der beste italienische Küchenchef der Welt: Mario Gamba. Ein Italiener aus Bergamo, der seit über 20 Jahren ein Restaurant in München führt. Dabei ist er gar kein richtiger Koch. Ein Interview von Denise Wachter Der "Falanghina del Sannio Chef Award" zeichnet jedes Jahr den weltweit besten italienischen Küchenchef aus. Dieser Preis wird nicht nur vom italienischen Landwirtschaftsministerium gefördert, sondern soll auch die besten Vertreter der wahren italienischen Küche würdigen. Dieses Jahr geht der Preis nach München. An Mario Gamba und sein Restaurant Acquarello. Ausgerechnet an einen Küchenchef, der gar kein richtiger Koch ist und der in einem Land lebt, das für seine Kulinarik nicht unbedingt berühmt ist. Dafür an einen Küchenchef, der mit unglaublicher Leidenschaft ans Werk geht, dessen Restaurant seit 2000 einen Michelin-Stern trägt - und in einem Land lebt, das in den letzten Jahren immense Fortschritte in Sachen Kulinarik gemacht hat. Der stern hat mit Mario Gamba darüber gesprochen, was ihm diese Auszeichnung bedeutet. Herr Gamba, wie fühlen Sie sich? Der "Falanghina del Sannio Chef Award" ist ein wichtiger Preis. Die italienische Küche ist geprägt von guten Produkten, von Qualitätsprodukten. Wir hier im Acquarello bestellen beispielsweise nicht einfach nur ein Kalb, sondern ein Kalb aus einer bestimmten Region, das artgerecht aufgewachsen ist. Es geht um Respekt. Respekt für die Umwelt, für die Tiere, für die Gäste und für sich selber. Es ist eine Auszeichnung für die guten Produkte der italienischen Regionen. Verwenden Sie diese, so haben Sie schon 70 Prozent des Kochens getätigt. Der Rest ist Technik, Wissen und Zeit. Denn eine gute Küche ist mit Zeit verbunden. Der Preis ist eine Auszeichnung für unsere Qualitätsküche, ein Dankeschön für unsere Gäste, die seit 20 Jahren in unser Restaurant kommen - und auch eine Ehrung für meine Mitarbeiter, die das Acquarello zum besten italienischen Restaurant außerhalb Italiens gemacht haben. Wir kamen Sie zum Kochen? Durch meine Familie. Die ist nämlich schon seit drei Generationen in der Gastronomie. Vielleicht habe ich deshalb, als eine Art Trotzreaktion, zuerst einen anderen Weg eingeschlagen. Ich habe als Übersetzer für Französisch und Spanisch gearbeitet. Nach einem Jahr jedoch habe ich alles hingeschmissen - und habe als Autodidakt kochen gelernt. Gewissermaßen habe ich meine Ausbildung selber zusammengestellt. Wer war in dieser Zeit Ihr Mentor? Wer hat Sie am meisten beeinflusst? Am meisten beeindruckt hat mich Heinz Winkler. Mit ihm habe ich mehr als 12 Jahre gemeinsam gekocht. Aber auch Gualtiero Marchesi, bei ihm habe ich in Mailand und in Südfrankreich gearbeitet. Seit 1994 bin ich mit dem Acquarello in München selbständig. Was war das für ein Gefühl, Ihr eigenes Restaurant zu eröffnen? Dieser Schritt, mich selbständig zu machen, hat in mir bis jetzt einfach nur Freude ausgelöst. Das Acquarello ist für mich mehr als nur ein Restaurant. Es ist ein Ort, an dem wir eine Esskultur mit Freude und Verantwortung anbieten. Es fühlt sich an, als würde man zu Hause Gäste empfangen. Und darin liegt meiner Meinung nach unser Erfolg: Wenn die Gäste sehen, wie wir mit Freude und Liebe zum Produkt kochen. Ich war einer der ersten in Deutschland, der Vitello Tonnato auf der Karte hatte. Und der besondere Produkte wie rote Gambas aus Sizilien, Radicchio aus Gorizia oder Pistazien aus Sizilien in seinem Restaurant anbot. Ich bin auch eine Art Foodscout, der sich auf die Suche nach guten, besonderen Produkten macht. Und diese gebe ich mit Freude weiter an meine Gäste. Als Sie damals Ihren Dolmetscher Job an den Nagel hängten, haben Sie erwartet, dass Sie jemals so erfolgreich werden? Ich habe nicht an Erfolg gedacht. Aber in meinem alten Job hatte ich einfach keine Freude, ich hatte eine Art Zukunftsklaustrophobie. Ich bin dann in mich gegangen und habe überlegt, wobei ich Freude empfinde. Und dann habe ich meine Mutter beim Kochen beobachtet - sie hat immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht in ihren Töpfen gerührt. Kochen war für sie nie Stress. Genauso meine Oma und meine Tanten. Durch das Essen hatten diese Frauen eine starke Empathie und wir haben tolle, intensive Gespräche geführt. Das hat mich inspiriert. Und von da an habe ich darum gekämpft, genauso eine Freude zu empfinden. Für mich bedeutet Erfolg heute, wenn meine Gäste glücklich sind und ich müde, aber glücklich nach Hause gehe. Wie würden Sie Ihre Küche beschreiben? Die Küche spiegelt meine Kultur. Ich bin Italiener mit französischen, deutschen und spanischen Wurzeln. Es ist eine italienische Regionalküche mit Einflüssen aus der französischen Küche. Die Deutschen lieben es billig und legen weniger Wert auf gutes Essen als Italiener oder Franzosen. Wie beurteilen Sie die deutsche Esskultur? Ich möchte Ihnen eine Gegenfrage stellen: Warum ist das beste italienische Restaurant nicht in London, New York oder Paris - warum in München? Die Antwort darauf ist auch eine Antwort auf die Frage, wie gut die deutsche Küche mittlerweile ist. Die deutsche Küche ist unglaublich und in den letzten zehn Jahren hat auch Deutschland die Regionalität wieder entdeckt. Auch dank Vorreiter wie Eckart Witzigmann und Heinz Beck. Was bedeutet Essen für Sie? Essen ist Leben. Essen ist Kultur. Essen ist positive Energie – und Qualität.
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