Prof. Dr. Becker: Was man zur Qualitätsbewertung und öffentlichen

Was man zur Qualitätsbewertung und öffentlichen
Berichterstattung wissen sollte
Hebammensymposium
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Köln, 20.11.2015
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Qualität: Schwerpunkte des Gesetzes
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Die Qualität der Krankenhausversorgung […] wird noch strenger kontrolliert […].
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Qualität wird als Kriterium bei der Krankenhausplanung eingeführt.
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Die Verbindlichkeit der Qualitätssicherungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
wird gestärkt.
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Die Mindestmengenregelung wird nach den Vorgaben der höchstrichterlichen
Rechtsprechung rechtssicher ausgestaltet.
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Bei der Krankenhausvergütung wird auch an Qualitätsaspekte angeknüpft. So werden
Qualitätszu- und -abschläge für Leistungen eingeführt.
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Zudem wird erprobt, ob durch einzelvertragliche Regelungen eine weitere Verbesserung der
Qualität der Krankenhausversorgung möglich ist.
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Für neue Anforderungen zur Struktur-und Prozessqualität der Krankenhäuser, die aus
Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erwachsen, können zukünftig zeitnah
krankenhausindividuell Zuschläge vereinbart werden.
http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/khsg-bt-23-lesung.html (letzte Einsicht 18.11.2015)
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Krankenhausplan NRW 2015
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Krankenhausplan NRW 2015: Leitlinien und Richtlinien
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Verlegung Neugeborener aus Geburtskliniken und Kinderkliniken.
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Mindestanforderungen an prozessuale, strukturelle und organisatorische Voraussetzungen für
geburtshilfliche Abteilungen der Grund- und Regelversorgung.
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Mindestanforderung an prozessuale, strukturelle und organisatorische Voraussetzungen für
geburtshilfliche Abteilungen.
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Einsatz eines gynäkologisch - geburtshilflich tätigen Arztes im Ruf-/Bereitschaftsdienst eines
Krankenhauses.
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Vaginal - operative Entbindungen.
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Indikationen zur Einweisung von Schwangeren in Krankenhäuser der adäquaten
Versorgungsstufe.
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Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und
Neugeborenen (G-BA).
Seite 99 ff.
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Feststellungsbescheid 2015 (aus 09.2014)
„Da für Ihr Krankenhaus noch kein regionales Planungsverfahren unter
den neuen Rahmenbedingungen durchgeführt wurde, unterliegt die
Prüfung der Qualitätsvorgaben den anstehenden Planungsvorgaben.“
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Institut für Qualitätssicherung und
Transparenz im Gesundheitswesen
Es soll insbesondere beauftragt werden, für die Messung und Darstellung der
Versorgungsqualität möglichst sektorenübergreifend abgestimmte risikoadjustierte
Indikatoren und Instrumente einschließlich Module für ergänzende Patientenbefragungen zu
entwickeln,
die Ergebnisse der Qualitätssicherungsmaßnahmen in geeigneter Weise und in einer für die
Allgemeinheit verständlichen Form zu veröffentlichen.
Das Institut hat zu gewährleisten, dass die Aufgaben nach Absatz 3 auf Basis
der maßgeblichen, international anerkannten Standards der Wissenschaften erfüllt
werden.
§ 137a Absatz 3 Satz 2 Punkte 1 und 4, Absatz 5 Satz 1
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477,
2482), das durch Artikel 2 Absatz 21 des Gesetzes vom 1. April 2015 (BGBl. I S. 434) geändert worden ist
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Objektivität
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Durchführungsobjektivität
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Auswertungsobjektivität
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Interpretationsobjektivität
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Präsentationsobjektivität
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Innerhalb einer Organisation oder eines Verbundes können Sie machen, was Sie wollen.
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Sobald eine Institution öffentlich über Dritte informiert, ist die Objektivität eine zwingend
einzufordernde und einzuhaltende Qualitätsforderung.
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Warum Risikoadjustierung?
Adjustieren: „Anpassen, zurichten, eichen, berichtigen“.
Wären alle Patienten und damit zum Beispiel auch ihr Alter, unterschiedliche Krankheitsschweregrade,
Begleiterkrankungen und Präferenzen für bestimmte Behandlungsmethoden zufällig und somit
gleichmäßig über alle Krankenhäuser verteilt, wäre eine Berücksichtigung des sogenannten Casemix
nicht erforderlich.
Eine solche Situation liegt in klinischen Studien vor, jedoch nicht in der realen klinischen Welt.
Unter der zulässigen Annahme, dass ein Krankenhaus die Ergebnisqualität durch geeignete Strukturen
und Prozesse beeinflussen kann, ergibt sich für einen fairen Vergleich folglich die Notwendigkeit, die
nicht beeinflussbaren unterschiedlichen Risiken behandelter Patienten bei der Messung und
Darstellung der Versorgungsqualität zu berücksichtigen.
Die Anwendung von mathematischen Verfahren zur Risikoadjustierung ist also für eine öffentliche
Berichterstattung von elementarer Bedeutung.
Becker A. Grenzen der Qualität – Qualität von Qualitätsvergleichen. das Krankenhaus, Oktober 2014.
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Wie gut soll die Qualitätsmessung und somit ein
Qualitätsvergleich sein?
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Öffentliche Berichterstattung: Qualitätsversprechen für Objektivität der Ergebnisse?
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Ist eine primäre Sectiorate von 20,6 vs. 18,0 Prozent ein „echter“ Unterschied oder ohne Bedeutung,
weil nur ein zufälliger Unterschied?
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Statistische Bedeutung vs. Bedeutung für den Patienten.
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Qualität
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Erfüllung von Anforderungen.
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Breites Spektrum: von höchster wissenschaftlicher Evidenz bis zu hochsubjektiven Aspekten.
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Alle Anforderungen können niemals gemessen werden.
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Zielgrößen
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Praktikabilität.
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Effektivität.
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Justiziabilität.
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Justiziabilität
„Wir werden Qualität nie umfassend messen können, und das wollen wir auch gar nicht […]
Wir wollen aber legitime Anforderungen an die Versorgung vor Ort stellen […]
Ab einem gewissen Gefährdungsniveau werden wir die Arbeit in einer Abteilung nicht mehr
akzeptieren können […]
Der Gemeinsame Bundesausschuss könnte zum Beispiel festlegen:
Wir tolerieren, wenn fünf Prozent aller Patienten gefährdet sind.
Wenn das Gefährdungspotenzial aber auf zehn Prozent ansteige, liege es zu hoch.
Wenn dann ein Krankenhaus klagen wolle, könne man auf den zuvor festgesetzten Wert
verweisen.“
Osterloh F (2015). Qualitätsmessung im stationären Bereich. Deutsches Ärzteblatt. 2015; 112 (20): A901
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Justiziabilität
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Die Übersetzung von „Qualität“ in „legitime Anforderung“ in „Gefährdungspotenzial“ ist ein
eleganter Ansatz.
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Auflösung des möglichen Konfliktes zwischen dem Recht auf Leben und körperlicher
Unversehrtheit vs. der Berufsausübung?
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Ziele
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Informieren.
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Verbessern.
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Regulieren.
Planung
Qualität
Qualitätsmessung
Vergütung
Angebot
Transparenz
Nachfrage
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So könnte es Probleme geben
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Wenn die „Krankenhaussterblichkeit“ bei einer bestimmten Erkrankung unter Nennung der
Krankenhausnamens veröffentlicht wird, geht es um den Einfluss des Krankenhauses.
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Erfolgt die Veröffentlichung der „Sterblichkeit nach 1 Jahr“ unter dem Label der
Krankenhäuser, so geht es aber doch nicht nur um die Qualität des Krankenhauses?!
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Alle lebend entlassenen Patienten werden evt. von vielen anderen Leistungserbringern
behandelt und auch der Patient kann den Verlauf beeinflussen (Compliance etc.).
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Ist auch das die Zukunft?
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BGB § 630e Aufklärungspflichten
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Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung
wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere […] Risiken […]. (Abs. 1)
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„Wir fallen gemäß der öffentlichen Berichterstattung des IQTIG bei diesem Eingriff in die
Gefährdungsklasse A“.
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…oder C?
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Welche Auswirkungen könnte das auf die Versicherungsprämien oder sogar die grundsätzliche
Versicherbarkeit haben?
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Vielen Dank!
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