ISSN 1864-1121 74528 5. Jahrgang Wund Management Sonderdruck G. Hämmerle, H. Duelli, M. Abel, R. Strohal Der Wund-Debrider: Eine neue Technik mit Monofilamentfasern The wound debrider: A new monofilament fibre technology (Wundmanagement 2011; 4: 190–196) S. Bahr, N. Mustafi, P. Hättig, A. Piatkowski, G. Mosti, K. Reimann, M. Abel, V. Dini, J. Restelli, Z. Babadagi-Hardt, F. Abbritti, T. Eberlein, T. Wild, K. Bandl, M. Schmitz Klinische Leistung eines neuen Produkts zum Wunddebridement mit Monofilament-Fasern Clinical efficacy of a new monofilament fibre-containing wound debridement product (Wundmanagement 2011; 5: 260–266) Offizielles Mitteilungsorgan Initiative Chronische Wunden e. V. (ICW e. V.) Österreichische Gesellschaft für Wundbehandlung (AWA) Schweizer Gesellschaft für Wundbehandlung (SAfW) Wundnetz Kiel e. V. Wundverbund Nord e. V. Wundverbund Südwest e. V. Wundzentrum Hamburg e. V. 2011 Originalarbeit Der Wund-Debrider: Eine neue Technik mit Monofilamentfasern* The wound debrider: A new monofilament fibre technology G. Hämmerle, H. Duelli, M. Abel, R. Strohal Zusammenfassung Das Débridement ist der unverzichtbare erste Schritt, um den Aufbau von neuem Gewebe im Rahmen der Behandlung chronischer Wunden einzuleiten. In dieser ersten Machbarkeitsstudie wurde eine neue Methode zum mechanischen Débridement eingesetzt. Der Debrider basiert auf einer Technologie mit speziellen Monofilamentfasern, die in einem textilen Faserverbund eingebettet sind. In dieser Studie wurden die Effizienz, Sicherheit und lokale Verträglichkeit an chronischen Wunden untersucht. In den Wunden aller 11 Patienten fand sich Debris (z. B. Biofilm-artige Beläge, stark visköse Beläge („slough“), nekrotische Krusten, hyperkeratotische Beläge). Der Debrider wurde mit physiologischer Kochsalzlösung angefeuchtet und ohne Kraftaufwand mit nur leichtem Anpressdruck angewendet. Die Wunden waren durchschnittlich innerhalb von 2–4 Minuten débridiert. Durch das sanfte Débridement mit dem Debrider kam das gesunde Granulationsgewebe zum Vor- schein, wobei selbst kleine Epithelinseln erhalten blieben. Es traten keine Schmerzen oder andere Nebenwirkungen auf. In elektronenmikroskopischen Aufnahmen zeigte sich, dass der Debrider die gelösten Beläge und Keratosen, sowie das abgestorbene Gewebe aus der Wunde größtenteils in den Faserverbund aufgenommen hatte. Zusätzlich beurteilte ein Chirurg Fotografien vor und nach dem Débridement mit dem Debrider (verblindetes Verfahren). Alle Resultate zur neuen Débridement-Methode wurden als „sehr gut“ (beste Kategorie) bewertet. Auf Grund der vorliegenden Daten lässt sich für dieses Basiskonzept daher als Ergebniss zusammenfassen, dass die neue Débridement-Methode einfach, schnell, sehr effizient, gut verträglich und kostengünstig ist. Schlüsselwörter Chronische Wunde, Débridement, Monofilamentfasern, Débridement Methode/Technologie, Elektronenmikroskopische Analyse Summary DGKP, ZWM Gerald Hämmerle Wundambulanz, Landeskrankenhaus Bregenz, Bregenz, Österreich Prof. (FH) Dipl.-Ing. Dr. Heinz Duelli Forschungszentrum Mikrotechnik, Fachhochschule Vorarlberg, Dornbirn, Österreich Dr. Martin Abel Leiter Medical & Regulatory Affairs, Lohmann & Rauscher GmbH & Co KG, Rengsdorf, Deutschland Korresp. Autor: Primarius Univ. Doz. Dr. Robert Strohal Vorstand der Abteilung Dermatologie Landeskrankenhaus Feldkirch Akademisches Lehrkrankenhaus Carinagasse 47, A-6800 Feldkirch E-Mail: [email protected] 190 · Wund Management 04/2011 Debridement is a basic necessity to induce the functional process of tissue repair, especially in chronic wounds. In this pilot study the authors used a new debrider technology with specific monofilament fibres in a unique texture to evaluate its efficacy, safety and tolerability. In eleven patients, exhibiting all types of woundassociated debris (biofilms, slough, necrotic crusts and hyperkeratotic plaques), the debrider, wetted with physiological solution, was wiped without specific force over the wound for about 2–4 minutes. This led to removal of almost all debris leaving healthy gra- nulation tissue intact, including small epithelialized islands of vital tissue. The procedure was without pain and adverse events. Scanning electron microscopic analyses identified the majority of the removed debris tightly packed within the monofilament texture. A surgeon who blindly assessed pictures taken before and after the debridement categorized all except one wound without the need for surgical debridement and ranked all the debridement results with the new debrider as ‘very good’ (best category). This formulates the basic concept that the new debrider-based technology is easy, fast, highly efficient, well tolerated and cost effective. Keywords Chronic wound, Debridement, Monofilament fibres, Debridement technology, Electron microscopic analyses | Einleitung Das Problem nicht-heilender chronischer Wunden wird am besten mit der Aussage beschrieben, dass bei ihnen die normale Wundheilungskaskade unterbrochen wurde. Um den Vorgang der normalen Wundheilung zu starten, muss der erste Schritt aus einem ausreichenden Débridement (Wundbett-Vorbereitung) bestehen, um die Stagnation der chronischen Wunde zu überwinden (European Wound Management Association [5, 7, 10]. Während der Vorgang der Säuberung die Entfernung * Dieser Artikel ist ein Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des British Journal of Nursing und ist im Original in British Journal of Nursing, 2011 (Tissue Viability Supplement), Vol 20, No 6, 35–42, erschienen. Verantwortlich für die Übersetzung ins Deutsche: Dr. M. Abel. Originalarbeit der metabolischen Abfallprodukte von der Oberfläche der Wunde erleichtert, zielt das Débridement auf die Entfernung von abgestorbenem (nekrotischem) oder kontaminiertem Gewebe von der Wunde und deren Umgebung, bis gesundes Gewebe sichtbar wird. Die Freilegung von neu entwickeltem gesundem Gewebe ermöglicht die Granulation und die Epithelbildung durch die freigelegten gesunden Wundgrund. Es stehen verschiedene Débridement-Verfahren zur Verfügung: • Mechanisches Debridement durch manuelles Abtragen mit einer gewebten Gaze (z. B. Ulcer Cleansing System™, Welcare Industries SpA, Orvieto, Italien) • Die Methode des „Wet-to-Dry Dressing“ • A bsorptives Débridement mit Dextranomer-Granulat oder Aktivkohle • Chemische Reinigung durch Enzyme oder milde azidische Präparate. • U ltraschall- oder auf Wasser basierende technische Geräte • Biodébridement mit Larven • Chirurgisches Débridement [2, 5, 12]. Ein kritischer Blick auf diese Optionen enthüllt sowohl ihre Potenziale als auch ihre Einschränkungen. Standardmäßig wird eine mechanische Reinigung bei jedem Verbandswechsel durchgeführt. Dazu wird zuerst die Gaze mit einer physiologischen Kochsalzlösung oder einem Antiseptikum befeuchtet und auf die Wunde gelegt. Nach 5 bis 10 Minuten reibt der Pfleger mit dem Tupfer oder der Gaze über die Wunde, um lose Fremdkörper und Schmutz zu entfernen. Dieser Vorgang ist oft schmerzhaft, der Reinigungs effekt ist begrenzt und wird als Débridement nicht empfohlen. Dies trifft auch auf feuchtigkeitshaltige Reinigungstücher zu (Easyderm®, Welcare Industries SpA, Orvieto, Italien), die zusätzliche Wirkstoffe enthalten, die Allergien und Sensibilisierungen hervorrufen können. Darüber hinaus handelt es sich hier um neue Methoden, sodass bis jetzt nur begrenzt Daten bezüglich Wirkung und Effektivität vorliegen. Bereits 1989 berichteten Kammerlander et al. [7] über eine neue Wetto-Dry-Verbandswechselmethode als Débridement. Aktuelle Modifikationen finden sich bei Wiech 2007 [17]. Neben der Tatsache, dass diese Methode oft schmerzhaft ist, wird dabei auch gesundes Gewebe zerstört. Jones und Fennie [6] zeigten, dass die Wetto-Dry-Verbandswechseltechnik lediglich bei 8,3 % der Patienten mit Druckgeschwüren innerhalb von 6 Monaten zur Heilung führte. Es herrscht nun Einigkeit darüber, dass es sich bei der Wet-to-Dry-Verbandswechselmethode um eine mehr oder weniger obsolete Methode des Débridements handelt [9, 11, 15, 16]. Absorptives und chemisches Débridement erfordern spezielle Materialien oder Lösungen. Mosher et al. [8] berichteten über die klinische Wirksamkeit von vier Débridement-Alternativen (Kollagenase, Fibrinolysin, Autolyse und Wet-to-Dry-Verbände). Es handelte sich dabei nicht um eine klinische Studie, sondern basierte auf einem nicht-experimentellen mathematischen Algorithmus, mit dem die Wahrscheinlichkeit, nach zwei Wochen ein sauberes Wundbett zu erreichen, abgeschätzt wurde. Kollagenase war die beste Alternative mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 %, dass ein Débridement erreicht wird. Jedoch werden für die Anwendung mindestens 2 Wochen benötigt und es ist Krankenpflegepersonal mit Spezialwissen erforderlich. Mehr technisch-apparative Medizinprodukte, wie ultraschall- oder hochdruckwasser-basierte Geräte und besonders auch die konventionelle Chirurgie bieten die Möglichkeit, Débridement mit einem adäquaten bis hohen Standard durchzuführen. Ihre Anwendung ist begrenzt, da besondere Anforderungen (wie erforderliche Infrastruktur, Ärzte und Pflegepersonal mit Spezialkompetenzen) zu erfüllen sind sowie hierdurch hohe Kosten entstehen. Außerdem werden durch die bei diesen Methoden einwirkenden Kräfte oft auch kleine Inseln mit gesundem Gewebe entfernt und damit der Heilungsprozess gestört. Ein genauer Blick auf das standardmäßige manuelle Reinigen und Débridement mit einer Gaze zwischen den Verbandswechseln zeigt, dass dieser Vorgang, obwohl er offensichtlich einige Vorteile bei den Kosten und der Behandlung aufweist, hauptsächlich unter einem nicht adäquaten Maß an Effizienz und oft Verträglichkeit (beson- ders was die Schmerzen angeht) leidet. Betrachtet man dies, so gibt es einen klaren Bedarf, die vorhandenen Technologien in Richtung eines schnelleren, einfacheren und ganz besonders wirksameren Prozesses weiterzuentwickeln. Unter Berücksichtigung dieser Gedanken wurde ein manueller Debrider entwickelt, bestehend aus einer Technik mit neuartigen Monofilament-fasern und einer hochspezifischen GewebeTextur, mit der Beläge aktiv gelockert und weiter gebunden werden, indem lediglich sanft über die Wundoberfläche gestrichen wird. Nach einer Reihe technischer Tests zu den Produkteigenschaften wurde diese prospektive Pilotstudie (mit verblindeter Zusatzbewertung) entworfen, um erstmals das neue Behandlungskonzepts zu überprüfen (proof of concept). In der Pilot-Studie wurden die praktische Anwendbarkeit und Handhabung, klinische Wirksamkeit (Débridementwirkung), Unbedenklichkeit und Verträglichkeit untersucht. Um die neue Technologie und deren Wirkungsweise besser zu verstehen, wurde der benutzte Debrider (nach dem Débridement-Vorgang) zusätzlich mit Hilfe von rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen untersucht und mit dem nicht angewendeten Produkt verglichen. | Materialien und Verfahren Der Debrider mit Monofilamentfasern Auf Basis der oben beschriebenen klinischen Anforderungen wurde eine neue Technologie mit künstlichen Monofilamentfasern entwickelt (mit spezieller Webtechnik). In Materialtests wurde dann die mechanische Widerstandskraft des Debriders geprüft (z. B. keine Absonderung von Fasern bei Kontakt mit der Oberfläche). Die Fasern selbst sind chemisch inert, erzeugen kaum Flusen, absorbieren bei der Anwendung keine Flüssigkeit und bleiben dabei stabil. Dieser neue, speziell gewobene Debrider (Debrisoft®, Lohmann und Rauscher, Rengsdorf, Deutschland) wurde in der vorliegenden Pilotstudie für das Débridement von allen Wundarten verwendet. Wund Management 04/2011 · 191 Originalarbeit Tabelle 1 Patientencharakteristik der Pilot-Studie zur neuen Débridement-Technologie. Patient Geschlecht Geb.- Diagnose Datum Komorbiditäten des Patienten 1 weiblich 1922 gemischtes Ulkus kolonisiert mit methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA) 2 männlich 1945 venöses Ulkus Erysipel 3 männlich 1940 gemischtes Ulkus NYHA* III 4 männlich 1958 gemischtes Ulkus Diabetes, Lungenhochdruck, chronisch obstruktive Lungenerkrankung 5 weiblich 1922 venöses Ulkus Erysipel 6 männlich 1950 venöses Ulkus Dermatitis, Diabetes 7 weiblich 1924 arterielles Ulkus NYHA III mit Postmyokardinfarkt 8 weiblich 1931 venöses Ulkus Erysipel 9 männlich 1931 diabetisches Ulkus Diabetes, NYHA II 10 weiblich 1928 gemischtes Ulkus Dermatitis, NYHA III, Niereninsuffizienz 11 männlich 1941 gemischtes Ulkus Keine *NYHA = New York Heart Association Class Patienten und Verfahren Insgesamt elf Patienten (Patientenbeschreibung s. Tab. 1) aus zwei verschiedenen Kliniken, die unter chronischen Wunden verschiedener medizinischer Ätiologien an den unteren Extremitäten litten, nahmen an der Pilotstudie teil. Das primäre Einschlusskriterium war die Notwendigkeit eines Débridements, unabhängig von der Art der Wunden. Bei den Patienten spiegelten sich drei typische klinische Zustände wider: • örtlich infizierte Wunden mit Biofilmen und starker Absonderung von Wundflüssigkeit einschließlich stark viskosen Belägen („slough“) (drei Patienten) • Wunden mit serotischen, teilweise nekrotischen Krusten (drei Patienten) • Wunden mit serotischen, teilweise nekrotischen Krusten und erheblichen hyperkeratotischen Ablagerungen sowie trockenen, plaque-ähnlichen, anhydrischen Exsudaten auf der gesamten unteren Extremität (fünf Patienten) Das Hauptziel der Pilotstudie bestand darin, die klinische Wirksamkeit des 192 · Wund Management 04/2011 Débridements in Form einer Gesamtbewertung aus Sicht eines Anwenders zu erhalten und zusätzlich durch einen Chirurgen verblindet ein zusätzliches Ranking der Wirksamkeit. Die sekundären Ziele beschäftigten sich mit den potenziellen Schmerzen während der Behandlung gemäß den Aussagen der Patienten sowie Unbedenklichkeit und Verträglichkeit des Produkts und der Behandlung. Verträglichkeit und Sicherheit wurden anhand der Äußerungen der Patienten direkt nach Anwendung des Débriders und durch eine allgemeine Bewertung durch das medizinische Personal ermittelt. Zuerst wurde der Debrider mit einer physiologischen Kochsalzlösung angefeuchtet, danach wurden die Wunde sowie die gesamte untere Extremität für 2 bis 4 Minuten débridiert, ausdrücklich ohne übermäßigen Druck auszuüben. Als Hauptendpunkt wurde das klinische Ergebnis nach einer einzelnen Anwendung des Debriders definiert. Verblindete Bewertung der Methode durch einen Chirurgen Am Ende der Studie ließen die Autoren durch einen Chirurgen, der an keinem Teil der Studie beteiligt war, eine verblindete Bewertung des Ergebnisses des Débridements nach Anwendung des Debriders durchführen. Nachdem er Bilder von neun Patienten vor und nach der Behandlung gesehen hatte, wurde er gebeten: • Die Qualität der neuen DébridementTechnik im Vergleich zu allen vorhandenen nicht-chirurgischen Débridement-Behandlungsverfahren (ranking 1 bis 5: 1 = sehr gut, 2 = gut, 3 = befriedigend, 4 = schlecht, 5 = sehr schlecht) zu bewerten • Zu beurteilen, ob ein chirurgisches Débridement erforderlich gewesen wäre (ja/nein) • Bei einer Zustimmung, die Qualität der neuen Débridement-Technik im Verhältnis zu dem chirurgischen Débridements zu bewerten (von 1–5; 1 = viel besser als ein chirurgischer Eingriff, 2 = besser als ein chirurgischer Eingriff, 3 = genauso gut wie ein chirurgischer Eingriff, 4 = schlechter als ein chirurgischer Eingriff, 5 = sehr viel schlechter als ein chirurgischer Eingriff). Rasterelektronenmikroskopische Analysen Analysen mit dem Rasterelektronenmikroskop im „Environmental-Modus“ ermöglichten eine Untersuchung nichtmetallischer Proben ohne vorherige Beschichtung. Kleine Stücke (1 cm²) jeweils des benutzten und des unbenutzten Debriders wurden ausgeschnitten und in die Vakuumkammer verbracht. Für die Analysen wurden Bilderserien mit 50–2500facher Vergrößerung verwendet. | Ergebnisse Klinischer Test des neuartigen Debriders in verschiedenen Wundbettsituationen Exsudierende, seropurulente Wunden Originalarbeit Bei exsudierenden, seropurulenten Wunden mit stark viskösem gelben Belag („slough“), das auf eine lokale Infektion in Form eines bakteriellen Biofilms hinweist (Abb. 1a), konnte der Debrider den größten Teil dieser Beläge entfernen.Eine einzelne Anwendung führte zu gesundem Gewebe (Abb. 1b). Der größte Teil des bei dem Débridement entfernten Materials haftete an dem Debrider. Trockene Wunden mit Serokrusten Bei trockenen Wunden, die besonders Serokrusten zwischen den neuen lebenden Granulations- und Epithelisationsgeweben aufweisen (Abb. 2a), war der Debrider imstande, gezielt die Krusten zu entfernen, ohne das neue gesunde Gewebe zu schädigen (Abb. 2b). Bemerkenswerterweise wurden nicht einmal die kleinsten Inseln mit gesundem Gewebe durch die Debrider-Behandlung beeinträchtigt. Wunden mit nekrotischen Schichten, hyperkeratotischen Debris und Krusten aus eingetrocknetem Exsudat Bei diesen Fällen entfernte der Debrider nicht nur die nekrotischen Schichten nach einer einmaligen Anwendung, a sondern auch fast alle Ablagerungen von der Haut der unteren Extremität, so dass eine fast normale Epidermis zum Vorschein kam (Abb. 3a, b). Übereinstimmend mit den beiden oben beschriebenen Situationen wurden kleine Inseln mit Granulations- und Epithelisationsgewebe bei dem Débridement verschont. Generelle Bewertung des Débridements Die Gesamtbewertung durch das medizinische Personal zeigte, dass die Anwendung des Debriders einfach, schnell und effizient war. Obwohl Schmerzmittel vor dem Débridement, weder lokale noch systemische, nicht verabreicht wurden, berichtete keiner der Patienten von irgendwelchen unangenehmen Symptomen während des Débridements, vor allem von keinerlei Schmerzen. Bei einem Patienten wurden sowohl Gaze als auch der Debrider eingesetzt (Patient 7). Das Ergebnis zeigte eine insgesamt bessere Effizienz des Debriders (Abbildungen 4a, b, c). Darüber hinaus zeigt eine synergistische Betrachtung der Behandlung, dass bei allen Wundsituationen bei den b Abbildung 1 Patient 1: a) Exudierende, seropurulente Wunde mit stark viskosen Belägen („slough“). Klinische Anzeichen einer lokalen Infektion und Biofilm-artigem Belag b) Der Debrider entfernte größtenteils die Beläge und es zeigt sich vitales Gewebe. verschiedenen Patienten die neue Débridement-Technik zu ähnlichen, also standardisierten Ergebnissen führt. Das medizinische Personal benötigte keine besonderen Instruktionen, um das Débridement erfolgreich durchzuführen. Nach dem Débridement traten keine Nebenwirkungen auf und es wurden keinerlei unerwünschte Reaktionen bei den behandelten Wunden beobachtet; das Verfahren war sicher und wurde von den Patienten gut vertragen. Nach dem Débridement war die Struktur des Debriders unverändert und beim Auftreten von stark viskösen Belägen („slough“) (Abb. 5a) nahm der Debrider fast das gesamte entfernte Material auf, – im Falle von Krusten, große Teile des entfernten Materials. Verblindete Bewertung der neuartigen DébridementTechnik durch einen Chirurgen Am Ende der Studie beurteilte ein Chi rurg, der über große Erfahrungen im Gebiet des Wundmanagements verfügte, verblindet die Qualität der neuen Débridement-Technik mit Hilfe von Fotografien, die jeweils vor und nach dem Débridement aufgenommen wurden. Auf den vor dem Débridement aufgenommenen Bildern bewertete er sämtliche Wunden (außer einer) so, dass kein chirurgisches Débridement erforderlich sei. Auf den Bildern, die nach dem Débridement aufgenommen wurden, stufte er die Ergebnisse des Débridements bei allen Wunden, bei denen kein chirurgisches Débridement erforderlich gewesen war, in die beste Kategorie ein (1 = sehr gut). Das Débridement-Ergebnis bei der Wunde, bei der vorher ein chirurgisches Débridement als erforderlich angesehen wurde, konnte als genauso wirksam wie ein chirurgischer Eingriff bewertet werden. Rasterelektronenmikroskopische Studie a b Abbildung 2 Patient 2: a) Trockene Wunde mit Serokrusten, die zwischen vitalem Granulationsgewebe und epithelisiertem Gewebe eingebettet sind. b) Der Debrider entfernte die Krusten ohne das neue gesunde Gewebe zu zerstören. Bei 150-facher Vergrößerung des nicht angewendeten Debriders zeigt sich das speziell gewobene Netzwerk aus runden (stumpfen), artifiziellen Fasern einer neuartigen Form und GewebeTextur (Abb. 5b). Mit der gleichen Vergrößerung zeigen sich bei einem anWund Management 04/2011 · 193 Originalarbeit gewendeten Debrider nur noch die verbleibenden oberen Teile der Fasern in loser Verbindung, da der größte Teil der Fasern des Debriders von dem entfernten Material verdeckt wird (Abb. 5 c), oder die Fasern sind wie durch Klebeband mit dem entferntenMaterial verklebt (Abb. 6 a, b). Diese Abbildungen zeigen die große Leistung und Effizienz der vollkommen neuartigen Fasertechnologie, nicht nur, indem Schmutz und nekrotisches Material in den Debrider gezogen werden, sondern auch, dass alles in der Gewebe-Textur festgehalten wird. | Diskussion In der Literatur herrscht Übereinstimmung, dass das Débridement chronischer Wunden bis zum gesunden Gewebe den ersten notwendigen Schritt für die Induktion des Heilungsprozesses darstellt [2, 5, 7, 10, 12]. In dieser prospektivenPilotstudie mit verblindeter Zusatzbewertung zeigen die Autoren, dass mit einem neuartigen, speziell gewebten Debrider chronische Wunden schmerzfrei, schnell, mit hoher klinischer Effizienz, vergleichbaren Ergebnissen und ohne Nebenwirkungen debridiert werden können. Entsprechend den Bewertungen durch das medizinische Personal, das den Debrider anwendete, stufte der Chirurg, der die Ergebnisse der Débridements verblindet bewertete, das Ergebnis bei Verwendung der neuen Debrider-Technologie als ‚sehr gut‘ (beste Kategorie) ein. Darüber hinaus wurde bei einer Wunde, bei der zuvor ein chirurgisches Débridement als notwendig erachtet wurde, das durch die neuartige DébridementTechnologie erzielte Ergebnis als gleich- wertig mit der als notwendig erachteten chirurgischen Behandlung bewertet. Bei der Behandlung von chronischen Wunden ist das Hauptziel, die Wunde zurück zu einem akuten Status zu bringen, bei dem eine Reihe biochemischer Interaktionen und Kaskaden den Heilungsprozess unterstützen, (z. B. Koagulation, Angiogenese, Neumodellierung der Wunde, Granulation und Epithelisierung [11]). In diesem Zusammenhang ist es wichtig anzumerken, dass das Debridement mit dem neuen Debrider auch die kleinen Inseln lebendigen Granulations- und Epithelisationssgewebes freilegt und intakt belässt. Nach dem Débridement bilden diese kleinen Inseln aus gesundem Gewebe die Gebiete, von denen aus Epithelzellen migrieren. Für den Wundheilungsprozess stellt dies einen weiteren positiven Faktor dar, um die Stagnation der chronischen Wunde zu überwinden [11]. Bei sieben der Patienten waren die untere Extremitäten mit dicken, hyperkeratotischen, schuppigen Belägen und Plaques ähnlich eingetrockneten Exsudatkrusten im Gebiet um die Wunde herum überzogen. Durch Anwendung a des Debriders konnten die Autoren die normale, wenn auch gereizte Haut der unteren Extremitäten völlig wiederherstellen. Nach bestem Wissen der Autoren kann eine Entfernung solcher hyperkeratotischer, schuppenartiger Beläge und getrockneter Plaques - ohne dabei die darunter liegenden gereizten Gewebe zu schädigen, - durch keine der derzeit verfügbaren Behandlungsverfahren erreicht werden. Nach Anwendung dieser neuen DébridementTechnik sollte es durch die zusätzliche Gabe topischer Medikamente bzw. von Emollientien möglich sein, die Wiederherstellung der gesunden Haut rund um den Ulkus weiter zu fördern. Technische Lösungen wie wasseroder ultraschallbasierte Verfahren, einschließlich dem chirurgischen Débridement, können entsprechende Ergebnisse eines Débridements mit hoher Qualität erzielen. Jedoch werden durch die Kraftanwendung bei diesen Verfahren für gewöhnlich auch kleine Teile gesundes Gewebe zusammen mit dem nekrotischen Material entfernt. Des Weiteren begrenzen oft Probleme der Zugänglichkeit (besonders in nicht-chi- b Abbildung 3 Patient 3: a) Kleine nekrotische Plaques mit hyperkeratotischer Debris und großen Anteilen von Krusten eingetrockneten Exsudats am Bein (Wundumgebungshaut) b) Der Debrider entfernte nicht nur die nekrotischen Beläge, sondern entfernte auch die am Bein verbliebenen Krusten. Die gesunde, normale Epidermis wurde sichtbar. Abbildung 4 Patient 7: a) Wundbett mit hyperkeratotischer Debris und Krusten von eingetrocknetem Exsudat, b) Direkter Vergleich nach Gebrauch von Gaze-Kompresse auf der Wunde und c) Debrider. 194 · Wund Management 04/2011 Originalarbeit rurgischen Abteilungen) und die Kosten der Infrastruktur wie auch die erforderlichen Fachärzte den schnellen Zugriff und die verbreitete Anwendung dieser Behandlungsalternativen. Der neue Debrider wird wie eine gewebte Gaze oder „scheuernde“ Materialien verwendet und kann flexibel mit salinen Lösungen (unterschiedliche Konzentrationen), Antiseptika oder anderen Wundreinigungslösungen eingesetzt werden [12, 16]. Jedochhandelt es sich bei dem Debrider durch seine besondere Ausformung nicht nur um ein Mittel, das genauso sicher wie Standard-Gaze ist, sondern außerdem um ein hoch-effizientes und verträgliches Débridement-Werkzeug, interessanterweise ohne biologische oder physikalisch-chemische Zusätze [3, 4]. Der Debrider wird genauso wie die gewebte Standard-Gaze für dieselbe Behandlung verwendet, nämlich um die Wundoberfläche ohne ausgesprochenen Druck zu debridieren. Die Suche nach der Ursache für den großen Unterschied in der Effizienz, Schmerzfreiheit und Zeitersparnis erscheint interessant. Rasterelektronenmikroskopische Analysen des verwendeten Debriders und seiner monofilamenten Faserstruktur visualisieren, dass der Debrider die entfernten Materialien aufgenommen hat. Stärkere Vergrößerungen zeigen, dass das entfernte Material die Fasern wie ein Klebeband miteinander verklebt und stabile Verbindungen zwischen ihnen bildet. Es kann also daran liegen, dass durch das ‚Reiben‘ eine Art ‚elektrostatisches Feld‘ im Debrider um die Fasern herum erzeugt wird, welches die Beläge, die metabolischen Abfallprodukte und das nekrotische Gewebe stark anzieht. Die spezifische Gewebe-Textur des Debriders erzeugt eine adhärente Kraft, die das entfernte Material in dem Tuch zurückhält, ein Konzept, das kürzlich auch für andere polymere Fasern gezeigt wurde [1]. Das große Potenzial von Textilien aus Monofilamentfasern, z. B. Reinigungstextilien (Wischlappen/Mops) zur Entfernung von Stoffen oder sogar Bakterien, wurde ebenfalls für die Desinfektion von Oberflächen gezeigt. In einer Studie [13] zeigte ein System aus Monofilamentfasern überlegene Eigenschaften bei der mikrobiologischen Reinigung im Vergleich, zu normalen Wischlappen (Mops) aus Baumwollfäden, die mit einem Reinigungsmitteln verwendet wurden. Dies könnte der Grund sein, warum ein solch einfaches Verfahren (rubbeln und waschen), jedoch ausgestattet mit einer neuartigen Technologie aus Monofilamentfasern, so überlegene Débridement-Ergebnisse hervorbringt. Weitere klinische Studien sind erforderlich, um den klinischen Stellenwert des neuen Debriders zu untersuchen. Jedoch scheint es, gestützt auf die Pilotstudie der Autoren, nicht erforderlich zu sein, den Debrider bei jedem Verbandswechsel einzusetzen, sondern ein- oder zweimal in der Woche (wenn erforderlich). Außerdem kann der Debrider, da er eine einfache, sichere und leicht zugängliche Débridement-Technik darstellt, die breit angewendet kann, nicht nur von spezialisierten Ärzten, sondern von dem gesamten medizinischem Personal angewendet werden. Aufgrund des positiven Profils im Hinblick auf Wirksamkeit, Sicherheits, Verträglichkeit- sowie der Wirtschaftlichkeit und der schnellen Behandlung, kann dieses Medizinprodukt für die Erstbehandlung bei allen Wunden, bei denen ein Débridement erforderlich ist, eingesetzt werden. Nach der Durchführung sollte dann ein adäquater Verband gemäß den Regeln der Modernen Feuchten Wundversorgung folgen. Gemäß dem aktuellen Kenntnisstand sollte die Effizienz dieser Débridement-Behandlung den Gesamtheilungsprozess ebenfalls verkürzen. Der Debrider scheint die Behandlung von lokal infizierten Wunden klinisch unterstützen zu können, indem die Bakterien, die seropurulenten Absonderungen und der bakterielle Biofilm entfernt werden. Folgt man diesen Überlegungen, so kann die Verwendung kostenintensiver Behandlungen wie das chirurgische Débridement oder systemische Antibiotikabehandlungen eingeschränkt werden. Damit würden nicht nur die Sicherheits- und Wirksamkeitsprofile im Gebiet der Heilung chronischer Wunden verbessert werden, sondern auch merkbar Kosten eingespart werden. | Danksagungen Die Autoren danken Herrn Dr. Thomas Wild, der als Chirurg die DébridementErgebnisse verblindet bewertete und einstufte.. Abbildung 5 a) Die Debris wurde während des Débridements von einer exsudierenden, seropurulenten Wunde mit stark viskosen Belägen („slough“) entfernt und findet sich im Debrider wieder, b) Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme (150fache Vergrößerung) des Fasergeflechts des unbenutzten Debriders (runde Fasernstruktur, abgeschrägte Spitze), c) Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme (150fache Vergrößerung) des gebrauchten Debriders mit integrierter Debris zwischen den Fasern. Abbildung 6 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des benutzten Debriders: a) 350fache Vergrößerung, b) 150fache Vergrößerung. Wund Management 04/2011 · 195 Originalarbeit Hauptpunkte • Débridement ist eine grundlegende Voraussetzung, den funktionellen Prozess der Gewebeerneuerung zu induzieren bzw. zu ermöglichen, besonders in chronischen Wunden. • In dieser prospektiven Pilotstudie mit verblindeter Zusatzbewertung verwendeten die Autoren eine neue Debrider-Technologie mit speziellen Monofilamentfasern in einer einzigartigen Gewebe-Textur, um deren Effizienz, Sicherheit und Verträglichkeit zu untersuchen. • Der neue Debrider entfernte fast alle Beläge, ohne gesundes Granulationsgewebe und kleine epithelialisierte Inseln aus gesundem Gewebe zu schädigen. • Die Patienten erfuhren während des Débridements keinerlei Nebenwirkungen, erlebten keine Schmerzen und die Gesamtuntersuchung durch das medizinische Personal zeigte, dass die Anwendung des Debriders einfach, schnell und effizient war. • Ein Chirurg untersuchte verblindet sämtliche Fotografien vor der Behandlung und stellte fest, dass alle Wunden bis auf eine kein chirurgisches Débridement erforderten und bewertete sämtliche Débridement-Ergebnisse mit dem neuen Debrider als ‚sehr gut‘. Die eine Wunde, bei der zuvor ein chirurgisches Débridement erforderlich schien, stufte er als ‚mit chirurgischem Débridement vergleichbar‘ ein. • Der neue Debrider mit seinen besonderen Monofilamentfasern bietet eine einfache, sichere und leicht verfügbare Débridement-Technik und ermöglicht eine breite Anwendung. Es wird angenommen, dass die Verwendung des neuen Debriders bemerkenswerte Kosteneinsparungen mit sich führen kann. | Interessenskonflikte Diese Arbeit wurde durch eine persönliche Unterstützung für Robert Strohal gefördert. Gilbert Hämmerle war als Untersucher bei einer multi-zentrischen klinischen Studie, die durch Lohmann und Rauscher finanziert wurde, involviert. Heinz Duelli meldet keinerlei potenzielle Interessenskonflikte. Martin Abel ist Leiter der Abteilung für Medical & Regulatory Affairs bei Lohmann und Rauscher, Rengsdorf, Deutschland. Robert Strohal ist der Erfinder des Debriders und hält Anteile an den Patentrechten dieser neuen Technologie. Außerdem ist er freier Berater bei Lohmann und Rauscher, war als leitender Untersucher an einer klinischen Studie, die von Lohmann und Rauscher finanziert wurde, beteiligt. Er ist als Vortragender für Lohmann und Rauscher global tätig. 196 · Wund Management 04/2011 | Literaturnachweis 1. Aksak B, Murphy MP, Sitti M: Adhesion of biologically inspired vertical and angled polymer microfibre arrays. Langmuir 2007; 23: 3322–32. 2. Bates-Jones BM, Apeles NCR: Management of necrotic tissue. In: Sussmann C, Bates-Jones BM, eds. Wound Care: a Collaborative Practice Manual 2007. 3 Auflage. Wolters Kluwer/Lipincott Williams and Wilkins, Philadelphia: 197–214. 3. Bertone MS, Dini V, Barbanera S, Brilli C, Romanelli M: Safety and efficacy of early intervention with a phospholipid wound cleansing solution in patients with chronic wounds. EWMA J 2008; 8 (suppl 2): 278–81. 4. Cassino R, Ippolito AM, Bianco A et al.: A new dimension in wound cleansing. EWMA J 2008; 9 (suppl 2): 29–33. 5. 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Methode: Diese multizentrische, prospektive Beobachtungsuntersuchung bewertete die Debridement-Leistung, Verträglichkeit, Patientenfreundlichkeit und Anwenderzufriedenheit dieses neuen Produktes. Außerdem wurde die Stefan Bahr, RN Petra Hättig RN Therapiezentrum für Chronische Wunden, Lahr Nesat Mustafi RN Nordwestklinik, Frankfurt Dr. Andrzej Piatkowski de Grzymala Abteilung für Handchirurgie und Verbrennungen, Universitätsklinikum, Aachen Dr. Giovanni Mosti Clinica M.D. Barbantini, Lucca, Italien Klaus Reimann RN Pflegedienst, Flammersfeld Dr. Martin Abel, Michael Schmitz RN Lohmann & Rauscher GmbH & Co KG, Rengsdorf Dr. Valentina Dini Forschungseinheit Wundheilung, Abteilung für Dermatologie, Universität Pisa, Italien Dr. Jolanda Restelli Geriatrie, Krankenhaus Feltre, Italien RN Zeyneb Babadagi-Hardt Krankenpflegezentrum, Duisburg Dr. Franca Abbritti Gefäßchirurgie, Garbagnate Milanese, Italien Dr. Thomas Eberlein, Dr. Thomas Wild, Klaus Bandl RN Wundmanagement GmbH, Wien, Österreich Email: [email protected] 260 · Wund Management 05/2011 Zeit, die für die Durchführung des Debridements erforderlich war, aufgezeichnet. Das neue Produkt wurde entweder mit physiologischer Kochsalzlösung oder Polihexanid-Lösung befeuchtet und zwei bis vier Minuten auf der Wunde angewendet, die danach wie gewohnt mit Wundverbänden versorgt wurde. Das klinische Ergebnis wurde von einem im Wundmanagement ausgebildeten Therapeuten bewertet. Zusätzlich wurden vor und nach der Anwendung aufgenommene Bilder durch diesen Mediziner verblindet ausgewertet. Die DebridementErgebnisse, die mit dem Testprodukt erreicht wurden, wurden mit den Ergebnissen anderer Debridement-Methoden mit demselben Bewertungssystem verglichen, sowohl nicht-chirurgische als auch chirurgische Methoden aus einer elektronischen Datenbank. Ergebnisse: 60 Patienten mit chronischen Wunden, bei denen ein Debridement erforderlich war, wurden in die Studie eingeschlossen, von diesen wurden 57 in die Analyse einbezogen. Das Debridement war in 93,4 % (142/152) der Fälle effektiv und das Produkt verblieb in 95,4 % (145/152) der Fälle intakt. Im Durchschnitt betrug die Zeit für jedes Debridement 2,51 Minuten, also erheblich weniger als für die aktuell in den Untersuchungszentren angewandten Debridement-Methoden. Sichtbare Beläge und Wundflüssigkeit wurden mit dem Testprodukt erfolgreich entfernt. Die Patienten erlebten in 45 % der Fälle während der Behandlung keinerlei Schmerzen und in 55 % der Fälle leichtes Unbehagen (Diskomfort) während einer kurzen Zeitspanne (2,0 Minuten im Durchschnitt). Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen das Potenzial dieses Monofila- ment-Faserprodukts auf, verschiedene Methoden des Debridements zu ersetzen, vor allem aufgrund seiner Debridement-Leistung, der Kürze der Behandlung, der Einfachheit der Anwendung und des Wohlbefindens für den Patienten. Schlüsselwörter Kompressionstherapie, Adipositas, therapeutische, pflegerische Maßnahmen Summary Objective: To evaluate the wound debridement efficacy (that is, achievement of 100 % granulation tissue on the wound bed) of a new monofilament fibre product (Debrisoft). Method: This multicentre, prospective, observational evaluation assessed the debridement efficacy, safety, patient comfort and user satisfaction of this new product. Time taken to perform the debridement procedure was also recorded. The new product was wetted with either saline or polihexanide and applied for 2–4 minutes, following which the usual dressing regimen was applied. Clinical outcome was scored by a trained clinician. Additionally, before and after photographs were assessed by one and the same clinician, who was blinded to the treatment given. The debridement outcomes achieved with the test product were compared with results obtained using other methods of debridement, both nonsurgical and surgical, taken from an electronic database but using the same scoring systems as here. * Dieser Artikel ist ein Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Journal of Wound Care und ist im Original im Journal of Wound Care (2011) 20 (5): 242–248 erschienen. Verantwortlich für die Übersetzung ins Deutsche: Dr. M. Abel Aus der Praxis Results: Sixty patients with chronic wounds requiring debridement were recruited, of whom 57 were included in the analysis. Debridement was effective in 93.4% (142/152) of the sessions, and the product remained intact in 95.4% (145/152). The average time for each debridement session was 2.51 minutes, markedly less than for the current debridement methods at the evaluation centres. Visible debris and slough were successfully removed with the test product. Patients reported no pain during the procedure in 45% of cases and slight discomfort for a short duration (2.0 minutes on average) in 55% of cases. Conclusion: The results indicate the potential for this monofilament fibre product to replace several modes of debridement, based on its efficacy, short procedure, ease of use and patient comfort. Keywords monofilament fibre, wound debridement | Einleitung Ein wichtiger Faktor, der bei der Verzögerung der Heilung eine Rolle spielt, ist nekrotisches, abgestorbenes oder mit Wundflüssigkeit bedecktes Gewebe im Wundbett [1]. Abgestorbenes Gewebe wirkt als physikalische Barriere gegenüber der Heilung und kann sich daher negativ auf die normale Gerüst- (Matrix) Formation, Angiogenese, Granulation und epidermale Ausbildung einer neuen Oberfläche auswirken [2–5]. Darüber hinaus kann die Entzündungsreaktion auf abgestorbenes Gewebe Anzeichen einer Infektion maskieren oder nachahmen [2]. Nekrotisches Gewebe stellt eine „Nahrungsquelle“ für Bakterien dar, wodurch das Risiko einer kritischen Besiedlung und Infektion steigt [2]. Das Vorhandensein von nekrotischen und abgestorbenen Gewebe ist oft mit der Überproduktion von Matrix-MetalloProteinasen (MMP) verbunden [6], die ebenfalls negative Auswirkungen auf die Heilung haben [3, 5, 6]. Dasselbe pathophysiologische Geschehen trifft auf chirurgisch und akut sekundär heilende Wunden zu, wenn abgestorbenes Gewebe vorhanden ist [7]. Jedoch ist die Heilung solcher Wunden im Großen und Ganzen unkompliziert, wenn keine ätiologischen Fakto- ren und Begleiterkankungen, die oft mit solchen chronischen Wunden verbunden sind, vorhanden sind [7]. Debridement – das Entfernen abgestorbenen Gewebes – wird generell als eine notwendige Voraussetzung für die Bildung von neuem Gewebe angesehen [1–3, 8]. Dadurch wird die bakterielle Belastung vermindert [9] und die Wundheilung angeregt und gefördert [4, 10]. Auch wenn es keine definitiven Beweise gibt, dass das Debridement eine entscheidende Rolle für einen wirksamen Wundverschluss spielt, so ist das Konzept doch weithin als Teil des systematischen Wundmanagements verbreitet [1–3, 8]. Zu den derzeitigen Optionen für ein Debridement gehören chirurgische, bio-chirurgische, enzymatische, mechanische und autolytische Techniken [1–3, 8]. Die Auswahl einer Methode ist abhängig von den generellen Zielen zur Pflege des Patienten, den Ursachen und der Art der Wunde und des Belags [1–3, 8]. Weitere Überlegungen enthalten soziale und Umweltfaktoren, die Debridement-Häufigkeit, Verfügbarkeit von ausgebildetem Personal, vollständige Patientenbewertung und Kosten [2]. In den letzten Jahren wurden die Anwendbarkeit und Leistung verschiedener Debridement-Methoden engagiert erörtert [1, 2, 4]. Die prinzipiell beste Debridement-Methode ist nicht in jeder Situation verfügbar oder anwendbar; eine jede hat auch ihre Nachteile. So kann z. B. autolytisches Debridement langsam oder unwirksam sein, wenn ein Biofilm vorliegt [10, 11]; chirurgisches Debridement erfordert das Wissen von speziell ausgebildetem Personal und oft eine Narkose, und ist damit oft kommunal nicht durchführbar. Es ist eine wirksame Methode erforderlich, die von allen Wundmanagementspezialisten in allen Situationen eingesetzt werden kann. Sie sollte einfach in der Anwendung sein, verträglich und, ganz entscheidend, angenehm für die Patienten. Debrisoft (Lohmann & Rauscher GmbH & Co KG, Rengsdorf, DE) wurde entwickelt, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Das Produkt enthält monofile Polyesterfasern, mit denen abgestorbenes Gewebe sanft entfernt und aufgenommen werden kann (Abb. 1) [12]. Diese multizentrische, nicht kontrollierte, prospektive Untersuchung sollte die Wunddebridement-Leistung, Unbedenklichkeit, Verträglichkeit und Anwenderzufriedenheit des neuartigen Monofilamentfaser-Produkts (Debrisoft) innerhalb der täglichen Wunddebridement-Routinen in Kliniken und kommunalen Pflegeeinrichtungen untersuchen. | Materialien und Methode Materialien Debrisoft (das Prüfprodukt) besteht aus monofilen Polyesterfasern (18 Millionen Fasern je 10 3 10 cm). Die mit der Wunde in Kontakt kommende Seite ist weich und flauschig und wurde so gestaltet, dass mit ihr mechanisch Wundflüssigkeit und abgestorbene Zellen entfernt werden können, wenn sie wie ein Tuch angefeuchtet und sanft über das Wundbett gestrichen wird. Jedoch nimmt dieses Debridement-Tool, anders als ein Tuch, das abgestorbene Gewebe und die Beläge in seine Struktur auf [12]. Das Testprodukt ist mechanisch widerstandsfähig und löst sich während des Debridements nicht auf [12]. Seine Fasern sind chemisch inert, stabil und absorbieren Flüssigkeiten [12]. In dieser aktuellen Untersuchung wurde als Benetzungsflüssigkeit entweder sterile physiologische Kochsalzlösung oder Polihexanid-Lösung verwendet, je nachdem, ob Wunden als infektionsgefährdet eingestuft wurden oder nicht. Diese Unterscheidung basierte auf der jeweils vor Ort praktizierten „besten Praxis“ (local best practice). Polihexanid-Lösung wurde verwendet, wenn der verantwortliche Therapeut bei der Untersuchung schleimige Beläge und/oder nekrotisches Gewebe feststellte. Nach dem Debridement wurde ein Wundverband angelegt. Die Wahl des Verbandes entschied der verantwortliche Therapeut. Dieser konnte zwischen einem Alginat-, einem Hydrofaser- und einem Schaumverband wählen, auch dies wieder gemäß dem jeweiligen Behandlungspfad des Untersuchungszentrums. Wund Management 05/2011 · 261 Aus der Praxis Methoden Während eines Zeitraums von 6 Monaten in 2010 wurden Patienten aus elf Wundheilungszentren in die Studie aufgenommen: fünf deutsche (drei ambulante Kliniken und zwei kommunale Klinken), vier italienische (zwei ambulante Einrichtungen und zwei Langzeitpflegeeinrichtungen) und zwei österreichische. (ambulante Kliniken) Unser Ziel war es, sämtliche Wunden, bei denen ein Debridement erforderlich war, aufzunehmen. Spezielle Aufnahmekriterien waren: • Mit schleimigen und/oder gelbem fibrinösem Gewebe bedeckte Wunden • Wunden mit sowohl serösen Krusten als auch gesundem Gewebe • Wunden mit hyperkeratotischen Belägen und/oder eingetrocknetem Exsudat auf der Wundumgebungshaut • Wunden, bei denen ein Biofilm vermutet wurde. Bei sämtlichen Zentren, die an dieser Untersuchung teilnahmen, sind die verantwortlichen Therapeuten darin ausgebildet, extrazelluläre polymere Substanz (EPS) zu erkennen, eine schleimige, muköse Substanz, die mit Biofilm assoziiert ist [11]. Ausschlusskriterien waren: • Symptome und Anzeichen systemischer und/oder sich ausbreitender Wundinfektion (einschließlich Erythem und Fieber) [7] • Starke Schmerzen (Stärke 7 oder darüber auf einer von 0 bis 10 reichenden Visuellen Analog Skala, VAS) oder Hyperästhesie im Gebiet der Wun- de (da wir davon ausgingen, dass es schwierig sein würde, zu unterscheiden, ob die Schmerzen von dem Testprodukt verursacht wurden oder schon vorher vorhanden waren) • Patienten unter 18 oder über 85 Jahren • A llergien gegen eines der Materialien in der Untersuchung • Schwangere oder stillende Patientinnen. Das angefeuchtete Testprodukt wurde beim Wechsel der Wundverbände eingesetzt, also in Abständen von 4 Tagen, bis zu insgesamt 3 Debridements je Wunde in einem Untersuchungszeitraum von 12 Tagen (± 1 Tag). Die Untersucher fertigten standardisierte digitale Photographien jeweils vor und nach dem Debridement an und maßen die Dauer der Behandlung mit einer Stoppuhr. Wenn der Patient Schmerzen von > 5 auf der Skala äußerte, wurde die Prozedur mit dem Testprodukt gestoppt und als gescheitert betrachtet. Das Votum einer Ethik-Kommission war nicht notwendig, da das CE-zertifizierte Produkt in seiner vorgesehenen Zweckbestimmung angewendet wurde. Sämtliche Patienten gaben eine schriftliche Einverständniserklärung ab. Primärparameter Debridement-Leistung Dies wurde untersucht, indem der Zustand des Wundbettes vor und nach dem Debridement am Tag 0 (Behand- lung 1), Tag 4 (± 1 Tag) (Behandlung 2) und Tag 8 (± 1 Tag) (Behandlung 3) verglichen wurde. Alle Untersucher wurden unterrichtet, wie das Testprodukt sowie auch das Bewertungstool anzuwenden sei. Folgendes wurde aufgezeichnet: die für das Debridement erforderliche Zeit (< 2 Minuten, 2–4 Minuten, 5–7 Minuten, > 7 Minuten); das Entfernen sichtbarer Debris/Nekrosen/ schleimiger Beläge vom Wundbett (Ja/ Nein); wurden Debris/Nekrosen/schleimige Beläge von dem Testprodukt aufgenommen (Ja/Nein). Die standardisierten digitalen Photographien wurden von einem ausgebildeten, unabhängigen Mediziner verblindet ausgewertet (keine Information bezüglich der Behandlung und den Behandlungszentren). Vor und nach jedem Debridement klassifizierten die Untersucher den Zustand des Wundbettes in eine von drei Kategorien (A, B oder C): • K lasse A Das Wundbett ist mit schleimigem Belag und einigen schwarzen nekrotischen Belägen bedeckt. Die Wundumgebungshaut ist mit Schuppen, eingetrocknetem Exsudat und hyperkeratotischem Gewebe bedeckt. • K lasse B Das Wundbett ist mit schleimigem Belag bedeckt (kein schwarzes nekrotisches Gewebe) und es treten einige Schuppen und eingetrocknetes Exsudat auf der Wundumgebungshaut auf. • K lasse C Die Wundumgebungshaut ist sauber, mit < 20 % schleimigen Belag im Wundbett. Abbildung 1 Elektronenmikroskopisches Bild mit Debrisoft-Fasern: vor der Behandlung (a); nach Abschluss der Behandlung (b); nach Abschluss der Behandlung mit Einbettung von Debris in die Fasern (c). 262 · Wund Management 05/2011 Aus der Praxis Dasselbe Bewertungstool wurde verwendet, um die digitalen Bilder auszuwerten. Die Untersucher wurden gebeten, das Testprodukt gegenüber den anderen Debridement-Methoden, die in den Untersuchungszentren verwendet werden, zu bewerten, insbesondere bezüglich der Zeit, die für das Debridement erforderlich war, sowie der Einfachheit, der Anwendung und der Leistung. Sekundär-Parameter Unbedenklichkeit Diese wurde untersucht, indem unterwünschte Nebenwirkungen gemäß der Medical Device Directive (MDD) (Richtlinie 93/42/EWG) und den nationalen Gesetzgebungen (MPG/D, ÖMG/A) beobachtet wurden. Darüber hinaus wurde die strukturelle Integrität des Testprodukts nach dem Debridement durch den Untersucher, der die Behandlung durchführte. bewertet - ebenfalls wurde mit Hilfe von Photographien die Debridement-Behandlung durch einen ausgebildeten Kliniker verblindet ausgewertet (keine Information über das Zentrum, in dem die Behandlung stattfand). Beide Bewerter verwendeten folgende Fragen: Material intakt nach dem Debridement? (Ja/Nein); Änderung der Form/Struktur/Abgabe von Fasern/ Sonstige? (Ja/Nein). Verträglichkeit Diese wurde sowohl von den Klinikern als auch den Patienten bewertet. Im An- schluss an jede Debridement-Behandlung füllten die Patienten einen Fragebogen aus, in dem folgende Punkte untersucht wurden: Unbehagen (Diskomfort) (Ja/Nein); Druck (Ja/Nein); Brennen (Ja/Nein); Schmerzen (VAS); Blutung (Ja/Nein); Reizung der Wundumgebungshaut (Ja/Nein); Schwellung (Ja/Nein); Rötung (Ja/Nein); und Nebenwirkungen (Ja/Nein). Die Untersucher beurteilten auch die Verträglichkeit mit einem Score, mit dem das Wohlbefinden, die Schmerzen und die Reizung der Wundumgebungshaut während der Behandlung auf der 5 Punkte umfassenden Likert-Skala eingestuft wurde (1 = stimme vollkommen zu, 5 = stimme überhaupt nicht zu). Anwenderzufriedenheit Nach jedem Debridement füllte der Untersucher, der das Testprodukt verwendet hatte, einen Fragebogen aus. Die Anwendbarkeit und Leistung des Produkts wurden mit den anderen verfügbaren Debridement-Optionen verglichen, wie chirurgische und autolytische Techniken. Dabei wurde eine Skala mit sechs Punkten verwendet (ausgezeichnet/sehr gut/gut/schlecht/ sehr schlecht/unzureichend). Am Ende des Untersuchungszeitraums wurde außerdem die allgemeine Zufriedenheit des Anwenders mit dem Testprodukt untersucht, dabei wurde dasselbe Bewertungssystem wie oben verwendet. Die Untersucher wurden außerdem gefragt: „Werden Sie dieses Produkt nach dieser Untersuchung erneut verwen- den?“ sowie „Werden Sie mit Ihren Kollegen über dieses Produkt sprechen?“. Diese Fragen wurden mit einem separaten Bewertungssystem aus 6 Punkten bewertet: ganz sicher/sicher/wahrscheinlich/weiß nicht/wahrscheinlich nicht/sicher nicht. Statistische Analyse Eine Varianzanalyse (ANOVA) wurde angewendet, um die verschiedenen Debridement-Methoden zu vergleichen. Die Konfidenzintervalle betrugen 95 % und Ergebnisse wurden als signifikant angesehen, wenn p ≤ 0,05 betrug. Alle Fälle, die zurückgezogen wurden, wurden als nicht erfolgreich bezüglich der Behandlung und sämtlicher Variablen betrachtet. Andere Daten sind beschreibender Natur. Ergebnisse 60 Patienten mit akuten und chronischen Wunden wurden in den elf Zentren registriert. 57 Patienten wurden in die Analyse einbezogen, von diesen hatten 54 eine Wunde und drei hatten zwei Wunden. Drei Patienten wurden nicht weiter verfolgt und schlossen den Untersuchungs-Zeitraum nicht ab. Insgesamt wurden 164 Visiten von 57 Untersuchern dokumentiert (20 Ärzte und 37 Pfleger) und insgesamt 152 Behandlungen wurden mit dem Testprodukt durchgeführt. Für die Befeuchtung wurde in 30 % (n = 17) der Fälle physiologische Kochsalzlösung verwendet und in 70 % der Fälle (n = 40) Polihexanid-Lösung. Debridement-Leistung Abbildung 2 Veränderung des Zustands des Wundbettes (n = 57). Eine signifikante Änderung des Zustands des Wundbettes wurde nach drei Debridement-Behandlungen mit dem Testprodukt beobachtet (Abb. 2). Nach einer Behandlung wurden 60 % der Wunden (n = 34) der Klasse A zugeordnet, 28 % (n = 16) der Klasse B und 12 % (n = 7) der Klasse C. Nach drei Behandlungen wurden 47 % (n = 27) der Klasse A, 25 % (n = 14) der Klasse B und 7 % (n = 4) Klasse C zugeordnet, 21 % (n = 12) waren re-epithelialisiert. Die Untersucher berichteten, dass das Testprodukt Debris, schleimige Wund Management 05/2011 · 263 Aus der Praxis Beläge, eingetrocknetes Exsudat und Krusten wirksam entfernte, ohne die empfindliche Wundumgebungshaut zu schädigen. Die photographische Analyse bestätigte dies. Die mittlere Dauer des Debridements mit dem Testprodukt betrug 2,68 Minuten bei der ersten Behandlung, 2,50 Minuten bei der zweiten Behandlung und 2,31 Minuten bei der dritten Behandlung. Die durchschnittliche Dauer über die gesamte Zeitperiode betrug 2,51 Minuten je Behandlung. Diese Ergebnisse wurden mit retrospektiven Daten der Zentren, in denen die Untersuchung stattfand, verglichen. Die „best local practice“ in diesen Zentren beinhaltet die routinemäßige Ermittlung der Daten elektronisch hinsichtlich der Dauer der Behandlung, sodass die Forscher auf eine elektronische Datenbank zugreifen konnten und die Zeit für das Debridement mittels des Testprodukts mit den anderen eingesetzten Methoden vergleichen konnten. Diese Methoden umfassten chirurgisches Debridement, Ultraschall, Debridement mit scharfem Löffel, autolytisches Debridement mit Hydrogel und mechanisches Debridement mit nasser Gaze. Das Debridement mit der „best practice“ des Zentrums (wie von den lokalen Untersuchern vor Ort entschieden) – autolytisches Debridement mit Hydrogel – dauerte signifikant länger (p < 0,05) als mit dem Testprodukt. Dies war auch der Fall, wenn das Testprodukt sowohl mit dem mechanischen Debridement mit nasser Gaze (p < 0,05) als auch mit dem chirurgischen Debridement (p < 0,05) verglichen wurde (Tabelle 1). Untersucher berichteten, dass mit dem Testprodukt sichtbare Debris und schleimige Beläge von der Wunde in 93,4 % (142/152) der Fälle entfernt wurden. nicht als die Debridement-Leistung beeinflussend empfunden, die zurückbleibenden Fasern konnten leicht mit Spülflüssigkeit (physiologischer Kochsalzlösung oder Polihexanid-Lösung) nach Anweisung weggewaschen werden. Keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse (SAE) oder unerwünschten Ereignisse (Nebenwirkungen, AE) wurden während der Untersuchung bekannt. Darüber hinaus wurden keine Vorkommnisse gemäß der Definition der Richtlinie 93/42/ EWG über Medizinprodukte gemeldet. Das Produkt wurde als unbedenklich eingestuft, es traten keinerlei Risiken für die Patienten auf. Verträglichkeit Während der eigentlichen Debridement-Behandlung gaben 45 % (n = 26) der Patienten an, keinerlei Schmerzen zu empfinden, 50,4 % (n = 29) gaben an, leichtes, schnell vorübergehendes Unbehagen (Diskomfort) zu empfinden (Durchschnitt: 2 Minuten) und 4,6 % (n = 2) empfanden mäßige, kurz andauernde Schmerzen (Durchschnitt: 2,4 Minuten). Wenn Patienten nach Reizungen, Allergien und Schmerzen nach der Behandlung gefragt wurden, gaben 98,2 % (n = 56) an, dass sie keine solche Nebenwirkungen erlebt hatten. Es wurde von keinen unterwünschten Zwischenfällen berichtet Tabelle 1 Dauer der Debridement-Behandlung für verschienden Methoden. DebridementMethode Durchscnittliche Dauer [min.] Testprodukt 2,51 (± 0,57; 1,8-3,1) Autolytisch mit Hydrogel* 7 (± 2,08; 8,6-6,4) Mechanisch mit nasser Gaze 5 (± 1,60; 6,2-4,5 Chirurgisch 9 (± 2,64; 10,5-7,4) * Bewährte Methode des Zentrums: Ergebnisse mit SD und Bereich. Anwenderzufriedenheit Die Zweckmäßigkeit und die einfache Anwendbarkeit des Testproduktes wurden als „Sehr gut“ von den Anwendern bewertet, mit einer durchschnittlichen Bewertung von 2,29 (± 0,57) auf einer Skala mit 6 Punkten (1 = Ausgezeichnet, 2 = Sehr gut, 3 = Gut, 4 = Nicht gut, 5 = Schlecht, 6 = Unzureichend) (Abb. 3). Dies war auch der Fall, wenn das Testprodukt retrospektiv mit dem mechanischen Debridement mit nasser Gaze verglichen wurde, das einen Durchschnittswert von 2,49 besaß (± 0,67). Dieser Vergleich wurde durch das routinemäßige Ermitteln großer elektronischer Datenmengen der Untersuchungszentren ermöglicht, die routinemäßig dieselbe 6 Punkte-Bewertung verwendeten. Unbedenklichkeit Das Testprodukt verblieb in 95,4 % (145/152) der Debridement-Behandlungen intakt. Eine leichte Formänderung trat bei 3,3 % (5/152) der Behandlungen auf und in 1,3 % (2/152) der Fälle lösten sich einige wenige Fasern. Die Veränderungen der Form wurden 264 · Wund Management 05/2011 Abbildung 3 3 Testprodukt im Vergleich zu anderen Debridement-Methoden. Aus der Praxis Die Testprodukt-Anwender bewerteten seine Debridement-Leistung mit „Sehr gut“, mit einer durchschnittlichen Bewertung von 1,98 (±0,68). Autolytisches Debridement mit Hydrogel („local best practice“) erhielt 2,54 (±0,72) (Sehr gut/Gut) und die durchschnittliche Leistungsbewertung aller Debridement-Optionen in den Untersuchungszentren (mit Ausnahme des Testprodukts) betrug 2,62 (±0,47) (Gut). Am Ende der Untersuchung erreichte das Testprodukt einen durchschnittlichen Gesamtwert der Anwenderzufriedenheit von 2,73 (±0,59) (Gut). | Diskussion Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass ein wirksames und schnelles Debridement in weniger als 3 Minuten erreicht werden kann, wenn das Testprodukt bei verschiedenen Wundtypen verwendet wird. Mit einer durchschnittlichen Dauer von 2,51 Minuten je Behandlung nimmt diese Methode signifikant weniger Zeit in Anspruch als die besten an den teilnehmenden Zentren erhältlichen Debridement-Praktiken (autolytisches Debridement mit Hy drogel) sowie die mechanischen (nasse Gaze) und chirurgischen (Skalpell oder scharfer Löffel) Methoden. Darüber hinaus betrug die durchschnittliche Zeit, ein Debridement durchzuführen – bis ein Wundbett zu 100 % mit Granulationsgewebe bedeckt ist, ohne schleimigen Belag oder Nekrose – mit Enzymen oder feuchten Wundheilverbänden, wie Hydrogel, circa 20 Tage [2–5, 8]. Das Testprodukt war schneller, da 77 % (n = 44) ein komplettes Debridement nach 12 Tagen erreichten. Das Testprodukt wird vor der Anwendung mit einer physiologischen Kochsalz- oder Wundspüllösung mit Polihexanid angefeuchtet. Lokale Richtlinien bei den teilnehmenden Zentren befürworteten die Verwendung einer antimikrobiellen Lösung, wenn die Wunde als infektionsgefährdet angesehen wurde. Jedoch scheint es in Hinsicht auf die Debridement-Leistung unwahrscheinlich, dass die Wahl der Befeuchtungs-Flüssigkeit einen großen Einfluss auf das Debridement ausübt, da die Kontaktdauer kurz ist (weniger als 3 Minuten). Die „Wet-to-Dry-Phase“ – eine Wunddebridement-Methode, die bereits von Kammerlander et al. [2] beschrieben wurde, bei der antimikrobielle Lösungen in Kontakt mit dem Wundbett gebracht werden – hat gezeigt, dass der Kontakt mindestens 20 Minuten bis eine Stunde andauern muss, um Wirkung zu zeigen. Daher halten wir die in dieser Untersuchung verwendete Spüllösung nicht für einen signifikant beitragenden Faktor. Eine der wichtigsten Eigenschaften jedes neuen Debridement-Produkts ist seine klinische Leistung. Zusätzlich dazu sind die Unbedenklichkeit, eine gute Patientenverträglichkeit und hohe Anwenderakzeptanz notwendige Merkmale für ein Debridement-Produkt. Diese Untersuchung zeigt, dass das Testprodukt alle diese Qualitäten besitzt. Bei der Bewertung seiner Debridement-Leistung wurde es von den Anwendern als „Sehr gut“ bewertet. Es erwies sich als äußerst unbedenklich, es traten keinerlei Nebenwirkungen auf und es wurde sehr gut vertragen – die meisten Patienten erlebten während der Behandlung entweder kein oder nur leichtes Unbehagen (Diskomfort) und über 97 % erlebten keine Beschwerden direkt nach der Behandlung. Klinische Beispiele finden sich in Abb. 4 und 5. Auch wenn andere DebridementMethoden für tiefe Wunden vorgezogen werden (in den Herstelleranweisungen wird das Testprodukt für das Debridement oberflächlicher Wunden sowie die Wundumgebungshaut empfohlen), deuten die Ergebnisse an, dass das Testprodukt das Potenzial hat, verschiedene Debridement-Methoden zu ersetzen, wie z. B. chirurgisches und autolytisches Debridement, da es wirksam ist, nicht lange dauert, einfach anzuwenden und sehr komfortabel für die Patienten ist. Einschränkungen Da Fallstudien von ihrer Natur aus deskriptiv sind und weder Vergleichsoder Kontrollgruppen besitzen, können daraus keine Schlüsse hinsichtlich der Ursache-Wirkungs-Verhältnisse gezogen werden, was wir deshalb hier auch nicht tun können. Auch wenn generell akzeptiert ist, dass ein schnelles und wirksames Debridement von abgestorbenem Gewebe die Wundheilung fördert, so liegt es doch außerhalb des Umfangs dieser Untersuchung, jegliche Schlüsse bezüglich aller möglichen Einflüsse dieses Testproduktes auf die Wundheilung zu ziehen. Dieser Aspekt seiner Verwendung wird in zukünftigen Studien, die aktuell in der Planungsphase sind, angesprochen. | Schlussfolgerung Diese Untersuchung zeigt, dass Debrisoft gute Debridement-Eigenschaften besitzt, Debris und schleimige Beläge wirksam und schnell vom Wundbett entfernt. Das Produkt ist einfach anzuwenden, wenn man es mit anderen Debridement-Methoden vergleicht und kann einfach und unbedenklich von nicht-spezialisiertem Pflegepersonal sowohl in Kliniken als auch kommunalen Einrichtungen angewandt werden. Das Produkt erwies sich als gut verträglich und erzielte eine hohe Anwenderzufriedenheit. Zieht man seine Leistung, einfache Anwendung, die kurze Anwendungsdauer und den guten Komfort für die Patienten in Betracht, dann hat das Produkt das Potenzial, einige andere Debridement-Methoden, die aktuell in Einrichtungen verwendet werden, zu ersetzen. Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigt, dass dieses Produkt ein wirksames und zeitsparendes Medizinprodukt für das Debridement und die Wundbettvorbereitung bei verschiedenen Wundarten darstellt. Es hat sich als unbedenklich und für die Patienten als gut verträglich erwiesen und wurde in Aspekten wie einfache Anwendung, Komfort und der Gesamt-Anwenderzufriedenheit mit „Sehr gut“ bzw. „Gut“ bewertet. | Literatur 1. Vowden KR, Vowden P: Wound debridement, Part 2: Sharp techniques. J Wound Care. 1999; 8: 6, 291–294. 2. Kammerlander G, Andriessen A, Asmussen P et al.: Role of the wet-to-dry phase of cleansing in preparing the chronic wound bed for dressing application. J Wound Care. 2005; 14: 8, 349–352. 3. Steed DL, Donohoe D, Webster MW, Lindsley l: Effect of extensive debridement and treatment on the healing of diabetic foot ulcers. Diabetic Ulcer Study Group, J Am Coll Surg. 1996; 183: 1, 61–64. Wund Management 05/2011 · 265 Aus der PrAxis 4. Attinger CE, Janis JE, Steinberg J. et al.: Clinical approach to wounds: debridement and wound bed preparation including the use of dressings and wound-healing adjuvants. Plast Reconstr Surg. 2006; 117: (Suppl. 7), 72S–109S. 5. Ayello EA, Dowsett C, Schultz GS. et al.: TIME heals all wounds. Nursing. 2006; 34: 4, 36–42. 6. Falanga V: Wound bed preparation and the role of enzymes: a case for multiple actions of therapeutic agents. Wounds 2002; 14: 2, 47–57. 7. European Wound Management Association (EWMA ): Position Document: Wound Bed Preparation in Practice. MEP Ltd., 2004. 8. Bale S A: Guide to wound debridement. J Wound Care. 1997; 6: 4, 179–182. 9. Sibbald RG, Woo K, Ayello EA: Increased bacterial burden and infection: the story of NERDS and STONES. Adv Skin Wound Care. 2006; 19: 8, 447–461. 10. James GA, Swogger E, Wolcott R et al.: Biofilms in chronic wounds. Wound Repair Regen. 2008; 16: 1, 37–44. 11. Davis SC, Martinez l, Kirsner R: The diabetic foot: the importance of biofilms and wound bed preparation. Curr Diab Rep. 2006; 6: 6, 439–445. 12. Hämmerle G, Duelli H, Abel M, Strohal R: The wound debrider: a new monofilament fibre technology. Br J Nurs. 2011; 20: 6, S35–42. | Interessenskonflikte Das Untersuchungsprotokoll wurde von der Lohmann & Rauscher GmbH vorgeschlagen und unterstützt; die zu untersuchenden Produkte wurden zur Verfügung gestellt. MS und MA sind Mitarbeiter von Lohmann & Rauscher. Die anderen Autoren erklären, keinerlei relevanten finanziellen Interessen an der Untersuchung zu haben. Außer dem Input zum Protokoll hatten die Sponsoren keinerlei Rolle bei der Durchführung der Studie, wie zum Beispiel bei der Datenerfassung oder -analyse bzw. der Vorbereitung, Durchsicht oder Genehmigung des Manuskripts. mhp-Verlag GmbH D-65183 Wiesbaden Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks - auch auszugsweise - vorbehalten. Fotomechanische Wiedergabe nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den mhp-Verlag GmbH, Wiesbaden. Druck: Druckerei Chmielorz GmbH, Wiesbaden 266 · Wund Management 05/2011
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