Familiengerichtliche Anordnung im Konflikt mit dem Jugendamt

21. Deutscher Familiengerichtstag 2015
Arbeitskreis 20: Familiengerichtliche Anordnung im Konflikt mit dem Jugendamt
Leitung des Arbeitskreises:
Amtsleiterin Judith Osterbrink, Jugendamt Kassel &
Richter am AG Wolfgang Keuter, Bad Iburg
I. Konfliktfelder
In Kindschaftssachen ist das Zusammenspiel der verschiedenen Professionen, insbesondere des Jugendamtes und des Familiengerichts, für eine zügige und dem Kindeswohl entsprechende Verfahrenserledigung von besonderer Bedeutung. So gut zumeist die Zusammenarbeit funktioniert, lassen
sich doch Konflikte zwischen Jugendamt und Familiengericht nicht völlig vermeiden, z. B.:
Trennung eines Kindes von bzw. Rückführung zu den Eltern: Das Familiengericht hält aus juristischer
Sicht die Trennung eines Kindes von den Eltern oder die weitere Aufrechterhaltung einer bereits vollzogenen Trennung für unverhältnismäßig. Das Jugendamt dagegen beurteilt aus seiner fachlichen
Sicht die Erfolgsaussichten (weiterer) ambulanter Hilfsmaßnahmen als aussichtslos / nicht zielführend
/ unzureichend oder hält eine Rückführung für eine Gefährdung des Kindes.
Begleiteter Umgang: Das Familiengericht hält die Anordnung eines begleiteten Umgangs als milderes
Mittel gegenüber dem zeitweiligen Ausschluss des Umgangsrechts für notwendig. Das Jugendamt
beurteilt den Kontakt als äußerst belastend für das Kind und lehnt auch begleiteten Umgang aus Kindeswohlsicht ab.
II. Aktueller Bezug
Das BVerfG hat in neueren Entscheidungen (Beschluss vom 24.03.2014, ZKJ 2014, 242; Beschluss
vom 22.05.2014, FamRZ 2014, 1266) erklärt, das Familiengericht müsse die Frage, ob öffentliche
Hilfen erfolgversprechend seien, „letztlich in eigener Verantwortung beurteilen“ und es sei „ungewiss,
ob das Familiengericht befugt ist, das Jugendamt zur Gewährung öffentlicher Hilfen zu verpflichten.“
Es verweist zudem auf die Möglichkeit, auf verwaltungsgerichtlichem Wege die Gewährung von Unterstützung durch das Jugendamt einzufordern.
III. Arbeitskreisthemen
Im AK werden insbesondere nachfolgende Fragen diskutiert werden:
• Welche Ursachen haben Konflikte zwischen Familiengericht und Jugendamt? Und wie wird mit den
unterschiedlichen Aufträgen umgegangen?
• Wie lassen sich Konflikte zwischen Familiengericht und Jugendamt vermeiden, bereits entstandene Konflikte einvernehmlich beilegen? Wie ist ein Umgang auf Augenhöhe herzustellen?
• Müssen gesetzliche Vorgaben für die Gewährung von Hilfen auf Herstellung / Wiederherstellung
elterlicher Erziehungskompetenz verbessert werden, insbesondere hinsichtlich der Antragsbefugnis bezüglich Hilfen nach § 37 SGB VIII bei vorausgegangenem Sorgerechtsentzug?
• Wie wird sichergestellt, dass das Kind bei diesen Konflikten im Mittelpunkt der Geschehnisse
bleibt?
• Bedarf es einer gesetzlichen Regelung der Lösung von Konflikten zwischen FamG und Jugendamt,
falls ja: wer soll das Entscheidungsprimat erhalten? Oder genügt eine Verpflichtung von Jugendamt
und Familiengericht zur Zusammenarbeit?