6.2015 das Krankenhaus Politik Dr. Michael Mörsch/Sabrina Weid Krankenhaus-Strukturgesetz: Eine Lösung der zentralen Finanzierungsprobleme ist nicht in Sicht A m 28. April 2015 hat das Bundesministerium für Gesundheit seinen Referentenentwurf für ein KrankenhausStrukturgesetz (KHSG) vorgelegt. Das KHSG soll die bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigte Krankenhausreform umsetzen. Der Referentenentwurf ist allerdings alles andere als ein großer Wurf. Ganz im Gegenteil: In den Krankenhäusern löst der Entwurf großes Entsetzen aus, da er keines der Probleme löst, die ihnen unter den Nägeln brennen. Das ist mehr als enttäuschend und macht Nachbesserungen, die den Krankenhäusern eine vollständige Refinanzierung des Personalbestandes und der steigenden Personalkosten, eine sachgerechte Finanzierung ihrer ambulanten Notfall leistungen und -vorhaltungen sowie eine ausreichende Finanzierung ihres Investitionsbedarfs ermöglichen, zwingend erforderlich. Darüber hinaus muss der Gesetzgeber beantworten, wie die Herausforderungen des demographischen Wandels und des medizinischen Fortschritts gemeistert werden sollen. Konkret: Wie können der zunehmende Versorgungsbedarf e iner älter werdenden Bevölkerung und die steigende Zahl multimorbider und dementer Patienten erfüllt werden? Und nicht zuletzt: Wie ist dem Fachkräftemangel zu begegnen, der sich in den Krankenhäusern schon heute bemerkbar macht und in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird? Zu allen diesen Fragen bleibt der Gesetzentwurf die Antworten schuldig. Stattdessen bringt die Reform den Krankenhäusern neue Kürzungen, neue Dokumentationsbürokratie und Kontrollen. Die Krankenhäuser können das nicht akzeptieren. Erwartungen an die Reform der Betriebs kostenfinanzierung bzw. den Orientierungswert und insbesondere die absenkende Berücksichtigung der Leistungsentwicklung bei den Landesbasisfallwertverhandlungen haben dazu geführt, dass die Krankenhäuser schon seit Jahren nicht mehr in der Lage sind, ihre steigenden Personalkosten zu refinanzieren. Denn über Jahre klaffen die Tarifsteigerungen und die realisierbaren Zuwächse der Landesbasisfallwerte auseinander. Alleine im Fünfjahreszeitraum von 2011 bis 2015 entstand so eine Refinanzierungslücke von rund 4,5 Prozent (siehe u Tabelle 1). Für das Jahr 2015 bedeutet dies eine aufsummierte Unterfinanzierung des tarifbedingten Personalkostenzuwachses in Höhe von rund 2,5 Mrd. €. Die Zahlen machen deutlich, warum viele Krankenhäuser die laufenden Kosten des Betriebs nicht decken können. Über die Tarifsteigerungen hinausgehende Personalkostenzuwächse bleiben ebenfalls ungedeckt. Die Krankenhäuser werden in Verluste bzw. restriktive Personalbewirtschaftung getrieben. Vor diesem Hintergrund erwarten die Krankenhäuser von der Reform, dass sie die Voraussetzungen für eine dauerhaft verlässliche Refinanzierung unvermeidbarer Kostensteigerungen im Personal- und Sachkostenbereich schafft. Die im Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen werden diesen Erwartungen jedoch nicht annähernd gerecht. Landesbasisfallwerte nicht länger degressieren! Die Krankenhäuser erwarten von der Reform, dass die bislang für die jährlichen Verhandlungen der Landesbasisfallwerte geltenden, leistungsmengenbezogenen Kürzungskomponenten ersatzlos gestrichen werden. Die vollständige Streichung der Absenkungstatbestände hätte zur Folge gehabt, dass den Krankenhäusern in Zukunft zumindest die Grundlohnrate zur Refinanzierung der jährlich steigenden Personalkosten zur Verfügung gestanden hätte. Stattdessen sieht der Referentenentwurf eine nur teilweise Rücknahme der leistungsbedingten Absenu kungen vor. Mehr als ein Drittel der Krankenhäuser schreibt rote Zahlen. Die überwiegende Zahl der KrankenTabelle 1: Refinanzierungslücke des tarifbedingten Personalkostenzuwachses häuser kann keine Reserven zur Zukunftsgestaltung aufbauen. Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 Summe Eine wesentliche Ursache für die Anstieg Tariflöhne (TVöD) 1,80 % 3,50 % 2,80 % 4,07 % 2,50 % 14,67 % finanziellen Nöte der Krankenhäuser Anstieg Landesbasisfallwerte* 0,32 % 2,07 % 2,66 % 3,06 % 2,07 % 10,18 % sind die restriktiven gesetzlichen Vorgaben für die jährlichen VergütungsanRefinanzierungslücke – 1,48 % – 1,43 % – 0,14 % – 1,01 % – 0,43 % – 4,49 % passungen. Die Deckelung der Landes*Einschließlich Versorgungszuschlag und Tarifrate basisfallwerte durch die Grundlohnrate 521 Politik Denn tatsächlich wird nach den vorgesehenen Regelungen der Landesbasisfallwert nur teilweise von der Berücksichtigung von Leistungsentwicklungen befreit. Mengensteigerungen a ußerhalb des Fallpauschalenbereichs gehen auch ab dem Jahr 2017 weiterhin vollständig zulasten des Landesba sisfallwerts, soweit die Ausgabenentwicklung den Veränderungswert überschreitet. Dadurch werden Krankenhäuser für Leistungssteigerungen in den Vergütungssegmenten, die ergänzend zu den Fallpauschalen erheblich zu einer sachgerechteren Vergütung beitragen, weiterhin kollektiv abgestraft. Auch die Krankenhäuser, die keine oder nur wenige Entgelte außerhalb der Fallpauschalen berechnen, müssen eine hierdurch bedingte Absenkung des Landesbasisfallwerts gegen sich gelten lassen. Die in den Landesbasisfallwertverhandlungen an dieser Stelle absenkend geltend gemachten Beträge sind nicht zu unterschätzen. Die durch die Leistungsentwicklung im DRG-Bereich und die Ausgabenentwicklung außerhalb des Fallpauschalenbereichs ausgelösten Absenkungsbeträge verteilen sich in vielen Ländern ungefähr hälftig. Damit bleibt etwa die Hälfte der Degression auf der Landesebene erhalten. Zu den auch in Zukunft absenkend wirkenden Tatbeständen zählen unter anderem die Entwicklungen bei den bewerteten und unbewerteten Zusatzentgelten, bei den Entgelten für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) sowie bei den Erlösen der besonderen Einrichtungen. Fixkostendegressionsabschlag verschärft wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser und zwingt zu Priorisierung und Rationierung Im Zuge der Verlagerung der Berücksichtigung der Leistungsentwicklung auf die Ortsebene soll der bisherige Mehrleistungsabschlag durch einen Fixkostendegressionsabschlag für zusätzlich vereinbarte Leistungen abgelöst werden. Die Vorgabe, dass die Verlagerung der Fixkostendegression von der Landesbasisfallwertebene auf die Ortsebene aufwandsneutral erfolgen soll, wird zu hohen Abschlägen bei Leistungszuwächsen führen, welche die betroffenen Krankenhäuser infolge von mehr Patienten und schwereren Erkrankungen erbringen müssen. Wenn dann auch noch zusätzlich zu den auf der Landesebene vorgegebenen Absenkungsquoten ergänzende Kürzungen in den Budgetverhandlungen vor Ort von den Kassen gefordert werden können, entsteht ein absolut unkalkulierbares Übermaß an Kürzungen bei den zukünftigen Leistungserfordernissen, die die Krankenhäuser in der Weiterentwicklung der Medizin und des medizinischen Bedarfs zu erfüllen haben. Das vorgesehene Konzept ist deshalb nicht zukunftsfähig und zwingt zu Priorisierung und Rationierung medizinisch notwendiger Leistungen. Die vorgesehene Ausgestaltung des Fixkostendegressionsabschlags führt zu einer deutlichen Verschärfung der finan ziellen Probleme der Krankenhäuser. In erster Linie tragen dazu die längere Abschlagsdauer mit fünf Jahren, die steigende Abschlagshöhe, die Begrenzung der Ausnahmetatbestände auf einen engen Katalog unverzichtbarer Ausnahmen sowie noch522 das Krankenhaus 6.2015 mals erhöhte Abschläge für Leistungen mit höherer Fixkostendegression oder wirtschaftlich begründeten Fallzahlsteigerun gen bei. Während die bisherige Degression auf der Landesebene nur die Leistungszuwächse absenkend berücksichtigte, die im Rahmen des Zwei-Säulen-Konzeptes bis zur Obergrenze nicht mit Kosten neutralisierbar waren, schlägt nach dem Konzept im Referentenentwurf der gesamte Zuwachs auf der Ortsebene voll als Minderung durch. Ebenfalls deutlich schlechter wirkt sich aus, wenn eine einmalige Leistungssteigerung vorliegt, die im Jahr des Erstauftretens einen 5-jährigen Kürzungsimpuls auslöst, ohne dass in den Folgejahren Erlöse erzielt werden. Hier könnte es dazu kommen, dass die Degressionsabschläge mehr kosten als Erlöse erzielt werden. Ein weiteres Zeichen für die offenbar stark ausgeprägte Angst des Gesetzgebers vor steigenden Krankenhausleistun gen für die Patienten ist die Anhebung des Fixkostendegres sionsabschlags auf der Ortsebene. Ein höherer Abschlag oder eine längere Erhebungsdauer sollen schon dann vereinbart werden, wenn für Leistungen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen zu erwarten sind. Zusätzliche Leistungen sind jedoch in aller Regel prospektiv zu vereinbaren. Sollen die Krankenkassen also in Zukunft in den Budgetverhandlungen mit den Krankenhäusern zunächst zusätzlich erforderliche Leistungen vereinbaren, um diese dann im direkten Anschluss als „wirtschaftlich begründet“ zu klassifizieren und zu rabattieren? Ein solches Verhandlungsverhalten sollte selbst den Krankenkassen nicht zugemutet werden. Zentrale Ursache und Hintergrund der neuen Belastungen der Krankenhäuser ist die bereits in den Eckpunkten zur Reform formulierte Vorgabe und Leitschnur, dass die Verlagerung der Fixkostendegression von der Landesbasisfallwert ebene auf die Ortsebene aufwandsneutral erfolgen soll. Anstelle der dringend erforderlichen Entlastung der Krankenhäuser erfolgt somit ganz bewusst lediglich eine Umverteilung von Degressionslasten; es bleibt aber bei der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser. In jedem Fall müsste durch entsprechende gesetzliche Vorgaben klargestellt werden, dass bei der gegenwärtigen Degression auf Landesebene nur der Saldo der Leistungszuwächse im jeweiligen Bundesland zur Diskussion steht. Dies muss bei der Frage der Ausgabenneutralität auf jeden Fall berücksichtigt werden. Neben der finanziellen Schlechterstellung aus den vorgenannten Gründen tritt auch eine enorme Ausweitung der Komplexität infolge der unterschiedlichen Abschlagshöhen und -dauern in Abhängigkeit von den anfallenden Mehrleis tungen ein. Die Aufnahme neuer, nicht konkret fassbarer und abgrenzbarer Tatbestände wie Leistungen mit höherer Fixkos tendegression oder Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwarten sind, lassen angesichts der Unbestimmtheit zahlreiche neue Konfliktfelder bei den Budgetverhandlungen erwarten. Diesbezüglich hilft es auch nicht weiter, wenn zukünftig die Vertragsparteien auf der Bundesebene die näheren Einzelheiten zur Umsetzung des Fixkostendegressionsabschlags vereinbaren sollen. 6.2015 das Krankenhaus Politik In der Gesamtschau sind die Vorgaben Tabelle 2: Mogelpackung Degressionsabbau – Kürzungskomponenten beim für den neuen Abschlag eine ZumuLandesbasisfallwert alt und neu tung für alle an der Budgetverhandlung Beteiligten. Es ist nicht erkennbar, wie Alte Degression Neue Degression die Ermittlung des Abschlagsvolumens Grundlohnrate Grundlohnrate bei den vorgesehenen Regelungen – DRG-Leistungsentwicklung – ersetzt durch Produktivität, Fehlbelegung, Verlagerungspotenzial noch mit vertretbarem Aufwand tech– Ausgabenentwicklung Nicht-DRG-Bereich – Ausgabenentwicklung Nicht-DRG-Bereich nisch umgesetzt werden kann. Schon jetzt ist absehbar, dass der Kollaps der – NUB-Entgelte – NUB-Entgelte Budgetverhandlungen und Schiedsver– Sicherstellungszuschlag – begrenzt auf Landesvorgaben fahren spätestens im Jahr 2021 eintre– Zentrumszuschlag (entfällt) ten wird. Denn dann müssten die Kran– Wirtschaftlichkeitsreserven – Wirtschaftlichkeitsreserven kenhäuser und Kostenträger eine Einigung über die budgettechnischen Auswirkungen der für die Jahre 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 möglichst wenig bei den Krankenhäusern ankommen soll zusätzlich vereinbarten Leistungen und der gegebenenfalls vor (siehe u Tabelle 2). Ort ergänzend dazu verhandelten Abschlagshöhen und -dauern erzielen. Wer einmal an einer entsprechenden Budget- Produktivitätsentwicklung oder Schiedsverhandlung teilgenommen hat, ahnt, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit ist. Dass die Produktivitätsentwicklung künftig absenkend bei den Landesbasisfallwertverhandlungen berücksichtigt werden soll, Neue Kürzungen bei den Landesbasis kann als gesetzlich verfügte Personalverknappung bezeichnet werden. Die Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung fallwerten! steht im absoluten Widerspruch zu der Grundphilosophie, PerAuf das Schärfste zurückzuweisen sind auch die neuen Kür- sonalabbau im Krankenhausbereich verhindern zu wollen. Es zungskomponenten für die Verhandlungen der Landesbasis- ist zu befürchten, dass die Krankenkassen die Vorschrift nutfallwerte. Die geplante Berücksichtigung der Produktivitätsent- zen werden, um zusätzliche Absenkungen des Landesbasisfallwicklung, der Ergebnisse von Fehlbelegungsprüfungen und werts für angeblich vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven zu der Möglichkeiten zu Leistungsverlagerungen in den am fordern. Nach der Lesart der Kassen könnte sich die für den Kranbulanten Bereich sind ein weiterer Beleg dafür, dass der Gesetzgeber möglichst wenig Mittel für die Finanzierung der kenhausbereich maßgebliche Arbeitsproduktivität letztlich Krankenhäuser bereitstellen möchte. Gleiches gilt für die Wie- über das Verhältnis zwischen erbrachten Leistungen (messbar dereinführung der 1/3-Kürzungsverhandlungen über die Ober- in Bewertungsrelationen) und erbrachtem Personaleinsatz grenze für die Landesbasisfallwerterhöhungen. Ganz offen (messbar in Vollkräften) ausdrücken. Ein Krankenhaus, das sichtlich zeigt sich auch hier die Absicht des Gesetzgebers, mit weniger Vollkräften die gleichen Leistungen wie ein andass von dem Erhöhungspotenzial aus der Grundlohnrate deres Krankenhaus erbringt, arbeitet nach dieser Formel wirt- Politik schaftlicher. Durch die Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung wird den Kostenträgern Tür und Tor geöffnet, Wirtschaftlichkeitsvergleiche zwischen Krankenhäusern auf der Grundlage des eingesetzten Personals zu führen und daraus Absenkungsforderungen abzuleiten. Die Vorgabe konterkariert einen der Kernpunkte des Gesetzes, die Sicherstellung einer hohen Qualität der Krankenhausbehandlung, und kann daher von der Politik so nicht gewollt sein. Fehlbelegungspotenzial Die Berücksichtigung von Fehlbelegungspotenzial kommt einem doppelten Abkassieren gleich. Bei knapper Überschreitung der unteren Grenzverweildauer erfolgen bereits heute systematisch Rechnungskürzungen durch den MDK wegen angeblicher Fehlbelegung, und dies bei schwieriger Beweisführung der Notwendigkeit eines zusätzlichen Behandlungstages bei retrospektiver Sichtweise. Dieses „Potenzial“ darf keinesfalls beim Landesbasisfallwert nochmals absenkend wirken. Aus der Begründung geht zwar hervor, dass keine doppelte Berücksichtigung erfolgen soll. Aber wie soll bei den hier vorgegebenen unbestimmten Tatbeständen eine trennscharfe Abgrenzung zu bereits im Vergütungssystem berücksichtigten Effekten gelingen? Wer weiß in den prospektiv im Oktober zu führenden Landesbasisfallwertverhandlungen, wie hoch die Rechnungskürzungen im Krankenhaus X oder im Krankenhaus Y, welche die Kassen mit Hilfe der rund 2 Millionen MDK-Prüfungen abholen werden, im Laufe des Folgejahres sein werden? Und was hat das mit der Preisbildung zu tun? Das Krankenhausfinanzierungsrecht sieht kein über Preisund Mengenkomponenten gebildetes Landeskrankenhausbudget vor. Leistungsverlagerungen Auch die Einbeziehung von Leistungsverlagerungen stationä rer Leistungen in den ambulanten Bereich ist nicht nachvollziehbar. Sofern stationäre Leistungen erbracht werden, die ambulant hätten erbracht werden müssen, werden diese vom MDK als primäre Fehlbelegung weggeprüft. Das ambulante Potenzial verlagert die damit verbundenen Geldvolumina automatisch, indem nicht stationär erbrachte Leistungen von den Krankenkassen auch nicht aus dem stationären Topf gezahlt werden. Nicht vereinnahmte Mittel dürfen nicht zusätzlich den Landesbasisfallwert mindern. Die für den Referentenentwurf Verantwortlichen weisen an dieser Stelle darauf hin, dass die zuvor genannten Absenkungstatbestände lediglich zur Konkretisierung der schon heute im Gesetz stehenden Wirtschaftlichkeitsreserven dienen sollen. Dementsprechend handele es sich nicht um neue Kürzungskomponenten. Wer das Vorgehen der Krankenkassen in den Verhandlungen der Landesbasisfallwerte kennt, weiß jedoch, dass dies nicht zutrifft. Unter Wirtschaftlichkeitsreserven werden zum Beispiel Verweildauerabsenkungen, Absenkungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Ähnliches abgehandelt. Jede neue Komponente, die im Gesetz genannt 524 das Krankenhaus 6.2015 wird, führt zu einer weiteren Minderung der Landesbasisfallwerte. Für die Krankenhäuser zählt jedoch jedes Promille. Denn jedes Promille Grundlohnratenunterschreitung kostet die Kliniken über 60 Mio. €. Das sind 60 Mio. €, die dann für die Finanzierung des Personals und der Tariflohnanstiege nicht mehr zur Verfügung stehen. Die angekündigte Freistellung der Landesbasisfallwerte von den Leistungsdegressionskomponenten ist daher eine Mogelpackung, wenn die neuen Kürzungskomponenten tatsächlich in das Gesetz aufgenommen werden. Obergrenze für die Landesbasisfallwertverhandlungen (Veränderungswert) Der Rückfall auf einen auf ein Drittel der Differenz zwischen einem höheren Orientierungswert und der Grundlohnrate beschränkten Verhandlungskorridor im Rahmen der Landesbasisfallwertverhandlungen ist ebenfalls Ausdruck einer auf Kürzung und Enghalten ausgerichteten Grundphilosophie. Der Orientierungswert soll die Entwicklung der Kosten in den Krankenhäusern abbilden, die – wie insbesondere die Tarifentwicklungen – nicht von den Krankenhäusern zu beeinflussen sind. Er müsste deshalb immer in voller Höhe als Veränderungswert zur Anwendung kommen, wenn er die Grundlohnrate übersteigt. Wird die tatsächliche Kostenentwicklung den Krankenhäusern hingegen wie vorgesehen weggekürzt, dann stellt sich die Frage, warum man den Orientierungswert zuvor überhaupt aufwendig ermittelt! Wegfall des Versorgungszuschlages in 2017 entzieht 500 Mio. €! Ein Wegfall des derzeitigen bundeseinheitlichen Versorgungszuschlages von 0,8 Prozent bedeutet für die Krankenhäuser eine Absenkung der Vergütungen im Volumen von rund 500 Mio. €, die dauerhaft wirkt. Angesichts des Fortbestehens der massiven Belastungen der Krankenhäuser insbesondere im Personalkostenbereich wird damit die ohnehin schwierige Lage der Krankenhäuser noch weiter verschärft. Die ursprüngliche Zielsetzung einer nachhaltigen Verbesserung der finan ziellen Lage der Krankenhäuser des Jahres 2013 wird somit verfehlt. Begründet wird der Wegfall im Zusammenhang mit der Verlagerung der Mengenberücksichtigung von der Landes- auf die Krankenhausebene ab dem Jahr 2017, mit der auch die Kombination aus Versorgungszuschlag und dem bisherigen Mehrleistungsabschlag abgeschafft wird. „Zur Vermeidung von Fehlanreizen“ sollen jedoch die Mehrleistungen der Jahre 2015 und 2016 jeweils noch dem bisherigen dreijährigen Mehrleistungsabschlag unterliegen. Mehrleistungsabschläge wirken insofern bis in das Jahr 2018 fort, während der Versorgungszuschlag bereits 2016 ausläuft. Da ab 2017 der Fixkostendegressionsabschlag zusätzlich Anwendung findet, führt dies zu massiven Kürzungen in Krankenhäusern, die steigende Patientenzahlen zu behandeln haben. Die Weitererhebung von Mehrleistungsabschlägen ist spätestens 2017 zu beenden! u das Krankenhaus Kohlhammer Erfolgsstrategien für ländliche Krankenhäuser am 22.6.2015 im Berlin Krankenhäuser in ländlichen Regionen haben vielfältige Chancen, mit innovativen Konzepten die Zukunft ihres Krankenhauses und die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ihrer Region bedarfsgerecht, qualitativ hochwertig und wirtschaftlich zu sichern. Begegnen Sie auf der Konferenz von DKI und BDO in Kooperation mit dem Verlag W. Kohlhammer und der Zeitschrift „das Krankenhaus“ Entscheidungsträgern aus dem ländlichen Raum, lernen Sie erfolgreich umgesetzte Strategien und Konzepte kennen und greifen Sie die Chancen für Ihr Krankenhaus auf. 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Moderation Jürgen Metzenmacher, BDO AG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Köln Dr. Karl Blum, Deutsches Krankenhausinstitut e.V., Düsseldorf 9.30 – 9.40 Uhr Begrüßung 9.40 – 10.15 Uhr Sicherstellungszuschlag für die Gynäkologie und Geburtshilfe am Beispiel der Hunsrück Klinik kreuznacher diakonie Dr. rer. pol. Thorsten Junkermann, Hunsrück Klinik kreuznacher diakonie, Simmern Dr. jur. Ulrich Trefz, Anwaltskanzlei Quaas & Partner mbB, Stuttgart 10.15 – 10.50 Uhr Vom Krankenhaus der Grundversorgung zum Gesundheitscampus durch Telemedizin Bernd Löser, Städt. Krankenhaus Maria-Hilf Brilon gGmbH 10.50 – 11.10 Uhr Kaffeepause 11.10 – 11.45 Uhr 6 starke Partner und eine noch stärkere Idee – der 6K-Klinikverbund Dr. Roland Ventzke, Städtisches Krankenhaus Kiel GmbH, 6K-Klinikverbund 11.45 – 12.20 Uhr Sicherstellung der stationären Grund- und Regelversorgung der ländlichen Bevölkerung über eine Fusion mit einem Schwerpunktversorger Heinrich Trapp, Landrat, Landkreis Dingolfing-Landau 12.20 – 12.55 Uhr Aufstieg von drei ländlichen Grund- und Regelversorgern zu einem regionalen Schwerpunktversorger Ulrich Pomberg, Klinikum Emden – Hans-Susemihl-Krankenhaus gemeinnützige GmbH, Emden 12.55 – 13.55 Uhr Mittagessen 13.55 – 14.30 Uhr Vom ländlichen Krankenhaus zum Integrierten Versorgungszentrum Dr. med. Anke Lasserre, Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide gGmbH 14.30 – 15.05 Uhr „Gesundheitszentrum Glantal“ – Die Realisierung eines sektorübergreifenden Versorgungszentrums in Rheinland-Pfalz Dr. Gerald Gaß, Landeskrankenhaus (AöR), Andernach 15.05 – 15.25 Uhr Kaffeepause 15.25 – 16.00 Uhr Fachkräftemangel – Lösungsansätze im Netzwerk der Versorgung Dr. med. Helmut Middeke, Klinikum Lippe gGmbH, Detmold 16.00 – 16.35 Uhr Erfolgreiche Personalentwicklung für Ärzte im ländlichen Raum: Ausbildungskonzept Allgemeinmedizin Dillingen (AKADemie) Dr. med. Ulrike Bechtel, Kreiskliniken Dillingen-Wertingen gemeinnützige GmbH, Kreisklinik St. Elisabeth Dillingen 16.35 – 17.10 Uhr Lösungsmöglichkeiten aus dem Ausland am Beispiel der Niederlande Jacob A. Bijkerk, Bijkerk Management, Wesel 17.10 – 17.15 Uhr Verabschiedung der Teilnehmer Das ausführliche Programm und Ihre Online-Anmeldemöglichkeit finden Sie unter www.dki.de. Kontakt: Deutsches Krankenhausinstitut GmbH Hansaallee 201 40549 Düsseldorf Tel.: (02 11) 4 70 51-16 E-Mail: [email protected] www.dki.de das Krankenhaus 6.2015 Politik Vorgesehene Maßnahmen im Entwurf des Krankenhaus-Strukturgesetzes. Festlegung eines gestuften Systems von Notfallstrukturen in Was passiert 2015? Landesebene Bundesebene Anwendung der neuen unteren Bundesbasisfallwertgrenze Krankenhäusern (bis 31. Dezember 2016). BMG, den Ländern und dem GKV-SV (bis 31. Dezember 2015). Verhandlung des Veränderungswerts im Rahmen der 1/3 Differenz, falls der Orientierungswert oberhalb der Grundlohnrate liegt, ansonsten Weitergeltung der Meistbegünstigungsklausel (bis 31. Oktober jeden Jahres). Überprüfung der Regelung bis 2018. und des ggf. neu ermittelten Veränderungswertes bei den Landesbasisfallwertverhandlungen. Fortführung der Konvergenz der Landesbasisfallwerte (100 Prozent untere Korridorgrenze/sechs Jahre Konvergenz obere Korridorgrenze und Wegfall der Kappungsgrenzen). Eröffnung des Strukturfonds zur Förderung von Vorhaben zur Verbesserung von Versorgungsstrukturen (Entscheidung über Fortsetzung Ende 2018). Erstmalige Vereinbarung des jährlichen Fixkostendegres sionsabschlages auf Landesebene mit Wirkung für 2017 (jeweils bis zum 30. September des Vorjahres). Was passiert in 2016? Krankenhausebene Bundesebene Beginn des dreijährigen Pflegestellenförderprogramms Ermittlung des Bundesbasisfallwerts mit neuen Korridorgrenzen (bis 31. Oktober jeden Jahres). Vereinbarung über das Nähere zum Strukturfonds zwischen Vereinbarung des Näheren zu den Zentrumszuschlägen (bis 31. März 2016). Vereinbarung über die Absenkung oder Abstaffelung der ewertungsrelationen für Leistungen mit Anhaltspunkten B für eine wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerung (bis 31. Mai 2016). Vereinbarung eines Konzepts zur sachgerechten Korrektur der Bewertungsrelationen zur Vermeidung von Fehlanreizen bei systematischer Übervergütung der Sachkostenanteile (bis 30. Juni 2016). Vereinbarung eines Katalogs mit unverzichtbaren Ausnahmen für zusätzliche Leistungen, die keinem Fixkostendegressionsabschlag unterliegen, sowie nähere Einzelheiten zur Umsetzung (erstmals bis 30. September 2016). Vereinbarung eines Konzepts für eine repräsentative Kalkulationsstichprobe (bis 31. Dezember 2016). Vereinbarung der Anforderungen an die Durchführung klinischer Sektionen zur Qualitätssicherung (bis 31. Dezember 2016). Vereinbarung der Rahmenbedingungen für die Qualitätsverträge (bis 31. Dezember 2016). Bundesebene – G-BA Beschluss über bundeseinheitliche Vorgaben für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen (bis 31. März 2016). Festlegung der vier Leistungen oder Leistungsbereiche für die Qualitätsverträge (bis 31. Juli 2016). (2016–2018). Vereinbarungen über krankenhausindividuelle, befristete Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten aufgrund von Richtlinien oder Beschlüssen des G-BA, sobald die Vereinbarung auf Bundesebene zu den diesbezüglichen Rahmenbedingungen geschlossen wurde. Teilweise rückwirkende Geltung für Mehrkosten aufgrund der Anforderungen der Qualitätssicherungsrichtlinie Früh- und Reifgebo rene. Vereinbarungen über Zentrumszuschläge, sobald die diesbezügliche Rahmenvereinbarung auf Bundesebene geschlossen wurde. Absenkung des Investitionskostenabschlages für Krankenhausambulanzen (von 10 auf 5 Prozent). Was passiert 2017? Bundesebene Vereinbarung der Höhe und die nähere Ausgestaltung der Qualitätszu- und -abschläge (bis 30. Juni 2017). Vereinbarung über die Höhe und die nähere Ausgestaltung der Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme an der Notfallversorgung (bis 30. Juni 2017). Erarbeitung eines Vorschlags durch eine Expertenkommission beim BMG, wie die Finanzmittel des Pflegestellenförderprogramms dauerhaft zur Förderung der Pflege zur Verfügung gestellt werden können (bis 31. Dezember 2017). Festlegung von geeigneten Maßnahmen zur Sicherung der Hygiene sowie Indikatoren zur Beurteilung der Hygienequalität im Rahmen einer Richtlinie (bis 31. Dezember 2016). Festlegung der Leistungen oder Leistungsbereiche für eine qualitätsabhängige Vergütung (bis 31. Dezember 2016). 526 Landesebene Aufhebung der Mengendegression der mit Fallpauschalen vergüteten Leistungen auf der Landesebene. 6.2015 das Krankenhaus Politik Krankenhausebene Weitere Vorgaben Dauerhafte Streichung des Versorgungszuschlags und des Bundesebene „klassischen Mehrleistungsabschlages“ (Mehrleistungsabschlag wirkt aufgrund der dreijährigen Geltungsdauer noch bis 2018). Einführung des Fixkostendegressionsabschlages (Dauer: mindestens fünf Jahre/Höhe: auf Landesebene zu vereinbaren – Verhandlungen über Überschreitungen auf Ortsebene). Die neuen angeführten Zu- und Abschläge können abgerechnet werden, sobald eine entsprechende Rahmenvereinbarung vorliegt (ggf. sind dort enthaltene Zeitvorgaben zu berücksichtigen). Betrifft voraussichtlich die Sicherstellungszuschläge, Qualitätszu- und -abschläge, Zuschläge für die klinische Sektion. Erstmalig abgestaffelte oder abgesenkte Bewertungsrela tionen und Korrekturen bei systematischer Übervergütung der Sachkostenanteile im DRG-Katalog, soweit im Rahmen der Bundesvereinbarung vereinbart und bei der Kalkulation umgesetzt. Möglichkeit zur Vereinbarung von Qualitätsverträgen. Konkretisierung der Mindestmengenregelung. Überarbeitung der Qualitätsberichte, unter anderem mit dem Ziel einer besseren Verständlichkeit im G-BA. Vereinbarung von Vorgaben für die befristeten Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten aufgrund von Richt linien oder Beschlüssen des G-BA. Festlegung von Vorgaben zur Durchsetzung und Kontrolle der Qualitätsanforderungen des G-BA (unter anderem unangemeldete MDK-Kontrollen). Mögliche Empfehlungen an die Vertragsparteien auf der Landesebene zur Vereinbarung der Basisfallwerte und der zu berücksichtigenden Tatbestände, insbesondere zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven. Vereinbarungen von bundeseinheitlichen Vorgaben zur Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen sind möglich. gen werden. Die Effekte dieser Kürzungskomponenten belaufen sich auf ca. 1 Mrd. €, die den Krankenhäusern im Wahljahr 2017 entzogen werden. Anstelle einer Verbesserung der Regelfinanzierung der Krankenhäuser tritt eine deutliche Verschlechterung bei ohnehin gedeckelten Zuwachsraten ein (siehe u Tabelle 3). Statt des Wegfalls der „doppelten Degression“ entsteht im Jahr 2017 eine Vervierfachung durch Punktuelle Verbesserungen lösen die generelle Unterfinanzierungsproblematik nicht! 1.die Fortführung der Leistungsmengendegression beim Landesbasisfallwert (Abbau erfolgt nur teilweise), 2. den Fixkostenabschlag, der höher als der bisherige Mehrleis tungsabschlag ist und auch länger als dieser erhoben wird, 3. die zusätzliche Fixkostendegression auf der Ortsebene und 4. die DRG-Katalog-Degressionskomponente (Abstaffelung). Dramatische Finanzierungs situation im Jahr 2017 Besonders dramatisch wird die Finanzierungssituation der Krankenhäuser im Jahr 2017 (siehe u Tabelle 4). Der ersatzlose Wegfall des Versorgungszuschlags wird den Krankenhäusern jährlich Finanzierungsmittel in Höhe von 500 Mio. € entziehen. Hinzu kommen weitere Vergütungskürzungen durch die auch im Jahr 2017 noch zu zahlenden Mehrleistungsabschläge aus den Jahren 2015 (zehn zusätzliche Geburten im Jahr 2015 mindern noch 2017 nachwirkend die Vergütung aller Leistungen des Krankenhauses!) und 2016 sowie durch die neuen Fixkostendegressionsabschläge, deren Höhe und Erhebungsdauer die bisherigen Mehrleistungsabschläge deutlich überstei- Keinen Beitrag zur Lösung der generellen Unterfinanzierungsproblematik der Krankenhäuser leisten die im Gesetzentwurf punktuell vorgesehenen Verbesserungen. Denn mit Ausnahme der Halbierung des Investitionsabschlages in der ambulanten Notfallversorgung sind die Verbesserungen an den Tabelle 3: Verschlechterung der Regelfinanzierung der Krankenhäuser 2013–2017 Versorgungszuschlag (VZ)/Mehrleistungsabschlag (MLA)/Fixkostendegressionsabschlag (FKDA) 2013 2014 2015 2016 2017 2018 VZ – – VZ VZ VZ MLA 2013 MLA 2013 MLA 2013 MLA 2014 MLA 2014 MLA 2014 MLA 2015 MLA 2015 MLA 2015 MLA 2016 MLA 2016 MLA 2016 FKDA 2017 FKDA 2017 „FKDA +“ ? FKDA 2018 „FKDA +“ ? Tabelle 4: Das Kürzungsjahr 2017 • Wegfall des Versorgungszuschlags • Umstellung Landesbasisfallwert (Teilabbau Mengendegression vs. neue Kürzungen wie Produktivität) – 500 Mio. E +/– 0 • Fixkostendegression auf Ortsebene neu – 250 Mio. E • Nachwirkung Mehrleistungsabschlag 2015, 2016 – 300 Mio. E Kürzungseffekte für Krankenhäuser – 1.050 Mio. E 527 das Krankenhaus 6.2015 Politik Nachweis entsprechender Kosten in mindestens gleicher Höhe geknüpft. Das Pflegestellenförderprogramm entzieht den Kliniken sogar finanzielle Mittel, da es die zusätzlich eingestellten Pflegekräfte nur zu 90 Prozent finanziert. Den G-BA-Mehrkos ten-Zuschlag erhalten die Krankenhäuser nur, wenn ihnen die zusätzlichen Kosten tatsächlich entstehen und sie diese gegenüber den Krankenkassen nachweisen können. Vom neuen Sicherstellungszuschlag werden nur die Kliniken profitieren, die den Zuschlag schon heute erhalten. Insofern wäre eine Gegenrechnung der punktuellen Verbesserungen mit den zuvor dargestellten Kürzungen von einer Milliarde Euro eine unzulässige Verharmlosungsrechnung. Pflegestellenförderprogramm Analog zum ersten Pflegestellenförderprogramm sollen Neueinstellungen und die Aufstockung von vorhandenen Stellen des Krankenpflegepersonals mit 90 Prozent der Personalkos ten refinanziert werden. Das Gesamtvolumen für die Jahre 2016 bis 2018 beträgt 0,45 Prozent des Budgets (rund 300 Mio. € insgesamt). Im Vergleich zum ersten Förderprogramm existiert nunmehr die Einschränkung, dass lediglich Pflegekräfte auf bettenführenden Stationen – mit Ausnahme von Intensivstationen eingestellt bzw. Teilzeitarbeitsverhältnisse aufgestockt werden können. Grundsätzlich ist die Intention des Gesetzgebers zu begrüßen, die Einstellung bzw. Aufstockung von Pflegepersonal finanziell zu fördern. Allerdings ist das nun vorgelegte Förderprogramm vom Volumen her völlig unzureichend. Zudem führen die Einschränkungen hinsichtlich der zu fördernden Stellen dazu, dass die Umsetzung des Förderprogramms unpraktikabel wird und es zu Fehlallokationen kommt. Mit dem Gesamtvolumen von rund 300 Mio. € in der Endstufe 2018 dürften etwa 6 000 zusätzliche Pflegestellen geschaffen werden können. Dies bedeutet, dass im Durchschnitt gerade einmal drei zusätzliche Pflegestellen pro Krankenhaus im Zeitraum von drei Jahren geschaffen werden könnten, also eine pro Jahr. Das ist vor dem Hintergrund der personellen Herausforderungen in der Krankenpflege völlig unzureichend. Eine spürbare Verbesserung der Personalsituation in den Krankenhäusern wird damit nicht erreicht und die Problematik der milliardenhohen Unterfinanzierung der Personalkos ten wird nicht im Geringsten gemildert. Die Einschränkung der Förderung auf Stellen in bettenführenden Stationen und die explizite Herausnahme von Intensivstationen ist ebenfalls völlig unverständlich. Insbesondere im hochsensiblen Bereich der Intensivversorgung ist eine gute personelle Ausstattung von größtem Nutzen für die Patientenversorgung. Vor dem Hintergrund, dass viele Krankenhäuser mit Personalpools in der Pflege arbeiten, dürfte schon die einwandfreie Zuordnung des Personals schwierig werden. Die eingeführten zusätzlichen Nachweispflichten des Krankenhauses führen zudem zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand. Würde eine solche „Programmpflegekraft“ auf einer Intensivstation, wozu es im Versorgungsalltag jederzeit kommen 528 kann, aushelfen, wäre dies zudem „illegal“! Das für die Pflegekraft erhaltene Geld müsste zurückgezahlt werden. Die Vorstellung über die Betriebsabläufe in Krankenhäusern, die einer solchen Regelung zugrunde liegt, kann daher nur als vollkommen realitätsfern bezeichnet werden. Sicherstellungszuschlag Keine nachhaltige Verbesserung sieht der Referentenentwurf auch für die Sicherstellungszuschläge vor. Positiv ist lediglich, dass sie in Zukunft nur noch dann absenkend auf den Landesbasisfallwert wirken sollen, wenn sie auf Vorgaben des Landes beruhen, die von den Bundesvorgaben abweichen. Kritisch ist jedoch anzumerken, dass ein Sicherstellungszuschlag in Zukunft nur vereinbart werden kann, wenn das gesamte Krankenhaus ein Defizit in der Bilanz aufweist. Damit würden derzeit zuallererst Krankenhäuser getroffen, die bereits einen abteilungsbezogenen Sicherstellungszuschlag haben. Auch an dieser Stelle ist somit das Muster zu erkennen, das sich durch den gesamten Gesetzentwurf zieht: Jede angekündigte Verbesserung geht einher mit kompensierenden Verschlechterungen! Krankenhäuser bzw. Fachbereiche in einem Gebiet mit geringem Versorgungsbedarf müssen für einen Sicherstellungszuschlag grundsätzlich in Betracht kommen, wenn die vorgehaltene Betriebsgröße und die dadurch verursachten Kosten nicht unter ein bestimmtes Minimum reduziert werden können (zum Beispiel geburtshilfliche Abteilungen im ländlichen Raum). Dahinter steht die richtige Einschätzung, dass es bedingt durch die Kalkulationsmethodik zu einer Unterfinanzierung kommt. Bei diesem Kriterium ist jeweils auf die einzelne Fachabteilung und nicht auf das Krankenhaus als Ganzes abzustellen. Es muss zwingend möglich sein, Sicherstellungszuschläge auch für einzelne Fachabteilungen geltend zu machen, wenn diese nicht kostendeckend betrieben werden können. Aufgrund der Landeskrankenhausgesetzgebung sind die Träger nicht frei in der Entscheidung über ihr Leistungsspektrum. Es kann nicht erwartet werden, dass ein bedarfsnotwendiger, unterfinanzierter Fachbereich durch Kürzungen in der Substanz anderer Bereiche quersubventioniert wird. Außerdem stellt diese Vorgehensweise eine Ungleichbehandlung zwischen defizitären Abteilungen verschiedener Krankenhäuser dar. Nicht der richtige Weg ist auch die Festlegung von bundeseinheitlichen Vorgaben für die Gewährung von Sicherstellungszuschlägen durch den G-BA. Der G-BA hat weder die Möglichkeiten noch die Ressourcen, um bundesweit und im Einklang mit der Krankenhausplanung zu prüfen und festzulegen, welche Leistungen für die Versorgung der Bevölkerung notwendig sind. Finanzierung von Mehrkosten aus Beschlüssen des G-BA Die Möglichkeit zur Refinanzierung der Mehrkosten, die den Krankenhäusern aus den Richtlinien oder Beschlüssen des Ge- 6.2015 das Krankenhaus Politik meinsamen Bundesausschusses entTabelle 5: Investitionsförderung 2010–2014 stehen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Finanzierung der MehrJahr 2010 2011 2012 2013 2014 kosten durch krankenhausindividuelle Investitionsförderung in Mrd. € 2,83 2,67 2,61 2,72 2,78 Zuschläge und deren spätere ÜberfühInvestitionsbedarf in Mrd. € 6,00 6,00 6,00 6,00 6,00 rung in die Landesbasisfallwerte ist Investitionslücke in Mrd. € – 3,17 – 3,33 – 3,39 – 3,28 – 3,22 sachgerecht und systemkonform. Allerdings sollte klargestellt werden, dass auch die Mehrkosten, die durch die Beschlüsse des G-BA zu wendige bauliche, sicherheitstechnische und medizintechden planungsrelevanten Qualitätsindikatoren und deren Um- nische Weiterentwicklungen und begrenzt die Möglichkeiten, setzung durch die Landesbehörden entstehen, von dieser Zu- über Rationalisierungsinvestitionen Kosten zu senken und schlagsregelung erfasst werden. Qualität und Infektionsprophylaxe durch Investitionen zu verIn die falsche Richtung geht jedoch der Erlaubnisvorbehalt bessern. Soweit Krankenhäuser aus eigenen Mitteln oder über des G-BA. Denn nach jeder Richtlinie müsste der G-BA mehr- Fremdkapital Investitionen finanzieren, entstehen über die daheitlich feststellen, dass über Umsetzungsmehrkosten Verein- mit verbundenen Zinslasten und Abschreibungen in der dubarungen zu treffen sind. Jedoch ist davon auszugehen, dass alen Finanzierungssystematik ungedeckte und ebenfalls defi die GKV-Seite im G-BA immer gegen eine solche Feststellung zitverstärkende Kosten. stimmen wird. Damit hängt alles von der Stimme des unpar teiischen Vorsitzenden ab und es ist zu befürchten, dass eine Strukturfonds hilft, löst aber das Grundproblem nicht! zeitnahe Vereinbarung von Zuschlägen auf der Ortsebene nicht erreicht werden kann, was insbesondere für die Umset- Der Strukturfonds für Umstrukturierungsmaßnahmen löst zung der Richtlinie für Früh- und Reifgeborene sehr kritisch das zentrale Problem der vollkommen unzureichenden Inves ist. titionsregelfinanzierung nicht. Zur Unterstützung der Krankenhäuser ist er dennoch zu begrüßen, insbesondere wenn die zusätzlichen Mittel zur Weiterentwicklung der KrankenhausKeine Lösung der Investitionsmisere! struktur bereitgestellt werden. Eine einseitig auf den Abbau Wie die Unterfinanzierung im Bereich der Betriebskosten von Versorgungskapazitäten ausgerichtete Zielsetzung würde wirkt sich für die Krankenhäuser auch die Unterfinanzierung den vielfältigen Aspekten der Krankenhausplanung nicht gebei den Investitionskosten massiv defizitverstärkend aus. Vom recht, die neben dem nach Fachrichtung zu differenzierenden Bund und den Ländern anerkannt und durch das Institut für Versorgungsbedarf und den unterschiedlichen Flächendedas Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) kalkulatorisch be- ckungsgraden auch die demographischen Veränderungen und legt, haben die Krankenhäuser einen jährlichen Investitionsbe- die zukünftige Entwicklung der ambulanten (Notfall-)Versordarf von rund 6 Mrd. €. Diesem Betrag steht jedoch nur eine gung, insbesondere in ländlichen Gebieten, berücksichtigen jährliche Investitionsförderung der Länder in Höhe von rund muss. Besonders förderungswürdig und damit in die Zielset2,8 Mrd. € gegenüber (siehe u Tabelle 5). Das resultierende zung aufzunehmen sind Maßnahmen zur Infektionsprophy u Investitionsdefizit von über 3 Mrd. € pro Jahr verhindert not- laxe und zur Verbesserung der IT-Infrastruktur. Sicher geschlossene Türen - ganz ohne Strom Türschließtechnik Der Schiebetürschließer DICTAMAT 50 sorgt mechanisch sicher und zuverlässig für geschlossene Schiebetüren. ■ ■ ■ ■ ■ Benötigt keinen Strom, dadurch einfachere Montage und Instandhaltung In Kombination mit dem Mechanischen Timer sogar verzögertes Schließen Schließgeschwindigkeit stufenlos einstellbar Gewährleistet ungestörtes Passieren der Tür Verhindert Schäden an Mensch und Material DICTAMAT 50 als Schließvorrichtung in Krankenhäusern DICTATOR Technik GmbH Gutenbergstr. 9 ■ D-86356 Neusäß ■ Tel. 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Die nun vorgesehene Halbierung des Investitionskostenabschlages von zehn auf fünf Prozent ist vor diesem Hintergrund nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Fazit Die Ausstattung des Fonds mit 500 Mio. € besitzt angesichts jährlich fehlender, bestandserhaltender Investitionsmittel in Höhe von mindestens 3 Mrd. € allerdings nur ergänzenden Charakter. Damit Anpassungsreaktionen auf veränderte Leis tungsmöglichkeiten, Bevölkerungsveränderungen und andere Rahmenbedingungen stattfinden können, muss der Fonds grundsätzlich langfristig zur Anwendung kommen. Die Fördermaßnahmen der Länder erreichen bisher lediglich die Hälfte der nur für die Bestandserhaltung erforderlichen Mittel in Höhe von 6 Mrd. €. Die für strukturelle Maßnahmen zusätzlich notwendigen Mittel liegen in Anbetracht der bevorstehenden Schuldenbremse ohne Unterstützung durch den Bund außerhalb der derzeitigen Möglichkeiten der Länder. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass Bund und Länder gemeinsam die Verantwortung für die Investitionsförderung der Krankenhäuser übernehmen. Der sich im Rahmen einer Quotierung ergebende Bundesmittelanteil von 3 Mrd. € sollte den Krankenhäusern idealerweise über einen dauerhaft wirksamen prozentualen Zuschlag zufließen. Ambulante Notfallversorgung: Milliarden unterdeckung bleibt bestehen! Als weitere wesentliche Ursache für Defizite in den Krankenhäusern ist die absolut unzureichende Finanzierung der am- Die Finanzierungsregelungen des Referentenentwurfes lösen die zentralen Finanzierungsprobleme der Krankenhäuser nicht, sondern verschärfen sie. Die punktuellen Entlastungen stehen in keinem Verhältnis zu den neuen, hohen Belastungen und schon gar nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu den Milliarden-Unterfinanzierungen der Krankenhäuser in den Bereichen Personal, ambulante Notfallversorgung und Investitionen. Zwingend notwendig sind die dauerhafte Überführung des Versorgungszuschlags zur Absicherung der Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser, der Verzicht auf neue Kürzungskomponenten bei den Landesbasisfallwerten, eine faire Finanzierung des steigenden Leistungsbedarfs und eine Lösung des Investitionsproblems. Zu Letzterem müssen die Bundesländer ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen. Aber auch mehr Bundesmittel müssen für Investitionen in den Krankenhäusern bereitgestellt werden. Anschrift der Verfasser Dr. Michael Mörsch, Leiter des Bereichs Politik/Sabrina Weid, stellvertretende Leiterin des Bereichs Politik, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Wegelystraße 3, 10623 Berlin n Kräfte bündeln gegen Klinikreform „D ieser Reformentwurf darf nicht Gesetz werden!“ – so lautete dass einhellige Fazit der DKG-Informationsveranstaltung „Die Krankenhausreform – Anspruch und Wirklichkeit“ am 22. Mai 2015 in Berlin, zu der mehr als 250 Teilnehmer aus allen Berufsgruppen im Krankenhaus nach Berlin gekommen waren. Die Veranstaltung war gleichzeitig der Startschuss für eine Kampagne gegen den Referentenentwurf zur Krankenhausreform. Die Krankenhäuser gehen in die Offensive: „Es ist Zeit, den Druck zu erhöhen und den Protest in die Krankenhäuser zu tragen“, so der DKG-Präsident Thomas Reumann. Sein Appell: „Sprechen Sie mit den Politikern, mit Ihren Abgeordneten vor Ort und zeigen Sie, mit welchem Engagement Ihre Mitarbeiter zum Wohle der Patienten arbeiten!“ So solle vor 530 Ort in den Krankenhäusern deutlich gemacht werden, dass die Patientenversorgung leide, wenn die Reform nicht „komplett neu auf die Füße gestellt wird“. „Die geplante Krankenhausreform ist eine Bankrotterklärung. Sie gibt keine Antworten auf die großen Zukunftsfragen des Gesundheitswesens“, begründet Reumann die Enttäuschung angesichts des Referentenentwurfs: „Es fehlen Lösun gen für den demographischen Wandel, für den zunehmenden Versorgungsbedarf, Fachkräftemangel und medizinischen Fortschritt.“ Die zentralen Probleme der Krankenhäuser, etwa der Finanzierung des Personals, der ambulanten Notfälle und der Investitionen, blieben ohne Lösung. Schlimmer noch: „Die u Reform bringt neue Kürzungen und Belastungen.“ Fachliteratur für Lehre und Praxis Philipp Schloßer (Hrsg.) Musterverträge für das Krankenhaus Praxishandbuch der Bayerischen Krankenhausgesellschaft 2014. 296 Seiten. Kart. € 79,99 (bei Serienkauf € 69,99) ISBN 978-3-17-023041-5 auch als EBOOK Serienpreis gilt bei Abnahme von mind. zwei aufeinanderfolgenden Ausgaben. In einem Krankenhaus als Wirtschaftsbetrieb besteht aufgrund der sehr unterschiedlichen Aufgabenbereiche ein hoher Bedarf an juristischen Vertragsmustern, Formulierungshilfen und Mustertexten. Dieser war bisher weder über die verfügbaren Muster ohne konkreten Bezug zum Krankenhauswesen noch über bereits existierende, spezielle Muster für Krankenhäuser gedeckt. Die Verantwortlichen der Krankenhäuser waren daher weitgehend gezwungen, eigene Texte zu entwickeln. Erfahrene Praktiker stellen in Kooperation mit der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e. V. (BKG) erstmals die für einen Krankenhausbetrieb erforderlichen Muster in der notwendigen Bandbreite zur Verfügung. Das Werk soll fortwährend ergänzt und aktualisiert werden. Über stehen Ihnen sämtliche Musterverträge zum Download zur Verfügung. Dr. iur. Philipp Schloßer ist Abteilungsleiter am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und Lehrbeauftragter der Universität Regensburg für Medizinrecht sowie Mitglied der Ethikkommission der Technischen Universität München. Ricarda B. Bouncken/Mario A. Pfannstiel/Andreas J. Reuschl/Anica Haupt Diversität managen Wie Krankenhäuser das Beste aus personeller Vielfalt machen Neu! 2015. 168 Seiten, 31 Abb., 15 Tab. Kart. € 39,99 ISBN 978-3-17-024324-8 auch als EBOOK Die zunehmende Internationalisierung und der demografische Wandel in der Bevölkerung verlangen die Entwicklung neuer Managementkonzepte zum Umgang mit Diversität in Krankenhäusern. Das Fachbuch stellt ein ganzheitliches, praxisorientiertes Konzept zum Management von Diversität vor. Aktuelle Erkenntnisse zum Umgang mit Diversität werden zusammengefasst, zudem wird eine Strategie aufgezeigt, um die damit verbundenen Vorteile zu nutzen bzw. Risiken zu reduzieren. Die Darstellung eines ganzheitlichen Managementansatzes wird durch praktische Beispiele und Leitfragen ergänzt. Prof. Dr. Ricarda B. Bouncken ist Lehrstuhlinhaberin für Strategisches Management und Organisation an der Universität Bayreuth. Mario A. Pfannstiel (M.Sc., M.A.), Andreas J. Reuschl (M.Sc.) und Dipl.-Kffr. Anica Haupt sind wissenschaftliche Mitarbeiter am o.g. Lehrstuhl. Leseproben und weitere Informationen unter www.kohlhammer.de W. Kohlhammer GmbH · 70549 Stuttgart Tel. 0711 / 7863 - 7280 · Fax 0711 / 7863 - 8430 · [email protected] Kohlhammer Politik das Krankenhaus 6.2015 Mehr als 250 Teilnehmer aus allen Berufsgruppen im Krankenhaus kamen zur DKG-Informationsveranstaltung nach Berlin, um sich über den Referentenentwurf zur Krankenhausreform auszutauschen. DKG-Präsident Thomas Reumann: „Es ist Zeit, den Druck zu erhöhen und den Protest in die Krankenhäuser zu tragen.“ Zentrale Probleme bleiben ungelöst sern. Auch er sehe die Investitionsproblematik und ihre Auswirkungen: „Damit können wir nicht zufrieden sein, wenn ein erheblicher Teil der Investitionskosten aus den laufenden Kos ten der Häuser bestritten werden muss.“ Allerdings habe er Zweifel, ob das im Rahmen der Reform zu ändern sei: „Das Problem ist nicht ohne die Länder zu lösen.“ Er verwies auf Unterschiede in der Bettenanzahl und den Investitionen der Bundesländer: „Investitionskostenfinanzierung und Krankenhausbedarfsplanung sind zwei Seiten derselben Medaille.“ Qualität müsse Eingang in die Bedarfsplanung finden. „Wir müssen die Probleme weiter miteinander diskutieren und den demokratischen Prozess im Gesetzgebungsverfahren einhalten“, so die krankenhauspolitische Sprecherin der SPDBundestagsfraktion, Marina Kermer. In Bezug auf die Investitionsmisere der Kliniken sagte Reumann: „Nicht einmal das Bemühen, diese zu lösen, ist zu erkennen! Stattdessen schieben sich Bund und Länder den Schwarzen Peter zu.“ Wenn sich der Bund und die Länder nicht einigen könnten, dann müsse der Bund übernehmen. Die Krankenhäuser bräuchten zudem eine faire Vergütung für gute Arbeit. „Die Regelfinanzierung muss sicherstellen, dass die Tarifsteigerungen für die 1,2 Millionen Beschäftigen von den Krankenhäusern bezahlt werden können“, so der DKG-Präsident. In dieser Einschätzung gebe es einen breiten Konsens mit den Verbänden und Gewerkschaften der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern. Reumann: „Dieser erschreckende Reformansatz erzeugt einen engen Schulterschluss des Protestes aller aus dem Krankenhauswesen.“ Reumann sieht in dem Referentenentwurf einen Höhepunkt des Misstrauens gegenüber den Krankenhäusern: „Der Geist, der in fast allen Formulierungen des Gesetzentwurfes mitschwingt, ist ein Schlag in das Gesicht unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die alles dafür tun, dass jeder Patient die bestmögliche Versorgung erhält, und die damit auch die bestmögliche Qualität gewährleisten.“ Dieses Misstrauen beschä dige das große Engagement der Mitarbeiter. Der Gesetzentwurf erwecke den Eindruck, dass der Qualität mit Qualitätsabschlägen und „Qualitätsrazzien des MDK“ nachgeholfen werden müsse. Lothar Riebsamen sah sich als Zuhörer wohl zurecht stellvertretend für „die Politik“ in Bundestag und Ministerium angesprochen. Das Gesetzgebungsverfahren zur Krankenhausreform sei noch nicht abgeschlossen, betonte der CDU-Gesundheitsexperte im Bundestag. „Wir stehen hinter den Krankenhäusern“, sagte Riebsamen. Politik und Krankenhäuser seien einig über die wichtige Rolle der Qualität in den Krankenhäu532 Lothar Riebsamen, CDUGesundheitsexperte im Bundestag Krankenhaus-Bashing statt auskömmlicher Finanzierung Dr. Theodor Windhorst, konstatierte in seinem Vortrag: „Medizinische Qualität braucht Ressourcen, aber nicht P4P!“ Erklärter Anspruch der Krankenhausreform sei eigentlich, die Kliniken zu stärken, so der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Der Referentenentwurf konterkarikiere diesen Anspruch: „Alles wird kaputtgespart. Ärzte geben auf und verlassen die Krankenhäuser, Pflegekräfte mögen ihren Beruf nicht mehr.“ Sein dringender Appell in Richtung der Politik: „Helfen Sie uns!“ Windhorst befürchtet einen tief greifenden Wandel der Versorgungsfunktion der Krankenhäuser: „Es besteht die Gefahr, dass Kliniken zu Nischenanbietern für Zuschlagsleistungen werden, wobei gleichzeitig zentrale Funktionen wie etwa die Notfallversorgung unattraktiv und somit vernachlässigt werden.“ Qualität sei Kernanspruch ärztlichen Handelns und das Kernanliegen der Ärzteschaft, so Windhorst: „Und dennoch wir müssen uns behandelt lassen wie Lügner und Betrüger!“ 6.2015 das Krankenhaus Hedwig Francois-Kettner, Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patienten sicherheit, bezeichnete den Referentenentwurf zur Klinikreform als „desaströs“. Politik Dr. Hans-Albert Gehle, Vorstandsmitglied des Marburger Bundes: „Wir wollen unterstützt, nicht kontrolliert und gebasht werden!“ Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe sieht einen Paradigmenwechsel im Referentenentwurf: „Bisher ist das Streben nach Qualität an deutschen Krankenhäusern Selbstzweck. Werden Qualitätsmängel erkannt, dann werden sie mittels strukturiertem Dialog behoben. Nun soll die Qualität Mittel zum Zweck werden, um Kliniken vom Versorgungsauftrag auszuschließen.“ Zu Unrecht würden die Ergebnisqualität und die Kosten in deutschen Krankenhäusern schlechtgeredet: Dem Euro Health Consumer Index 2014 zufolge schneide Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern sehr gut ab. In Bezug auf die Fallkosten lägen deutsche Kliniken unter dem OECD-Meridian. Sein Fazit: „Wir haben ein wirklich gutes System der Krankenhausversorgung. Behalten wir es doch!“ Windhorst forderte eine auskömmliche Finanzierung ohne Anreize zur Quersubventionierung sowie die Sicherung einer anforderungsgerechten Versorgungsfunktion der Krankenhäuser – gerade in ländlichen Regionen. Als „desaströs“ bezeichnete Hedwig Francois-Kettner, Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerates und Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, den Gesetzentwurf. Sie vertrat den Präsidenten des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, der kurzfristig absagen musste. „Die Politiker haben nicht verstanden, dass in den Krankenhäusern Pflegefachkräfte notwendig sind. Wir brauchen schlicht mehr Mann am Bett!“ Die geplante Pflegeförderung in Höhe von 660 Mio. € sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Es wird davon ausgegangen, dass die Krankenhäuser das wieder irgendwie hinkriegen. Das geht nicht mehr – wir dürfen das nicht hinnehmen!“ Sie erwarte ein „gewaltiges Echo“ von Seiten der Pflegekräfte, wenn Verbände gegen die Reform mobilisierten. Dr. Hans-Albert Gehle, Vorstandsmitglied des Marburger Bundes, brachte seinen Unmut zum Ausdruck: „Alle wissen um die Arbeitssituation im Krankenhaus mit extremer Leis tungsverdichtung und zu wenig Personal. Nur die Politik of- Dr. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, forderte eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser. DEKV-Verbandsdirektor Norbert Groß forderte an die Politiker gerichtet: „Stellen Sie die Mittel zur Verfügung, die die Patien ten verdient haben!“ fenbar nicht!“ Erklärtes Ziel der Reform sei „weniger Krankenhäuser, weniger Operationen, mehr Qualität“. Die Politik strebe also ein „Krankenhausreduzierungsgesetz“ an. Ein Höchstmaß an Produktivität werde gefordert. „Ist das Patientengespräch oder das Gespräch mit Angehörigen produktiv? Offenbar gehe es aber gar nicht um optimale Patientenversorgung, sondern vor allem um Kostendeckelung“, so Gehle. Der Referentenentwurf verschärfe den Mangel erheblich und schüre zudem Misstrauen in der Bevölkerung. „Wir wollen mit der Krankenhausreform unterstützt, nicht kontrolliert und gebasht werden!“ Auch VKD-Präsident Josef Düllings sprach sich gegen eine Ausweitung der „Kontrollitis“ aus: „Auch dies zieht Personal aus den Krankenhäusern ab!“ Er beklagte vor allem die Ausweitung der Bürokratisierung der Krankenhäuser: „Mit der Krankenhausreform wächst dieses Unkraut weiter.“ Düllings bekräftigte noch einmal den Aufruf, sich an Protestaktionen der Krankenhäuser zu beteiligen. DEKV-Verbandsdirektor Norbert Groß mahnte in die Richtung der anwesenden Gesundheitsexperten der Bundestagsfraktionen: „Wir haben Sie gewählt, und die Menschen, für die wir arbeiten, auch!“ Zu diesem Auftrag gehöre auch die Gesundheitsfürsorge. Angesichts der Situation in Deutschland könne niemand davon ausgehen, das Gesundheitsfürsorge billiger werde, zumal bei gesteigerter Qualität: „Jeder Bürger hat Verständnis, wenn dafür auch bezahlt werden muss.“ Seine Forderung: „Stellen Sie die Mittel zur Verfügung, die die Pa tienten verdient haben!“ Der Reformentwurf sei eine große Enttäuschung in jeder Hinsicht, konstatierte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum: „Wir stehen am Beginn eines schwierigen Prozesses kontroverser Auseinandersetzungen. Deshalb müssen alle an einem Strang ziehen“, so sein abschließender Appell an alle Krankenhäuser. Bericht: Katrin Rüter de Escobar n 533
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