Krankenhaus-Strukturgesetz

6.2015 das
Krankenhaus
Politik
Dr. Michael Mörsch/Sabrina Weid
Krankenhaus-Strukturgesetz: Eine
Lösung der zentralen Finanzierungsprobleme ist nicht in Sicht
A
m 28. April 2015 hat das Bundesministerium für Gesundheit seinen Referentenentwurf für ein KrankenhausStrukturgesetz (KHSG) vorgelegt. Das KHSG soll die bereits
im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigte Krankenhausreform umsetzen. Der Referentenentwurf ist allerdings alles andere als ein großer Wurf. Ganz im Gegenteil: In
den Krankenhäusern löst der Entwurf großes Entsetzen aus,
da er keines der Probleme löst, die ihnen unter den Nägeln
brennen. Das ist mehr als enttäuschend und macht Nachbesserungen, die den Krankenhäusern
„„eine vollständige Refinanzierung des Personalbestandes
und der steigenden Personalkosten,
„„eine sachgerechte Finanzierung ihrer ambulanten Notfall­
leistungen und -vorhaltungen sowie
„„eine ausreichende Finanzierung ihres Investitionsbedarfs
ermöglichen, zwingend erforderlich.
Darüber hinaus muss der Gesetzgeber beantworten, wie
die Herausforderungen des demographischen Wandels und
des medizinischen Fortschritts gemeistert werden sollen. Konkret: Wie können der zunehmende Versorgungsbedarf e­ iner
älter werdenden Bevölkerung und die steigende Zahl multimorbider und dementer Patienten erfüllt werden? Und nicht
zuletzt: Wie ist dem Fachkräftemangel zu begegnen, der sich
in den Krankenhäusern schon heute bemerkbar macht und in
den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird?
Zu allen diesen Fragen bleibt der Gesetzentwurf die Antworten schuldig. Stattdessen bringt die Reform den Krankenhäusern neue Kürzungen, neue Dokumentationsbürokratie
und Kontrollen. Die Krankenhäuser können das nicht akzeptieren.
Erwartungen an die Reform der Betriebs­
kostenfinanzierung
bzw. den Orientierungswert und insbesondere die absenkende
Berücksich­tigung der Leistungsentwicklung bei den Landesbasisfallwertverhandlungen haben dazu geführt, dass die Krankenhäuser schon seit Jahren nicht mehr in der Lage sind, ihre
steigenden Personalkosten zu refinanzieren. Denn über Jahre
klaffen die Tarifsteigerungen und die realisierbaren Zuwächse
der Landesbasisfallwerte auseinander. Alleine im Fünfjahreszeitraum von 2011 bis 2015 entstand so eine Refinanzierungslücke von rund 4,5 Prozent (siehe u Tabelle 1). Für das Jahr
2015 bedeutet dies eine aufsummierte Unterfinanzierung des
ta­rifbedingten Personalkostenzuwachses in Höhe von rund
2,5 Mrd. €.
Die Zahlen machen deutlich, warum viele Krankenhäuser
die laufenden Kosten des Betriebs nicht decken können. Über
die Tarifsteigerungen hinausgehende Personalkostenzuwächse bleiben ebenfalls ungedeckt. Die Krankenhäuser werden in Verluste bzw. restriktive Personalbewirtschaftung getrieben.
Vor diesem Hintergrund erwarten die Krankenhäuser von
der Reform, dass sie die Voraussetzungen für eine dauerhaft
verlässliche Refinanzierung unvermeidbarer Kostensteigerungen im Personal- und Sachkostenbereich schafft. Die im
Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen werden diesen
Erwartungen jedoch nicht annähernd gerecht.
Landesbasisfallwerte nicht länger degressieren!
Die Krankenhäuser erwarten von der Reform, dass die bislang
für die jährlichen Verhandlungen der Landesbasisfallwerte geltenden, leistungsmengenbezogenen Kürzungskomponenten
ersatzlos gestrichen werden. Die vollständige Streichung der
Absenkungstatbestände hätte zur Folge gehabt, dass den Krankenhäusern in Zukunft zumindest die Grundlohnrate zur Refinanzierung der jährlich steigenden Personalkosten zur Verfügung gestanden hätte. Stattdessen sieht der Referentenentwurf
eine nur teilweise Rücknahme der leistungsbedingten Absenu
kungen vor.
Mehr als ein Drittel der Krankenhäuser schreibt rote Zahlen.
Die überwiegende Zahl der KrankenTabelle 1: Refinanzierungslücke des tarifbedingten Personalkostenzuwachses
häuser kann keine Reserven zur Zukunftsgestaltung aufbauen.
Jahr
2011
2012
2013
2014
2015
Summe
Eine wesentliche Ursache für die
Anstieg Tariflöhne (TVöD)
1,80 %
3,50 %
2,80 %
4,07 %
2,50 %
14,67 %
finanziellen Nöte der Krankenhäuser
Anstieg Landesbasisfallwerte*
0,32 %
2,07 %
2,66 %
3,06 %
2,07 %
10,18 %
sind die restriktiven gesetzlichen Vorgaben für die jährlichen VergütungsanRefinanzierungslücke
– 1,48 % – 1,43 % – 0,14 % – 1,01 % – 0,43 % – 4,49 %
passungen. Die Deckelung der Landes*Einschließlich Versorgungszuschlag und Tarifrate
basisfallwerte durch die Grundlohnrate
521
Politik
Denn tatsächlich wird nach den vorgesehenen Regelungen
der Landesbasisfallwert nur teilweise von der Berücksichtigung von Leistungsentwicklungen befreit. Mengensteigerungen a­ ußerhalb des Fallpauschalenbereichs gehen auch ab
dem Jahr 2017 weiterhin vollständig zulasten des Landesba­
sisfallwerts, soweit die Ausgabenentwicklung den Veränderungswert überschreitet. Dadurch werden Krankenhäuser für
Leistungssteigerungen in den Vergütungssegmenten, die ergänzend zu den Fallpauschalen erheblich zu einer sachgerechteren Vergütung beitragen, weiterhin kollektiv abgestraft.
Auch die Krankenhäuser, die keine oder nur wenige Entgelte
außerhalb der Fallpauschalen berechnen, müssen eine hierdurch bedingte Absenkung des Landesbasisfallwerts gegen
sich gelten lassen.
Die in den Landesbasisfallwertverhandlungen an dieser
Stelle absenkend geltend gemachten Beträge sind nicht zu unterschätzen. Die durch die Leistungsentwicklung im DRG-Bereich und die Ausgabenentwicklung außerhalb des Fallpauschalenbereichs ausgelösten Absenkungsbeträge verteilen sich
in vielen Ländern ungefähr hälftig. Damit bleibt etwa die Hälfte der Degression auf der Landesebene erhalten. Zu den auch
in Zukunft absenkend wirkenden Tatbeständen zählen unter
anderem die Entwicklungen bei den bewerteten und unbewerteten Zusatzentgelten, bei den Entgelten für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) sowie bei den Erlösen der besonderen Einrichtungen.
Fixkostendegressionsabschlag verschärft
­wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser
und zwingt zu Priorisierung und Rationierung
Im Zuge der Verlagerung der Berücksichtigung der Leistungsentwicklung auf die Ortsebene soll der bisherige Mehrleistungsabschlag durch einen Fixkostendegressionsabschlag für
zusätzlich vereinbarte Leistungen abgelöst werden. Die Vorgabe, dass die Verlagerung der Fixkostendegression von der Landesbasisfallwertebene auf die Ortsebene aufwandsneutral erfolgen soll, wird zu hohen Abschlägen bei Leistungszuwächsen
führen, welche die betroffenen Krankenhäuser infolge von
mehr Patienten und schwereren Erkrankungen erbringen
müssen. Wenn dann auch noch zusätzlich zu den auf der Landesebene vorgegebenen Absenkungsquoten ergänzende Kürzungen in den Budgetverhandlungen vor Ort von den Kassen
gefordert werden können, entsteht ein absolut unkalkulierbares Übermaß an Kürzungen bei den zukünftigen Leistungserfordernissen, die die Krankenhäuser in der Weiterentwicklung der Medizin und des medizinischen Bedarfs zu erfüllen
haben. Das vorgesehene Konzept ist deshalb nicht zukunftsfähig und zwingt zu Priorisierung und Rationierung medizinisch notwendiger Leistungen.
Die vorgesehene Ausgestaltung des Fixkostendegressionsabschlags führt zu einer deutlichen Verschärfung der finan­
ziellen Probleme der Krankenhäuser. In erster Linie tragen
dazu die längere Abschlagsdauer mit fünf Jahren, die steigende
Abschlagshöhe, die Begrenzung der Ausnahmetatbestände auf
einen engen Katalog unverzichtbarer Ausnahmen sowie noch522
das
Krankenhaus 6.2015
mals erhöhte Abschläge für Leistungen mit höherer Fixkostendegression oder wirtschaftlich begründeten Fallzahlsteigerun­
gen bei.
Während die bisherige Degression auf der Landesebene
nur die Leistungszuwächse absenkend berücksichtigte, die im
Rahmen des Zwei-Säulen-Konzeptes bis zur Obergrenze nicht
mit Kosten neutralisierbar waren, schlägt nach dem Konzept
im Referentenentwurf der gesamte Zuwachs auf der Ortsebene
voll als Minderung durch. Ebenfalls deutlich schlechter wirkt
sich aus, wenn eine einmalige Leistungssteigerung vorliegt,
die im Jahr des Erstauftretens einen 5-jährigen Kürzungsimpuls auslöst, ohne dass in den Folgejahren Erlöse erzielt werden. Hier könnte es dazu kommen, dass die Degressionsabschläge mehr kosten als Erlöse erzielt werden.
Ein weiteres Zeichen für die offenbar stark ausgeprägte
Angst des Gesetzgebers vor steigenden Krankenhausleistun­
gen für die Patienten ist die Anhebung des Fixkostendegres­
sionsabschlags auf der Ortsebene. Ein höherer Abschlag oder
eine längere Erhebungsdauer sollen schon dann vereinbart
werden, wenn für Leistungen in erhöhtem Maße wirtschaftlich
begründete Fallzahlsteigerungen zu erwarten sind. Zusätzliche
Leistungen sind jedoch in aller Regel prospektiv zu vereinbaren. Sollen die Krankenkassen also in Zukunft in den Budgetverhandlungen mit den Krankenhäusern zunächst zusätzlich
erforderliche Leistungen vereinbaren, um diese dann im direkten Anschluss als „wirtschaftlich begründet“ zu klassifizieren und zu rabattieren? Ein solches Verhandlungsverhalten
sollte selbst den Krankenkassen nicht zugemutet werden.
Zentrale Ursache und Hintergrund der neuen Belastungen
der Krankenhäuser ist die bereits in den Eckpunkten zur Reform formulierte Vorgabe und Leitschnur, dass die Verlagerung der Fixkostendegression von der Landesbasisfallwert­
ebene auf die Ortsebene aufwandsneutral erfolgen soll. Anstelle der dringend erforderlichen Entlastung der Krankenhäuser
erfolgt somit ganz bewusst lediglich eine Umverteilung von
Degressionslasten; es bleibt aber bei der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser. In jedem Fall müsste durch
entsprechende gesetzliche Vorgaben klargestellt werden, dass
bei der gegenwärtigen Degression auf Landesebene nur der
Saldo der Leistungszuwächse im jeweiligen Bundesland zur
Diskussion steht. Dies muss bei der Frage der Ausgabenneutralität auf jeden Fall berücksichtigt werden.
Neben der finanziellen Schlechterstellung aus den vorgenannten Gründen tritt auch eine enorme Ausweitung der
Komplexität infolge der unterschiedlichen Abschlagshöhen
und -dauern in Abhängigkeit von den anfallenden Mehrleis­
tungen ein. Die Aufnahme neuer, nicht konkret fassbarer und
abgrenzbarer Tatbestände wie Leistungen mit höherer Fixkos­
tendegression oder Leistungen, bei denen in erhöhtem Maße
wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten
oder zu erwarten sind, lassen angesichts der Unbestimmtheit
zahlreiche neue Konfliktfelder bei den Budgetverhandlungen
erwarten. Diesbezüglich hilft es auch nicht weiter, wenn zukünftig die Vertragsparteien auf der Bundesebene die näheren
Einzelheiten zur Umsetzung des Fixkostendegressionsabschlags vereinbaren sollen.
6.2015 das
Krankenhaus
Politik
In der Gesamtschau sind die Vorgaben
Tabelle 2: Mogelpackung Degressionsabbau – Kürzungskomponenten beim
für den neuen Abschlag eine Zumu­Landesbasisfallwert alt und neu
tung für alle an der Budgetverhandlung
Beteiligten. Es ist nicht erkennbar, wie
Alte Degression
Neue Degression
die Ermittlung des Abschlagsvolumens
Grundlohnrate
Grundlohnrate
bei den vorgesehenen Regelungen
– DRG-Leistungsentwicklung
– ersetzt durch Produktivität, Fehlbelegung, Verlagerungspotenzial
noch mit vertretbarem Aufwand tech– Ausgabenentwicklung Nicht-DRG-Bereich
– Ausgabenentwicklung Nicht-DRG-Bereich
nisch umgesetzt werden kann. Schon
jetzt ist absehbar, dass der Kollaps der
– NUB-Entgelte
– NUB-Entgelte
Budgetverhandlungen und Schiedsver– Sicherstellungszuschlag
– begrenzt auf Landesvorgaben
fahren spätestens im Jahr 2021 eintre– Zentrumszuschlag
(entfällt)
ten wird. Denn dann müssten die Kran– Wirtschaftlichkeitsreserven
– Wirtschaftlichkeitsreserven
kenhäuser und Kostenträger eine Einigung über die budgettechnischen Auswirkungen der für die Jahre 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021 möglichst wenig bei den Krankenhäusern ankommen soll
zusätzlich vereinbarten Leistungen und der gegebenenfalls vor ­(siehe u Tabelle 2).
Ort ergänzend dazu verhandelten Abschlagshöhen und -dauern erzielen. Wer einmal an einer entsprechenden Budget- Produktivitätsentwicklung
oder Schiedsverhandlung teilgenommen hat, ahnt, dass dies
ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Dass die Produktivitätsentwicklung künftig absenkend bei den
Landesbasisfallwertverhandlungen berücksichtigt werden soll,
Neue Kürzungen bei den Landesbasis­
kann als gesetzlich verfügte Personalverknappung bezeichnet
werden. Die Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung
fallwerten!
steht im absoluten Widerspruch zu der Grundphilosophie, PerAuf das Schärfste zurückzuweisen sind auch die neuen Kür- sonalabbau im Krankenhausbereich verhindern zu wollen. Es
zungskomponenten für die Verhandlungen der Landesbasis- ist zu befürchten, dass die Krankenkassen die Vorschrift nutfallwerte. Die geplante Berücksichtigung der Produktivitätsent- zen werden, um zusätzliche Absenkungen des Landesbasisfallwicklung, der Ergebnisse von Fehlbelegungsprüfungen und werts für angeblich vorhandene Wirtschaftlichkeitsreserven zu
der Möglichkeiten zu Leistungsverlagerungen in den am­ fordern.
Nach der Lesart der Kassen könnte sich die für den Kranbulanten Bereich sind ein weiterer Beleg dafür, dass der
­Gesetzgeber möglichst wenig Mittel für die Finanzierung der kenhausbereich maßgebliche Arbeitsproduktivität letztlich
Krankenhäuser bereitstellen möchte. Gleiches gilt für die Wie- über das Verhältnis zwischen erbrachten Leistungen (messbar
dereinführung der 1/3-Kürzungsverhandlungen über die Ober- in Bewertungsrelationen) und erbrachtem Personaleinsatz
grenze für die Landesbasisfallwerterhöhungen. Ganz offen­ (messbar in Vollkräften) ausdrücken. Ein Krankenhaus, das
sichtlich zeigt sich auch hier die Absicht des Gesetzgebers, mit weniger Vollkräften die gleichen Leistungen wie ein andass von dem Erhöhungspotenzial aus der Grundlohnrate deres Krankenhaus erbringt, arbeitet nach dieser Formel wirt-
Politik
schaftlicher. Durch die Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung wird den Kostenträgern Tür und Tor geöffnet,
Wirtschaftlichkeitsvergleiche zwischen Krankenhäusern auf
der Grundlage des eingesetzten Personals zu führen und daraus Absenkungsforderungen abzuleiten. Die Vorgabe konterkariert einen der Kernpunkte des Gesetzes, die Sicherstellung
einer hohen Qualität der Krankenhausbehandlung, und kann
daher von der Politik so nicht gewollt sein.
Fehlbelegungspotenzial
Die Berücksichtigung von Fehlbelegungspotenzial kommt
einem doppelten Abkassieren gleich. Bei knapper Überschreitung der unteren Grenzverweildauer erfolgen bereits heute
­systematisch Rechnungskürzungen durch den MDK wegen
angeblicher Fehlbelegung, und dies bei schwieriger Beweisführung der Notwendigkeit eines zusätzlichen Behandlungstages bei retrospektiver Sichtweise. Dieses „Potenzial“ darf keinesfalls beim Landesbasisfallwert nochmals absenkend wirken. Aus der Begründung geht zwar hervor, dass keine doppelte Berücksichtigung erfolgen soll. Aber wie soll bei den hier
vorgegebenen unbestimmten Tatbeständen eine trennscharfe
Abgrenzung zu bereits im Vergütungssystem berücksichtigten
Effekten gelingen? Wer weiß in den prospektiv im Oktober zu
führenden Landesbasisfallwertverhandlungen, wie hoch die
Rechnungskürzungen im Krankenhaus X oder im Krankenhaus Y, welche die Kassen mit Hilfe der rund 2 Millionen
MDK-Prüfungen abholen werden, im Laufe des Folgejahres
sein werden? Und was hat das mit der Preisbildung zu tun?
Das Krankenhausfinanzierungsrecht sieht kein über Preisund Mengenkomponenten gebildetes Landeskrankenhausbudget vor.
Leistungsverlagerungen
Auch die Einbeziehung von Leistungsverlagerungen stationä­
rer Leistungen in den ambulanten Bereich ist nicht nachvollziehbar. Sofern stationäre Leistungen erbracht werden, die ambulant hätten erbracht werden müssen, werden diese vom
MDK als primäre Fehlbelegung weggeprüft. Das ambulante
Potenzial verlagert die damit verbundenen Geldvolumina automatisch, indem nicht stationär erbrachte Leistungen von den
Krankenkassen auch nicht aus dem stationären Topf gezahlt
werden. Nicht vereinnahmte Mittel dürfen nicht zusätzlich den
Landesbasisfallwert mindern.
Die für den Referentenentwurf Verantwortlichen weisen an
dieser Stelle darauf hin, dass die zuvor genannten Absenkungstatbestände lediglich zur Konkretisierung der schon heute im Gesetz stehenden Wirtschaftlichkeitsreserven dienen
sollen. Dementsprechend handele es sich nicht um neue Kürzungskomponenten. Wer das Vorgehen der Krankenkassen in
den Verhandlungen der Landesbasisfallwerte kennt, weiß jedoch, dass dies nicht zutrifft. Unter Wirtschaftlichkeitsreserven werden zum Beispiel Verweildauerabsenkungen, Absenkungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Ähnliches abgehandelt. Jede neue Komponente, die im Gesetz genannt
524
das
Krankenhaus 6.2015
wird, führt zu einer weiteren Minderung der Landesbasisfallwerte. Für die Krankenhäuser zählt jedoch jedes Promille.
Denn jedes Promille Grundlohnratenunterschreitung kostet
die Kliniken über 60 Mio. €. Das sind 60 Mio. €, die dann für
die Finanzierung des Personals und der Tariflohnanstiege
nicht mehr zur Verfügung stehen.
Die angekündigte Freistellung der Landesbasisfallwerte
von den Leistungsdegressionskomponenten ist daher eine Mogelpackung, wenn die neuen Kürzungskomponenten tatsächlich in das Gesetz aufgenommen werden.
Obergrenze für die Landesbasisfallwertverhandlungen
­(Veränderungswert)
Der Rückfall auf einen auf ein Drittel der Differenz zwischen
einem höheren Orientierungswert und der Grundlohnrate beschränkten Verhandlungskorridor im Rahmen der Landesbasisfallwertverhandlungen ist ebenfalls Ausdruck einer auf
Kürzung und Enghalten ausgerichteten Grundphilosophie.
­
Der Orientierungswert soll die Entwicklung der Kosten in den
Krankenhäusern abbilden, die – wie insbesondere die Tarifentwicklungen – nicht von den Krankenhäusern zu beeinflussen
sind. Er müsste deshalb immer in voller Höhe als Veränderungswert zur Anwendung kommen, wenn er die Grundlohnrate übersteigt. Wird die tatsächliche Kostenentwicklung den
Krankenhäusern hingegen wie vorgesehen weggekürzt, dann
stellt sich die Frage, warum man den Orientierungswert zuvor
überhaupt aufwendig ermittelt!
Wegfall des Versorgungszuschlages in 2017
entzieht 500 Mio. €!
Ein Wegfall des derzeitigen bundeseinheitlichen Versorgungszuschlages von 0,8 Prozent bedeutet für die Krankenhäuser
eine Absenkung der Vergütungen im Volumen von rund
500 Mio. €, die dauerhaft wirkt. Angesichts des Fortbestehens
der massiven Belastungen der Krankenhäuser insbesondere
im Personalkostenbereich wird damit die ohnehin schwierige
Lage der Krankenhäuser noch weiter verschärft. Die ursprüngliche Zielsetzung einer nachhaltigen Verbesserung der finan­
ziellen Lage der Krankenhäuser des Jahres 2013 wird somit
verfehlt.
Begründet wird der Wegfall im Zusammenhang mit der
Verlagerung der Mengenberücksichtigung von der Landes- auf
die Krankenhausebene ab dem Jahr 2017, mit der auch die
Kombination aus Versorgungszuschlag und dem bisherigen
Mehrleistungsabschlag abgeschafft wird. „Zur Vermeidung
von Fehlanreizen“ sollen jedoch die Mehrleistungen der Jahre
2015 und 2016 jeweils noch dem bisherigen dreijährigen
Mehrleistungsabschlag unterliegen. Mehrleistungsabschläge
wirken insofern bis in das Jahr 2018 fort, während der Versorgungszuschlag bereits 2016 ausläuft. Da ab 2017 der Fixkostendegressionsabschlag zusätzlich Anwendung findet, führt dies
zu massiven Kürzungen in Krankenhäusern, die steigende
­Patientenzahlen zu behandeln haben. Die Weitererhebung von
Mehrleistungsabschlägen ist spätestens 2017 zu beenden! u
das
Krankenhaus Kohlhammer
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das
Krankenhaus 6.2015
Politik
Vorgesehene Maßnahmen im Entwurf des
Krankenhaus-Strukturgesetzes.
„„Festlegung eines gestuften Systems von Notfallstrukturen in
Was ­passiert 2015?
Landesebene
Bundesebene
„„Anwendung der neuen unteren Bundesbasisfallwertgrenze
Krankenhäusern (bis 31. Dezember 2016).
BMG, den Ländern und dem GKV-SV (bis 31. Dezember
2015).
„„Verhandlung des Veränderungswerts im Rahmen der 1/3
Differenz, falls der Orientierungswert oberhalb der Grundlohnrate liegt, ansonsten Weitergeltung der Meistbegünstigungsklausel (bis 31. Oktober jeden Jahres). Überprüfung
der Regelung bis 2018.
und des ggf. neu ermittelten Veränderungswertes bei den
Landesbasisfallwertverhandlungen.
„„Fortführung der Konvergenz der Landesbasisfallwerte
(100 Prozent untere Korridorgrenze/sechs Jahre Konvergenz
obere Korridorgrenze und Wegfall der Kappungsgrenzen).
„„Eröffnung des Strukturfonds zur Förderung von Vorhaben
zur Verbesserung von Versorgungsstrukturen (Entscheidung über Fortsetzung Ende 2018).
„„Erstmalige Vereinbarung des jährlichen Fixkostendegres­
sionsabschlages auf Landesebene mit Wirkung für 2017 (jeweils bis zum 30. September des Vorjahres).
Was ­passiert in 2016?
Krankenhausebene
Bundesebene
„„Beginn des dreijährigen Pflegestellenförderprogramms
„„Ermittlung des Bundesbasisfallwerts mit neuen Korridorgrenzen (bis 31. Oktober jeden Jahres).
„„Vereinbarung über das Nähere zum Strukturfonds zwischen
„„Vereinbarung des Näheren zu den Zentrumszuschlägen (bis
31. März 2016).
„„Vereinbarung über die Absenkung oder Abstaffelung der
­ ewertungsrelationen für Leistungen mit Anhaltspunkten
B
für eine wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerung (bis
31. Mai 2016).
„„Vereinbarung eines Konzepts zur sachgerechten Korrektur
der Bewertungsrelationen zur Vermeidung von Fehlanreizen bei systematischer Übervergütung der Sachkostenanteile (bis 30. Juni 2016).
„„Vereinbarung eines Katalogs mit unverzichtbaren Ausnahmen für zusätzliche Leistungen, die keinem Fixkostendegressionsabschlag unterliegen, sowie nähere Einzelheiten
zur Umsetzung (erstmals bis 30. September 2016).
„„Vereinbarung eines Konzepts für eine repräsentative Kalkulationsstichprobe (bis 31. Dezember 2016).
„„Vereinbarung der Anforderungen an die Durchführung klinischer Sektionen zur Qualitätssicherung (bis 31. Dezember
2016).
„„Vereinbarung der Rahmenbedingungen für die Qualitätsverträge (bis 31. Dezember 2016).
Bundesebene – G-BA
„„Beschluss über bundeseinheitliche Vorgaben für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen (bis 31. März 2016).
„„Festlegung der vier Leistungen oder Leistungsbereiche für
die Qualitätsverträge (bis 31. Juli 2016).
(2016–2018).
„„Vereinbarungen über krankenhausindividuelle, befristete
Zuschläge für die Finanzierung von Mehrkosten aufgrund
von Richtlinien oder Beschlüssen des G-BA, sobald die Vereinbarung auf Bundesebene zu den diesbezüglichen Rahmenbedingungen geschlossen wurde. Teilweise rückwirkende Geltung für Mehrkosten aufgrund der Anforderungen der Qualitätssicherungsrichtlinie Früh- und Reifgebo­
rene.
„„Vereinbarungen über Zentrumszuschläge, sobald die diesbezügliche Rahmenvereinbarung auf Bundesebene geschlossen wurde.
„„Absenkung des Investitionskostenabschlages für Krankenhausambulanzen (von 10 auf 5 Prozent).
Was ­passiert 2017?
Bundesebene
„„Vereinbarung der Höhe und die nähere Ausgestaltung der
Qualitätszu- und -abschläge (bis 30. Juni 2017).
„„Vereinbarung über die Höhe und die nähere Ausgestaltung
der Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme an der Notfallversorgung (bis 30. Juni 2017).
„„Erarbeitung eines Vorschlags durch eine Expertenkommission beim BMG, wie die Finanzmittel des Pflegestellenförderprogramms dauerhaft zur Förderung der Pflege zur
Verfügung gestellt werden können (bis 31. Dezember
2017).
„„Festlegung von geeigneten Maßnahmen zur Sicherung der
Hygiene sowie Indikatoren zur Beurteilung der Hygienequalität im Rahmen einer Richtlinie (bis 31. Dezember 2016).
„„Festlegung der Leistungen oder Leistungsbereiche für eine
qualitätsabhängige Vergütung (bis 31. Dezember 2016).
526
Landesebene
„„Aufhebung der Mengendegression der mit Fallpauschalen
vergüteten Leistungen auf der Landesebene.
6.2015 das
Krankenhaus
Politik
Krankenhausebene
Weitere Vorgaben
„„Dauerhafte Streichung des Versorgungszuschlags und des
Bundesebene
„klassischen Mehrleistungsabschlages“ (Mehrleistungsabschlag wirkt aufgrund der dreijährigen Geltungsdauer noch
bis 2018).
„„Einführung des Fixkostendegressionsabschlages (Dauer: mindestens fünf Jahre/Höhe: auf Landesebene zu verein­baren –
Verhandlungen über Überschreitungen auf Orts­ebene).
„„Die neuen angeführten Zu- und Abschläge können abgerechnet werden, sobald eine entsprechende Rahmenvereinbarung vorliegt (ggf. sind dort enthaltene Zeitvorgaben zu
berücksichtigen). Betrifft voraussichtlich die Sicherstellungszuschläge, Qualitätszu- und -abschläge, Zuschläge für
die klinische Sektion.
„„Erstmalig abgestaffelte oder abgesenkte Bewertungsrela­
tionen und Korrekturen bei systematischer Übervergütung
der Sachkostenanteile im DRG-Katalog, soweit im Rahmen
der Bundesvereinbarung vereinbart und bei der Kalkulation
umgesetzt.
„„Möglichkeit zur Vereinbarung von Qualitätsverträgen.
„„Konkretisierung der Mindestmengenregelung.
„„Überarbeitung der Qualitätsberichte, unter anderem mit
dem Ziel einer besseren Verständlichkeit im G-BA.
„„Vereinbarung von Vorgaben für die befristeten Zuschläge
für die Finanzierung von Mehrkosten aufgrund von Richt­
linien oder Beschlüssen des G-BA.
„„Festlegung von Vorgaben zur Durchsetzung und Kontrolle
der Qualitätsanforderungen des G-BA (unter anderem unangemeldete MDK-Kontrollen).
„„Mögliche Empfehlungen an die Vertragsparteien auf der
Landesebene zur Vereinbarung der Basisfallwerte und der
zu berücksichtigenden Tatbestände, insbesondere zur Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven.
„„Vereinbarungen von bundeseinheitlichen Vorgaben zur Finanzierung der Sicherstellung einer für die Versorgung der
Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen sind
möglich.
gen werden. Die Effekte dieser Kürzungskomponenten belaufen sich auf ca. 1 Mrd. €, die den Krankenhäusern im Wahljahr
2017 entzogen werden.
Anstelle einer Verbesserung der Regelfinanzierung der Krankenhäuser tritt eine deutliche Verschlechterung bei ohnehin
gedeckelten Zuwachsraten ein (siehe u Tabelle 3). Statt des
Wegfalls der „doppelten Degression“ entsteht im Jahr 2017
eine Vervierfachung durch
Punktuelle Verbesserungen lösen die generelle
Unterfinanzierungsproblematik nicht!
1.die Fortführung der Leistungsmengendegression beim
Landesbasisfallwert (Abbau erfolgt nur teilweise),
2. den Fixkostenabschlag, der höher als der bisherige Mehr­leis­
tungsabschlag ist und auch länger als dieser erhoben wird,
3. die zusätzliche Fixkostendegression auf der Ortsebene und
4. die DRG-Katalog-Degressionskomponente (Abstaffelung).
Dramatische Finanzierungs­
situation im Jahr 2017
Besonders dramatisch wird die Finanzierungssituation der Krankenhäuser
im Jahr 2017 (siehe u Tabelle 4). Der
ersatzlose Wegfall des Versorgungszuschlags wird den Krankenhäusern jährlich Finanzierungsmittel in Höhe von
500 Mio. € entziehen. Hinzu kommen
weitere Vergütungskürzungen durch
die auch im Jahr 2017 noch zu zahlenden Mehrleistungsabschläge aus
den Jahren 2015 (zehn zusätzliche Geburten im Jahr 2015 mindern noch
2017 nachwirkend die Vergütung aller
Leistungen des Krankenhauses!) und
2016 sowie durch die neuen Fixkostendegressionsabschläge, deren Höhe und
Erhebungsdauer die bisherigen Mehrleistungsabschläge deutlich überstei-
Keinen Beitrag zur Lösung der generellen Unterfinanzierungsproblematik der Krankenhäuser leisten die im Gesetzentwurf
punktuell vorgesehenen Verbesserungen. Denn mit Ausnahme der Halbierung des Investitionsabschlages in der ambulanten Notfallversorgung sind die Verbesserungen an den
Tabelle 3: Verschlechterung der Regelfinanzierung der Krankenhäuser 2013–2017
Versorgungszuschlag (VZ)/Mehrleistungsabschlag (MLA)/Fixkostendegressionsabschlag (FKDA)
2013
2014
2015
2016
2017
2018
VZ
–
–
VZ
VZ
VZ
MLA 2013
MLA 2013
MLA 2013
MLA 2014
MLA 2014
MLA 2014
MLA 2015
MLA 2015
MLA 2015
MLA 2016
MLA 2016
MLA 2016
FKDA 2017
FKDA 2017
„FKDA +“ ?
FKDA 2018
„FKDA +“ ?
Tabelle 4: Das Kürzungsjahr 2017
• Wegfall des Versorgungszuschlags
• Umstellung Landesbasisfallwert (Teilabbau Mengendegression vs. neue Kürzungen wie Produktivität)
– 500 Mio. E
+/– 0
• Fixkostendegression auf Ortsebene neu
– 250 Mio. E
• Nachwirkung Mehrleistungsabschlag 2015, 2016
– 300 Mio. E
Kürzungseffekte für Krankenhäuser
– 1.050 Mio. E
527
das
Krankenhaus 6.2015
Politik
Nachweis entsprechender Kosten in mindestens gleicher Höhe
geknüpft. Das Pflegestellenförderprogramm entzieht den Kliniken sogar finanzielle Mittel, da es die zusätzlich eingestellten
Pflegekräfte nur zu 90 Prozent finanziert. Den G-BA-Mehrkos­
ten-Zuschlag erhalten die Krankenhäuser nur, wenn ihnen die
zusätzlichen Kosten tatsächlich entstehen und sie diese gegenüber den Krankenkassen nachweisen können. Vom neuen Sicherstellungszuschlag werden nur die Kliniken profitieren, die
den Zuschlag schon heute erhalten. Insofern wäre eine Gegenrechnung der punktuellen Verbesserungen mit den zuvor dargestellten Kürzungen von einer Milliarde Euro eine unzulässige Verharmlosungsrechnung.
Pflegestellenförderprogramm
Analog zum ersten Pflegestellenförderprogramm sollen Neueinstellungen und die Aufstockung von vorhandenen Stellen
des Krankenpflegepersonals mit 90 Prozent der Personalkos­
ten refinanziert werden. Das Gesamtvolumen für die Jahre
2016 bis 2018 beträgt 0,45 Prozent des Budgets (rund 300
Mio. € insgesamt). Im Vergleich zum ersten Förderprogramm
existiert nunmehr die Einschränkung, dass lediglich Pflegekräfte auf bettenführenden Stationen – mit Ausnahme von Intensivstationen eingestellt bzw. Teilzeitarbeitsverhältnisse aufgestockt werden können.
Grundsätzlich ist die Intention des Gesetzgebers zu begrüßen, die Einstellung bzw. Aufstockung von Pflegepersonal finanziell zu fördern. Allerdings ist das nun vorgelegte Förderprogramm vom Volumen her völlig unzureichend. Zudem
führen die Einschränkungen hinsichtlich der zu fördernden
Stellen dazu, dass die Umsetzung des Förderprogramms unpraktikabel wird und es zu Fehlallokationen kommt.
Mit dem Gesamtvolumen von rund 300 Mio. € in der Endstufe 2018 dürften etwa 6 000 zusätzliche Pflegestellen geschaffen werden können. Dies bedeutet, dass im Durchschnitt
gerade einmal drei zusätzliche Pflegestellen pro Krankenhaus
im Zeitraum von drei Jahren geschaffen werden könnten, also
eine pro Jahr. Das ist vor dem Hintergrund der personellen
­Herausforderungen in der Krankenpflege völlig unzureichend.
Eine spürbare Verbesserung der Personalsituation in den
Krankenhäusern wird damit nicht erreicht und die Problematik der milliardenhohen Unterfinanzierung der Personalkos­
ten wird nicht im Geringsten gemildert.
Die Einschränkung der Förderung auf Stellen in bettenführenden Stationen und die explizite Herausnahme von Intensivstationen ist ebenfalls völlig unverständlich. Insbesondere im
hochsensiblen Bereich der Intensivversorgung ist eine gute
personelle Ausstattung von größtem Nutzen für die Patientenversorgung. Vor dem Hintergrund, dass viele Krankenhäuser
mit Personalpools in der Pflege arbeiten, dürfte schon die einwandfreie Zuordnung des Personals schwierig werden. Die
eingeführten zusätzlichen Nachweispflichten des Krankenhauses führen zudem zu einem erheblichen bürokratischen
Aufwand.
Würde eine solche „Programmpflegekraft“ auf einer Intensivstation, wozu es im Versorgungsalltag jederzeit kommen
528
kann, aushelfen, wäre dies zudem „illegal“! Das für die Pflegekraft erhaltene Geld müsste zurückgezahlt werden. Die Vorstellung über die Betriebsabläufe in Krankenhäusern, die einer
solchen Regelung zugrunde liegt, kann daher nur als vollkommen realitätsfern bezeichnet werden.
Sicherstellungszuschlag
Keine nachhaltige Verbesserung sieht der Referentenentwurf
auch für die Sicherstellungszuschläge vor. Positiv ist lediglich,
dass sie in Zukunft nur noch dann absenkend auf den Landesbasisfallwert wirken sollen, wenn sie auf Vorgaben des Landes
beruhen, die von den Bundesvorgaben abweichen.
Kritisch ist jedoch anzumerken, dass ein Sicherstellungszuschlag in Zukunft nur vereinbart werden kann, wenn das
gesamte Krankenhaus ein Defizit in der Bilanz aufweist. Damit
würden derzeit zuallererst Krankenhäuser getroffen, die bereits einen abteilungsbezogenen Sicherstellungszuschlag haben. Auch an dieser Stelle ist somit das Muster zu erkennen,
das sich durch den gesamten Gesetzentwurf zieht: Jede angekündigte Verbesserung geht einher mit kompensierenden Verschlechterungen!
Krankenhäuser bzw. Fachbereiche in einem Gebiet mit geringem Versorgungsbedarf müssen für einen Sicherstellungszuschlag grundsätzlich in Betracht kommen, wenn die vorgehaltene Betriebsgröße und die dadurch verursachten Kosten
nicht unter ein bestimmtes Minimum reduziert werden können (zum Beispiel geburtshilfliche Abteilungen im ländlichen
Raum). Dahinter steht die richtige Einschätzung, dass es bedingt durch die Kalkulationsmethodik zu einer Unterfinanzierung kommt. Bei diesem Kriterium ist jeweils auf die einzelne
Fachabteilung und nicht auf das Krankenhaus als Ganzes abzustellen. Es muss zwingend möglich sein, Sicherstellungszuschläge auch für einzelne Fachabteilungen geltend zu machen,
wenn diese nicht kostendeckend betrieben werden können.
Aufgrund der Landeskrankenhausgesetzgebung sind die Träger nicht frei in der Entscheidung über ihr Leistungsspektrum. Es kann nicht erwartet werden, dass ein bedarfsnotwendiger, unterfinanzierter Fachbereich durch Kürzungen in der
Substanz anderer Bereiche quersubventioniert wird. Außerdem stellt diese Vorgehensweise eine Ungleichbehandlung
zwischen defizitären Abteilungen verschiedener Krankenhäuser dar.
Nicht der richtige Weg ist auch die Festlegung von bundeseinheitlichen Vorgaben für die Gewährung von Sicherstellungszuschlägen durch den G-BA. Der G-BA hat weder die
Möglichkeiten noch die Ressourcen, um bundesweit und im
Einklang mit der Krankenhausplanung zu prüfen und festzulegen, welche Leistungen für die Versorgung der Bevölkerung
notwendig sind.
Finanzierung von Mehrkosten aus Beschlüssen
des G-BA
Die Möglichkeit zur Refinanzierung der Mehrkosten, die den
Krankenhäusern aus den Richtlinien oder Beschlüssen des Ge-
6.2015 das
Krankenhaus
Politik
meinsamen Bundesausschusses entTabelle 5: Investitionsförderung 2010–2014
stehen, ist ein Schritt in die richtige
Richtung. Die Finanzierung der MehrJahr
2010
2011
2012
2013
2014
kosten durch krankenhausindividuelle
Investitionsförderung in Mrd. €
2,83
2,67
2,61
2,72
2,78
Zuschläge und deren spätere ÜberfühInvestitionsbedarf in Mrd. €
6,00
6,00
6,00
6,00
6,00
rung in die Landesbasisfallwerte ist
Investitionslücke in Mrd. €
– 3,17
– 3,33
– 3,39
– 3,28
– 3,22
sachgerecht und systemkonform. Allerdings sollte klargestellt werden, dass
auch die Mehrkosten, die durch die Beschlüsse des G-BA zu wendige bauliche, sicherheitstechnische und medizintechden planungsrelevanten Qualitätsindikatoren und deren Um- nische Weiterentwicklungen und begrenzt die Möglichkeiten,
setzung durch die Landesbehörden entstehen, von dieser Zu- über Rationalisierungsinvestitionen Kosten zu senken und
schlagsregelung erfasst werden.
Qualität und Infektionsprophylaxe durch Investitionen zu verIn die falsche Richtung geht jedoch der Erlaubnisvorbehalt bessern. Soweit Krankenhäuser aus eigenen Mitteln oder über
des G-BA. Denn nach jeder Richtlinie müsste der G-BA mehr- Fremdkapital Investitionen finanzieren, entstehen über die daheitlich feststellen, dass über Umsetzungsmehrkosten Verein- mit verbundenen Zinslasten und Abschreibungen in der dubarungen zu treffen sind. Jedoch ist davon auszugehen, dass alen Finanzierungssystematik ungedeckte und ebenfalls defi­
die GKV-Seite im G-BA immer gegen eine solche Feststellung zit­verstärkende Kosten.
stimmen wird. Damit hängt alles von der Stimme des unpar­
teiischen Vorsitzenden ab und es ist zu befürchten, dass eine Strukturfonds hilft, löst aber das Grundproblem nicht!
zeitnahe Vereinbarung von Zuschlägen auf der Ortsebene
nicht erreicht werden kann, was insbesondere für die Umset- Der Strukturfonds für Umstrukturierungsmaßnahmen löst
zung der Richtlinie für Früh- und Reifgeborene sehr kritisch das zentrale Problem der vollkommen unzureichenden Inves­
ist.
titionsregelfinanzierung nicht. Zur Unterstützung der Krankenhäuser ist er dennoch zu begrüßen, insbesondere wenn die
zusätzlichen Mittel zur Weiterentwicklung der KrankenhausKeine Lösung der Investitionsmisere!
struktur bereitgestellt werden. Eine einseitig auf den Abbau
Wie die Unterfinanzierung im Bereich der Betriebskosten von Versorgungskapazitäten ausgerichtete Zielsetzung würde
wirkt sich für die Krankenhäuser auch die Unterfinanzierung den vielfältigen Aspekten der Krankenhausplanung nicht gebei den Investitionskosten massiv defizitverstärkend aus. Vom recht, die neben dem nach Fachrichtung zu differenzierenden
Bund und den Ländern anerkannt und durch das Institut für Versorgungsbedarf und den unterschiedlichen Flächendedas Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) kalkulatorisch be- ckungsgraden auch die demographischen Veränderungen und
legt, haben die Krankenhäuser einen jährlichen Investitionsbe- die zukünftige Entwicklung der ambulanten (Notfall-)Versordarf von rund 6 Mrd. €. Diesem Betrag steht jedoch nur eine gung, insbesondere in ländlichen Gebieten, berücksichtigen
jährliche Investitionsförderung der Länder in Höhe von rund muss. Besonders förderungswürdig und damit in die Zielset2,8 Mrd. € gegenüber (siehe u Tabelle 5). Das resultierende zung aufzunehmen sind Maßnahmen zur Infektionsprophy­
u
Inves­titionsdefizit von über 3 Mrd. € pro Jahr verhindert not- laxe und zur Verbesserung der IT-Infrastruktur.
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das
Krankenhaus 6.2015
Politik
Tabelle 6: Kosten und Erlöse je ambulantem Notfall im
Krankenhaus
Kennzahlen (jeweils pro ambulantem Notfall im Krankenhaus)
Durchschnittliche Kosten
120 E
Durchschnittliche Erlöse
32 E
Durchschnittlicher Fehlbetrag
– 88 E
 Gesamte Unterfinanzierung bei ca. 10 Millionen Fällen jährlich ca. 1 Mrd. E
Quelle: MCK/DGINA: Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus – Fallkostenkalkulation und Strukturanalyse
bulanten Notfall-Leistungen bekannt und durch Studien nachgewiesen (siehe u Tabelle 6). Die Krankenhäuser erhalten
durchschnittlich 32 € für die umfassenden medizinischen
Notfall-Leistungen – haben aber Kosten in Höhe von 120 € je
Fall. Die Unterdeckung beläuft sich jährlich auf ca. 1 Mrd. €
und trägt damit ebenfalls in erheblichem Maße zur großen
Zahl von Krankenhäusern mit Verlusten bei. Die nun vorgesehene Halbierung des Investitionskostenabschlages von zehn
auf fünf Prozent ist vor diesem Hintergrund nur ein Tropfen
auf den heißen Stein.
Fazit
Die Ausstattung des Fonds mit 500 Mio. € besitzt angesichts
jährlich fehlender, bestandserhaltender Investitionsmittel in
Höhe von mindestens 3 Mrd. € allerdings nur ergänzenden
Charakter. Damit Anpassungsreaktionen auf veränderte Leis­
tungsmöglichkeiten, Bevölkerungsveränderungen und andere
Rahmenbedingungen stattfinden können, muss der Fonds
grundsätzlich langfristig zur Anwendung kommen. Die Fördermaßnahmen der Länder erreichen bisher lediglich die Hälfte der nur für die Bestandserhaltung erforderlichen Mittel in
Höhe von 6 Mrd. €. Die für strukturelle Maßnahmen zusätzlich notwendigen Mittel liegen in Anbetracht der bevorstehenden Schuldenbremse ohne Unterstützung durch den Bund
außerhalb der derzeitigen Möglichkeiten der Länder. Deshalb
ist es zwingend notwendig, dass Bund und Länder gemeinsam
die Verantwortung für die Investitionsförderung der Krankenhäuser übernehmen. Der sich im Rahmen einer Quotierung
ergebende Bundesmittelanteil von 3 Mrd. € sollte den Krankenhäusern idealerweise über einen dauerhaft wirksamen prozentualen Zuschlag zufließen.
Ambulante Notfallversorgung: Milliarden­
unterdeckung bleibt bestehen!
Als weitere wesentliche Ursache für Defizite in den Krankenhäusern ist die absolut unzureichende Finanzierung der am-
Die Finanzierungsregelungen des Referentenentwurfes lösen
die zentralen Finanzierungsprobleme der Krankenhäuser
nicht, sondern verschärfen sie. Die punktuellen Entlastungen
stehen in keinem Verhältnis zu den neuen, hohen Belastungen
und schon gar nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu den
Milliarden-Unterfinanzierungen der Krankenhäuser in den
Bereichen Personal, ambulante Notfallversorgung und Investitionen.
Zwingend notwendig sind die dauerhafte Überführung des
Versorgungszuschlags zur Absicherung der Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser, der Verzicht auf neue Kürzungskomponenten bei den Landesbasisfallwerten, eine faire
Finanzierung des steigenden Leistungsbedarfs und eine Lösung des Investitionsproblems. Zu Letzterem müssen die Bundesländer ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen. Aber
auch mehr Bundesmittel müssen für Investitionen in den
Krankenhäusern bereitgestellt werden.
Anschrift der Verfasser
Dr. Michael Mörsch, Leiter des Bereichs Politik/Sabrina Weid,
­stellvertretende Leiterin des Bereichs Politik, Deutsche Krankenhausgesellschaft, ­Wegelystraße 3, 10623 Berlin
n
Kräfte bündeln gegen Klinikreform
„D
ieser Reformentwurf darf nicht Gesetz werden!“ – so
lautete dass einhellige Fazit der DKG-Informationsveranstaltung „Die Krankenhausreform – Anspruch und Wirklichkeit“ am 22. Mai 2015 in Berlin, zu der mehr als 250 Teilnehmer aus allen Berufsgruppen im Krankenhaus nach Berlin
gekommen waren.
Die Veranstaltung war gleichzeitig der Startschuss für eine
Kampagne gegen den Referentenentwurf zur Krankenhausreform. Die Krankenhäuser gehen in die Offensive: „Es ist Zeit,
den Druck zu erhöhen und den Protest in die Krankenhäuser
zu tragen“, so der DKG-Präsident Thomas Reumann. Sein
­Appell: „Sprechen Sie mit den Politikern, mit Ihren Abgeordneten vor Ort und zeigen Sie, mit welchem Engagement Ihre
Mitarbeiter zum Wohle der Patienten arbeiten!“ So solle vor
530
Ort in den Krankenhäusern deutlich gemacht werden, dass die
Patientenversorgung leide, wenn die Reform nicht „komplett
neu auf die Füße gestellt wird“.
„Die geplante Krankenhausreform ist eine Bankrotterklärung. Sie gibt keine Antworten auf die großen Zukunftsfragen
des Gesundheitswesens“, begründet Reumann die Enttäuschung angesichts des Referentenentwurfs: „Es fehlen Lösun­
gen für den demographischen Wandel, für den zunehmenden
Versorgungsbedarf, Fachkräftemangel und medizinischen
Fortschritt.“
Die zentralen Probleme der Krankenhäuser, etwa der Finanzierung des Personals, der ambulanten Notfälle und der
Investitionen, blieben ohne Lösung. Schlimmer noch: „Die
u
­Reform bringt neue Kürzungen und Belastungen.“
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existierende, spezielle Muster für Krankenhäuser gedeckt. Die Verantwortlichen
der Krankenhäuser waren daher weitgehend gezwungen, eigene Texte zu entwickeln. Erfahrene Praktiker stellen in Kooperation mit der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e. V. (BKG) erstmals die für einen Krankenhausbetrieb erforderlichen Muster in der notwendigen Bandbreite zur Verfügung. Das Werk soll
fortwährend ergänzt und aktualisiert werden. Über
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sämtliche Musterverträge zum Download zur Verfügung.
Dr. iur. Philipp Schloßer ist Abteilungsleiter am Klinikum rechts der Isar der
Technischen Universität München und Lehrbeauftragter der Universität Regensburg für Medizinrecht sowie Mitglied der Ethikkommission der Technischen
Universität München.
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Politik
das
Krankenhaus 6.2015
Mehr als 250 Teilnehmer aus allen Berufsgruppen im Krankenhaus kamen zur DKG-Informationsveranstaltung nach Berlin, um sich über den
Referentenentwurf zur Krankenhausreform auszutauschen.
DKG-Präsident Thomas Reumann: „Es ist
Zeit, den Druck zu erhöhen und den Protest
in die Krankenhäuser zu tragen.“
Zentrale Probleme bleiben ungelöst
sern. Auch er sehe die Investitionsproblematik und ihre Auswirkungen: „Damit können wir nicht zufrieden sein, wenn ein
erheblicher Teil der Investitionskosten aus den laufenden Kos­
ten der Häuser bestritten werden muss.“ Allerdings habe er
Zweifel, ob das im Rahmen der Reform zu ändern sei: „Das
Problem ist nicht ohne die Länder zu lösen.“ Er verwies auf
Unterschiede in der Bettenanzahl und den Investitionen der
Bundesländer: „Investitionskostenfinanzierung und Krankenhausbedarfsplanung sind zwei Seiten derselben Medaille.“
Qualität müsse Eingang in die Bedarfsplanung finden.
„Wir müssen die Probleme weiter miteinander diskutieren
und den demokratischen Prozess im Gesetzgebungsverfahren
einhalten“, so die krankenhauspolitische Sprecherin der SPDBundestagsfraktion, Marina Kermer.
In Bezug auf die Investitionsmisere der Kliniken sagte
­Reumann: „Nicht einmal das Bemühen, diese zu lösen, ist
zu erkennen! Stattdessen schieben sich Bund und Länder
den Schwarzen Peter zu.“ Wenn sich der Bund und die Länder nicht einigen könnten, dann müsse der Bund übernehmen.
Die Krankenhäuser bräuchten zudem eine faire Vergütung
für gute Arbeit. „Die Regelfinanzierung muss sicherstellen,
dass die Tarifsteigerungen für die 1,2 Millionen Beschäftigen
von den Krankenhäusern bezahlt werden können“, so der
DKG-Präsident. In dieser Einschätzung gebe es einen breiten
Konsens mit den Verbänden und Gewerkschaften der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern. Reumann: „Dieser erschreckende Reformansatz erzeugt einen
­engen Schulterschluss des Protestes aller aus dem Krankenhauswesen.“
Reumann sieht in dem Referentenentwurf einen Höhepunkt des Misstrauens gegenüber den Krankenhäusern: „Der
Geist, der in fast allen Formulierungen des Gesetzentwurfes
mitschwingt, ist ein Schlag in das Gesicht unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die alles dafür tun, dass jeder Patient die
bestmögliche Versorgung erhält, und die damit auch die bestmögliche Qualität gewährleisten.“ Dieses Misstrauen beschä­
dige das große Engagement der Mitarbeiter. Der Gesetzentwurf
erwecke den Eindruck, dass der Qualität mit Qualitätsabschlägen und „Qualitätsrazzien des MDK“ nachgeholfen werden
müsse.
Lothar Riebsamen sah sich als Zuhörer wohl zurecht stellvertretend für „die Politik“ in Bundestag und Ministerium angesprochen. Das Gesetzgebungsverfahren zur Krankenhausreform sei noch nicht abgeschlossen, betonte der CDU-Gesundheitsexperte im Bundestag. „Wir stehen hinter den Krankenhäusern“, sagte Riebsamen. Politik und Krankenhäuser seien
einig über die wichtige Rolle der Qualität in den Krankenhäu532
Lothar Riebsamen, CDUGesundheitsexperte im
Bundestag
Krankenhaus-Bashing statt auskömmlicher
­Finanzierung
Dr. Theodor Windhorst, konstatierte in seinem Vortrag: „Medizinische Qualität braucht Ressourcen, aber nicht P4P!“ Erklärter Anspruch der Krankenhausreform sei eigentlich, die Kliniken zu stärken, so der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Der Referentenentwurf konterkarikiere diesen Anspruch: „Alles wird kaputtgespart. Ärzte geben auf und
verlassen die Krankenhäuser, Pflegekräfte mögen ihren Beruf
nicht mehr.“ Sein dringender Appell in Richtung der Politik:
„Helfen Sie uns!“
Windhorst befürchtet einen tief greifenden Wandel der Versorgungsfunktion der Krankenhäuser: „Es besteht die Gefahr,
dass Kliniken zu Nischenanbietern für Zuschlagsleis­tungen
werden, wobei gleichzeitig zentrale Funktionen wie etwa die
Notfallversorgung unattraktiv und somit vernachläs­sigt werden.“
Qualität sei Kernanspruch ärztlichen Handelns und das
Kernanliegen der Ärzteschaft, so Windhorst: „Und dennoch
wir müssen uns behandelt lassen wie Lügner und Betrüger!“
6.2015 das
Krankenhaus
Hedwig Francois-Kettner, Vorsitzende
des Aktionsbündnisses Patienten­
sicherheit, bezeichnete den Referentenentwurf zur Klinikreform als
­„desaströs“.
Politik
Dr. Hans-Albert Gehle, Vorstandsmitglied des Marburger Bundes:
„Wir wollen unterstützt, nicht kontrolliert und gebasht werden!“
Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe sieht einen
Paradigmenwechsel im Referentenentwurf: „Bisher ist das
Streben nach Qualität an deutschen Krankenhäusern Selbstzweck. Werden Qualitätsmängel erkannt, dann werden sie mittels strukturiertem Dialog behoben. Nun soll die Qualität Mittel zum Zweck werden, um Kliniken vom Versorgungsauftrag
auszuschließen.“
Zu Unrecht würden die Ergebnisqualität und die Kosten in
deutschen Krankenhäusern schlechtgeredet: Dem Euro Health
Consumer Index 2014 zufolge schneide Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern sehr gut ab. In Bezug auf die Fallkosten lägen deutsche Kliniken unter dem OECD-Meridian.
Sein Fazit: „Wir haben ein wirklich gutes System der Krankenhausversorgung. Behalten wir es doch!“ Windhorst forderte
eine auskömmliche Finanzierung ohne Anreize zur Quersubventionierung sowie die Sicherung einer anforderungsgerechten Versorgungsfunktion der Krankenhäuser – gerade in
ländlichen Regionen.
Als „desaströs“ bezeichnete Hedwig Francois-Kettner, Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerates und Vorsitzende
des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, den Gesetzentwurf. Sie vertrat den Präsidenten des Deutschen Pflegerats,
Andreas Westerfellhaus, der kurzfristig absagen musste. „Die
Politiker haben nicht verstanden, dass in den Krankenhäusern
Pflegefachkräfte notwendig sind. Wir brauchen schlicht mehr
Mann am Bett!“ Die geplante Pflegeförderung in Höhe von
660 Mio. € sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Es wird
davon ausgegangen, dass die Krankenhäuser das wieder irgendwie hinkriegen. Das geht nicht mehr – wir dürfen das
nicht hinnehmen!“ Sie erwarte ein „gewaltiges Echo“ von Seiten der Pflegekräfte, wenn Verbände gegen die Reform mobilisierten.
Dr. Hans-Albert Gehle, Vorstandsmitglied des Marburger
Bundes, brachte seinen Unmut zum Ausdruck: „Alle wissen
um die Arbeitssituation im Krankenhaus mit extremer Leis­
tungsverdichtung und zu wenig Personal. Nur die Politik of-
Dr. Theodor Windhorst, Präsident der
Ärztekammer Westfalen-Lippe, forderte eine auskömmliche Finanzierung
der Krankenhäuser.
DEKV-Verbandsdirektor Norbert
Groß forderte an die Politiker
gerichtet: „Stellen Sie die Mittel
zur Verfügung, die die Patien­
ten verdient haben!“
fenbar nicht!“ Erklärtes Ziel der Reform sei „weniger Krankenhäuser, weniger Operationen, mehr Qualität“. Die Politik strebe also ein „Krankenhausreduzierungsgesetz“ an.
Ein Höchstmaß an Produktivität werde gefordert. „Ist das
Patientengespräch oder das Gespräch mit Angehörigen produktiv? Offenbar gehe es aber gar nicht um optimale Patientenversorgung, sondern vor allem um Kostendeckelung“, so
Gehle. Der Referentenentwurf verschärfe den Mangel erheblich und schüre zudem Misstrauen in der Bevölkerung. „Wir
wollen mit der Krankenhausreform unterstützt, nicht kontrolliert und gebasht werden!“
Auch VKD-Präsident Josef Düllings sprach sich gegen eine
Ausweitung der „Kontrollitis“ aus: „Auch dies zieht Personal
aus den Krankenhäusern ab!“ Er beklagte vor allem die Ausweitung der Bürokratisierung der Krankenhäuser: „Mit der
Krankenhausreform wächst dieses Unkraut weiter.“ Düllings
bekräftigte noch einmal den Aufruf, sich an Protestaktionen
der Krankenhäuser zu betei­ligen.
DEKV-Verbandsdirektor Norbert Groß mahnte in die Richtung der anwesenden Gesundheitsexperten der Bundestagsfraktionen: „Wir haben Sie gewählt, und die Menschen, für die
wir arbeiten, auch!“ Zu diesem Auftrag gehöre auch die Gesundheitsfürsorge. Angesichts der Situation in Deutschland
könne niemand davon ausgehen, das Gesundheitsfürsorge billiger werde, zumal bei gesteigerter Qualität: „Jeder Bürger hat
Verständnis, wenn dafür auch bezahlt werden muss.“ Seine
Forderung: „Stellen Sie die Mittel zur Verfügung, die die Pa­
tien­ten verdient haben!“
Der Reformentwurf sei eine große Enttäuschung in jeder
Hinsicht, konstatierte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg
Baum: „Wir stehen am Beginn eines schwierigen Prozesses
kontroverser Auseinandersetzungen. Deshalb müssen alle an
einem Strang ziehen“, so sein abschließender Appell an alle
Krankenhäuser.
Bericht: Katrin Rüter de Escobar
n
533