66 Krebs in Deutschland Mesotheliom 3.12 Mesotheliom Tabelle 3.12.1 Übersicht über die wichtigsten epidemiologischen Maßzahlen für Deutschland, ICD-10 C45 2011 2012 Prognose für 2016 Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen 1.310 360 1.260 300 1.400 400 rohe Erkrankungsrate1 3,3 0,9 3,2 0,7 3,4 0,9 standardisierte Erkrankungsrate1,2 2,1 0,5 2,0 0,4 2,0 0,5 mittleres Erkrankungsalter3 73 74 73 73 Neuerkrankungen Sterbefälle 1.147 287 1.085 275 rohe Sterberate1 2,9 0,7 2,8 0,7 standardisierte Sterberate1,2 1,9 0,4 1,7 0,3 1.800 600 1.700 500 5-Jahres-Prävalenz nach 5 Jahren absolute Überlebensrate (2011 – 2012)4 relative Überlebensrate (2011 – 2012)4 nach 10 Jahren 7 15 2 9 9 17 4 12 1 je 100.000 Personen 2 altersstandardisiert nach alter Europabevölkerung 3 Median 4 in Prozent (niedrigster und höchster Wert der einbezogenen Bundesländer) Epidemiologie Risikofaktoren Das Mesotheliom bezeichnet einen seltenen Tumor des Weichteilgewebes, der überwiegend bei Männern im höheren Lebensalter auftritt. Die häufigste Lokalisation ist mit ca. 90 % das Brustfell (›Pleuramesotheliom‹). Aufgrund der langen Latenzzeit zwischen Exposition und Erkrankung ist auch etwa 20 Jahre nach dem endgültigen Verbot der Asbestverarbeitung (s. rechts) noch kein eindeutiger Rückgang der altersstandardisierten Erkrankungs- und Sterberaten zu erkennen. Die Erkrankungshäufigkeit bei unter 65-jährigen Männern geht jedoch inzwischen deutlich zurück, während sie bei den über 75-Jährigen noch steigt. 2012 erkrankten in Deutschland etwa 1.260 Männer und 300 Frauen. Deutliche regionale Unterschiede mit hohen Erkrankungs- und Sterberaten, vor allem in Hamburg und Bremen, lassen sich durch eine hohe Asbestbelastung früherer Werftarbeiter erklären, ähnlich sind vergleichsweise hohe Raten in Großbritannien und den Niederlanden interpretierbar. Das Mesotheliom gehört mit relativen 5-JahresÜberlebensraten von 9 % bei Männern bzw. 17 % bei Frauen zu den Tumorerkrankungen mit sehr ungünstiger Prognose, die sich auch durch Früherkennungsuntersuchungen beruflich belasteter Personen durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherungen bisher nicht wesentlich beeinflussen lässt. Asbest, vor allem das Einatmen von Asbestfasern, ist auch heute noch für die meisten der neu diagnostizierten Erkrankungsfälle verantwortlich. Zwar wurde die Verarbeitung von Asbestfasern in Deutschland bereits Anfang der 1980er Jahre zunächst stark eingeschränkt und 1993 endgültig verboten, jedoch liegt zwischen Beginn der Exposition und Manifestation der Erkrankung eine Latenzzeit von im Mittel mehr als 30 Jahren. Etwa 900 neue Erkrankungsfälle werden jährlich von den Berufsgenossenschaften anerkannt. Zu den betroffenen Berufsgruppen gehören unter anderem Schlosser, Schweißer, Elektriker, Installateure, Dachdecker, Maurer, Bauarbeiter, Kraftfahrzeugtechniker und Fliesenleger. Auch wenn eine berufliche Asbestexposition nicht bekannt ist, liegt bei Mesotheliomen häufig eine Asbestbelastung vor: In Autopsie-Studien wurden auch ohne entsprechende Berufsanamnese häufig hohe Asbestfaserkonzentrationen im Lungengewebe nachgewiesen. Gefährlich ist vor allem schwach gebundener Asbest mit hohem Faseranteil. Dagegen gilt Asbestzement (›Eternit‹), der auch heute noch in bzw. auf vielen Gebäuden zu finden ist, als weitgehend ungefährlich, solange er intakt bleibt und zum Beispiel nicht verwittert. Weitere Risikofaktoren spielen eine untergeordnete Rolle. Hierzu gehört die Exposition gegenüber anderen Fasern wie z. B. Erionit oder auch eine Strahlentherapie (des Brust- oder Bauchraums). ICD-10 C45 Krebs in Deutschland Abbildung 3.12.1a Altersstandardisierte Erkrankungs- und Sterberaten, nach Geschlecht, ICD-10 C45, Deutschland 1999 – 2012 je 100.000 (Europastandard) Abbildung 3.12.1b Absolute Zahl der Neuerkrankungs- und Sterbefälle, nach Geschlecht, ICD-10 C45, Deutschland 1999 – 2012 10 2.000 9 1.800 8 1.600 7 1.400 6 1.200 5 1.000 4 800 3 600 2 400 1 200 1998 2000 2002 Erkrankungsrate: Sterberate: 2004 Männer Männer 2006 2008 Frauen Frauen 2010 2012 1998 2000 2002 Neuerkrankungen: Sterbefälle: 2004 2006 Männer Männer 2008 2010 2012 Frauen Frauen Abbildung 3.12.2 Altersspezifische Erkrankungsraten nach Geschlecht, ICD-10 C45, Deutschland 2011 – 2012 je 100.000 30 27 24 21 18 15 12 9 6 3 0–4 5–9 Männer 10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 Frauen 85+ Altersgruppe 67 68 Krebs in Deutschland Mesotheliom Tabelle 3.12.2 Erkrankungs- und Sterberisiko in Deutschland nach Alter und Geschlecht, ICD-10 C45, Datenbasis 2012 Erkrankungsrisiko Männer im Alter von jemals in den nächsten 10 Jahren Sterberisiko jemals in den nächsten 10 Jahren 35 Jahren <0,1 % (1 von 100.300) 0,3 % (1 von 380) <0,1 % (1 von 78.600) 0,2 % (1 von 430) 45 Jahren <0,1 % (1 von 13.400) 0,3 % (1 von 380) <0,1 % (1 von 17.300) 0,2 % (1 von 420) 55 Jahren <0,1 % (1 von 2.800) 0,3 % (1 von 380) <0,1 % (1 von 3.800) 0,2 % (1 von 420) 65 Jahren 0,1 % (1 von 930) 0,3 % (1 von 390) 0,1 % (1 von 1.200) 0,2 % (1 von 420) 75 Jahren 0,1 % (1 von 740) 0,2 % (1 von 540) 0,1 % (1 von 750) 0,2 % (1 von 520) 0,3 % (1 von 390) 0,2 % (1 von 430) Lebenszeitrisiko Frauen im Alter von 35 Jahren jemals in den nächsten 10 Jahren jemals 0,1 % (1 von 1.700) <0,1 % (1 von 358.200) 0,1 % (1 von 1.800) 0,1 % (1 von 1.800) in den nächsten 10 Jahren <0,1 % (1 von 72.600) 45 Jahren <0,1 % (1 von 35.500) 0,1 % (1 von 1.700) <0,1 % (1 von 45.400) 55 Jahren <0,1 % (1 von 13.000) 0,1 % (1 von 1.800) <0,1 % (1 von 18.000) 0,1 % (1 von 1.900) 65 Jahren <0,1 % (1 von 5.000) 0,1 % (1 von 2.000) <0,1 % (1 von 6.100) 0,1 % (1 von 2.000) 75 Jahren <0,1 % (1 von 4.400) <0,1 % (1 von 2.900) <0,1 % (1 von 3.700) <0,1 % (1 von 2.600) Lebenszeitrisiko 0,1 % (1 von 1.700) 0,1 % (1 von 1.800) Abbildung 3.12.3 Verteilung der T-Stadien bei Erstdiagnose nach Geschlecht Nicht dargestellt wegen zu hohen Anteils fehlender Angaben. Abbildung 3.12.4a Absolute Überlebensraten bis 10 Jahre nach Erstdiagnose, nach Geschlecht, ICD-10 C45, Deutschland 2011 – 2012 Abbildung 3.12.4b Relative Überlebensraten bis 10 Jahre nach Erstdiagnose, nach Geschlecht, ICD-10 C45, Deutschland 2011 – 2012 100 100 Prozent 80 80 60 60 40 40 20 20 0 2 Männer 4 Frauen 6 8 10 Jahre Prozent 0 2 Männer 4 Frauen 6 8 10 Jahre ICD-10 C45 Krebs in Deutschland Abbildung 3.12.5 Erfasste altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten in den Bundesländern, nach Geschlecht, ICD-10 C45, 2011 – 2012 je 100.000 (Europastandard) Männer Frauen Bremen Bremen Hamburg Hamburg Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Mecklenburg-Vorpommern Nordrhein-Westfalen Hessen Saarland Berlin Niedersachsen Bayern Deutschland Sachsen Deutschland Brandenburg Hessen Berlin Rheinland-Pfalz Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt Bayern Brandenburg Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Saarland Sachsen Inzidenz vollzählig Inzidenz <90% erfasst Mortalität 12 10 Thüringen 8 6 4 2 Inzidenz vollzählig Inzidenz <90% erfasst Mortalität Baden-Württemberg Mecklenburg-Vorpommern Thüringen 0 0 2 4 6 8 10 12 Abbildung 3.12.6 Altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten im internationalen Vergleich, nach Geschlecht, ICD-10 C45, 2011 – 2012 oder letztes verfügbares Jahr (Einzelheiten und Datenquellen s. Anhang) je 100.000 (Europastandard) Männer Frauen Großbritannien Großbritannien Niederlande Niederlande Belgien² Belgien² Dänemark³ Dänemark³ Finnland³ Finnland³ Deutschland Deutschland Österreich Österreich Schweden³ Tschechien Tschechien Schweden³ Schweiz¹ Polen¹ USA¹ Inzidenz Mortalität 12 1 Frankreich¹ 10 8 6 4 keine Angaben vorhanden ² keine vergleichbaren Angaben zur Mortalität ³ Angaben mit C38.4 (Bösartige Neubildung der Pleura) 2 0 Schweiz¹ Polen¹ USA¹ Inzidenz Mortalität Frankreich¹ 0 2 4 6 8 10 12 69
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