Sachverhalt: Der P ist Eigentümer eines Porsche 911, den ausschließlich er selbst fährt. Alle mit dem Wagen verbundenen Kosten trägt P ebenfalls selbst. S, der Sohn des P, wünscht sich schon immer sehnlichst, den Wagen des Vaters für eine Spritztour nutzen zu dürfen. Dies wird ihm jedoch – auch nach Erwerb des Führerscheins – fortwährend durch P versagt. Deshalb nimmt S sich eines Nachts heimlich den Zündschlüssel des Porsche vom Schlüsselbrett, schleicht sich aus dem Elternhaus und macht sich mit dem Wagen auf den Weg Richtung Autobahn. Unterwegs möchte er sich an einem Kiosk noch eine Schachtel Zigaretten kaufen. S parkt den Porsche auf der Straße in zweiter Reihe und vergisst in seiner Aufregung und aufgrund mangelnder Fahrpraxis, nach dem Parken die Handbremse und einen Gang einzulegen. Als er von seinem Zigarettenkauf zurückkehrt, muss er feststellen, dass der Wagen auf der leicht abschüssigen Straße ins Rollen geraten ist und das ungefähr zehn Meter entfernt stehende Auto des E gerammt hat. Der verärgerte E steht auch schon neben seinem Auto und wartet auf den Fahrer des Porsche. Wie sich später herausstellt, ist am Wagen des E aufgrund einer verbeulten Stoßstange und eines teilweise eingedrückten Kotflügels ein Schaden von 1500 EUR entstanden. E verlangt nun von P gemäß § 7 StVG Schadensersatz. P ist der Meinung, er habe mit dem Unfall nichts zu tun, schließlich habe er zu Hause im Bett gelegen. Dass S mit seinem Porsche unterwegs sei, habe er ja nicht ahnen können. Aufgabe 1: Hat E einen Schadensersatzanspruch gegen P? Gehen Sie in Ihrem Gutachten – falls nötig hilfsgutachterlich – auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein. Abwandlung: Nach dem Zwischenfall ruft S mit schlechtem Gewissen bei P an und beichtet ihm reumütig, was geschehen ist. P fordert seinen Sohn auf, den Wagen sofort zurückzubringen. Alles Weitere könne man dann besprechen. S macht sich auf den Heimweg, der durch ein Waldstück führt. In der bereits angebrochenen Morgendämmerung springt plötzlich ein Reh auf die Straße und veranlasst S zu einem abrupten Ausweichmanöver. S, der die vorgeschriebenen 80 km/h Höchstgeschwindigkeit nach den Erfahrungen der Nacht peinlich genau eingehalten hat und besonders vorsichtig fährt, gerät auf die Gegenfahrbahn und veranlasst den dort fahrenden Radfahrer R zu einem Notschlenker in den Straßengraben, bei dem die vordere Felge und der Lenker des Fahrrads beschädigt werden. Der Sachschaden beläuft sich auf 50 EUR. Aufgabe 2: R möchte seinen Schaden ersetzt haben. Prüfen Sie gutachterlich, ob Ansprüche nach dem StVG gegen P bestehen. Auszug StVG: §1 […] (2) Als Kraftfahrzeuge im Sinne des Gesetzes gelten Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. […] §7 (1) Wir bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden,. ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet dem verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird. (3) Benutzt jemand das Fahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Fahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. […] Definitionen: Halter ist derjenige, der das Kfz für eigene Rechnung gebraucht und die Verfügungsgewalt innehat. Die Verfügungsgewalt besteht darin, Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen zu können, wobei einer nur kurze oder vorübergehende Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft keine Haltereigenschaft begründet. Im Betrieb befinden sich alle Kfz, die sich im öffentlichen Verkehrsbereich bewegen oder innerhalb diesem in verkehrsbeeinflussender Weise ruhen. Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist. Verschulden ist vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln. Fahrlässig handelt, wer die in der konkreten Situation angemessene Sorgfalt außer Acht lässt. Erstellen Sie Ihr Gutachten ausschließlich auf Grundlage der hier abgedruckten Normen und Definitionen.
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