Lösung Fall 5: Selbstschädigung Der Fall entspricht der Entscheidung BGHZ 38, 270 ff. Das Urteil erging allerdings zu § 7 StVG alte Fassung. Damals bestand keine Haftung gemäß § 7 StVG, wenn ein so genanntes unabwendbares Ereignis vorlag. Diese Haftung trifft den Halter des Fahrzeugs, der mit dem Fahrer identisch sein kann, aber nicht muss. Im konkreten Fall war der Fahrer auch der Halter des Fahrzeuges. Der BGH stellte auf folgende Erwägung ab: Grundsätzlich sei es die eigene Pflicht des Autofahrers, niemand im Verkehr zu verletzen und dadurch Schadensersatzansprüche gegen sich zu vermeiden. Nur wer auch im Falle der Verletzung nicht schadensersatzpflichtig sei, könne ein fremdes Geschäft getätigt haben. GoA sei daher nur anzunehmen, wenn weder eine Haftung gemäß §§ 823 ff. BGB noch gemäß § 18 StVG (als Fahrer) noch gemäß § 7 StVG (als Halter) in Betracht komme. Eine Haftung aufgrund von Verschulden (§§ 823 BGB) oder vermuteten Verschulden (§ 18 StVG) schied im konkreten Fall aus (und wurde vom BGH daher nicht behandelt). In Betracht kam nur die Gefährdungshaftung gemäß § 7 StVG. Da im konkreten Fall für den Fahrer ein unabwendbares Ereignis gemäß § 7 Abs. 2 StVG vorgelegen habe (siehe dazu BGHZ 38, 270 ff.), hätte er auch im Falle einer Verletzung des Kindes diesem weder gemäß §§ 823 ff. BGB oder § 18 StVG (mangels [vermutetem] Verschulden) noch gemäß § 7 StVG haften müssen (wegen Erfüllung der Ausschlussklausel = unabwendbares Ereignis). GoA könnte also bejaht werden. Inkonsequent verhält sich der BGH, soweit er bei der Verteilung des Schadens dem Fahrer einen eigenen Verantwortungsanteil zuweist. Denn wenn für den Fahrer ein unabwendbares Ereignis vorlag, scheidet eine Kürzung seines Anspruches aus (der BGH erwähnt § 254 BGB nicht ausdrücklich, wendet die Vorschrift aber der Sache nach an). Achtung: Inzwischen hat sich § 7 StVG geändert. Eine Haftung entfällt gemäß § 7 Abs. 2 StVG nur noch bei höherer Gewalt (damals reichte es aus, dass ein unabwendbares Ereignis vorlag). Höhere Gewalt dürfte aber so gut wie nie anzunehmen sein. Daher könnte es sein, dass zukünftig eine GoA in Fällen wie diesem nicht mehr in Betracht kommt, weil die Handlung Seite 1 von 2 des Autofahrers primär der Vermeidung von Schadensersatzansprüchen zugeordnet, ein fremdes Geschäft daher verneint wird (das haben viele Kommentare und Lehrbücher noch nicht bemerkt). Nach der bisherigen Argumentation des BGH wäre für die Annahme einer GoA daher eigentlich kein Raum mehr. Dem steht entgegen, dass man die Nothilfe zu Gunsten eines Dritten eigentlich privilegieren sollte, um einen Anreiz zu schaffen. Es bleibt daher abzuwarten, wie der BGH sich bei Vorliegen eines entsprechenden Falles zum jetzt geltenden Recht verhält. Achtung: Betrifft die Rettungshandlung (z. B. ein Ausweichmanöver) ein Kind unter 10 Jahren, ist nach der Einfügung von § 828 Abs. 2 BGB für GoA (Vorsatz des Kindes ausgenommen) höchstwahrscheinlich keine GoA mehr möglich; für Kinder über 10 Jahren gelten die obigen Ausführungen. Jedenfalls könnte man argumentieren, dass dann das Kind faktisch doch ersatzpflichtig würde, was § 828 Abs. 2 BGB gerade verhindern möchte. Ganz sicher ist aber auch dies nicht. Auch hier bleibt daher abzuwarten, wie der BGH entscheidet. Seite 2 von 2
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