Gesetzesentwurf zur Regulierung von Zeitarbeit und Werkverträgen

Gesetzesentwurf zur Regulierung von
Zeitarbeit und Werkverträgen
Eine erste ökonomische Bewertung ausgewählter
Eckpunkte des Referentenentwurfs aus dem
Bundesarbeitsministerium für Arbeit und Soziales
Stellungnahme
Ansprechpartner:
Holger Schäfer
Dr. Oliver Stettes
Köln, 17. November 2015
Institut der deutschen Wirtschaft Köln
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Holger Schäfer
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Dr. Oliver Stettes
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Inhaltsverzeichnis
1
Die geplanten Neuregelungen in der Zeitarbeit im Einzelnen: ........ 4
1.1
1.2
1.3
Höchstüberlassungsdauer........................................................................... 4
Equal-Pay-Regelung ..................................................................................... 4
Weitere Bestimmungen ................................................................................ 5
2
Die geplanten Neuregelungen zu den Werkverträgen ..................... 5
2.1
Gesetzliche Festlegung der Kriterien zur Abgrenzung von
Werkverträgen............................................................................................... 5
Suspendierung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ........................ 5
Weitere Bestimmungen ................................................................................ 6
2.2
2.3
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1
Die geplanten Neuregelungen in der Zeitarbeit im Einzelnen
1.1
Höchstüberlassungsdauer
Die Überlassungshöchstdauer eines Beschäftigten soll auf maximal 18 Monate begrenzt werden. Ein Überschreiten wird mit dem Verlust der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis sanktioniert. Problematisch ist die Regelung vor allem für Fachkräfte, die oft in länger laufenden Projekten und Produktentwicklungen eingesetzt sind.
Eine Abweichung von den 18 Monaten Höchstüberlassungsdauer ist zwar auf Basis eines Tarifvertrages möglich, allerdings nur wenn dieser in der Einsatzbranche vereinbart worden ist. Für
die Arbeitgeberverbände der Zeitarbeitsbranche selber besteht hingegen keine Möglichkeit, mit
den Gewerkschaften der Einsatzbranchen entsprechende Regelungen zu vereinbaren, was sie
in ihrer Tarifautonomie einschränkt.
Auch die Bezugnahme auf eine vorhandene tarifvertragliche Öffnungsklausel soll für nichttarifgebundenen Einsatzbetriebe nicht möglich sein. Warum grundsätzlich mit dem Referentenentwurf Abreden der Betriebspartner ohne Bezug zu einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel ein
Riegel vorgeschoben wird, erschließt sich ökonomisch nicht auch. Denn Geschäftsführung und
Betriebsrat im Einsatzbetrieb wissen eigentlich am besten, ob eine längere Einsatzdauer zum
Beispiel bei Entwicklungsprojekten oder Elternzeitvertretungen sinnvoll ist. Für die Einhaltung
der Ziele des Gesetzgebers, dass Merkmal “vorübergehend” zu stärken, wäre ein Votum der
Betriebspartner ausreichend.
1.2
Equal-Pay-Regelung
Spätestens nach neun Einsatzmonaten in einem Entleihbetrieb soll der Zeitarbeiter mit Blick auf
das Entgelt vergleichbaren Stammbelegschaftsangehörigen gleichgestellt werden. In Betrieben
von Einsatzbranchen, für die die Arbeitgeber der Zeitarbeitsbranche Zuschlagstarifverträge geschlossen haben, verlängert sich diese Phase auf 12 Monate.
Grundsätzlich wird sich dadurch der längere Einsatz von Zeitarbeitern merklich verteuern. Gerade für Personen, die Helfertätigkeiten ausüben, besteht die Gefahr, dass diese nach neun
bzw. zwölf Monaten gegen andere Zeitarbeiter ausgetauscht werden. Sie verlieren damit nicht
nur den Zugang zu den Zuschlagstarifen und damit die besseren Einkommensperspektiven als
in anderen Einsatzbetrieben, sondern auch die Chance, sich wie zum Beispiel in der Metall- und
Elektroindustrie durch eine längere Einsatzdauer für ein obligatorisches Übernahmeangebot
durch den Einsatzbetrieb zu qualifizieren.
Die Equal-Pay-Regelung birgt weitere Fallstricke für die betriebliche Anwendung. So stellt sich
in der Praxis häufig die Frage, was den das Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers alles
ausmacht. Denn dann gelten die höchst unterschiedlichen Bestimmungen der Einsatzbranche
und nicht mehr jene in der Zeitarbeit. Unter Umständen gibt es im Einsatzbetrieb nicht einmal
einen Vergleichsarbeitnehmer.
Darüber hinaus soll eine Karenzzeit von sechs Monaten zwischen zwei Einsätzen in demselben
Entleihbetrieb Voraussetzung dafür sein, dass frühere Einsatzzeiten nicht angerechnet werden.
Diese Karenzdauer ist relativ lang, zumal sie selbst dann gilt, wenn die beiden Einsätze eines
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Zeitarbeitnehmers beim Entleihbetrieb in unterschiedlichen Tätigkeiten oder Abteilungen erfolgen. In diesem Fall ist offen, ob die Beschäftigten die Qualifikationen aufweisen, die den höheren Zuschlagstarif auch bei der Übernahme anderer Tätigkeiten im Zuge des zweiten Einsatzes
rechtfertigen. Für die Zeitarbeitsunternehmen steigt der bürokratische Aufwand, Einsatzzeiten
bei einem Kundenunternehmen über einen Halbjahreszeitraum nachzuverfolgen, um etwaigen
Equal-Pay-Ansprüchen auch gerecht zu werden.
1.3
Weitere Bestimmungen
Der Referentenentwurf sieht vor, dass Zeitarbeiter nicht in Betrieben zum Einsatz kommen dürfen, die unmittelbar vom Streik betroffen sind. Die Erläuterungen im Entwurf verweisen zwar auf
den potenziellen Einsatz von Zeitarbeitern als Streikbrecher, die Formulierung selber eröffnet
aber Interpretationen Raum, ob bestreikte Betriebe grundsätzlich auf Zeitarbeit zurückgreifen
dürfen, selbst wenn diese an anderen Stellen zum Einsatz kommen. Ohnehin stellt sich die
Frage, ob eine Verschärfung der Regelung, dass Zeitarbeiter nicht zu einem Einsatz in einem
bestreikten Betrieb gezwungen werden können, notwendig ist – Tarifverträge sehen eine solche
Regelung schon vor.
Zeitarbeitnehmer sollen künftig bei der Anwendung der Schwellenwerte des Betriebsverfassungsgesetzes berücksichtigt werden. Damit werden Zeitarbeiter Stammbelegschaftsangehörigen gleichgestellt, obwohl diese nach Intention des Gesetzgebers nur vorübergehend im Einsatzbetrieb beschäftigt sind. Es ist zu erwarten, dass in der Praxis die Frage der Anrechnung
die Arbeitsgerichte künftig vermehrt beschäftigen wird.
2
Die geplanten Neuregelungen zu den Werkverträgen
2.1
Gesetzliche Festlegung der Kriterien zur Abgrenzung von
Werkverträgen
Eine missbräuchliche Nutzung von Werkverträgen ist nicht im Interesse der Unternehmen und
gehört sanktioniert. Die vorliegende Initiative des Gesetzgebers stellt Werkverträge als Instrument in einer arbeitsteiligen Wirtschaft unter Generalverdacht, obwohl für eine häufig auftretende missbräuchliche Anwendung keinerlei empirische Evidenz vorliegt.
Der Entwurf sieht nun die Fixierung der Kriterien im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vor, die für
eine Prüfung eines missbräuchlichen Werkvertragseinsatzes angelegt werden sollen. Diese
Festlegung ist überflüssig, weil die gängige Rechtsprechung diese Kriterien für die umfassende
Bewertung bereits benutzt. Ihre Anwendung erfordert jedoch die Abwägung ihrer Eignung in
jedem Einzelfall, so dass eine generelle gesetzliche Regelung irreführend ist. Auch die Klarstellung, dass die tatsächliche Vertragsdurchführung entscheidend ist und weniger die Vertragsform, ist überflüssig und wird bereits in der Rechtsprechung umgesetzt. Die gesetzliche Fixierung von Kriterien hat sich bereits bei der Scheinselbstständigkeit nicht bewährt und wurde
2003 wieder abgeschafft.
2.2
Suspendierung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
Für den Fall, dass sich eine Werkvertragsbeziehung in der Praxis tatsächlich als Arbeitnehmerüberlassung herausstellen sollte, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Auftraggeber des Werkvertrages und dem Beschäftigten des Werkvertragsnehmers fingiert. Dies gilt selbst für den Fall,
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dass dem Werkvertragsnehmer eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erteilt wurde, wodurch
auf die Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zurückgegriffen werden könnte.
Der Auftraggeber eines Werkvertrages wird also die Rechtsfolgen einer nicht rechtskonformen
Durchführung zu tragen haben, selbst wenn diese versehentlich erfolgt oder aus Unkenntnis der
unmittelbar Beteiligten vor Ort entsteht. Die bisher vorgesehenen Sanktionen, die die Rechtsbeziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen und den Beschäftigten unangetastet lasten, werden damit außer Kraft gesetzt. Die Durchführung von Werkverträgen unterliegt damit
einem größeren wirtschaftlichen Risiko und wird Unternehmen dazu zwingen, sich durch eine
entsprechende Dokumentation gegen Vorwürfe einer missbräuchlichen Anwendung abzusichern oder Werkverträge seltener zu nutzen.
2.3
Weitere Bestimmungen
Der Entwurf sieht zudem vor, dass ein Betriebsrat über Dauer und Ort des Einsatzes sowie die
Arbeitsaufgaben von Fremdpersonal auf dem Betriebsgelände rechtzeitig und umfassend zu
informieren ist und Einblick in die zugrunde liegenden Verträge erhält. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht allerdings bereits heute eine Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber
dem Betriebsrat beim Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten vor. Warum der Referentenentwurf neben Dauer und Ort nun zudem eine Beschreibung der Arbeitsaufgaben der einzelnen
betroffenen Personen explizit aufführt, erschließt sich nicht. Ein Werkvertrag spezifiziert lediglich den Auftragsgegenstand, aber nicht zwangsläufig, wie der Werkvertragsnehmer diesen mit
seinen Mitarbeitern umzusetzen gedenkt. Welche einzelne Arbeitsaufgabe dann ein Arbeitnehmer des Werkvertragsnehmers ausübt, spielt daher für sich genommen auch keine Rolle. Die
Rechte des Betriebsrates werden mit dem Gesetzesentwurf ausgeweitet.
Dies trifft auch für die Spezifizierung des Beratungsrechts des Betriebsrats bei der Personalplanung zu. Eine Geschäftsführung mag zwar im Zusammenhang mit den Erörterungen mit dem
Betriebsrat bereits die Vergabe von Werkverträgen adressieren, ob und welches Fremdpersonal
dann zum Einsatz kommen könnte, wird aber häufig noch nicht benannt werden können.
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