Universität Stuttgart Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik Prof. Dr.-Ing. Michael Weyrich Industrie 4.0 und intelligente Produkte Wie Automatisierungs- und Softwaresysteme der nächsten Generation die Produktentwicklung und Produktion verändern Prof. Dr.-Ing. Michael Weyrich München, 17. Juni 2015 © 2015 IAS, Universität Stuttgart 1 Zusammenfassung In der Automatisierungstechnik geht der Trend hin zu vernetzten, dezentralen und intelligenten Systemen mit Self-X Eigenschaften. Industrie 4.0 und intelligente Produkte werden neue Maßstäbe setzen und umfassende Veränderungen bewirken: Das Internet der Dinge und Dienste gewinnt an Bedeutung, Produkte der Zukunft beinhalten Software und erlauben zahlreiche Dienstleistungen. Eigenschaften der Artifical Intelligence erlauben Autonomie von Systemen, bieten Entscheidungsunterstützung und erleichtern den Umgang mit Komplexität. In der Zukunft entstehen völlig neue Netzwerke, in die der Mensch durchgängig integriert ist und dabei mit anderen Menschen und / oder Maschinen interagiert. Die Produkte der Zukunft werden Software enthalten und vernetzt sein. Aber: Was passiert in der Entwicklung beim Übergang von hardwareorientierten Unternehmen, die nun auch Produkte mit neuen Eigenschaften anbieten? Wie verändern sich Systembaukästen, die Modularisierung und der Test von Systemen in der Entwicklung und Produktion der Zukunft? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 2 Institut für Automatisierungstechnik und Softwaresysteme (IAS) an der Fakultät für Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik der Universität Stuttgart Die Forschung und Lehre des Instituts konzentriert sich auf das Thema Softwaresysteme für die Automatisierungstechnik. Dabei verstehen wir uns als Brückenkopf der Produkt- und Anlagenautomatisierung in die Forschungsdisziplinen der Informationstechnik, Softwaretechnologie und Elektronik. Prof. Weyrich wurde im April 2013 an die Universität Stuttgart berufen. © 2015 IAS, Universität Stuttgart 3 Agenda > Industrie 4.0, Mehrwert und Szenarien > Welche Technologien und Konzepte stehen dahinter? > Technologiefelder I40 Cloud Standardisierung von Wertschöpfungspartnern Verbindung heterogener Systeme > Der Weg zu Industrie 4.0? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 4 Vision Smarte Komponenten für die Automatisierung als Knotenpunkte im Internet der Dinge und Dienste Vernetzung im Internet, Quelle: Wikimedia Commons Agenda > Industrie 4.0, Mehrwert und Szenarien > Welche Technologien und Konzepte stehen dahinter? > Technologiefelder I40 Cloud Standardisierung von Wertschöpfungspartnern Verbindung heterogener Systeme > Der Weg zu Industrie 4.0? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 6 Industrie 4.0 Quelle: Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0, Forschungsunion und Acatech, April 2013 Die 4. Revolution auf Basis von Cyber-physischen Systemen Lenkungskreis der Plattform Industrie 4.0: – Die Wertschöpfungsnetzwerke sind dynamisch, echtzeitoptimiert und selbst-organisierend – Individualisierte Produktion auf Kundenwunsch © 2015 IAS, Universität Stuttgart 7 Quelle: Umsetzungsempfehlungen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Abschlussbericht des Arbeitskreises Industrie 4.0, Forschungsunion und Acatech, April 2013 Mehrwert in der Produktion durch Industrie 4.0 +++ schnell neue Produkte am Markt platzieren +++ Produktionsanlagen optimal auslasten +++ Spitzenlast abfedern +++ Schwierigkeiten in Zulieferkette rasch beheben +++ Kundenwünsche berücksichtigen +++ Produktion anpassen und flexibilisieren +++ Flexibilität erhöhen Effizient mit Ressourcen umgehen Markteinführungszeiten verkürzen © 2015 IAS, Universität Stuttgart 8 Szenario – morgen Quelle: Göhner, P.: Softwareagenten für die flexible Kopplung von Automatisierungssystemen, 6. VDI-Expertenforum "Agenten im Umfeld von Industrie 4.0„, 7./8.05.2014 Ein Tag in Deutschland CPS Köln Automatisierte Beladung Energieoptimierter Betrieb Selbstorganisierende CPSLogistik 11:00 11:30 16:00 9:00 15:00 19:00 18:00 8:00 12:00 Stau bei Ausfall der in Neuer Auftrag wird LKW Stuttgart: startet Selbstdiagnose Fehler erreicht in CPS Frankfurt. Produktionsanla kommt rein. beladen. Richtung energieoptimier ergibt München. hohe Frankfurt a. M. Automatische ge in München. Produktion in Selbständige München. ter Betrieb WahrscheinlichMünchen CPS Würzburg Meldung ander Automatische Kooperation Erkennung startet. keit kannfür gefunden, direkt Ausfall. in Anpassung der von Stuttgart Ladung durch Entlastung des Vorbeugende beginnen. Meldung mit Nürnberg CPS Empfänger München. Produktion zur und München Nutzung von Energienetzes Wartung Fehlerursache wird CPS Automatische Kompensation beginnt. RFID. zur geplant. an Mittagszeit. Umstellung der Anlage. der Partneranlage. Flexible Stuttgart Fertigung CPSProduktionsreihenfolge. München Intelligente Instandhaltung Kooperierende Produktion © 2015 IAS, Universität Stuttgart 9 Vision des Industrie 4.0-Szenarios > Zukünftig steuert ein Produktionsauftrag vom Kunden ausgelöst selbstständig durch die Wertschöpfungskette > Die Ausführung wird automatisch organisiert und Bearbeitungsoperationen, Produktionsanlagen, Betriebsmittel und Material angepasst > Drohende Verzögerungen werden erkannt, gemeldet oder durch zusätzliche Kapazität und Umorganisation automatisch kompensiert > Die Produktionsanlagen tauschen untereinander Informationen aus und organisieren die Auftragsreihenfolge Instandhaltungsbedarfe untereinander © 2015 IAS, Universität Stuttgart 10 Agenda > Industrie 4.0, Mehrwert und Szenarien > Welche Technologien und Konzepte stehen dahinter? > Technologiefelder I40 Cloud Standardisierung von Wertschöpfungspartnern Verbindung heterogener Systeme > Der Weg zu Industrie 4.0? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 11 Technologie für intelligente Produkte Informationstechnologien haben einen Reifegrad erreicht, die bestehende Paradigmen sprunghaft verändern könnten M2M Maschinen Automatisches Auswerten kommunizieren Embedded Systems untereinander; identifizieren und neue Feldbusse & Koordination Menschmelden Zustände, WAN erleichtern Verarbeitung im Internet der MaschineSchwierigkeiten die Vernetzung von Information Dinge (neuartige Schnittstellen Daten von steuerungs(HMI) – durchgängig Sensoren, RFID, Virtual technische gestalten durch Autonome HMI werden Engineering Architektur / SmartPhone Entscheidungen ausgetauscht entwerfen und Middleware) Selbstmanagement u. und Apps evaluieren in der Auto-Adaption im Simulation sowie im Sinne von Mischbetrieb mit eigenständigem realen Systemen Verhalten © 2015 IAS, Universität Stuttgart 12 I40 Produktionssysteme IT und Software für das automatische Zusammenspiel im komplexen Wertschöpfungsnetz Auftragserteilung bzw. -zuteilung Angebot von Diensten zur Fertigung, zum Transport und zur Lagerung Transport T.K-M Fertigung F.S Instanthaltung M Fertigung F.M Selbstdiagnose S Koordination bzw. Steuerung der Netzwerkpartner Durchgängige MenschMaschine Kommunikation Dynamische ad-hoc Kopplung der I40-Systeme Technischer Prozess © 2015 IAS, Universität Stuttgart 13 In Anlehnung an: Drath, R., Koziolek, H.: Industrie 4.0 – im Spannungsfeld zwischen Machbarem und sinnvollen. ATP, Automatisierungstechnische Praxis. Jahrgang 57, Seite 31, 1-2 / 2015 Cyber-physische Systeme für die Industrie 4.0 Abdeckung des Lebenszyklus von der Idee, dem Auftrag, der Entwicklung, Fertigung, Benutzung durch den Endkunden bis zum Recycling Dienstesystem Algorithmen Informationen werden zusammengeführt und erlauben neue Dienste Objekte sind vernetzt und besitzen eine Identifikation Daten Physikalisches Objekt © 2015 IAS, Universität Stuttgart Modelle Topologien Prozessdaten Dokumente Maschinen, Komponenten, … Digitale Systemmodelle der Objekte begleiten den Lebenszyklus SelfX-Funktionalitäten ermöglichen eine Selbstanpassung oder Selbstdiagnose der physikalischen Objekte 14 Agenda > Industrie 4.0, Mehrwert und Szenarien > Welche Technologien und Konzepte stehen dahinter? > Technologiefelder I40 Cloud Standardisierung von Wertschöpfungspartnern Verbindung heterogener Systeme > Der Weg zu Industrie 4.0? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 15 Dezentrale Koordination Anforderung an die Zuteilung von Aufträgen: Flexibel, interaktiv und autonom Ressourcen koordinieren Bildquellen in Anlehnung an iot.ieee.org Konzept: Der Auftrag steuert die Produktion I40-Dienste-Cloud > Autonomes Verhalten nach vordefinierten Zielen, d.h. Planung, Adaption etc. > Proaktiv und reaktiv auf Einflüsse reagieren > persistente Zielerreichung > Kapselung von Informationen > Fähigkeit der Interaktion von Systemen untereinander und mit den Menschen © 2015 IAS, Universität Stuttgart 16 Bewertungsmodell Wie lassen sich die Produktions-Komponenten bewerten? Einheitliche Spezifikation und Auswahl des Leistungsumfangs > Entwicklung von Bewertungsmodellen > Spezifikation der System- und Komponenteneigenschaften > Standards zur verbindlichen Definition und Darstellung Logistikmodell Langstreckentransport LKW Ladekapaziät Güterklasse Einsatzkosten Wartungsaufwand Energieaufwand Verfügbarkeit << model >> Logistikanbieter A <<organisationsEinheit>> Ladung = 50 Paletten Güterklasse: Stückgut … <<organisationsEinheit>> Transportflotte Südwest Beispielprofil für die Organisationsmodellierung im Bereich Logistik © 2015 IAS, Universität Stuttgart 17 Dynamische Kopplung Es müssen heterogene Plattformen und IT-Systeme verbunden werden > Automatisierungssysteme verschiedener Hersteller I40-Dienste-Cloud I40-Konnektor I40-Konnektor Connector bestehende Plattform weitere bestehende Plattformen Noch eine Plattform I40-Konnektor > Offene Architekturen > Proprietäre IT-Systemwelten Produktions-Netz Geräte Maschinen Anlagen Einfaches Hinzufügen und Entfernen von Teilsystemen © 2015 IAS, Universität Stuttgart 18 I40 Konnektor Verbindung von bestehenden Anlagen mit einer Dienstearchitektur Leistungen (Dienste) von lokalen Systemen global anbieten > Dienste und Leistungsnachfragen müssen übersetzt werden (Ontologien) Globales Leistungsverzeichnis (neuartiger Standard) • Ziele (z.B. Auslastung LKW) • Wissensbasis (z.B. Entfernungen, Ladeverhältnisse) Konnektor vertritt Ziele und Absichten eines Teilsystems bestehendes Automatisierungssystems © 2015 IAS, Universität Stuttgart Agent I40-Konnektor • Absicht (z.B. Transport Palletten ) • • • • koordinieren entscheiden interagieren lernen Lokale Ontologie 19 Realisierung: Verbund Integration System-Bewertung und Dynamische Kopplung I4.0 LKW Flexible Fertigung Vorprodukte Montage Autos I40 KONNEKTOR > > I40 KONNEKTOR > Materiallager I40 KONNEKTOR > > > Lagerung von Zwischenprodukten © 2015 IAS, Universität Stuttgart Transport von Waren Meldungen über Lieferzeitpunkte Erkennung der Waren > App Auftragserteilung Produktionsüberwachung Visualisierung weiterer Nachrichten 20 Realisierung: Fahrzeugmontage Automatisierte und automatische Koordination der Fertigung © 2015 IAS, Universität Stuttgart 21 Realisierung: Hochregallager Service-orientierte Steuerung eines Hochregallagers mit dezentralem Mikrocontrollern Regalbediengerät CAN-Bus Dienste: Ausgabestation Eingabestation Bedien-PC Profibus • • • • • Vereinzeln Einlagern Auslagern Anfrage Einlagern Rückmeldung Einlagern • Anfrage Auslagern • Rückmeldung Auslagern • … SoftSPS © 2015 IAS, Universität Stuttgart 22 Realisierung: I40-LKW Automatisierte Ladungserkennung mit live-Benachrichtigung der Empfänger bei Verspätungen RFID-Antenne zur Ladungsund Verkehrszeichenerkennung Individuelle Fahrtrouten durch Fernbedienung möglich Mikrokontroller (RaspberryPi) zur Verwaltung der Ladung und Kommunikation mit den Empfängern © 2015 IAS, Universität Stuttgart 23 Agenda > Industrie 4.0, Mehrwert und Szenarien > Welche Technologien und Konzepte stehen dahinter? > Technologiefelder I40 Cloud Standardisierung von Wertschöpfungspartnern Verbindung heterogener Systeme > Der Weg zu Industrie 4.0? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 24 Der Weg zu Industrie 4.0? Welche Informationstechnologie wird benötigt, um Informationen auszutauschen, die Produktion zu organisieren und die Instandhaltung zu koordinieren? Aspekte und Ziele: > Verteilt – IT-Architektur zur Vernetzung von heterogenen Teilanlagen in Echtzeit > Interoperabel – Dynamische Kopplung und Zuteilung von Aufträgen auf Industrie 4.0 Subsysteme > Agil – Flexibilität bei der Anwendung durch Dezentrale Steuerung der dynamischen Produktion > Plug & Play – einfach rekonfigurierbar ohne Engineering Aufwand auch bei komplexen Systemen © 2015 IAS, Universität Stuttgart 25 Intelligente Produkte der Zukunft nutzen Software und vernetzte Daten Module/Komponenten verfügen über Informationen zu jedem einzelnen Produktions- und Nutzungsschritt Autonomie erleichtert den Umgang mit Komplexität durch Self-X Eigenschaften Eigenschaften der „Big Data Analytics“ bieten Entscheidungsunterstützung „Design moves to Runtime“ Tests der Entwicklung verschmelzen mit Qualitätssicherung im Betrieb Neue Formen der MenschMaschine Interaktion entstehen Wie verändern sich Systembaukästen, die Modularisierung und der Test? © 2015 IAS, Universität Stuttgart 26 Der Weg zum Geschäftserfolg Ein Schlüsselfaktor ist die Architektur der Wertschöpfung durch hardund softwareorientierte Produkte mit neuen Eigenschaften In welcher Konfiguration wird die Technologie erstellt? > Mögl. IT-Konfiguration und Modularisierung analysieren > Spez. IT-Entwurfsframeworks anwenden > Wissensbasierte Technologien einsetzen Komplexität > Verfahren zur Komplexitätsreduktion anwenden Projektgeschäft Innovative Produkte mit mittlerer Funktionalität, Kosten- Effizienz Technologische Kostenführerschaft „Commodity“ Stückzahl > … © 2015 IAS, Universität Stuttgart 27 Vielen Dank für Ihr Interesse Prof. Dr.-Ing. Michael Weyrich Institut für Automatisierungs- und Softwaretechnik Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 47 70550 Stuttgart Email: Web: [email protected] www.ias.uni-stuttgart.de © 2015 IAS, Universität Stuttgart 28
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