Die Umsetzung der DGUV Vorschrift 1 aus Sicht der BGW Carolin Pflügner Referentin Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege Pappelallee 33/35/37, 22089 Hamburg Grundgesetz Gesetze, wie Arbeitsschutzgesetz, SGB VII Verordnungen, wie Biostoff- oder Gefahrstoffverordnung UVVen wie DGUV Vorschrift 1 Richtlinien und Regeln wie TRBA 250, RKI-Richtlinien, TRGS 530 2 Inhalte §2 Versicherte und Beschäftigte §4 Unterweisung §7 Befähigung §20 Sicherheitsbeauftragte §25/§26 Erste Hilfe Ausgangslage 7,4 BGW Mitgliedsunternehmen − Gesamt 674.656 (Stand 2015) − Schwerpunkt: Einzelunternehmer und Kleinstbetriebe 1 bis 50 Arbeitnehmer 12,7 44,8 35,2 Facettenreiche Branchen keine AN 301.972 1-10 AN Beratungsempfehlungen zur DGUV Vorschrift 1 basieren auf diesen Ausgangsgedanken. 11-50 AN > 50 An 372.684 Versicherte und Beschäftige § 2 Die in staatlichem Recht bestimmten Maßnahmen gelten auch zum Schutz von Versicherten, die keine Beschäftigten sind. (§2 DGUV Vorschrift 1) Ehrenamtliche Beschäftigte Selbstständige im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege Lernende während der beruflichen Aus- u. Fortbildung in Betrieben, Lehrwerkstätten oder Schulungskursen Praktikanten Menschen mit Behinderungen (Werkstätten, Blindenwerkstätten oder in Heimarbeit für Werkstätten) Kinder während des Besuchs von Krippen, Kindertagesstätten, Kinderhorten, Vorklassen und Schulen privater Träger, während der Betreuung in Tagespflege 5 Versicherte und Beschäftige § 2 Ausnahmen, bei denen laut DGUV Vorschrift 1 nur die Beschäftigten zählen: §6 Zusammenarbeit mehrerer Unternehmer § 27 Zahl und Ausbildung der Betriebssanitäter § 20 Sicherheitsbeauftragte • Achtung! Auch §22 SGB VII auch Schüler und Kinder in Kintertageseinrichtungen zählen als Beschäftigte in diesem Zusammenhang. 6 Unterweisung § 4 Eine Unterweisung muss konkret u. individuell auf Arbeitsplatz / Arbeitsaufgabe ausgerichtet sein. Inhalte • auf arbeitsplatz- und aufgabenbezogene Gefährdungen • Grundlage sind Betriebsanweisungen und Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung • Schutzmaßnahmen und vorgesehene Handlungsweisen Muss dokumentiert werden • Mit der Unterschrift bestätigen die Versicherten die Teilnahme und dass sie den Inhalt verstanden haben Unterweisung § 4 Grundsätzlich persönlich durchzuführen Selbststudium der Versicherten ist nicht ausreichend • mündliche Unterweisung in verständlicher Form und Sprache • Bei Unterweisung mit elektronischen Hilfsmitteln muss eine Verständnisprüfung stattfinden und ein Gespräch zwischen Versicherten und Unterweisenden jederzeit möglich sein. 8 Befähigung § 7 Bei der Gefährdungsbeurteilung muss die Befähigung berücksichtigt werden zum Schutz des Versicherten selbst sowie Anderer. Vor allem Jugendliche dürfen nach Jugendarbeitsschutzgesetz mit bestimmten Arbeiten nicht betraut werden. Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sind Bestandteil um Qualifizierungsanforderungen eines Arbeitsplatzes oder Arbeitsaufgabe erfüllen zu können. 9 Befähigung § 7 Ermittlungszeitpunkt • Bei erstmaliger Übertragung von Aufgaben bzw. Zuweisung neuer Aufgaben • im Einstellungsgespräch bzw. durch Eignungsuntersuchung kann festgestellt werden, ob eine Person befähigt ist • Bei Zweifeln an der Befähigung nach der Übertragung von Aufgaben 10 Anlässe für individuelle arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen, Schutzziele Untersuchungsart Primäres Schutzziel Rechtsgrundlage (Pflicht) Einstellungsuntersuchung Arbeitgeberinteressen Jugendarbeitsschutzgesetz Eignungsuntersuchung A Allgemeinheit (Drittschutz) Eignungsuntersuchung B Schutz des Beschäftigten, Recht auf körperliche Unversehrtheit Feuerwehrverordnungen, Betriebsvereinbarungen (Gabelstaplerfahrer) Atomrecht/RöV/Strahlenschutzverordn ung, Arbeitsmedizinische Vorsorge Beschäftigter ArbSchG/ArbMedVV öffentliches Arbeitsschutzrecht Nach Kontakt mit Infektionserregern 1. Individuum 2. Allgemeinheit 1. ArbSchG/ArbMedVV (Anhang) 2. Infektionsschutzgesetz Beratung Schwangerer Schwangere Beschäftigte und Kind Nachtarbeiteruntersuchungen Beschäftigter MuArbSchV Nicht ASiG: zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 5 G v. 20.4.2013 I 868 Arbeitszeitgesetz Pflichtenübertragung § 13 Voraussetzungen für die Pflichtenübertragung wurden schärfer und konkreter formuliert. bedarf der Schriftform, Aufgabenverteilung muss konkret nachvollziehbar sein • kann durch Arbeitsvertrag erfolgen • muss mit Pflichten aus dem Arbeitsvertrag vereinbar sein und diese sinnvoll ergänzen • Zustimmung des Verpflichteten nur erforderlich, wenn Rahmen des Arbeitsvertrags überschritten wird Pflichtenübertragung § 13 der beauftragten Person müssen erforderliche Handlungs- und Entscheidungskompetenzen sowie notwendige Weisungsbefugnisse eingeräumt werden • organisatorisch • personell • finanziell Sicherheitsbeauftragte §20 Wer sind Sicherheitsbeauftragte? Sicherheitsbeauftragte sind Beschäftigte, die den Unternehmer beziehungsweise die Unternehmerin ehrenamtlich bei der Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes unterstützen. Was machen Sicherheitsbeauftragte? Sie weisen Vorgesetzte auf Arbeitsund Gesundheitsgefahren hin. Sie informieren Kolleginnen und Kollegen über Gefährdungen. Sie geben Anregungen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes. Sie wirken in Arbeitsschutzgremien mit. Rahmenbedingungen für Sicherheitsbeauftragte Sicherheitsbeauftragte… …arbeiten ehrenamtlich in dieser Funktion. …dürfen wegen den übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. …besitzen keine Weisungsbefugnis gegenüber den Kollegen/Kolleginnen. …benötigen ausreichend Gelegenheit für Aus-und Fortbildungsmaßnahmen. Bestellung von Sicherheitsbeauftragten • Sicherheitsbeauftragte (SiB) sind Wissensträger für die Gefährdungen als auch Arbeitsschutzmultiplikatoren für die Unternehmer. • Kriterien für SiB – Bestellung bieten Flexibilität zur SiB Bestellung für die Unternehmer. Sie können innerhalb geforderter Rahmenbedingungen entscheiden, wo und wie viele SiB benötigt werden. Kriterien zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten Unfall- und Gesundheitsgefahren und Anzahl der Beschäftigten • auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) • SiB soll Beschäftigte im Zuständigkeitsbereich persönlich kennen BGW – Empfehlung zur Mindestanzahl der SiB : Mindestzahl der SiB Nächster SiB Betreuungsgruppe 1. Sib ab 2.Sib ab 3.Sib ab 4.Sib ab je weitere I 21 MA 51 MA 101 MA 201 MA 125 MA II 21 MA 51 MA 151 MA 301 MA 150 MA III 21 MA 51 MA 251 MA 501 MA 350 MA Räumliche Nähe zu den Beschäftigten • gegeben am gleichen Unternehmensstandort, je nach Größe des Betriebsgeländes auch in verschiedenen Gebäuden • Räumliche Nähe bei verschiedenen Unternehmensstandorten nicht gegeben Mehrere Gebäude auf einem Betriebsgelände Unterschiedliche Unternehmensstandorte Fachliche Nähe • Kenntnis der Mitarbeiterstruktur im Zuständigkeitsbereich auch hinsichtlich Qualifizierung und Sprache. • Kenntnisse im Arbeitsschutz bezogen auf Zuständigkeitsbereich und Erfahrungswerte für fachliche Nähe interessant. • Sinnvolles Zusammenfassen von Arbeitsbereichen, zahlenmäßige Verteilung der SiB nach Verhältnis der Beschäftigtenanzahl in den Arbeitsbereichen. Zeitliche Nähe zu den Beschäftigten • Unternehmen mit Schichtdienst betroffen. • Ein SiB pro Schicht ist nicht notwendig, Austauschzeiten sollten ermöglicht werden. • Schichtwechselsystem vs. Feste Schichtbelegung Das Beispiel-Unternehmen: • Altenpflegeeinrichtung mit 6 Betriebsstätten (BS) • insgesamt 529 Beschäftigte • Betriebsstätte 1 bis 5 mit jeweils 99 Beschäftigten, Betriebsstätte 6 mit 34 Beschäftigten • Schichtdienst im Schichtwechselsystem Mindestanzahl • Einstufung in die Betreuungsgruppe III Mindestanzahl: BS 1 bis 5: je 2 SiB BS 6: 1 SiB Insgesamt 11 SiB Räumliche Nähe • räumlich getrennte BS auf unterschiedlichen Betriebsgeländen. Zeitliche Nähe Fachliche Nähe • Schichtwech • SiB sollten selsystem hauptsächl ich im • Keine pflegezusätzlichen rischen SiB Bereich erforderlich. eingesetzt werden. Ergebnis • Insgesamt sollte die Einrichtung 11 SiB bestellen, die auf die verschiedenen Betriebsstätten zu verteilen sind. Weitere Informationen finden Sie auf www.bgw-online.de Stichwort: Sicherheitsbeauftragte Erste Hilfe § 25 Mittel zur Ersten Hilfe und der Umgang damit wurden näher definiert. • Erste-Hilfe-Material (z.B. Verbandmaterial, Hilfsmittel, Rettungsdecke) • auf Grundlage der GB evtl. medizinische Geräte (z.B. AED) oder Arzneimittel (Antidote, gesonderte Aufbewahrung und gesichert gegen Missbrauch) Liegemöglichkeit oder Räume mit Liegemöglichkeiten zur Erstversorgung Verletzter • Kindertagesstätten • allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen, Hochschulen Ersthelfer § 26 Ersthelfer • Angehörige von Berufsgruppen, bei denen Erste-HilfeAusbildung Bestandteil der Ausbildung ist, können ohne Ersthelferausbildung eingesetzt werden. • BGW übernimmt Kosten für Fortbildung der Ersthelfer, aber nicht für die Ausbildung. Ersthelfer § 26 Berufsgruppen mit Erste – Hilfe Ausbildung − Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger − Kinderkrankenpflegerinnen und pfleger − Gesundheits- und Krankenpflegehelferinnen und helfer − Hebammen und Entbindungshelfer − Altenpflegerinnen bzw. -pfleger − Medizinische Fachangestellte − Masseurinnen / Masseure − Medizinische Bademeisterinnen und Bademeister − Physiotherapeutinnen und therapeuten − Heilerziehungspflegerinnen und pfleger − Orthoptistinnen und Orthoptisten − Pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten Ersthelfer in Kindertageseinrichtungen In den Bundesländern ist geregelt, dass Erzieherinnen und Erzieher in Erster Hilfe für Kinder geschult sein müssen. Seit 1. April 2015 gibt es folgende Kurse: • Ausbildung Erste Hilfe in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder • Fortbildung Erste Hilfe in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder Kurse werden auch als Qualifikation für betriebliche Ersthelfer anerkannt. BGW übernimmt Kosten für Fortbildung der Ersthelfer (1 je Kindergruppe), aber nicht für die Ausbildung. Zusammenfassung DGUV Vorschrift 1 insbesondere die DGUV Regel 100-001 gibt dem Unternehmer einen gelungene Überblick über seine Pflichten im AGS. Durch die Inbezugnahme staatlichen Rechts in § 2 Abs. 1 ist sichergestellt, dass insbesondere ehrenamtlich tätige Versicherte in den Schutz dieser Vorschrift einbezogen werden. Unternehmer haben die Freiheit, die Anzahl der SiB passend für ihre Unternehmensstruktur festzulegen. Durch Novellierung der Benennung der Ersthelfer können bereits vorhandenes Wissen genutzt und Ressourcen geschont werden. Zuständigkeiten werden klarer herausgestellt.
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