Fokus Gesundheit - Psychiatrische Dienste Aargau AG

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Mittwoch, 21. Oktober 2015 | Nordwestschweiz | www.aargauerzeitung.ch
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GESUNDHEIT
Nachrichten
Freiheit zwischen Reiz und Reaktion
Bei der achtsamkeitsbasierten Rückfallprävention steht das Nichts-Tun im Fokus. Monika Ridinger,
Chefärztin Suchtpsychiatrie und- psychotherapie der PDAG, ist überzeugt: «Das funktioniert.»
PDAG
VON URSULA KÄNEL KOCHER
Ab 2016 führt Monika Ridinger bei den
Psychiatrischen
Diensten
Aargau
(PDAG) das Achtsamkeitsverfahren in
allen Disziplinen des Zentrums Sucht in
den PDAG ein. Was aber beinhaltet diese Methode?
«Die meisten Methoden zur Rückfallprävention basieren auf Bewältigungsstrategien. Dabei soll sich der Betroffene beim Verlangen nach der süchtigmachenden Substanz nicht dem Konsum hingeben», erklärt Chefärztin Monika Ridinger. Er soll vielmehr
alternative Handlungen – wie beispielsweise Sport – ausüben.
Ein anderer Ansatz wird von der
achtsamkeitsbasierten Rückfallprävention, dem «Mindfullness-Based Relapse
Prevention Programm» (MBRP), verfolgt. Es fordert den Süchtigen auf, zuerst bewusst inne zu halten, wenn er
den Drang verspürt zu konsumieren.
«Konzentriert nichts tun und sich erst
seiner Situation gewahr werden, das ist
der Schlüssel», sagt Monika Ridinger.
Davon ausgehend, dass zwischen Reiz
und Reaktion ein Raum der Freiheit
liegt, aus dem Wachstum und Entwicklung entstehen kann, lernen Süchtige,
diesen Raum zu schaffen. Alternative
Handlungen folgen danach.
Wo ist Walter?
PDAG
Wie sollen Eltern mit Schulverweigerern umgehen? Darauf
antwortet Dr. med. Jürg Unger,
Bereichsleiter und Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie der
Psychiatrischen Dienste Aargau
AG, in seinem Fachvortrag zum
Thema «Wo ist Walter? - Vom
Umgang mit Schulverweigerern». Der Vortrag findet am 5.
November 2015, von 18 – 19.30
Uhr in der FHNW, Campus
Brugg-Windisch, Gebäude 5,
Studiensaal 8, statt. Freier Eintritt; Anmeldungen bis 29. Oktober: [email protected].
Neuer CEO der PDAG:
Jean-François Andrey
Stressfrei inne halten
Das Inne-Halten lernen Sucht-Patienten im Rahmen des MBRP-Programms –
entwickelt in den 1980er-Jahren vom
Psychologen Alan Marlatt – in acht Sitzungen mit unterschiedlichen Übungen. «Das Lernen der Übungen funktioniert nur, wenn sich der Betroffene
nicht in einer Stresssituation befindet»,
ergänzt Ridinger. Daher gehe es darum,
die Techniken in einem entspannten
Zustand zu erlernen und sie regelmässig zu üben: «Kann man sich in einem
Rückfallmoment gewahr werden, wirkt
dies präventiv», so Ridingers Fazit.
Von der Technik zur Haltung
Die Achtsamkeitsübungen ähneln jenen des Entspannungsverfahrens und
beinhalten unter anderem Muskelent-
PDAG-Chefärztin Monika Ridinger: «Konzentriert nichts tun, das ist der Schlüssel.» (URSULA KÄNEL KOCHER)
spannungsübungen. Im Unterschied
dazu geht es beim achtsamkeitsbasierten Verfahren nicht primär um Entspannung, sondern um ein konzen-
«Den Moment erleben,
ohne ihn zu bewerten»
grund.» Das MBRP-Programm hat sie
bereits mit Erfolg in psychiatrisch-psychosomatischen Kliniken eingeführt.
Anknüpfend daran werden unter ihrer
Leitung ab 2016 im Suchtzentrum der
PDAG Schulungen in achtsamkeitsbasierter Rückfallprävention durchgeführt.
Monika Ridinger
Im Moment leben
triertes Anwenden der Techniken. «Im
Idealfall», so Ridinger, «nimmt der Patient bei regelmässiger Übung eine
achtsamkeitsbasierte innere Haltung
an. Dabei steht das Erleben des Moments ohne Bewertung im Vorder-
Ein wichtiges Prinzip ist das Leben
im Hier und Jetzt. Dass Achtsamkeitsübungen bei Sucht-Patienten gut funktionieren, sei nicht verwunderlich, erklärt Ridinger. «Süchtige sind, bedingt
durch das stete Verlangen nach dem
nächsten Kick, sowieso vom Moment
«Hinsehen ist wichtig»
Woran erkannt man Schulverweigerer? Interview
mit Jürg Unger, Chefarzt
und Bereichsleiter Kinderund Jugendpsychiatrie der
Psychiatrischen Dienste
Aargau (PDAG).
VON URSULA KÄNEL KOCHER
Herr Unger, warum kommen
Schulverweigerer zu Ihnen?
Das ist doch kein psychiatrisches Thema.
60 Prozent aller Patienten im Alter von 14 bis 18 Jahren, die bei
den PDAG auf der Station Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt werden, sind Schulverweigerer. Daher ist dies sehr
wohl auch ein psychiatrisches
Thema.
Wie erkenne ich als Elternteil, ob mein Kind ein Schulverweigerer ist?
Einfach gesagt daran, wenn das
Kind nicht mehr in die Schule
geht. Wenn Ihr Kind beispiels-
weise über Bauchschmerzen
klagt und nicht in die Schule gehen möchte, sollte es zuhause
bleiben. Spätestens am dritten
Tag aber sollte ein Kinderarzt
abklären, ob das Bauchweh physische Ursachen hat. Hier ist der
Arzt gefragt, genau hinzusehen:
Ist es krank, muss das Kind behandelt werden. Möchte es aus
anderen Gründen nicht in die
«Zeitfaktor spielt
zentrale Rolle»
geht oder trotz Bauchschmerzen
nicht zuhause bleibt, gibt es für
Eltern keinen Handlungsbedarf.
Wie sollen Eltern mit ihrem
Kind umgehen, wenn es sich
weigert, in die Schule zu gehen?
Eltern und Kind sollten als erstes den schulpsychologischen
Dienst aufsuchen. Oft sind gar
keine zusätzlichen Schritte notwendig. Wenn doch, weist die
Schulpsychologie Schulverweigerer an die Kinderpsychiatrie
weiter.
Jürg Unger
Schule gehen, sollte schnell mit
dem Schulpsychologen abgeklärt werden, wo das Problem
liegt. Der Zeitfaktor spielt hier
eine zentrale Rolle: Je länger das
Kind abwesend ist, desto
schwieriger wird die Rückkehr
in die Schule.
Ist jeder Bauchwehanfall eine
Schulverweigerung?
Nein. Wenn das Kind nach wenigen Tagen wieder in die Schule
Ist nicht die Schule dafür verantwortlich, eine Lösung zu
finden?
Natürlich, dies ist primär die
Aufgabe der Schule, beziehungsweise, die des Lehrers, zu bemerken, wenn sich eine Schluverweigerung anbahnt. Mit den
Eltern sollten dann die ersten
Schritte geplant werden. Ein
Kinder- und Jugendpsychiater
kommt erst hinzu, wenn die
Schule Unterstützung braucht.
Internet: www.pdag.ch
geprägt.» Wie nachhaltig aber ist die
achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention? Studien beweisen, dass die Rückfallquote von Alkoholabhängigen, die
das MBRP-Programm durchliefen deutlich geringer ist, als bei jenen, die nicht
mittels Achtsamkeitsübungen behandelt wurden.
«Ein Rückfall», so Ridinger, «kann nie
ganz ausgeschlossen werden. Durch
das Achtsamkeitsverfahren lernen Patienten aber, sich in jedem Moment
selbst zu reflektieren und anzunehmen. Dadurch entsteht Freiheit, welche im Rückfallmoment stark vorbeugend wirkt.»
Jean-François Andrey tritt sein
Amt als neuer CEO der Psychiatrischen Dienste Aargau AG
(PDAG) am 2. November an.
Der 52-Jährige ist der Nachfolger von Markus Gautschi, der
das Unternehmen Ende Juni
dieses Jahres verlassen hat.
Von 2009 bis 2014 arbeitete Andrey bei der Lindenhofgruppe
der Stiftung Lindenhof Bern, zuerst als Direktor des Lindenhofspitals, ab 2012 als CEO der Lindenhof AG. Zuletzt war er freiberuflicher Berater im Gesundheitswesen.