GROSS WERDEN 23 D ONNERST AG, 17 . D EZEM BER 20 15 Schwierige Schulwahl Schulpsychologin Helene Mainoni-Humer rät Eltern und Schülern dazu, sich Schulen anzusehen und Stundenpläne zu vergleichen, bevor die Wahl auf einen Schulstandort fällt. BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Trainieren für das Gymnasium THOMAS HÖDLMOSER ALEXANDRA PARRAGH SALZBURG-STADT. Große Pause im Sport- und Musik-Realgymnasium in Salzburg. Schülerinnen und Schüler hocken in der Pausenhalle auf dem Boden. An der Fensterfront stimmen drei Schülerinnen mit Geige, Cello und Klavier ein schottisches Volkslied an. „Adventkalender“: So heißt die tägliche, von Schülern organisierte Musikeinlage in der Pause. Die Töne werden von den drei jungen Musikerinnen fein säuberlich intoniert. Und das Schülerpublikum ringsum und oben auf der Galerie hört aufmerksam zu. Wer hier zur Schule geht, muss sehr musikalisch sein – oder sportlich. Im Sport-RG gibt es schon in der Unterstufe sieben Stunden Sportunterricht pro Woche. Hat man nach der Neuen Mittelschule überhaupt eine realistische Chance, hier die Oberstufe zu besuchen? Ja sicher, sagt Direktor Jochen Gaderer. „Wir haben etliche Schüler, die nach der Hauptschule oder Neuen Mittelschule zu uns gekom- men sind.“ Allerdings müssten sie das entsprechende Talent mitbringen. Viele Kinder, Jugendliche und auch Eltern grübeln in diesen Wochen, welche Schule für die Kinder die beste wäre. Schon in der Volksschule stellt sich in vielen Familien die Frage: Neue Mittelschule oder Gymnasium? Von der Schulpolitik war in den vergangenen Jahren immer wieder zu hören, dass auch nach dem Besuch der Neuen Mittelschule den Jugendlichen alle Türen offen stünden. Doch das stimmt so nicht. Wer etwa nach der NMS in das Sport-RG wechseln will, muss in den Jahren davor entsprechend trainieren. Bei der Aufnahmsprüfung werden Kraft, Ausdauer, Gymnastik und Geräteturnen geprüft. Schließlich wird schon in der siebten Klasse die Sportmatura abgelegt. Bewerber für das Musik-RG müssen die entsprechende musikalische Begabung mitbringen und ein Instrument beherrschen. Manchen fällt das schwerer, manchen leichter. „Wenn jemand von einer MusikNMS kommt, kann er eins zu eins BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Welche Schule ist die beste für mein Kind? Diese Frage stellen sich gerade in diesen Tagen viele Eltern. Nach der Neuen Mittelschule ist der Weg an die AHS nicht immer einfach. „Wir haben 120 Bewerbungen für 50 Plätze.“ Jochen Gaderer, Direktor umsteigen“, sagt Gaderer. Die Zahl der Bewerbungen übersteigt jedenfalls das Platzangebot am Sportund Musik-RG. „Ich weiß, dass wir in der Unterstufe aktuell 120 Bewerbungen haben – für 50 Plätze“, sagt Gaderer. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre seien aber nur zwei Drittel der Bewerber wirklich geeignet. Die 20 Interessenten für die Oberstufe hätten, bei entsprechender Eignung, gute Aussichten auf einen Schulplatz. Schwierig ist der Umstieg nach der vierten Klasse NMS in ein „normales“ Gymnasium, weil dort schon ab der dritten Klasse eine zweite Fremdsprache unterrichtet wird. Und zwei Jahre in der NMS nebenher eine Fremdsprache erlernen – das machen nur wenige. Tatsache ist, dass der Trend zum Gymnasium anhält. Das lässt sich auch an aktuellen Zahlen der Statistik Austria ablesen, wonach die Neuen Mittelschulen und Hauptschulen in den vergangenen zehn Jahren um sieben Mal mehr Schüler verloren haben (minus 22,7 Prozent) als die AHS-Unterstufe (minus drei Prozent). Kamen 2004/05 auf 100 AHS-Unterstufen-Schüler noch 232 Hauptschüler, betrug 2014/15 das Verhältnis 100 zu 185 – die SN berichteten. Wer die AHS-Unterstufe besucht hat, geht oft dann auch weiter in die Oberstufe. 2013/14 traf das laut Bildungsstatistik auf sechs von zehn Viertklässlern zu, drei von zehn wechselten in eine berufsbildende höhere Schule (BHS). Neun von zehn ehemaligen AHS-Unterstufenschülern blieben also auf einem Bildungsweg, der zur Matura führt. Auf ihre Hauptschulkollegen traf das hingegen nur zu 39,3 Prozent zu, von denen 7,6 Prozent in die AHS-Oberstufe wechselten. An den NMS sahen die Übertrittsquoten etwas besser aus. 45,9 Prozent besuchten eine höhere Schule, 9,6 Prozent davon die AHS-Oberstufe. SN: Wie finden Eltern heraus, welche Schule die beste für das Kind ist? Mainoni-Humer: Man kann im Internet Stundentafeln vergleichen. Ganz wichtig ist es, am Tag der offenen Tür mit dem Kind in die Schule zu gehen und sich zu fragen: Wie ist die Atmosphäre im Gebäude? Sinnvoll ist es, mit Schülern zu sprechen, die diese Schule schon besuchen. Es ist eine wichtige und eine schwierige Entscheidung. Denn das Angebot ist relativ groß. SN: Was raten Sie Eltern, deren Kinder erst nach der Neuen Mittelschule an ein Gymnasium wechseln wollen? Diese Schüler haben schließlich zwei Jahre Unterricht in einer zweiten Fremdsprache versäumt? Da würde ich empfehlen, dass sie in ein BORG wechseln. Das ist ein Schultyp, der speziell für Schülerinnen und Schüler ist, die keine Langform des Gymnasiums in der Unterstufe besucht haben. Denn natürlich kommt es vor, dass Eltern von begabten Kindern im Alter zwischen zehn und 14 Jahren entscheiden, dass die Kinder noch nicht ins Gymnasium wechseln, weil der Schulweg zu weit wäre. SN: Liegt beim BORG der Fokus nicht auf Mathematik und Naturwissenschaften? Das kann sein. Es gibt aber auch Standorte mit musischen oder sportlichen Schwerpunkten. Es ist nicht so, dass an jedem BORG an jedem Standort dasselbe angeboten wird. höd BILD: SN/SPRENGER Ein Musikstück in der großen Pause, intoniert von Theresa Eigner, Veronika Matl und Viktoria Spreitzer vom Sport- und Musik-RG. Helene MainoniHumer leitet dieSchulpsychologieBildungsberatung im Salzburger Landesschulrat. „Glaubst du, ich weiß nicht, wer das Christkind ist?“ Der Tochter glaubt noch an das Christkind, der Sohn nicht mehr. Und die Eltern geraten immer häufiger in akute Erklärungsnot. GROSS WERDEN Susanne Berger Sohn und Tochter sitzen einträchtig am Esstisch und schreiben emsig am Brief an das Christkind. Der Teller mit den Keksen steht bereit, auf dass das Christkind sich beim anstrengenden Flug von Wunschzettel zu Wunschzettel ein bisschen stärken kann. „Und wo kommen die Kekse wirklich hin?“, will der Zehnjährige plötzlich aus dem Nichts wissen. Die Fünfjährige spitzt die Ohren, der Mama wird warm und kalt zugleich. „Die holt sich natürlich das Christkind“, antwortet sie und erntet dafür einen abschätzigen Blick vom Sohn. Doch der gibt fürs Erste Ruhe und schreibt weiter seine Wünsche auf. Mediziner haben herausgefunden, dass Kinder im Durchschnitt bis zum sechsten Lebens- jahr an das Christkind glauben, genauso an Geister, Wichtel, den Nikolaus oder irgendwelche andere sagenhafte Gestalten. Doch irgendwann ist Schluss und dann müssen Eltern Farbe bekennen und dem Kind Rede und Antwort stehen. Diesem Gespräch scheint der Sohn noch aus dem Weg zu gehen. Auch wenn seine Blicke Bände sprechen, so erwähnte er die wahre Identität des Christkinds bisher mit keinem Wort. Ob seiner kleinen Schwester zuliebe oder weil er noch ein bisschen länger in der Zauberwelt der Weihnacht schwelgen möchte, ist unbekannt. Denn die Geschichten, die wir unseren Kindern in den ersten Lebensjahren „aufbinden“, haben durchaus ihren Sinn. Das Christkind und auch der Nikolaus stehen für das Gute, sind Symbol für alles Schöne, Reine und Beschützende, vielleicht auch Tröstliche. Sie stärken in unseren Kindern den Glauben an eine positive Macht, die ihnen in harten Zeiten durchaus eine Stütze sein kann. Nach 30 Minuten herrlicher Ruhe sind die Kinder mit dem Brief an das Christkind fertig. Die Tochter stellt den Keksteller auf die Fensterbank, der Sohn läuft noch schnell in die Küche und kommt mit einem Glas Milch zurück. „Schließlich wird man bei der Arbeit nicht nur hungrig, sondern auch durstig“, sagt er und stellt das Glas neben den Teller. „Schließlich weiß ich Bescheid. Oder glaubst du, ich weiß nicht, wer das Christkind ist?“
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