rbb Praxis - Das Gesundheitsmagazin

rbb PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte!
Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten gewesen und
haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer Live-Diagnose im Studio zu
unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir können Ihnen vielleicht helfen.
Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer Arztbefunde
zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei.
Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins Studio
kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten.
Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an:
[email protected]
oder schicken Sie uns alles per Post an:
Redaktion rbb PRAXIS
Masurenallee 8-14, 14057 Berlin
rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin
am 11.03.2015, 20.15 – 21.00 Uhr
Die Themen:
Fernreisen – eine unterschätzte Gefahr?
Allergie gegen ASS?
Live-Diagnose: Schwindel – was steckt dahinter?
Mobil trotz Handicap – Barrierefreier Führerschein
Fernreisen – eine unterschätzte Gefahr?
Raus aus dem Flieger, rein in die Intensivstation. Immer wieder enden Urlaube in ferne
Länder auf diese Weise. Doch das muss nicht sein: Einen hundertprozentigen Schutz vor
Krankheiten gibt es auf Fernreisen zwar genauso wenig wie zu Hause, doch mit der
richtigen Vorsorge lassen sich die meisten Risiken in Schach halten.
Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge geht es um nichts weniger als „eine
Gefahr für die ganze Welt“: Aktuell macht auch das Coronavirus Mers (Middle East
Respiratory Syndrome, MERS-CoV) hierzulande von sich reden. Denn ein 65-Jähriger
Deutscher aus Osnabrück hat sich damit im Urlaub in den Vereinigten Arabischen
Emiraten (wahrscheinlich über den Kontakt zu Dromedaren) angesteckt. Er ist der dritte
deutsche MERS-CoV -Erkrankungsfall, derzeit liegt der Patient auf einer Isolierstation.
Eine Übertragung des MERS-CoV auf den Menschen ist bei engem Kontakt mit
Dromedaren möglich. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist unwahrscheinlicher.
Die Behörden suchen daher im Moment nach weiteren infizierten Personen nur im
direkten Umfeld des Erkrankten. In Deutschland besteht derzeit kein erhöhtes Risiko an
MERS-CoV zu erkranken.
Die Virusinfektion beginnt in der Regel mit grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber,
Husten und Kurzatmigkeit. Magen-Darm-Beschwerden, insbesondere Durchfall, können
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ebenfalls auftreten. Häufig entwickelt sich eine Lungenentzündung. Als Komplikation
kann es zu einem akuten Atemnotsyndrom und Nierenversagen kommen. In manchen
Fällen verläuft eine Infektion mit MERS-CoV aber auch ganz ohne Beschwerden. Die
Dauer bis zum Auftreten von Krankheitszeichen nach einer Infektion beträgt meist
weniger als eine Woche, in Einzelfällen bis zu zwei Wochen.
Der MERS-CoV gehört zu den Coronaviren, zu denen auch der Sars-Erreger und viele
Erkältungsviren zählen. Weltweit wurde der neuartige Erreger erstmals 2012
nachgewiesen. Bis Anfang März wurden der WHO 1040 MERS-CoV -Fälle aus aller Welt
gemeldet, etwa 40 Prozent der Infizierten starben. Die Erkrankungen kommen vor allem
auf der arabischen Halbinsel vor. Saudi-Arabien ist das am stärksten betroffene Land.
Einen Impfstoff gibt es derzeit nicht.
Neben MERS-CoV lauern in fernen Ländern noch viele andere Erreger. Daher gilt: Wer
sich häufig und gründlich die Hände mit Wasser und Seife wäscht, kann viele
Krankheitserreger auf einfachem Wege abwehren. Zudem sollten Urlauber direkten
Kontakt mit Tieren vermeiden – und auf Viehmärkten ganz besonders auf eine
konsequente Händehygiene achten. Zudem empfehlen Experten kein rohes Fleisch, kein
so genanntes „Buschfleisch“, keine rohe oder unvollständig erhitzte Milch zu sich zu
nehmen. Außerdem sollte auf rohe Nahrungsmittel verzichtet werden. Vor allem, wenn
diese möglicherweise mit rohen Tierprodukten oder Ausscheidungen in Berührung
gekommen sind. Rohes Obst und Gemüse sollten Reisende vor dem Verzehr gründlich
waschen, schälen oder erhitzen. Eine genaue Einschätzung, wo welche Gefahren wie
Ebola, MERS-CoV oder multiresistente Bakterien auftauchen können, ist nur möglich,
wenn das Reiseland konkret bekannt ist. Vor einer Urlaubsreise sollten daher immer
aktuelle Warnungen und detaillierte Tipps vom Reise- oder Tropeninstitut eingeholt
werden.
Experte im Studio:
Prof. Dr. Tomas Jelinek
Reise- und Tropenmediziner
Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin (BCRT) GmbH
Friedrichstr. 134
10117 Berlin
Tel.: 030 - 96060940
Email: [email protected]
Im Beitrag:
Dr. Elke Lustfeld
Amtsärztin Minden-Lübbecke
Portastraße 13
32423 Minden
www.minden-luebbecke.de
Linktipps:
Informationen zum aktuellen Infektionsgeschehen zum Mers-CoV
WHO (www.who.int/topics/coronavirus_infections/en).
Robert Koch-Institut
www.rki.de/mers
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Auswärtiges Amt
www.auswaertiges-amt.de
Merkblatt des Auswärtigen Amtes für Reisende
www.auswaertiges-amt.de/Reisemedizin
Allergie oder Intoleranz gegen ASS?
Hautausschläge, Polypen, Asthma, Atemnot – diese Symptome können Zeichen für eine
ASS-Intoleranz sein. ASS steht für Acetylsalicylsäure, enthalten im bekannten
Schmerzmittel Aspirin® und in vielen anderen Medikamente. Und Ärzte stehen oftmals
vor einem Rätsel, denn eine einfache Kopfschmerztablette sehen Patienten nicht als
mögliche Ursache für ihre lebensbedrohliche Allergie an.
Atemnot, Hautausschläge, vergrößerte Polypen, Asthma bis hin zum Kreislaufschock
innerhalb von wenigen Minuten: Überraschender Auslöser für diese unterschiedlichen
Reaktionen kann eine einfache Kopfschmerztablette sein, die den weit verbreiteten
Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) enthält. Doch nicht nur Aspirin kann zu Luftnot und
anderen Unannehmlichkeiten führen. Auch Schmerzmittel wie Ibuprofen, Indometacin,
Naproxen, Metamizol, Piroxicam und Diclofenac, sogenannte nichtsteroidale
Antirheumatika (NSAID), können böse Überraschungen mit sich bringen.
Die Wirkstoffe gehören zu der Gruppe der COX-Hemmer, sie blockieren die sogenannte
Cyclooxygenase (COX-1). Das ist ein Enzym, welches den Stoffwechsel von
Prostaglandinen im Körper regelt. Wird COX-1 gehemmt, werden weniger
Prostaglandine gebildet, dadurch lassen Schmerzen und Entzündungsreaktionen nach.
Bei einer ASS-Intoleranz oder Unverträglichkeit kommt es zu einer Störung dieser
Abläufe – und zu heftigen Körperreaktionen wie Atemnot, Asthma, Ausschlägen. Die
Beschwerden ähneln zwar einer allergischen Reaktion, dennoch liegt keine sogenannte
IgE-vermittelte Immunreaktion und somit keine Allergie vor. Experten sprechen bei der
ASS-Intoleranz oder Unverträglichkeit daher von „Pseudoallergie“. Charakteristisch für
Pseudoallergien ist eine Dosis-Wirkungskurve, die bei Allergien nicht beobachtet wird.
Das heißt, je mehr des auslösenden Stoffes in den Körper gelangt, desto heftiger ist die
Reaktion.
Behandelt wird die ASS-Intoleranz durch eine sogenannte Desaktivierungstherapie.
Dabei wird der Körper in mehreren Sitzungen mit dem auslösenden Stoff konfrontiert,
jedes Mal in einer ansteigenden Dosis. Im Ergebnis gewöhnt sich der Körper nach und
nach daran. Die Unverträglichkeitsreaktionen verschwinden.
Acetylsalicylsäure (ASS) ist eine chemische Verbindung, die in so der Natur nicht
vorkommt. Hingegen ist Salicylsäure eine natürliche Substanz, die zu den sekundären
Pflanzenstoffen gehört und in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten ist. Reich an
Salicylsäure sind vor allem einige Obst- und Gemüsesorten wie Himbeeren, Nüsse und
Samen sowie manche Kräuter und Gewürze. Die Patienten müssten aber eine sehr große
Menge an Salicylaten in Nahrungsmitteln pro Tag aufnehmen. Es ist sehr
unwahrscheinlich, dass sie das schaffen.
Expertin im Beitrag:
Dr. Uta Rabe
Johanniterkrankenhaus im Fläming
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Johanniterstraße 1
14929 Treuenbrietzen
E-Mail: [email protected]
Tel.: 033748 - 8-2254
Live-Diagnose: Schwindel – was steckt dahinter?
Unser heutiger Patient der Live-Diagnose hat immer wieder ganz plötzlich auftretende
Schwindelattacken – eine unberechenbare Störung, die ihm Sorgen macht.
Welche Ursache hat die Gleichgewichtsstörung?
Das versucht Professor Bruno-Marcel Mackert aus dem Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum
live im Studio herauszufinden.
Er kommt plötzlich, meist ohne Vorwarnung und geht mit Gleichgewichtsverlust,
Drehverlust, schummerigen Gefühlen einher. Er verunsichert und ältere Patienten
stürzen schnell. Schwindel ist erst einmal nur eine Beschwerde, die viele Ursachen
haben kann: vom schwankenden Blutdruck über Störungen des Innenohrs bis hin zum
Hirntumor. Bei allen diesen Problemen liegt dem Schwindel eine organische Störung des
Gleichgewichtsorgans zugrunde – im Innenohr, dem weiterleitenden Nerv oder in den
verarbeitenden Regionen des Gehirns. Schwindelgefühle tauchen aber auch als
Begleiterscheinung anderer Leiden wie Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen auf.
Bei heftigem Schwindel kann auch ein Schlaganfall vorliegen.
Lagerungsschwindel
Bei vielen Schwindelattacken handelt es sich um einen Lagerungsschwindel, der nach
längerer Bettlägerigkeit oder nach einem Schleudertrauma auftritt (z. B. durch einen
Skiunfall). Erkannt wird er vom Nervenspezialisten oder vom Facharzt für Hals-, Nasenund Ohrenheilkunde. In dem als Sacculus bezeichneten Teil des Innenohres, in welchem
die Schwerkraft wahrgenommen wird, sind in einer gallertartigen Masse kleine Ohrsteine
(Otholiten) eingebettet. Bei plötzlicher Bewegung oder nach einer Ruhephase wandern
diese in die Bogengänge, überreizen dort die Sinneszellen, die für Drehbewegungen
zuständig sind, und verursachen Schwindel und Übelkeit. Solche Attacken können bis zu
einer Minute andauern und ständig wiederkehren. Die Lösung: Mit einer beherzten
Bewegung schwingt der Neurologe den Kopf um 180 Grad auf die andere Seite, so dass
sich die kleinen Ohrensteine zum Sacculus zurückbewegen. Dort lösen sie keinen
Schwindel mehr aus. Bei etwa 60 Prozent aller Patienten reicht ein einziger Wurf und
der Lagerungsschwindel verschwindet.
Anhaltender Drehschwindel
Nicht selten steckt hinter Drehschwindel eine sogenannte Neuritis vestibularis, also eine
Entzündung des Gleichgewichtsnervs beispielsweise durch ein Herpesvirus. Dieser
befällt den Nerv, der vom Gleichgewichtsorgan zum Gehirn führt. Der schwillt dadurch
an und kann die aus dem Sinnesorgan empfangenen Informationen nicht mehr oder nur
noch in Bruchstücken weiterleiten. Folge ist ein tagelanger Dauerdrehschwindel,
begleitet von heftiger Übelkeit und Erbrechen. Kortison, das die Entzündung
unterdrückt, und Medikamente, die Viren bekämpfen, schaffen schnell Linderung.
Diagnostiziert wird die Nervenentzündung mit der sogenannten Ohrspülung. Dabei
erhält der Patient im Wechsel kaltes und warmes Wasser ins Ohr. Das Wasser gelangt in
die Nähe des Innenohrbereiches, der über feine Sinneshärchen verfügt. Je nach der
Temperatur des Wassers werden die Sinneshärchen in unterschiedliche Richtungen
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gelenkt, und über den Gleichgewichtsreflex folgen typische Augenbewegungen in die
eine oder andere Richtung. Bei einer Entzündung des Gleichgewichtsnervs bewegen sich
die Augen hingegen unregelmäßig.
Anfallsartiger Drehschwindel (u. a. Morbus Meniére)
Beim anfallartigen Drehschwindel (Attackenschwindel) handelt sich um eine Form, die
akut von einem Moment auf den anderen einsetzt und in der Regel nur Sekunden bis
wenige Minuten anhält. Während des Schwindelanfalls kommt es zu einem starken
Drehgefühl, das oft von Übelkeit begleitet wird. Zudem liegt eine ausgeprägte
Fallneigung vor. Eine Ursache für diese Schwindelform kann unter anderem die so
genannte Menière-Krankheit (Morbus Menière) sein. Dann ist die Bildung der
Lymphflüssigkeit im Innenohr zu stark ausgeprägt. Es kommt zu einem Lymphstau und
in der Folge zu einem Überdruck im Innenohr. Dies führt zum Einreißen der feinen
Membranen, die die verschiedenen Räume des Innenohrs voneinander abtrennen. Durch
die Risse kann es zu plötzlichen Verlagerungen der Flüssigkeiten im Innenohr kommen,
wodurch Falschmeldungen zum Gehirn weitergeleitet werden.
Beim Morbus Menière tritt während der Schwindelattacken oftmals auch
Schwerhörigkeit auf, die Stunden aber auch Tage anhalten kann. Weitere Symptome
sind Ohrgeräusche (Tinnitus), Schweißausbrüche, Erbrechen und Druck auf dem
erkrankten Ohr. Die Menière-Krankheit tritt am häufigsten zwischen dem 45. und 60.
Lebensjahr auf. Oftmals heilt die Erkrankung binnen 5 Jahren spontan ab. Trotzdem
sollte auf eine ärztliche Beratung und Behandlung aufgrund des hohen Leidensdrucks
und möglicher Komplikationen nicht verzichtet werden. Weitere Ursachen für
Attackenschwindel können Multiple Sklerose, Durchblutungsstörungen im Gehirn und bei
jungen Erwachsenen auch Migräne sein.
Schwankschwindel (u. a. psychogener Schwindel)
Ergeben die üblichen Routineuntersuchungen keine organische Ursache, wird bei vielen
Betroffenen von einem psychogenen Schwindel ausgegangen. Er kann sich zur Phobie
(Angsterkrankung) auswachsen. Dann entsteht ein Teufelskreis. Die Angst vor dem
Schwindel sorgt bereits für Schwindel. Kleine Alltagsängste wie z. B. „Respekt“ vor
Rolltreppen können Herzrasen, Übelkeit und Schweißausbrüche provozieren
Die Behandlung konzentriert sich auf den Auslöser des psychogenen Schwindels. Bei
manchen Patienten reicht es schon, wenn körperliche Ursachen ausgeschlossen werden.
Patienten mit psychiatrischen Störungen, Angsterkrankungen und Phobien dagegen
brauchen jedoch häufig eine Psychotherapie, die mitunter sogar stationär durchgeführt
werden muss. Als ergänzende Therapie hilft ein Gleichgewichtstraining. Es stärkt das
Gefühl, auch mit „wackligeren“ Untergründen und Situationen fertig zu werden, und
vertreibt die Angst vor dem Hinstürzen.
Wirksame Therapien bei Schwindel
So vielfältig die Ursachen, so unterschiedlich sind auch die Behandlungsmöglichkeiten
von Schwindel. Sie reichen von medikamentösen Therapien über physiotherapeutische
Behandlungen bis zu chirurgischen Eingriffen. Begleitend können die Betroffenen selbst
viel Schwindel tun, indem sie sich in Bewegung halten. Aktivität reizt auch das
Gleichgewichtsorgan und hält es in Schwung. Je mehr sich Patienten hingegen schonen,
desto größer wird die Unsicherheit – und desto mehr verstärkt sich die Abwärtsspirale.
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Experte im Studio:
Prof. Dr. Bruno-Marcel Mackert
Schwindelexperte, Vivantes
Auguste-Viktoria-Klinikum
Rubensstraße 125
12157 Berlin
Tel.: 030 - 130 20 0
Experten im Beitrag:
Prof. Dr. Christoph Helmchen
Universitätsklinikum Schleswig Holstein
UK-SH Campus Lübeck
Schwindelambulanz
Ratzeburger Allee 160
23538 Lübeck
Tel.- Lübeck: 0451 - 500-2926
PD Dr. Michael von Brevern
Park-Klinik Weißensee
Schönstraße 80
13086 Berlin
Tel.: 030 - 9628-0
E-Mail [email protected]
www.park-klinik.com
Weiterführende Informationen im Internet
Deutsches Schwindel- und Gleichgewichtszentrum
LMU München, Campus Großhadern
https://www.klinikum.uni-muenchen.de/Deutsches-Schwindelzentrum-IFB-LMU/de/
Buchtipps
Thomas Lempert
„Wirksame Hilfe bei Schwindel“, Was dahinter steckt und wie Sie ihn loswerden können
Trias-Verlag, 2003
ISBN: 3- 978-383043-105-3
Preis: 14,95 Euro
Regine Tschan
„Wenn die Seele taumelt“, Somatoformer Schwindel - ein Ratgeber
Verlag Hans Huber, 2011
ISBN: 978 - 3-45684-944-1
Preis: 14,95 Euro
Mobil trotz Handicap – barierrefreier Führerschein
Georg Graßhoff ist ein ganz besonderer Fahrlehrer. Er verhilft Menschen mit
körperlichen Einschränkungen zum Führerschein. Querschnittgelähmte oder Menschen
mit Amputationen zählen zu seinen Fahrschülern, aber auch Schlaganfallpatienten und
Gehörlose.
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Die Möglichkeit, selbst ein Auto zu fahren steht nicht jedem Menschen mit Behinderung
offen: Einerseits müssen die Betroffenen gesundheitlich bestimmte Voraussetzungen
erfüllen – eine geistige Behinderung beispielsweise schließt die Fahrerlaubnis aus. Ein
speziell hierfür autorisierter Facharzt erstellt vorab ein medizinisches Gutachten.
Regelmäßig überwacht wird das Vorgehen von der DEKRA.
Andererseits brauchen sie einen Fahrlehrer, der sich ihrer annimmt und Erfahrung mit
körperbehinderten Autofahrern hat. Ihren Führerschein machen die Anwärter daher
meist in sogenannten integrativen Fahrschulen. Hier werden sie von speziell für
behinderte Fahrschüler ausgebildeten Fahrlehrern qualifiziert und nach dem Curriculum
der Fahrlehrerverbände ausgebildet.
Diese Fahrschulen können damit beispielsweise Querschnittgelähmten, Menschen mit
Amputationen an den Gliedmaßen, Schlaganfallpatienten oder Gehörlosen den
Führerschein ermöglichen.
Meist sind für das Auto, in dem die körperlich eingeschränkten Fahr-Anwärter lernen
und später auch fahren, je nach Handicap speziell Umbauten erforderlich. Oft werden
die Autos dann komplett per Handkontrolle bedient. Die Originalpedalen und die
Fußbremse werden abgedeckt und verursachen so keine Störungen. Von außen sind die
Umbauten meist nicht erkennbar. Menschen mit Handicap werden somit im
Straßenverkehr genauso behandelt wie jeder andere – ein wichtiger Aspekt für viele
Fahrer mit Handicap.
Je nach Aufwand und Grad der Behinderung kostet eine Umrüstung des Fahrzeugs
zwischen 2.000 und 8.000 Euro. Bei Arbeitsunfällen zahlt meist die
Berufsgenossenschaft, bei Verkehrsunfällen oft die Versicherung. Interessierte sollten
sich vor der Anschaffung eines Autos gründlich beraten lassen. Denn nicht jeder
Fahrzeugtyp ist für jede Behinderung gleich gut geeignet.
Experten im Beitrag:
Frank Wilcke
DEKRA-Gutachter
Fachabteilungsleiter Fahrerlaubniswesen
Ullsteinstr. 86-94
12109 Berlin
Tel.: 030 – 986 09 8-0
Georg Graßhoff
Fahrschule Graßhoff – Integrative Behindertenausbildung
Bundesallee 118
12161 Berlin
Tel.: 030 – 852 87 20
E-Mail: [email protected]
RBB
„rbb Praxis“
Masurenallee 8 –14
14057 Berlin
www.rbb-praxis.de
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Stand der Information:
I. Czycykowski, A.Wörthmüller
Christine Salminger
Raiko Thal
Beate Wagner
11.03.2015
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