Staatsangehörigkeitserfordernis für Notare: Kommission erhebt

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Staatsangehörigkeitserfordernis für Notare: Kommission erhebt Klage gegen
Ungarn, um Nichtdiskriminierung zu gewährleisten
Brüssel, 29 April 2015
Die Europäische Kommission hat beschlossen, Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union
gegen Ungarn zu erheben, weil Ungarn nur ungarischen Staatsangehörigen erlaubt, in Ungarn den
Beruf des Notars zu ergreifen und auszuüben, und somit Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten
ausschließt.
Nach Auffassung der Kommission läuft dieses Staatsangehörigkeitserfordernis den Regeln der
Niederlassungsfreiheit zuwider und ist nicht mit Artikel 51 AEUV zu rechtfertigen, der auf Tätigkeiten
abstellt, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.
In mehreren Fällen, die die Kommission vor den Gerichtshof der Europäischen Union brachte, entschied
der Gerichtshof [1]am 24. Mai 2011, dass die Notarstätigkeit in Belgien, Deutschland, Griechenland,
Frankreich, Luxemburg, Österreich und den Niederlanden nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt
verbunden ist. Nach dem Urteil des Gerichtshofs verstößt das Staatsangehörigkeitserfordernis, das in
diesen Ländern mit der Aufnahme des Notarberufs verbunden ist, gegen EU-Recht. Dem Gerichtshof
zufolge muss die Tätigkeit eines Notars unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher
Gewalt verbunden sein. In den betreffenden sieben Ländern erfüllt der Notarberuf diese Anforderung
nicht.
Nach Ansicht der Kommission unterscheidet sich die Tätigkeit ungarischer Notare nicht wesentlich von
jener, die der Gerichtshof in den obengenannten Fällen untersucht hat. Da Ungarn an seinem
Standpunkt festhielt, hat die Kommission nun beschlossen, den Gerichtshof mit dieser Angelegenheit
zu befassen.
Ein ähnlich gelagerter Fall ist derzeit noch vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig
(siehe IP/14/48).
Hintergrund
Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Tätigkeit dann unmittelbar und spezifisch mit der
Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden, wenn die Tätigkeit nicht nur eine Hilfs- oder
Vorbereitungstätigkeit für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist, sondern Ermessensspielraum bei der
Entscheidungsfindung in strittigen Fällen lässt, Zwangsbefugnisse umfasst oder den Einsatz von
Zwangsmitteln erlaubt. Eine Tätigkeit ist nicht unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher
Gewalt verbunden, wenn die Parteien die ihnen auferlegte Entscheidung freiwillig akzeptieren.
Wenngleich ungarische Notare ein breites Spektrum an Tätigkeiten ausüben, passt diese Definition auf
keine der Tätigkeiten, die von ihnen ausgeübt werden.
Weitere Informationen unter:
Weitere Informationen über Berufsqualifikationen finden Sie unter:
http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/index_de.htm
Aktuelle Informationen über alle laufenden Vertragsverletzungsverfahren finden sich unter:
http://ec.europa.eu/eu_law/index_de.htm
Zu den Vertragsverletzungsverfahren im April siehe MEMO/15/4871
Zu Vertragsverletzungsverfahren allgemein siehe MEMO/12/12
Informationen über Vertragsverletzungsverfahren:
http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/infringements-proceedings/index_en.htm
[1] Rechtssachen C-47/08, C-50/08, C-51/08, C-53/08, C-54/08 und C-61/08.
IP/15/4876
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