Azubis der Messe Stuttgart zu Gast in der Redaktion

Unsere Leser und wir
Die Kirche muss
sich reformieren
Zur Meldung „Immer mehr Austritte – Mit­
gliederschwund bei den großen christlichen
Kirchen hält an“ (18. Juli):
Wieder müssen die Kirchen feststellen,
dass ihnen die Mitglieder in Scharen da­
vonlaufen, trotz eines charismatischen
Papstes und trotz des Bemühens um Trans­
parenz und vorsichtiger Reformansätze.
Dies in erster Linie mit dem neuen Ein­
zugsverfahren der Kapitalertragssteuer zu
begründen greift zu kurz. Die Banken ha­
ben schon seit langer Zeit ihren Kunden
klar mitgeteilt, dass sich nur das Einzugs­
verfahren, nicht aber die Höhe der Steuer
verändert. Die Kirchen sollten sich selbst ernsthaft
Gedanken machen, was sich bei ihnen än­
dern muss, damit sie nicht tatenlos dem
Exodus der Kirchenmitglieder zusehen
müssen. Ich nenne die Abschaffung ver­
krusteter obrigkeitshöriger Strukturen,
den Verzicht auf das Pflichtzölibat, die Ak­
zeptanz der Lebenswirklichkeit in Partner­
schaft, Familie und Arbeitsleben. Die Kirchen sind als Wertevermittler
heute wichtiger denn je, und sie sollten sich
nicht in die Rolle eines gelegentlichen
Dienstleisters, der irgendwann beliebig
austauschbar ist, drängen lassen. Dazu be­
darf es aber radikaler Ehrlichkeit und der
Bereitschaft zu grundlegenden Reformen –
und das in allernächster Zeit!
Hildegard Häußermann, Ludwigsburg
Halbwahrheiten über
den Weinbau
Zum Aufmacher­Thema „Winzer schwin­
gen die chemische Keule“ (13. Juli):
Der Artikel verunglimpft eine ganze
Branche, vermischt Halbwahrheiten mit
schlechter Recherche, schürt Besorgnis und
Ängste der unbedarften Leser und riecht
sehr nach alternativ angehauchtem, partei­
ischem Journalismus. Herr Rosenberger
scheint vom Weinbau keine Ahnung zu ha­
ben, und/oder er hat falsche Informanten
gehabt. Die Öko­Mittel, die er aufführt,
haben nur eine geringe Schutzwirkung, sie
müssen fast doppelt so häufig ausgebracht
werden und führen in regenreichen Jahren
zu Qualitätsverlusten durch Pilzbefall. Das
hat der Informant nicht mitgeteilt. Albrecht Fischer, Vaihingen-Gündelbach
Unvernünftiges
Hartz-IV-Gesetz
Zum Bericht „Langzeitarbeitslose noch
immer abgehängt“ (10. Juli):
Nils Neetzow, Stuttgart
5
Im Netz
Liebe Leserinnen und Leser,
StN: Nur 17 Sekunden lang ist
der Film, der die kleine
Prinzessin Elizabeth mit Onkel
und Mutter fröhlich im Garten
zeigt – wie sie die Hand zum
Hitlergruß Richtung Kamera
strecken. Das meint die
Netzgemeinde:
in unserer Ausgabe vom 18. Juli hat sich Jan Sellner im Leitartikel mit dem
aktuell verzerrten Griechen-Bild beschäftigt, und Nils Mayer hat eine
Reportage über Stuttgarter Griechen geschrieben. Dazu gab es zahlreiche
Zuschriften. Wenn auch Sie sich äußern wollen, schreiben Sie mir bitte!
Ihr Winfried Weithofer
Und so erreichen Sie mich:
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07 11 / 72 05 - 72 80
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StN, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart
TeJakob Link: Ja und? Kind, 30er
Jahre, verwandt mit deutschem
Adel. Sorry, kein Skandal wert.
Generell freuen wir uns über jede sachliche Leserzuschrift. Aufgrund der Menge können wir jedoch nicht alle Briefe
abdrucken. Auch ist es leider nicht möglich, nicht veröffentlichte Zuschriften zurückzuschicken. In jedem Fall behalten wir
uns Kürzungen vor. Veröffentlichte Leserbriefe erscheinen unabhängig von der Meinung der Redaktion. Bitte teilen Sie uns
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Zerschlagenes Porzellan
Die griechische Schuldenkrise wirkt sich auch auf das deutsch-griechische Verhältnis aus
Das Volk nicht verurteilen
Ist es jetzt schon so weit, dass man Men­
schen, die hier aufgewachsen sind, hier
arbeiten und Steuern zahlen, diskrimi­
niert? Und auch deren Kinder miteinbe­
zieht, was noch schlimmer ist? Ich bin mit
der griechischen Regierung und ihrem Ver­
halten gegenüber der EU weiß Gott nicht
einverstanden. Auch die Hetze gegen
Schäuble ist unverschämt, man sollte die
Hand nicht beißen, die einen füttert. Wir
haben den Fehler gemacht, auch im Wissen,
dass wir belogen werden, Griechenland in
die EU aufzunehmen. Die Gelder sind ver­
loren, das kann keiner schönreden. Man
sollte aber nicht das ganze Volk der Grie­
chen verurteilen und schon gar nicht die
Griechen, die bei uns leben. Gabi Kretzschmar, Aichtal
Verunglimpfte Deutsche
Ich persönlich fühle mich durch die Be­
schimpfungen und Karikaturen beleidigt.
Doch halt, beleidigt dürfen nur die Grie­
chen sein. Wer austeilt, muss aber auch ein­
stecken können. Ich habe auch noch keinen
einzigen Leserbrief der hiesigen Griechen
gesehen, die sich von ihren Landsleuten in
Griechenland distanziert haben. Dass man uns Deutsche pauschal als Na­
zis verunglimpft, kann ich gar nicht verste­
hen. Komisch ist, dass alles bestens ist,
wenn Deutschland den Geldbeutel auf­
macht. Es wäre besser gewesen, wenn Jan
Sellner in seinem Leitartikel die Griechen
aufgefordert hätte, mit den Stänkereien
aufzuhören. Ernst Stolhofer, Fellbach
Meine Tochter (32), gute Ausbildung in der
Gastronomie, wurde arbeitslos, als sie
Mutter wurde. Als Alleinerziehende – Hut
ab vor diesen Müttern – bekommt sie seit
einiger Zeit Hartz IV. An wie vielen sinnlo­
sen Maßnahmen musste sie seither teilneh­
men, sonst gibt es ja Sanktionen! Darüber
kann man nur den Kopf schütteln. Aber
von politischer Seite aus wagt sich nie­
mand an eine grundlegende Reform des
Hartz­IV­Gesetzes. Nummer 165 • Dienstag, 21. Juli 2015
Dumm und schäbig
Das geht gar nicht. Die teilweise von der
deutschen und griechischen Presse ange­
heizte Meinungsmache darf doch nicht da­
zu führen, dass wir unsere griechischen
Mitbürger diffamieren. Aber es ist wie im­
mer bei emotionalen Themen: Eine diffe­
renzierte Auseinandersetzung erfordert et­
was Hirn. Und das fehlt in diesen Tagen so­
„Gewinnen wird letztendlich, wem es
um die Sache geht und nicht um
Eigeninteressen. Dies ist ein
ungeschriebenes Gesetz der Natur“
Marion Spanoudakis
Herxheim
wohl in Deutschland als auch in Griechen­
land. Die Griechen hier tragen genauso zu
unserem Wohlstand bei und bezahlen ihre
Steuern, wie das auch die meisten Griechen
in ihrem Heimatland tun. Die Verursacher der griechischen Tragö­
die sind in der Mehrheit doch nicht die nor­
malen Bürger, weder die, die hier leben,
noch die, die in Griechenland das Elend er­
tragen müssen. Und diese nun auch noch
mit Häme und Spott zu überschütten – wie
dumm und schäbig ist das denn! Die Gründe der Pleite
Alle Seiten sollten sich zurückhalten, auch
wenn es schwerfällt. Es ist schon genug
europäisches Porzellan zerschlagen wor­
den, allerdings nicht nur und in der gegen­
wärtigen Krise nicht zuerst von den Deut­
schen. So haben mich die häufigen Darstel­
lungen – auch in der Parteizeitung der der­
zeitigen griechischen Regierungspartei –
von Frau Merkel und Herrn Schäuble als
Nazis sehr getroffen, auch wenn ich ein
scharfer Gegner der von diesen beiden be­
triebenen Euro­Rettungspolitik bin. Der Reporter hätte vielleicht auch versu­
chen sollen herauszufinden, ob und gege­
benenfalls wie die Stuttgarter griechischer
Abstammung versucht haben, auf ihre
Landsleute in der Heimat mäßigend einzu­
wirken. Die Griechen stehen Schlange vor den Ban­
ken, und sie können nur kleine Beträge ab­
heben. Da ist es kein Wunder, wenn sie sich
kaum etwas kaufen können, die Geschäfte
keine Einnahmen mehr haben und diese
folglich ihre Angestellten nicht mehr be­
zahlen können. Das geht so lange, bis die
Wirtschaft
vollends
zusammenbricht.
Schon jetzt liegt die Arbeitslosenquote bei
30 Prozent. Sind die verdammten Banken
an dem Elend schuld, weil sie den Leuten
ihr mühsam verdientes Geld vorenthalten?
Haben sie es veruntreut? Die Hauptursache der griechischen Tra­
gödie ist der Export­Import­Mechanismus,
bei dem das technisch überlegene Land das
technisch unterlegene kaputt macht. Das
läuft, etwas vereinfacht, so ab: Der Staat
des Landes mit Importüberschuss, zum
Beispiel Griechenland, bezahlt Gehälter,
Renten, Arbeitslosenunterstützung usw.
Aber die Bürger kaufen importierte Güter,
und das Geld landet im Ausland. Damit der
Staat die nächsten Gehälter und Renten
bezahlen kann, muss er das Geld zurückho­
len. Er bekommt es aber nicht, außer er
verschuldet sich. Gleichzeitig gehen viele
Unternehmen im Land pleite, weil die Bür­
ger ja nicht bei ihnen, sondern im Ausland
einkaufen. Der Staat muss nun noch mehr
Arbeitslosenunterstützung bezahlen, seine
Verschuldung geht noch rascher in die Hö­
he, und seine Pleite ist programmiert.
Wolfgang Laipple, Fellbach
Hans Oette, Neuenstadt a. K.
Hermann Ottenbacher, Neckartenzlingen
Mäßigung ist gefragt
Michael Kleinbub: Nicht jedes
Handheben ist ein Hitlergruß, so
ein Schmarrn.
Nirak Relief: Zu der Zeit war es
nun mal so. Ich bin fest davon
überzeugt, dass der Queen es
heute selbst unangenehm ist. Was
soll man da jetzt etwas zum
Thema machen, wo wir wissen,
was Geschichte war.
Peter Rebmann: So ein
Schwachsinn, so was auszugraben.
Oliver Kellermann: Welches Kind
hat das nicht schon mal gemacht,
ohne je dabei einen braunen
Gedanken zu haben?
Martin Schwarz: Sie hat einfach
nur freundlich gegrüßt.
StN: FDP-Spitzenkandidat
Hans-Ulrich Rülke will vor
dem Rundfunkrat des
Südwestrundfunks (SWR) eine
Teilnahme an der TV-Debatte vor
der Landtagswahl 2016
durchsetzen.
Rene Porwoll: Warum sollte er
teilnehmen? Der Sinn des TVDuells ist es, die
aussichtsreichsten Kandidaten auf
das Amt des Ministerpräsidenten
ausführlich zu befragen. Das sind
nun mal die Herren Wolf von der
CDU und Kretschmann von den
Grünen.
Franz Fischer: Selbstverständlich
sollte er teilnehmen dürfen. Dann
sieht die Bürgerschaft, mit was für
erbärmlichen Helden die FDP da
zu punkten gedenkt.
Stefan Baumann: Vor was hat der
grüne SWR Angst, sollte die Frage
sein.
Zett-Azubis besuchen die Redaktion
Dominik Schwegler: Finde ich an
sich eine gute Sache! Ich bekenne
mich zwar klar dazu, kein FDPWähler zu sein, jedoch zeigt diese
Aktion doch, dass sich die Partei
nicht aufgegeben hat!
Patrick Luik: Alles andere wäre
auch ein Skandal. Entweder alle
oder keiner.
www.facebook.com/stuttgarternachrichten
Auf den finanziellen
Aspekt reduziert
Zum Aufmacherthema „Freie Schulwahl
kostet Land und Kommunen Millionen“
(15. Juli):
Bei einem Rundgang durch die Redaktion der
Stuttgarter Nachrichten haben die Auszubildenden der Messe Stuttgart, Melanie Haas,
Lea Sager, die Ausbilderin Andrea Roskosch
und Marie Wuttke (v. li. n. re.) erfahren, wie
eine Zeitung produziert wird und woher Journalisten ihre Informationen für ihre Artikel
bekommen. Frank Schwaibold, Chef vom
Dienst (links), zeigt ihnen am Bildschirm von
Panorama-Redakteur Simon Rilling, welche
Themen am nächsten Tag im Blatt sein werden. „Das Panorama kann auf Agenturmaterial
zurückgreifen. Im Lokalteil wird es schwieriger,
weil man alles selbst machen muss“, erklärt
Schwaibold. Durch die Initiative Zett erhalten
Azubis von ihrem Unternehmen ein Ein-Jahres-Abo der Stuttgarter Nachrichten. Interessierte Unternehmen wenden sich an Yvonne
Eiting, Tel. 07 11 / 72 05 - 71 01 oder
[email protected]. www.zett.stuttgarter-nachrichten.de
Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
Es geht um die gesetzliche Möglichkeit,
dass Kinder mit und ohne Handicap ge­
meinsam in die gleiche Schule gehen
können. Dies ist ein wesentlicher Beitrag
zu einer „normalen“, inklusiven Gesell­
schaft. Allerdings reduziert die genannte
Überschrift diese Bemühungen auf den
finanziellen Aspekt. Und so frage ich
mich: Werden hier Kinder nicht – einmal
mehr – durch die Gesellschaft und nicht
durch ihr Handicap behindert? Ja, ich
wage die Aussage: diese Kinder werden
von unserer Gesellschaft „finanzbehin­
dert“.
Herbert Baumgarten, Schwäbisch Gmünd