Bericht - IG BCE Ortsgruppe Berlin

Ortsgruppe Neukölln
Fahrt nach Auschwitz und Krakau, 30.10. bis 1.11.2015
Im Frühjahr 2015 begann die Ortsgruppe Neukölln der IGBCE eine Fahrt nach
Auschwitz zu planen. Anlass war der 70. Jahrestag der Befreiung des Lagers durch die
Truppen der sowjetischen Armee. Schnell konnten wir unter unseren Mitgliedern einige
Interessenten finden, die auch noch nie dort waren und sich immer wieder
vorgenommen hatten, sich näher mit der eigenen Geschichte zu beschäftigen. Auch ein
Reiseveranstalter in Polen war schnell gefunden.
Nach einem Vorbereitungsabend standen wir dann am 30.10. erwartungsvoll und auch
ein wenig beklommen am Flughafen. Leider war das Flugzeug, das uns nach Krakau
bringen sollte, kaputt und so konnten wir erst mit fast 4 Stunden Verspätung mit einer
Ersatzmaschine starten. Das war sehr unangenehm, da wir eigentlich schon ab 12 Uhr
mittags in Auschwitz hätten sein sollen. Dank unseres Reiseveranstalters in Polen wurde
unser gesamtes Programm so auf den Kopf gestellt, dass wir das Programm noch
einigermaßen vollständig erleben konnten.
Nach unserer Ankunft in Krakau hatten wir die Gelegenheit zu einem Spaziergang durch
diese schöne Stadt. Am Abend war für uns eine Führung durch die Fabrik von Oskar
Schindler, bzw. durch das Museum, das an Schindler erinnert, organisiert worden. Die
Verfolgung und Ermordung der Juden und der Polen in und um Krakau wird dort sehr
eindrucksvoll dargestellt. Unangenehm berührt waren wir, dass damals die Deutschen
in Polen in „Ortsgruppen“ organisiert waren. Nachdem am Ende der Ausstellung dann
auch die Kollaboration von einigen Polen mit den Nazis und die Verfolgung von Polen
durch die Sowjets gezeigt wurde, haben wir sehr betroffen die Ausstellung verlassen.
Am nächsten Morgen wurden wir dann mit unserer Gruppe nach Auschwitz gefahren.
Schon auf der Fahrt dort hin bekamen wir im Bus einen Film über die Befreiung von
Auschwitz zu sehen. Hier mussten wir uns teilweise zwingen, unseren Blick nicht
abzuwenden. Schließlich waren wir ja unterwegs, um uns der deutschen Geschichte zu
stellen.
Durch unsere Museumsführerin wurde uns die Funktionsweise des Stammlagers in
Auschwitz erklärt. Wir konnten die unterschiedlichen Ausstellungen in den einzelnen
Häusern des Stammlagers besichtigen und so versuchen, uns ein Bild vom Leiden der
Menschen zu machen. Mit unserer kleinen Gruppe wurden wir durch viele Räume
geführt, von denen einer schrecklicher als der Nächste war. Der größte Schrecken stand
uns aber noch bevor.
Nach einer kurzen Mittagspause fuhren wir dann nach Auschwitz-Birkenau, in das
eigentliche Vernichtungslager. Obwohl dort eigentlich viel weniger zu sehen ist, hat uns
die ungeheure Größe dieser Vernichtungsmaschinerie schockiert. So weit das Auge
reicht sieht man die Reste der Barracken in denen die Deportierten auf ihren Tod
warten mussten.
Nach einem kurzen Aufenthalt am Separationsgleis von Auschwitz-Birkenau hatten wir
Gelegenheit, einen Kranz am Mahnmal nieder zu legen und dort einen Moment lang den
eigenen Gedanken nachzugehen. Anschließend wurden uns die Reste der
Verbrennungsöfen und weitere noch bestehende Gebäude gezeigt, in denen teilweise
auch Versuche an Menschen vorgenommen wurden. Beim langen Rundgang über einen
Teil des Geländes versagte jedem von uns die Sprache und wir konnten nur noch
fassungslos der Führung folgen.
Ehrlicherweise muss man sagen, dass sich wohl niemand von uns vorgestellt hat, dass
die reale Wirkung dieser Stätte das, was man vorher in Filmen gesehen hat, weit in den
Schatten stellt. Somit war dann auch unsere Rückfahrt nach Krakau sehr schweigsam.
Nachdem wir wieder Worte zur Diskussion gefunden hatten waren wir uns einig, dass
sich unsere Haltung zur momentanen Flüchtlingsdebatte durch unseren Besuch
bestätigt hat:
Verfolgte Menschen aufzunehmen muss für uns eine Selbstverständlichkeit sein.
Am Sonntag sind wir dann ebenfalls mit einer Stadtführerin durch Krakau gegangen und
an einer Reihe von Orten wurde uns die Geschichte Krakaus näher gebracht. Auch hier
wieder mit einem besonderen Schwerpunkt auf die Verfolgung von Juden und Polen.
Wir hatten hier aber auch die Möglichkeit , uns mit der älteren polnischen Geschichte zu
beschäftigen.
Erschöpft und immer noch sehr nachdenklich sind wir dann noch Berlin zurück
geflogen. Niemand von uns hat bereut, diese Reise zu unternehmen. Wir können nur
Jedem, der noch nicht dort war, einen Besuch empfehlen. Zumindest ist es uns so
gegangen, das wir vieles was noch oder heute wieder bei uns geschieht, in einem
klareren Licht sehen.