Jagellonian University, 2016

Erfahrungsbericht
Name: M a r l e n e M a n n e r t
Studiengang und -fach: Lehramt Mittelschule
Austauschjahr: SoSe 2016
Gastuniversität: Jagiellonian University
Stadt: Krakau
Land: Polen
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Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen.
Mein Auslandssemester in Krakau
Mitte Februar ging mein Flug von München nach Krakau. Ich flog an einem kalten,
winterlichen Dienstagabend mit einem riesen Koffer nach Polen. Am Flughafen erwartete
mich bereits mein Freund, der ebenfalls, via Erasmus, ein Jahr in Krakau verbrachte.
Bereits am nächsten Tag starteten schon die Vorlesungen. Ich hatte mir zu diesem Zeitpunkt
noch nicht viele Gedanken über meine Kurse gemacht und war deshalb etwas beunruhigt, was
meinen Stundenplan und die Plätze anging. Ich hatte jedoch bereits schon vorher erfahren,
dass in der ersten Woche keine Anwesenheitspflicht besteht und man noch genügend Zeit hat,
sich Gedanken über die Kurswahl zu machen. Dies beruhigte mich ein wenig. Das Aussuchen
der jeweiligen Seminare war dann jedoch kein Problem für mich. Das erste Mal, so kam es
mir vor, seit meinem Studienbeginn hatte ich die Möglichkeit Kurse auszuwählen, die ich rein
aus Interesse belegen wollte. Natürlich musste ich diese auch mit meinem regulären
Studienverlaufsplan vereinbaren, was jedoch kein Problem darstellte. So entschied ich mich
für einen Geschichtskurs, einen Soziologie- und einen Philosophiekurs. Mein Stundenplan
war somit auch zum ersten Mal, durch nur drei Kurse, etwas entspannter, als ich es von
meinen bisherigen Semestern gewohnt war. Ich war über das Semester vollkommen zufrieden
mit meiner Belegung. Die Noten wurden in zwei Kursen durch ein Referat und in einem
durch eine mündliche Klausur gemacht. Vor allem der Philosphie und Soziologiekurs hat mir
sehr gut gefallen. In beiden ging es um Nationalismus, Rassismus und Vorurteile. Es war sehr
interessant mit Studenten aus anderen Ländern gemeinsam über diese Themen zu diskutieren.
Dadurch, dass unsere Referatsthemen häufig Beispiele aus der eigenen Heimat aufgriffen war
es umso spannender, zu erfahren, wie diese Probleme weltweit die selben sind und wie dort
damit umegangen wird.
Das Leben an der Universität war insgesamt sehr angenehm. In den Kursen hatte ich schnell
Anschluss gefunden und Leute kennengelernt mit denen ich mich gut verstand. Die
Jagiellonian Universität ist eine der ältesten Universitäten Europas und die Fakultäten sind in
unterschiedlichen Gebäuden in der ganzen Altstadt verteilt. Auch das war etwas besonderes
für mich. Einige Kurse waren in wunderschönen Altbauten, mitten am Rynek (Marktplatz),bei
den Tuchhallen die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit in Krakau. Ich war somit mittendrin
im Geschehen. In den Mittagspausen gab es allerlei Möglichkeiten sich für wenig Geld ein
leckeres, traditionelles, polnisches Mittagsmenü in den sogenannten “Milkbars” zu kaufen.
Ich war vor allem anfangs überrascht, wie preiswert man in Polen essen gehen kann. Für mich
als Studentin war dies sehr ungewohnt. Vor allem die polnischen Pierogi (Teigtaschen) waren
das optimale Mittagessen.
Von Anfang an war ich von der Stadt begeistert. Es gab so viel zu entdecken und zu sehen
und ich fand es toll, dass ich diesmal die Zeit hatte wirklich an diesem Ort zu leben und nicht
nur als Tourist alle Sehenswürdigkeiten in einer Woche abklappern zu müssen. Ich wohnte
mit meinem Freund zusammen in einer WG mit zwei Polen, am Rande von Kazimierz (das
alte jüdische Viertel), direkt an der Weichsel von wo aus man durch einen 10 minütigen
Fußweg zum “Wawel” (Der Königsburg) oder in die Altstadt kam.
Durch unsere Mitbewohner war es uns möglich, auch Kontakt mit Polen zu schließen. Im
Erasmusprogramm selbst, waren es viele französische Studenten mit denen wir uns
anfreundeten. Es war sehr leicht Kontakte zu knüpfen und ich hatte das Gefühl, dass alle sehr
offen und freundlich waren. Krakau ist eine Stadt in der viele Erasmusstudenten sind.
Dementsprechend gab es auch viele Veranstaltungen und Partys. Was mir jedoch besser
gefiel, war das Nachtleben in Kazimierz. Neben alten Synagogen gab es viele kleine Bars,
Cafés und Klubs zu entdecken. Meistens wird in Krakau in alten Kellergewölben gefeiert und
man trifft Leute aus aller Welt. Dies war ebenfalls etwas Neues für mich. In einer Stadt zu
leben, die so viel Touristen anzieht.
Das Tolle war auch, dass ich mich sehr viel mit der Geschichte der Stadt auseinandersetzen
konnte. Nicht nur mit der polnischen Kultur sondern auch mit der jüdischen. Es gab
zahlreiche Museen, Synagogen, jüdische Friedhofe usw. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass
ich mich noch nie mehr mit dem Holocaust beschäftigt habe, als dieses Semester. Dieser Teil
der Geschichte gehört leider ebenfalls zu Krakau. Mit ihr konnte ich durch meine Besuche in
Podgórze, dem ehemaligen Ghetto, der Schindlerfabrik und den KZs Plaszow und
Ausschwitz-Birkenau auseinandersetzen. Wir haben sogar am Jahrestag der Auflösung des
Krakauer Ghettos an einem Gedenkmarsch teilgenommen um den Opfern des Holocaust zu
gedenken.
Außerdem ist es eine sehr interessante Erfahrung einmal selbst in einem anderen Land zu
leben. Dadurch, dass ich keinen Sprachkurs belegt hatte fiel es mir dementsprechend schwer
mich mit manchen Polen zu verständigen. Der Großteil sprach jedoch Englisch und vor allem
unter den Studenten gab es keine Probleme miteinander zu kommunizieren.
Über die Wochen hatte sich für uns sehr schnell ein Kreis an Leuten zusammengefunden mit
denen wir jedes Wochenende und auch unter der Woche etwas unternahmen und die ich nun
auch zu meinen Freunden zählen würde. Der Sommer dieses Jahr wird zumindest mit
Besuchen in Frankreich und Italien gefüllt sein.
Einen Kulturschock oder ähnliches habe ich jedoch nicht erlebt. Dies liegt vielleicht auch
daran, dass Polen ein Nachbarland ist. Was jedoch auffällig war, sind die vielen Kirchen und
Christen. Polen ist ein sehr katholisches Land und auch etwas konservativ. Im Moment findet
sogar der Weltjugendtag in Krakau statt, an dem der Papst teilnimmt. Die Stadt war also in
der Zeit als ich mich dort aufhielt voller Vorbereitungen und Aufruhr in Hinsicht auf das
Zusammentreffen von tausenden von Christen aus der ganzen Welt. Auch ab den
Frühlingsmonaten war es auffällig, wie viele Touristen in die Stadt kommen. Im Gegensatz
zum Winter war es zum Schluss fast nicht mehr möglich sich in der Innenstadt aufzuhalten,
vor allem nicht am Wochenende.
Was mir ebenfalls aufgefallen ist, war dass das Klima viel kontinentaler ist als bei uns. Die
letzten Wochen in der Stadt hatte es fast immer über 30 Grad, im Gegensatz zum verregneten
Deutschland.
Im Großen und Ganzen würde ich sagen, dass ich mich in Krakau sehr wohlgefühlt habe. Es
war eine wirklich tolle Erfahrung in einem anderen Land zu leben und so viele neue Leute
kennenzulernen. Ich würde es jederzeit wiedermachen und kann es allen Studenten
empfehlen, sich die Zeit zu nehmen und diese Erfahrung zu machen.