Von einer Legacy Historie zu einer modernen digitalen Plattform

Fokusthema 1
Trendmonitor 4 . 2015
Von einer Legacy Historie zu einer modernen digitalen
Plattform
Patrick Mäder
Zurzeit implementieren 60 Prozent der
europäischen Nichtlebenversicherer neue
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Kernversicherungssysteme.1 Lange Zeit haben sie die Erneuerung ihrer IT-Plattformen hinausgezögert. Wegen der grossen Risiken und der hohen Kosten haben sie die
nötige Business- und IT-Transformation
auf die lange Bank geschoben. Aufgrund
der veränderten Kundenansprüche und der
veralteten Systeme in Kombination mit der
verbesserten Maturität von Standardsoftware-Lösungen nehmen nun viele die Erneuerung in Angriff. Dieser Beitrag zeigt
aktuelle Entwicklungen auf, erläutert
Chancen sowie Gefahren von Business- beziehungsweise IT-Transformationen und
beschreibt, wie Unternehmen solch umfassende Projekte am besten angehen.
Henri Siemens
Status und Ausblick
Die Welle der digitalen Transformation
erreicht zurzeit die Versicherungsindustrie. Neue Technologien verändern die Erwartung der Kunden. Das Geschäft der
Versicherer muss sich der Einfachheit,
Geschwindigkeit und intuitiven Verständlichkeit anpassen, die für die Kunden in anderen Industrien selbstverständlich sind. Dies bezieht sich auf individuelle Preis- und Leistungsvorschläge, die
Gestaltung und Verständlichkeit von Policen sowie auf die Abwicklung von Schäden auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen.
Die Autoren
Patrick Mäder, Partner, EMEA Insurance Consulting
Leader, PricewaterhouseCoopers.
Dr. Henri Siemens, Senior Manager, Insurance Consulting, PricewaterhouseCoopers.
Technologie ist ein Katalysator, um die
Erwartungen der Kunden zu erfüllen, zugleich aber auch zu formen. Sie bietet die
Chance, eine stärkere Nähe zum Kunden
herzustellen und seine Bedürfnisse besser
zu erfüllen. Gleichzeitig steigt die Bearbeitungseffizienz dank eines höheren Automatisierungsgrades sowie neuer Werkzeuge im Bereich der Prozessanalyse und
-optimierung. Die Erfahrung von PwC
zeigt, dass IT-Kosten durch folgende
Massnahmen um mehr als zehn Prozent
gesenkt werden können:
•• Erneuerung der Altsysteme und Vereinfachung der existierenden Systemlandschaft sowie Ablösung von Systemen, die nur wenig zum Business beitragen.
•• Erhöhung der betrieblichen Effizienz
durch Neugestaltung von Geschäftsprozessen und damit höhere Produktivität.
Grosse, internationale Versicherer tätigen
daher erhebliche Investitionen, ihre Geschäftsmodelle zu digitalisieren. Gleichzeitig etablieren sich kleinere, innovative
Insurance Fintech Companies, wie zum
Beispiel Friendsurance, Knip oder Smartie, im deutschsprachigen Markt. Es ist
daher nicht erstaunlich, dass bereits mehr
als die Hälfte der Versicherer im europäischen Markt damit begonnen haben, ihre
Applikationslandschaft zu modernisieren
– die restlichen Marktteilnehmer werden
höchstwahrscheinlich nachziehen.
Von der Produkt- zur vollständigen
Kundenzentrierung
Eine Verschiebung von einem Verkäufermarkt hin zu einem Käufermarkt ist in
vielen Industrien bereits Realität. Im produzierenden Gewerbe ist dies durch die
kontinuierlich fallenden Produktionskosten als Folge der Produktionsverlagerungen in günstigere Länder sowie der zunehmenden Produktionsautomatisierung offensichtlich. Aber auch im Dienstleistungsbereich – insbesondere in der
Versicherungsindustrie – schreitet diese
Verschiebung voran. Es gibt zahlreiche
Treiber für diesen Trend – ganz wesentlich
sind hierbei neue technologische Möglichkeiten wie eben auch die fortschreitende
Digitalisierung.
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Digitalisierung ist ein Katalysator und Verstärker der vollständigen Kundenzentrierung
Unternehmen
Produkte und
Services
Unternehmen
Geschäftsmodell:
Kundenbedürfnis
Kunde
Kunde
Markt
Markt
1 Produktzentrierung
2 Kundenzentrierung
Die Unternehmen sind auf
ihr eigenes Angebot, also
Produkte und Dienstleistungen,
konzentriert
Im Fokus ist der Nutzen der
Produkte und Services aus
Kundensicht sowie die Verbesserung des Kundenerlebnisses
Unternehmen
Geschäftsmodell
=
Kundenbedürfnis
Markt
3 Vollständige
Kundenzentrierung
Der Fokus verschiebt sich auf
das Kundenerlebnis sowie das
Zuschneiden von Produkten
und Dienstleistungen auf die
Kundenerwartungen
Abb. 1: Veränderung der Sicht auf den Kunden
Aufgrund frei verfügbarer Informationen
sowie durch den einfachen und schnellen
Zugriff auf diese entsteht eine bisher
nicht gekannte Transparenz von Leistungen und Preisen. Zusätzlich beschleunigen Unternehmen mit neuen auf digitalen Möglichkeiten basierenden Geschäfts­
ideen diese Entwicklung. Beispiele hierfür sind Unternehmen, die einen
Preisvergleich anbieten und diesen mit
Maklerdienstleistungen verknüpfen oder
auch Zahlungsdienstleister für OnlineShops. Typischerweise setzen diese neuen
Geschäftsfelder zwischen Kunden und
den klassischen Dienstleistungserbringern an. Sie ermöglichen den Kunden
einen schnelleren und einfacheren Zugriff auf die Dienstleistung als es der
Dienstleister selbst anbietet. Kritisch für
den Dienstleistungserbringer ist, dass die
Kundenbeziehung nicht mehr in seiner
Hand liegt.
Aber auch die Dienstleistungserbringer
reduzieren ihre Kosten durch die Digitalisierung und fortschreitende Rationalisierung. Sie können damit kostengünstig
eine grössere Kundengruppe ansprechen
und bedienen. Da immer mehr Anbieter
in dieser Weise verfahren und zugleich
Regionalität in einer globalen Welt längst
keinen Schutz mehr bietet, steigt das Ringen um den Kunden kontinuierlich an.
Um diese Entwicklung zu verdeutlichen,
ist inzwischen nicht mehr nur von der
Kundenzentrierung, sondern von einer
vollständigen Kundenzentrierung die
Rede. Der Weg dorthin lässt sich, wie in
Abbildung 1 dargestellt, in drei Schritten
beschrieben.
Der Kunde im digitalen Zeitalter
cherer zu geben, um das beste Angebot
zu finden;
•• kauften bereits 26 Prozent Versicherungspolicen online, zum Beispiel über
das Internet oder per Smartphone.
Die digitale Revolution ist nicht mehr
aufzuhalten und wird das Kundenverhalten und die Erwartungen zur Interaktion
nachhaltig verändern. Die Versicherungswirtschaft muss sich auf diesen Trend einstellen und ihr Know-how für eine digital
geprägte Welt weiterentwickeln.
IT-Herausforderungen für die Versicherer
Das Geschäftsmodell der Versicherer basiert auf nichtmateriellen Produkten und
Dienstleistungen. Dies ist auch der
Grund, warum Versicherer bereits sehr
früh die Möglichkeiten der IT genutzt
haben und lange Zeit auch Vorreiter waren. Was aber vor Jahren noch ein entscheidender Vorteil gewesen ist, wird zunehmend zum Hindernis, um sich den
Veränderungen und Herausforderungen
am Markt anzupassen.
Laut einer aktuellen PwC-Umfrage zur
Digitalisierung bei 9 821 Versicherungskunden in 16 Ländern2 bevorzugen nur
noch 35,3 Prozent der Kunden eine direkte Interaktion mit dem Makler oder
dem Agenten, 22,3 Prozent bevorzugen
den Kauf über das Internet und 19,6 Prozent der Kunden wünschen die Kommunikation über das Telefon.
Die IT-Systeme vieler Versicherer sind
über viele Jahrzehnte gewachsen und kontinuierlich erweitert worden. Gewiss wurden die IT-Systeme den technischen Entwicklungen angepasst – sie sind jedoch
nur sehr selten grundlegend erneuert worden. Infolgedessen ist die Komplexität der
IT-Systeme ununterbrochen gewachsen
– eine Anpassung der IT-Systeme sowie
ihre Pflege werden somit immer kostenintensiver.
Von den befragten Kunden
•• nutzen 71 Prozent digitale Medien als
Informationsquelle, zum Beispiel Preisvergleichsportale oder Social Media,
vor dem Abschluss einer Versicherung;
•• wären 68 Prozent bereit, eine App ihrer Versicherung zu laden und zu nutzen;
•• wären 67 Prozent bereit, einen Sensor
an ihr Auto oder in ihr Zuhause anzubringen, um die Kosten ihrer Prämien
zu senken;
•• wären 50 Prozent bereit, weitere persönliche Informationen an ihre Versi-
Agilität und Flexibilität sind Schlagwörter, mit denen gerne argumentiert wird.
Beide sind wichtig, die entscheidenden
Fragen sind allerdings: Was soll damit
erreicht werden? Wo werden diese Eigenschaften tatsächlich benötigt? Müssen die
Kernsysteme eines Versicherers, mit denen er sein Basisgeschäft abwickelt, wirklich agil sein? Die gleiche Frage stellt sich
für Finanz- und Reportingsysteme, mit
denen er die regulatorischen Anforderungen erfüllt und deren Funktionieren
Wirtschaftsprüfer bestätigen müssen.
Sollten diese Systeme nicht eher stabil
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und verlässlich sowie die damit verbundenen Investitionen langfristig und geschützt sein?
Zugleich gibt es veränderte Kundenerwartungen, neue technische Möglichkeiten
der Interaktion und Marktveränderungen,
auf die es zu reagieren gilt. Hier erscheinen
Agilität und Flexibilität unerlässlich. Und
dies bei möglichst geringen Kosten, um
zum Beispiel ein neues Produkt und die
Reaktion am Markt testen zu können.
Effektiv spaltet sich die IT-Landschaft damit in zwei Bereiche, die sehr unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen: in
Kernsysteme und in Systeme zur Bereitstellung von Interaktion mit Kunden und
Flexibilität am Markt.
trends zu folgen und ihren Kunden zur
Verfügung zu stellen.
Gleichzeitig ist aber auch die Notwendigkeit deutlich gestiegen, die Systeme zu
erneuern. Die Eigenentwicklungen vieler
Versicherer basieren auf der MainframeArchitektur sowie auf Programmiersprachen wie COBOL oder PL/I. Für die
Pflege und Weiterentwicklung dieser Systeme ist es inzwischen schwierig, Mitarbeiter zu gewinnen, während das bisherige
Personal zunehmend in Rente geht. Zusätzlich konnten die Architekturen mit
den Entwicklungen in der IT nicht mehr
Schritt halten. Die Kluft zwischen den
hauseigenen Systemen und dem, was der
Markt mittlerweile anbietet, wird folglich
immer grösser.
Kernsysteme – früher und heute
Interaktion und Flexibilität
Da Versicherer IT-Systeme bereits in einer
Zeit genutzt haben, in der an Standardoder Branchenlösungen noch nicht zu
denken war, basiert ein Grossteil der Versicherungskernsysteme auf Eigenentwicklungen. Zudem darf die Komplexität des
Versicherungsgeschäfts nicht unterschätzt
werden. Viele Anläufe zur Entwicklung
einer Standardlösung für Versicherer
scheiterten oder hatten aufgrund von Restriktionen nur mässigen Erfolg.
Diese Situation hat sich inzwischen – bedingt durch die konzeptionellen und technischen Leistungssteigerungen in der IT
– deutlich verändert. Die Leistungssteigerungen ermöglichen, dass heute viel mehr
konfiguriert werden kann als früher und
daher weniger programmiert werden
muss. Der Einsatz einer Standardlösung
bietet Vorteile, wie die Weiterentwicklung
durch den Hersteller, die unternehmensübergreifende Verfügbarkeit passend ausgebildeter Mitarbeiter oder Kosteneinsparungen, da die Funktionalität nur noch
angepasst, nicht jedoch vollständig selbst
entwickelt werden muss. Es gibt heute
komplette, ineinandergreifende Pakete,
die von der Bestandsverwaltung über die
Schadenbearbeitung bis hin zur Zahlungsverwaltung alle versicherungsrelevanten
Kernprozesse unterstützen. Die Anbieter
von Standardlösungen bieten auch die
Möglichkeit, den technologischen Markt-
Während bis vor nicht allzu langer Zeit
ein leistungsfähiges Kernversicherungssystem ausreichte, um erfolgreich zu agieren,
müssen sich Versicherer heute durch die
Digitalisierung ganz neuen Herausforderungen stellen. Die Technologien beim
Endkunden entwickeln sich kontinuierlich weiter und führen zu neuen Kundenerwartungen, auf die Versicherer – wollen
sie nicht den Anschluss verlieren – reagieren müssen. Beispiele hierfür sind Apps
für Smartphones oder Webseiten, die auf
Tablets optimiert sind. Auch gewinnt Design und Marketing zunehmend an Bedeutung und muss immer zügiger angepasst werden. Um hier schneller und kostengünstiger zu werden, müssen automatisch generierte oder nur noch
konfigurierte Webpräsenzen zum Einsatz
kommen. Bei modernem Business-Process-Management oder Case-Management-Werkzeugen sind automatisch generierte Oberflächen quasi ein Abfallprodukt. Solche Werkzeuge erlauben es inzwischen, Prozesse visuell zu modellieren
und diese direkt auszuführen. Auch kann
Fachlogik einfach konfiguriert werden
und die Notwendigkeit der Programmierung reduziert sich signifikant. Diese
neuen Werkzeuge laufen unter dem Sammelbegriff «Low Code»-Plattformen und
sind erst am Anfang, ihr Potenzial zu entfalten.
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Auf den Markt zu reagieren ist wichtig,
um den Anschluss nicht zu verlieren.
Während sich viele Unternehmen dabei
als Getriebene fühlen, erscheint das Agieren am Markt als die erfolgsversprechendere Variante. Dank des Fortschrittes in
der IT bieten sich hierfür ganz neue Möglichkeiten an, die sich in den folgenden
Beispielen widerspiegeln:
•• CRM-Lösungen, die alle Interaktionen
des Kunden mit dem Versicherer zusammenführen, unabhängig davon, ob
der Kontakt durch einen Vertreterbesuch, einen Anruf, durch Trackingdaten vom Internetauftritt oder Daten
aus der Smartphone-App zustande
kam.
•• Predictive Analytics, die mit selbstlernenden Algorithmen versuchen, für
den Kunden das passende Produkt oder
die beste Aktion zu finden und so den
Vertrieb oder die Sachbearbeitung effektiv unterstützen können.
•• Big-Data-Analysen, die ganz neue Einsichten in Kundenverhalten und Kundenbedürfnisse ermöglichen und so die
Basis für neue Produkte und Dienstleistungen oder gar Geschäftsmodelle
bilden können. Beispiel hierfür sind
Fitness-Tracker, die biometrische Daten in grossem Umfang für eine Analyse zur Verfügung stellen und infolgedessen neue Erkenntnisse ermöglichen.
Werden diese Einsichten kombiniert mit
visuell modellierten, ausführbaren Prozessen, die automatisch Oberflächen generieren und auf exponierte Funktionalitäten
eines auf Standards basierenden Kernsystems aufbauen, ergibt sich eine bisher
nicht gekannte Schlagkraft.
Der Graben zwischen Fachbereich
und IT schliesst sich
Die Fortschritte in der IT wirken sich
immer stärker auch auf die Zusammenarbeit zwischen Fachbereich und IT aus.
Über lange Zeit hatte sich das Wasserfallmodell bewährt, in dem der Fachbereich
die Anforderungen schreibt, die IT diese
in Technik umsetzt und das Ergebnis
dem Fachbereich zurückgibt. Mit zunehmender Komplexität und dem Wunsch,
schneller zu werden, stösst dieses Vorge-
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hen vermehrt an seine Grenzen. Dies
führte zu agilen Entwicklungsmethoden.
Deren Ursprung liegt in der IT mit der
Zielsetzung, den Entwicklungsprozess zu
optimieren und die Möglichkeiten der
Produktivitätssteigerung besser zu nutzen. Während aber auf der IT-Seite der
Entwickler durch neue Technologien immer besser unterstützt wurde, haben die
Werkzeuge auf der Fachseite eher kleinere Schritte gemacht. Das ist sicherlich
ein Grund, warum sich die hohen Erwartungen an die agilen Entwicklungsmethoden bisher nicht erfüllt haben. Unabhängig davon bleibt aber auch bei den
agilen Methoden die klassische Rollenverteilung zwischen Fachbereich und IT
unangetastet. Der eine beschreibt, was er
gerne hätte und der andere produzierte
das lauffähige Produkt.
Mit Low-Code-Plattformen lassen sich die
Karten neu mischen. So wie ein Power
User mit Excel ein äusserst leistungsfähiges Werkzeug vorfindet, kann der Fachbereich mit Hilfe einer Low-Code-Plattform
selbst lauffähige, durchaus komplexe Anwendungen produzieren. Der Bedarf des
Fachbereichs muss somit nicht mehr in
ausführlichen Fachkonzepten beschrieben
werden, sondern kann direkt mit dem
Werkzeug modelliert werden. Das Ergebnis ist bereits ausführbar und kann mit der
IT diskutiert werden.
Fachbereich und IT treffen sich hierzu
gemeinsam auf einer Plattform. Die IT
wird hierdurch nicht überflüssig, aber die
Anforderungen an die Mitarbeiter in der
IT – wie auch im Fachbereich – ändern
sich. Das Ergebnis dieser Veränderung
wird ein tatsächliches Ineinandergreifen
von Fachbereich und IT sein, mit der
Folge, dass Fachanforderungen in bisher
nicht vorstellbarem Umfang und Geschwindigkeit umgesetzt werden. Auch
Versicherungslösungen werden durch die
Möglichkeit der Konfiguration – statt
Programmierung – mehr Verantwortung
und Möglichkeiten für den Fachbereich
eröffnen.
Das Risiko der Transformation
Die Erneuerung der Kernversicherungssysteme ist mit hohen Risiken verbunden.
Diese Vorhaben dauern häufig viele Jahre,
binden sehr viel Budget und haben ein
signifikantes Risiko zu scheitern.
Ein Grossteil der IT-Projekte sind nicht erfolgreich …
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In Prozent
In Prozent
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Anteil fehlgeschlagener Projekte in
Abhängigkeit der Projektgrösse
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Trotz der Risiken ist Ausharren keine Option. Eine Erneuerung der Kernsysteme
ist eine Aufgabe, die nicht diskutiert werden muss. Die reine Konzentration auf die
Erneuerung ist allerdings zu kurz gedacht.
Den Anforderungen einer digitalen Welt
kann nur derjenige begegnen, der diese
Welt auch gestalten kann. Die Technologien dafür sind bereits verfügbar und entwickeln sich kontinuierlich weiter. Technologie ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Um sie richtig einsetzen und ihre
Wirkung entfalten zu können, müssen
sich auch die Mitarbeiter und die Prozesse
zur Nutzung der Technologie weiterentwickeln. Das alles muss parallel geschehen
und Hand in Hand gehen.
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Was tun?
… das gilt insbesondere für Grossprojekte
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Laut regelmässiger Auswertungen von ITProjekten durch die Standish Group in
ihrem CHAOS Report3 ist die Erfolgsquote von IT-Projekten zwar in den letzten Jahrzehnten gestiegen, liegt aber im
Jahr 2012 nach wie vor bei lediglich 39
Prozent. Je grösser die Projekte werden,
desto häufiger scheitern sie auch (Abbildung 2).
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32
37
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1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012
Fehlgeschlagen (gestoppt, unerledigt, nutzlose Resultate)
Mit Schwierigkeiten (funktionell eingeschränkt, nicht im Zeit- bzw. Budgetrahmen)
Erfolgreich abgeschlossen
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0
>0.75
0.75-3
>3-6
>6-10
IT-Projektbudget
Abb. 2: IT-Projekte haben ein hohes Risiko des Scheiterns (Quelle: The Standish Group’s CHAOS Report, 2011 and 2013)
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Fokusthema 1
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Stategie und Business Case
Szenarioplanung
Anbieterauswahl
• Bestimmung der wesentlichen
Faktoren für den Business Case
• Entwicklung Business Case
• Bestimmung des Zielzustands
und Architekturkonzept
• Planung Transformationsszenarien
• Entwicklung der FähigkeitenMatrix und des «Request for
Information»
• Workshops mit Anbieter und
Auswahl Finalisten
• «Proof of Concept» und finale
Entscheidung
Implementierung und
Readiness
Mobilisierung
• Design der Projektorganisationsstruktur
• Erstellung eines detaillierten
Projektplans
• Steuerung des Projektbudgets
• Etablieren der Prozesse und
Werkzeuge
• Grundlegende Analyse
• Entwicklung und Implementierung der Lösung
• Datenkonvertierung
• Qualitätssicherung / Testing
• Einführung
• Readiness Assessment
• Training und Kommunikation
• Phased Roll-out
• Verfolgung und Realisierung
der Benefits
Abb. 3: Der PwC-Ansatz «Strategy through Execution»
Auf den ersten Blick scheint dies die
mächtige Herausforderung, nämlich die
Erneuerung der Kernsysteme, noch weiter zu vergrössern. Tatsächlich ergeben
sich daraus aber auch Chancen. So lässt
sich die Frage stellen, ob die Migration
der Funktionalität von einem alten in ein
neues Kernsystem der richtige Ansatz ist.
Es geht zunächst einmal darum, zwischen
Stabilität und Flexibilität zu unterscheiden. Und je nachdem, wo eine Funktionalität angesiedelt ist, bieten sich verschiedene Zielsysteme an. Das Ergebnis
wird eine Verschlankung der Kernsysteme sein, die wiederum die Migration
vereinfacht.
Einige der zentralen Fragen sind:
•• Wie können Unternehmen erreichen,
dass die Systemwahl die Geschäftsstrategie effizient und effektiv unterstützt?
•• Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie über die Fähigkeiten verfügen, um das Beste aus der Investition
zu machen?
•• Wie können Unternehmen den Umbau beschleunigen und die Zukunftstauglichkeit der Systeme sicherstellen?
Es ist klar, dass IT nie isoliert, sondern
immer nur im Gesamtkontext der Geschäftsstrategie und der Unternehmensorganisation betrachtet werden darf. Die
beste Auswahl von IT-Produkten, -Systemen und -Architekturen hilft nichts,
wenn das Projektmanagement dies nicht
mitträgt oder die Umsetzung im Unternehmen nur beschränkt möglich ist. Führende Versicherer setzen daher immer stärker auf einen iterativen und eng gesteuerten Ansatz, um grosse Systemänderungen
vorzunehmen. Der PwC-Ansatz «Strategy
through Execution» kann die operativen
Prozesse an den Geschäftszielen ausrichten
und gleichzeitig die Risiken grosser Transformationen beherrschbar machen (Abbildung 3). Die Digitalisierung stellt die Versicherer vor grosse Herausforderungen. Sie
bietet aber auch grosse Chancen, die es zu
nutzen gilt.
Anmerkungen
1 Celent Research 2014, Insurance in Europe,
Which way is it heading?
2 PwC Insurance 2020: The digital prize – Taking
customer connection to a new level, PwC befragte eine repräsentative Gruppe von 9 281 Kunden
in UK, USA, Kanada, Mexiko, Brasilien, China /
Hong Kong, France, Indien, Singapur, Spanien,
Schweden, Südafrika, Deutschland, Niederlande,
CEE (Central & Eastern Europe) und Schweiz für
die PwC-Umfrage zur Digitalisierung in der Versicherung in 2014.
3 The Standish Group’s CHAOS Report, 2011 und
2013.
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