Aktuelles: PCSK9 - Von der Entdeckung des Gens bis zu neuen Therapien Speidl W Journal für Kardiologie - Austrian Journal of Cardiology 2015; 22 (7-8), 198-199 Homepage: www.kup.at/kardiologie Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Offizielles Organ des Österreichischen Herzfonds Member of the ESC-Editors’ Club Member of the Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/Scopus P . b . b . 0 2 Z 0 3 1 1 0 5 M , V e r l a g s p o s t a m t : www.kup.at/kardiologie 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z NEUES AUS DEM VERLAG Abo-Aktion 2016 Wenn Sie Arzt sind, in Ausbildung zu einem ärztlichen Beruf, oder im Gesundheitsbereich tätig, haben Sie die Möglichkeit, die elektronische Ausgabe dieser Zeitschrift kostenlos zu beziehen. Die Lieferung umfasst 4–6 Ausgaben pro Jahr zzgl. allfälliger Sonderhefte. 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In Zukunft kann mit einer gut verträglichen Therapie bei einem bedeutendem Anteil der Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie, Patienten mit Statinunverträglichkeit oder Hochrisikopatienten der LDL-Zielwert erreicht werden. Das Proprotein convertase subtilisin-like kexin type 9(PCSK9) Gen wurde 2003 entdeckt und schon kurz darauf wurden zwei französische Familien beschrieben, die aufgrund einer Mutation im PCSK9-Gen das Bild einer autosomal dominanten familiären Hypercholesterinämie zeigten. Es stellte sich heraus, dass ca. 2,5 % aller Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie eine „Gain of function“-Mutation im PCSK9-Gen aufweisen. Im Jahr 2006 wurden „Loss of function“-Mutationen des PCSK9-Gens beschrieben, welche mit deutlich niedrigeren LDL-Cholesterinspiegeln und einer niedrigen KHK-Inzidenz assoziiert waren. Eine einzelne Person ohne PCSK9-Funktion zeigte ein LDL von 14 mg/dl ohne negative gesundheitliche Auswirkungen. PCSK9 wird hauptsächlich in der Leber, im Dünndarm und in der Niere, aber auch im ZNS gebildet. Nach seiner Synthese aktiviert es sich selbst und wird vor allem von Leberzellen an das Plasma abgegeben. PCSK9 bindet im Plasma, zum Teil auch intrazellulär, an den LDL-Rezeptor. Im Normalfall wird der LDL-Rezeptor nach der Endozytose des LDL-Partikels wieder recycelt und neuerlich an der Oberfläche der Leberzellen exprimiert. Bindet jedoch PCSK9 an den Rezeptor, wird dieser gemeinsam mit dem LDL-Partikel im Lysosom abgebaut. Wenn weniger LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche exprimiert werden, wird weniger LDL in die Hepatozyten aufgenommen und die intrazelluläre Cholesterinkonzentration sinkt. Dies führt zu einer vermehrten endogenen Cholesterinproduktion und steigenden LDL-Plasmaspiegeln. Schon bald wurde erkannt, dass eine Hemmung von PCSK9 über einen reduzierten Abbau und somit einer vermehrten Oberflächenexpression des LDL-Rezeptors zu einer Reduktion der LDL-Cholesterinspiegel führt. Bei der Entwicklung der PCSK9-Hemmer konzentrierte man sich schon früh auf blockierende monoklonale Antikörper. Zur Zeit befinden sich drei Präparate in Phase-III-Studien: Alirocumab (Praluent®, Sanofi), Evolocumab (Rephata®, Amgen) und Bococizumab (Pfizer). Für alle drei Antikörper gibt es multiple Phase-IIStudien und für Alirocumab und Evolocumab sind auch schon einige Phase-III-Studien abgeschlossen. Alle drei Antikörper 198 besitzen eine Serum-Halbwertszeit von ca. 14 Tagen. Während man sich in den Phase-III-Studien von Alirocumab und Bococizumab für eine zweiwöchentliche subkutane Verabreichung entschieden hat, wurde Evolocumab zwei- oder vierwöchentlich verabreicht. Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie In zwei Phase-III-Studien (ODYSSEY FH I und FH II) wurden 738 Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie unter maximaler Statintherapie zu 150 mg Alirocumab alle zwei Wochen oder Placebo randomisiert. Nach 24 Wochen kam es mit Alirocumab zu einer Senkung des LDL um 49 % und mehr als 70 % der Patienten erreichten ihren LDL-Zielwert. Evolocumab senkte das LDL nach 12 Wochen im RUTHERFORD2-Trial mit 331 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie um 59 % (140 mg zweiwöchentlich) bzw. um 62 % (420 mg vierwöchentlich), womit ca. 65 % der Patienten ihren Zielwert erreichten. In diesen Studien zeigte sich auch, dass Lipoprotein(a), ein kardiovaskulärer Risikofaktor der bisher medikamentös kaum zu beieinflussen war, um ca. 30 % gesenkt werden konnte. Patienten mit Hypercholesterinämie und hohem kardiovaskulären Risiko Im LAPLACE-2-Trial wurden 2067 Patienten mit Hypercholesterinämie mit mittlerer oder Hochdosis-Statintherapie therapiert und mit 140 mg Evolocumab zweiwöchentlich oder 420 mg vierwöchentlich behandelt. Es zeigte sich, dass die Wirkung bei Statintherapie mit mittlerer oder hoher Intensität ähnlich war, das LDL-Cholesterin wurde auf 39–49 mg/dl bzw. 33–38 mg/dl gesenkt. In der ODYSSEY-Combo-II-Studie wurden 720 Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) oder hohem KHK-Risiko unter maximaler Statintherapie zu 150 mg Alirocumab, alle zwei Wochen oder 10 mg Ezetimib täglich randomisiert. Es zeigte sich eine LDL-Reduktion von 51 % mit Alirocumab, während mit Ezetimib eine Reduktion von nur 21 % erreicht wurde. Bococizumab reduzierte LDLCholesterin in 354 Patienten mit Hochdosis-Statintherapie im Vergleich zu Placebo nach drei Monaten um 53 %. Langzeitstudien mit PCSK9-Hemmern Die längste Studie mit Evolocumab ist die OSLER-2-Studie, in der 4465 Patienten der Phase-II- und Phase-III-Studien für weitere 11,1 Monate mit 140 mg (alle zwei Wochen) oder 420 mg (alle vier Wochen) Evolocumab oder Placebo „open-label“ behandelt wurden. Neben einer LDL-Senkung um 61 % fand sich auch eine mehr als 50%ige Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse (HR 0,47; 95-%-CI: 0,28–0,78; p = 0,003). Die ODYSSEY-LONG-TERM-Studie mit 2341 Patienten mit J KARDIOL 2015; 22 (7–8) For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. Aktuelles Abbildung 1: LDL-Cholesterinwerte in der ODDYSSEY-LONG-TERM-Studie. Patienten mit oder ohne familiäre Hypercholesterinämie und LDL-C-Werten > 100 mg/dl bzw. > 70 mg/dl, je nach kardiovaskulärem Risiko, wurden zu einer Therapie mit Alirocumab 150 mg s. c. alle zwei Wochen (n = 1553) oder Placebo (n = 788) randomisiert. Mod. nach Robinson J, et al. Efficacy and safety of alirocumab in reducing lipids and cardiovascular events. N Engl J Med 2015; 372: 1489–99. © 2015 Massachusetts Medical Society. Nachdruck mit Genehmigung der Massachusetts Medical Society. erhöhtem KHK-Risiko untersuchte 150 mg Alirocumab oder Placebo für 18 Monate. Mit Alirocumab war der mittlere LDL-Spiegel 53 mg/dl, während mit maximaler Statindosis ein LDL von 123 mg/dl erreicht wurde (Abb. 1). Auch hier zeigte eine Post-hoc-Analyse eine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Insult und instabile Angina pectoris) um mehr als 50 % (HR 0,46; 95-%-CI: 0,26–0,88; p < 0,01). Es ist jedoch zu beachten, dass beide Studien keine prospektiven, doppelblinden Outcome-Studien waren, weshalb der Beweis für eine Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen noch aussteht. Zur Zeit gibt es vier Phase-III-Outcome-Studien mit Alirocumab, Evolocumab und Bococizumab an mehr als 60.000 Patienten die zwischen August 2017 und Jänner 2018 beendet sein werden. Sicherheit und unerwünschte Nebenwirkungen Auch in den Langzeitstudien kam es sehr selten zu Nebenwirkungen und nur ca. 4 % der Patienten brachen ihre Therapie ab. An der Injektionsstelle kam es in ca. 5 % zu Reaktionen. Es fand sich keine Entwicklung von Antikörpern mit Abschwächung der Wirkung. Da PCSK9 im ZNS exprimiert wird, wurde besonderes Augenmerk auf neurokognitive Nebenwirkungen gelegt. Die Rate war sehr niedrig, ohne signifikante Unterschiede, jedoch war sie in beiden Langzeitstudien gering erhöht (Evolocumab 0,9 % vs. 0,3 %; Alirocumab 1,2 % vs. 0,5 %). Auch in Statin-interoleranten Patienten wurde Alirocumab (ODYSSEY-ALTERNATIVE-Studie) und Evolocumab (GAUSS-2-Studie) gut vertragen. Ein Einsatz der PCSK9-Hemmer kann in Zukunft dazu beitragen, dass ein bedeutender Anteil der Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie, Patienten mit Statinunverträglichkeit oder Hochrisiko-Patienten ihren LDL-Zielwert mit einer gut verträglichen Therapie erreichen können. Literatur: beim Verfasser. Korrespondenzadresse: Assoc. Prof. PD Dr. Walter Speidl Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Wien A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18–20 E-Mail: [email protected] J KARDIOL 2015; 22 (7–8) 199 Haftungsausschluss Die in unseren Webseiten publizierten Informationen richten sich ausschließlich an geprüfte und autorisierte medizinische Berufsgruppen und entbinden nicht von der ärztlichen Sorgfaltspflicht sowie von einer ausführlichen Patientenaufklärung über therapeutische Optionen und deren Wirkungen bzw. Nebenwirkungen. Die entsprechenden Angaben werden von den Autoren mit der größten Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. Die angegebenen Dosierungen sind im Einzelfall anhand der Fachinformationen zu überprüfen. Weder die Autoren, noch die tragenden Gesellschaften noch der Verlag übernehmen irgendwelche Haftungsansprüche. 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