Aktuelles: PCSK9 - Von der Entdeckung des Gens bis zu neuen

Aktuelles: PCSK9 - Von der
Entdeckung des Gens bis zu neuen
Therapien
Speidl W
Journal für Kardiologie - Austrian
Journal of Cardiology 2015; 22
(7-8), 198-199
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Aktuelles: PCSK9 – Von der Entdeckung des Gens
bis zu neuen Therapien
W. Speidl
Die Entwicklung der PCSK9-Hemmer startete mit der Entdeckung des Gens vor 12 Jahren und führte über die Entschlüsselung der Pathophysiologie und Wirkungsweise bis
zu Phase-III-Outcome-Trials mit blockierenden monoklonalen Antikörpern bei mehr als 60.000 Patienten. Die
PCSK9-Hemmer senken das LDL-Cholesterin bei Patienten
unter maximal tolerierbarer Statintherapie um ca. 45–65 %.
In Zukunft kann mit einer gut verträglichen Therapie bei
einem bedeutendem Anteil der Patienten mit heterozygoter
familiärer Hypercholesterinämie, Patienten mit Statinunverträglichkeit oder Hochrisikopatienten der LDL-Zielwert erreicht werden.
Das Proprotein convertase subtilisin-like kexin type 9(PCSK9) Gen wurde 2003 entdeckt und schon kurz darauf
wurden zwei französische Familien beschrieben, die aufgrund einer Mutation im PCSK9-Gen das Bild einer autosomal dominanten familiären Hypercholesterinämie zeigten. Es
stellte sich heraus, dass ca. 2,5 % aller Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie eine „Gain of function“-Mutation
im PCSK9-Gen aufweisen. Im Jahr 2006 wurden „Loss of
function“-Mutationen des PCSK9-Gens beschrieben, welche
mit deutlich niedrigeren LDL-Cholesterinspiegeln und einer
niedrigen KHK-Inzidenz assoziiert waren. Eine einzelne Person ohne PCSK9-Funktion zeigte ein LDL von 14 mg/dl ohne
negative gesundheitliche Auswirkungen.
PCSK9 wird hauptsächlich in der Leber, im Dünndarm und
in der Niere, aber auch im ZNS gebildet. Nach seiner Synthese aktiviert es sich selbst und wird vor allem von Leberzellen an das Plasma abgegeben. PCSK9 bindet im Plasma, zum
Teil auch intrazellulär, an den LDL-Rezeptor. Im Normalfall
wird der LDL-Rezeptor nach der Endozytose des LDL-Partikels wieder recycelt und neuerlich an der Oberfläche der Leberzellen exprimiert. Bindet jedoch PCSK9 an den Rezeptor,
wird dieser gemeinsam mit dem LDL-Partikel im Lysosom
abgebaut. Wenn weniger LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche exprimiert werden, wird weniger LDL in die Hepatozyten
aufgenommen und die intrazelluläre Cholesterinkonzentration
sinkt. Dies führt zu einer vermehrten endogenen Cholesterinproduktion und steigenden LDL-Plasmaspiegeln.
Schon bald wurde erkannt, dass eine Hemmung von PCSK9
über einen reduzierten Abbau und somit einer vermehrten
Oberflächenexpression des LDL-Rezeptors zu einer Reduktion der LDL-Cholesterinspiegel führt. Bei der Entwicklung
der PCSK9-Hemmer konzentrierte man sich schon früh auf
blockierende monoklonale Antikörper. Zur Zeit befinden sich
drei Präparate in Phase-III-Studien: Alirocumab (Praluent®,
Sanofi), Evolocumab (Rephata®, Amgen) und Bococizumab
(Pfizer). Für alle drei Antikörper gibt es multiple Phase-IIStudien und für Alirocumab und Evolocumab sind auch schon
einige Phase-III-Studien abgeschlossen. Alle drei Antikörper
198
besitzen eine Serum-Halbwertszeit von ca. 14 Tagen. Während man sich in den Phase-III-Studien von Alirocumab und
Bococizumab für eine zweiwöchentliche subkutane Verabreichung entschieden hat, wurde Evolocumab zwei- oder vierwöchentlich verabreicht.
 Patienten mit heterozygoter familiärer
Hypercholesterinämie
In zwei Phase-III-Studien (ODYSSEY FH I und FH II) wurden 738 Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie unter maximaler Statintherapie zu 150 mg Alirocumab alle zwei
Wochen oder Placebo randomisiert. Nach 24 Wochen kam es
mit Alirocumab zu einer Senkung des LDL um 49 % und mehr
als 70 % der Patienten erreichten ihren LDL-Zielwert. Evolocumab senkte das LDL nach 12 Wochen im RUTHERFORD2-Trial mit 331 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie um 59 % (140 mg zweiwöchentlich) bzw. um
62 % (420 mg vierwöchentlich), womit ca. 65 % der Patienten
ihren Zielwert erreichten. In diesen Studien zeigte sich auch,
dass Lipoprotein(a), ein kardiovaskulärer Risikofaktor der
bisher medikamentös kaum zu beieinflussen war, um ca. 30 %
gesenkt werden konnte.
 Patienten mit Hypercholesterinämie und
hohem kardiovaskulären Risiko
Im LAPLACE-2-Trial wurden 2067 Patienten mit Hypercholesterinämie mit mittlerer oder Hochdosis-Statintherapie therapiert und mit 140 mg Evolocumab zweiwöchentlich oder
420 mg vierwöchentlich behandelt. Es zeigte sich, dass die
Wirkung bei Statintherapie mit mittlerer oder hoher Intensität ähnlich war, das LDL-Cholesterin wurde auf 39–49 mg/dl
bzw. 33–38 mg/dl gesenkt. In der ODYSSEY-Combo-II-Studie wurden 720 Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK)
oder hohem KHK-Risiko unter maximaler Statintherapie zu
150 mg Alirocumab, alle zwei Wochen oder 10 mg Ezetimib
täglich randomisiert. Es zeigte sich eine LDL-Reduktion von
51 % mit Alirocumab, während mit Ezetimib eine Reduktion
von nur 21 % erreicht wurde. Bococizumab reduzierte LDLCholesterin in 354 Patienten mit Hochdosis-Statintherapie im
Vergleich zu Placebo nach drei Monaten um 53 %.
 Langzeitstudien mit PCSK9-Hemmern
Die längste Studie mit Evolocumab ist die OSLER-2-Studie,
in der 4465 Patienten der Phase-II- und Phase-III-Studien für
weitere 11,1 Monate mit 140 mg (alle zwei Wochen) oder 420
mg (alle vier Wochen) Evolocumab oder Placebo „open-label“ behandelt wurden. Neben einer LDL-Senkung um 61 %
fand sich auch eine mehr als 50%ige Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse (HR 0,47; 95-%-CI: 0,28–0,78; p = 0,003).
Die ODYSSEY-LONG-TERM-Studie mit 2341 Patienten mit
J KARDIOL 2015; 22 (7–8)
For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Aktuelles
Abbildung 1: LDL-Cholesterinwerte in der ODDYSSEY-LONG-TERM-Studie. Patienten mit oder ohne familiäre
Hypercholesterinämie und LDL-C-Werten > 100 mg/dl bzw. > 70 mg/dl, je nach kardiovaskulärem Risiko, wurden zu
einer Therapie mit Alirocumab 150 mg s. c. alle zwei Wochen (n = 1553) oder Placebo (n = 788) randomisiert. Mod.
nach Robinson J, et al. Efficacy and safety of alirocumab in reducing lipids and cardiovascular events. N Engl J Med
2015; 372: 1489–99. © 2015 Massachusetts Medical Society. Nachdruck mit Genehmigung der Massachusetts
Medical Society.
erhöhtem KHK-Risiko untersuchte 150 mg Alirocumab oder Placebo für 18 Monate. Mit Alirocumab war der mittlere LDL-Spiegel 53 mg/dl, während mit maximaler
Statindosis ein LDL von 123 mg/dl erreicht wurde (Abb. 1). Auch hier zeigte eine
Post-hoc-Analyse eine signifikante Reduktion der kardiovaskulären Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, Myokardinfarkt, Insult und instabile Angina pectoris) um mehr
als 50 % (HR 0,46; 95-%-CI: 0,26–0,88; p < 0,01). Es ist jedoch zu beachten, dass
beide Studien keine prospektiven, doppelblinden Outcome-Studien waren, weshalb
der Beweis für eine Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen noch aussteht. Zur
Zeit gibt es vier Phase-III-Outcome-Studien mit Alirocumab, Evolocumab und
Bococizumab an mehr als 60.000 Patienten die zwischen August 2017 und Jänner
2018 beendet sein werden.
 Sicherheit und unerwünschte Nebenwirkungen
Auch in den Langzeitstudien kam es sehr selten zu Nebenwirkungen und nur ca. 4 %
der Patienten brachen ihre Therapie ab. An der Injektionsstelle kam es in ca. 5 % zu
Reaktionen. Es fand sich keine Entwicklung von Antikörpern mit Abschwächung der
Wirkung. Da PCSK9 im ZNS exprimiert wird, wurde besonderes Augenmerk auf
neurokognitive Nebenwirkungen gelegt. Die Rate war sehr niedrig, ohne signifikante
Unterschiede, jedoch war sie in beiden Langzeitstudien gering erhöht (Evolocumab
0,9 % vs. 0,3 %; Alirocumab 1,2 % vs. 0,5 %). Auch in Statin-interoleranten Patienten wurde Alirocumab (ODYSSEY-ALTERNATIVE-Studie) und Evolocumab
(GAUSS-2-Studie) gut vertragen.
Ein Einsatz der PCSK9-Hemmer kann in Zukunft dazu beitragen, dass ein bedeutender Anteil der Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie, Patienten mit Statinunverträglichkeit oder Hochrisiko-Patienten ihren LDL-Zielwert mit
einer gut verträglichen Therapie erreichen können.
Literatur: beim Verfasser.
Korrespondenzadresse:
Assoc. Prof. PD Dr. Walter Speidl
Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Wien
A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18–20
E-Mail: [email protected]
J KARDIOL 2015; 22 (7–8)
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