In Augusta Raurica soll ein Krieg verhindert werden

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Muttenz
Freitag, 5. Juni 2015 – Nr. 23
In Augusta Raurica soll
ein Krieg verhindert werden
Rattenfänger
Beim zweiten Gastspiel in
der Römerstadt wirft die
Theatergruppe einen Blick
auf die alte Konfliktsucht
der Menschheit.
Von Reto Wehrli*
Die reizvollen Ruinen von Augusta
Raurica lohnen immer einen Ausflug. In diesem Sommer um so
mehr, als sich ein stimmungsvoller
Theaterbesuch damit verbinden
lässt!
Die Theatergruppe Rattenfänger ist zum zweiten Mal (nach 2011)
mit ihren Freilichtspielen in Augst
zu Gast. Diesmal bespielt sie allerdings nicht das antike Theater, sondern die Curia – die ehemalige Ratshalle der römischen Stadt, die im
gegenwärtigen Zustand kein geschlossenes Gebäude mehr ist. Die
Vorstellungen finden daher in der
gewohnten
Freilichtatmosphäre
statt, allerdings mit dem Vorzug
eines schützenden modernen Regendachs. In diesem räumlich wesentlich kleineren Rahmen wird
dem Publikum ein sehr intensives,
ja nahezu intimes Aufführungserlebnis zuteil.
Für ihre 26. Produktion hat sich
die Gruppe ein Werk ausgesucht,
das in den Kanon des 20. Jahrhunderts eingegangen ist: «Der Trojanische Krieg findet nicht statt» («La
guerre de Troie n’aura pas lieu») von
Jean Giraudoux. Der französische
Autor war ein hoch gebildeter Literat, dem zugleich eine politische
Der trojanische Prinz Hektor (Joeri Schaffner, im Vordergrund) will
seiner Stadt einen Krieg ersparen. Doch für seine Friedensbemühungen
Foto Reto Wehrli
findet er bestürzend wenig Verbündete.
Laufbahn als Diplomat und Mitarbeiter in französischen Ministerien
gelang.
Kenntnisse dieser beiden Bereiche sind unübersehbar in das Stück
eingeflossen, das die bekannten
Motive aus den griechischen Heldensagen über den Trojanischen
Krieg umdichtet in ein vernunftgeleitetes Bemühen, durch diplomatische Anstrengungen einen unabwendbar scheinenden Krieg doch
noch zu verhindern. Verfasst 1935
in einem kriegstreiberischen Klima, das Europa in den Zweiten
Weltkrieg stürzen sollte, drückt das
Drama in eleganter Sprache illusionslose Einsichten über die Interessen und Mechanismen aus, welche
seit jeher und immer wieder in der
Menschheitsgeschichte den besten
Friedenswillen torpedierten.
Mitdenken und mitfiebern
Giraudoux verfolgte als Dichter das
künstlerische Ziel, das französische Theater aus dem Boulevard zu
erheben und sein Publikum zur
Auseinandersetzung mit bedeutenden Lebensfragen anzuregen. Die
Muttenzer Freundinnen und Freunde der Rattenfänger sind eingeladen, ab 21. August in Augusta
­Raurica mitzudenken und mitzufiebern.
*für die Theatergruppe Rattenfänger
www.theatergruppe-rattenfaenger.ch