Zur Selbstbeobachtung des politischen Systems - Kai

7. Vorlesung
Zur Selbstbeobachtung des
politischen Systems:
Die öffentliche Meinung
Peripherie und Zentrum
des politischen Systems
Staat
Öffentliche
Meinung
Publikum
Peripherie
Zentrum
Publikum und Staat
• Das Publikum des politischen Systems:
⇒ die Beschreibung der politischen Peripherie
(Bevölkerung) bei Unbestimmtheit der
vorliegenden Motivlage
• Der Staat des politischen Systems:
⇒ ein Organisationsnetzwerk
(Grundgesetz/Verfassung, Bundespräsident, Bundestagspräsident, Bundeskanzler, Bundesregierung, Bundestag,
Bundesrat, Bundesparteien, Bundesverfassungsgericht)
Komplexität und Rationalität
des politischen Systems
Komplexität
Rationalität
Publikum
Staat
Die öffentliche Meinung:
Reduktion von Komplexität
1. Öffentliche Meinung: Problem und Lösung
Problem: Komplexität
Lösung: Reduktion der Beliebigkeit des rechtlich
und politisch Möglichen
2. Öffentliche Meinung: Prozeß und Resultat
Prozeß: Auslese des rechtlich und politisch
Dringlichen
Resultat: Synopse des rechtlich und politisch
Dringlichen
Die öffentliche Meinung:
Themen und Beiträge
1. Institutionalisierung politischer Themen
(Issues)
Funktion: Rahmensetzung für politische
Kommunikation
⇒ worüber kann überhaupt gesprochen werden?
2. Einbindung von Meinungen (Beiträgen)
Funktion: Berücksichtigung potentziell aller
politischen Mitteilungen
⇒ wer teilt sich wozu mit?
Die öffentliche Meinung:
Aufmerksamkeit und Entscheidung
1. Zur Unterscheidung von Aufmerksamkeitund Entscheidungsregeln
Begrente Themenkapazität und
begrenzte Entscheidungskapazität
⇒ Aufmerksamkeitsregeln steuern die
Konstruktion politischer Themen
⇒ Entscheidungsregeln steuern die
Meinungsbildung, vor allem in den
entscheidungsbefugten Instanzen
Die öffentliche Meinung:
Filterfunktion und Auslesekriterien
1. Überragende Priorität bestimmter Werte
2. Konflikte, Krisen und Skandale
3. Der Status des Absenders
4. Symptome politischen Erfolges
5. Die Neuheit von Ereignissen
6. Schmerzen oder zivilisatorische Schmerzsurrogate
7. Quantitäten
8. Lokales
Die Karriere politischer Themen
⇒ bedeutet das Überwinden zahlreicher
Thematisierungsschwellen (Hürden)
• Binnendifferenzierung des Systems der
Massenmedien
• Variation:
taz, Spiegel, brand eins
• Selektion:
dpa, epd, Reuters
• Stabilisierung:
FAZ, Focus, Bild
Die Karriere politischer Themen
Stabilisierungsphase
Experimentierphase
Inkubationsphase
Hochphase
Destabilisierungsphase
Degenerationsphase
Dispersionsphase
Eine Spanne von oftmals nur wenigen Wochen
Funktion öffentlicher Meinung
„In dem Maße, als die Themenstruktur des
politischen Kommunikationsprozesses, die wir
öffentliche Meinung nennen, eine solche
Lösung tatsächlich erbringt, übernimmt sie die
Funktion eines Steuerungsmechanismus des
politischen Systems, der zwar
Herrschaftsausübung und Meinungsbildung
nicht determiniert, aber die Grenzen des
jeweils Möglichen festlegt.”
Der Begriff der Öffentlichkeit
1. Öffentlichkeit: Umfassende Neutralisierung
anderer Rollenanforderungen
2. Öffentlichkeit: Inklusion aller ohne
gravierende Eingangsvoraussetzungen
3. Öffentlichkeit: Unterstellbarkeit der
Akzeptierheit von Themen
4. Öffentlichkeit: Integration der Gesellschaft
Paradoxie der Öffentlichkeit
1. Partizipieren kann formal jeder
2. Materialiter ist die Partizipation am
politischen System so voraussetzungsreich, daß nur wenige die
kognitive, temporale und finanzielle
Kapazitäten aufbringen, um aktiv
teilzunehmen am politischen Prozeß
Funktion öffentlicher Meinung
Sieht man diese Vermittlungsfunktion, kann man
vermuten, daß in der Themenstruktur der öffentlichen
Meinung letztlich auch die Grundlage der
Ausdifferenzierung und funktionalen Verselbständigung des politischen Systems zu suchen ist.
Die öffentliche Meinung muß, mit anderen Worten,
den Unterschied von Politik und Nichtpolitik und
damit auch eine relative Lebensferne und
Uneinsehbarkeit der Details der politischen
Entscheidungsprozesse tragen können.
Funktion öffentlicher Meinung
Sie muß Themen erzeugen können, die trotz der
hohen Komplexität des Systemkontextes in konkreten
Interaktionen als Regeln der laufenden Artikulation
sinnvoller Erwartungen fungieren können und
Bedürfnisse der Gesellschaft in politisch zu
entscheidende Probleme übersetzen.
Das Problem liegt in der Selektivität der entstehenden
Themen im Verhältnis zur Fülle des Möglichen, die
sich aus evolutionär zunehmender Komplexität der
Gesellschaft ergibt.
Funktion öffentlicher Meinung
Die Funktion der öffentlichen
Meinung liegt nicht in der
Durchsetzung des Willens – des
Volkswillens, einer Fiktion des
schlichten Kausaldenkens –,
sondern in der Ordnung von
Selektionsleistungen.
Funktion öffentlicher Meinung
⇒ Öffentliche Meinung fungiert als
Spiegel und kollektives Gedächtnis
des politischen Systems
so wie
⇒ Werbung zugleich Spiegel und
kollektives Gedächtnis des
Wirtschaftssystems darstellt
Binnendifferenzierung des
politischen Systems
⇒ Binnendifferenzierung dessen, was
als Politik zu gelten hat:
• Publikum: von der Betroffenheit her
• Öffentliche Meinung: vom
Aufmerksamkeitswert her
• Staat: vom Gemeinwohl her
⇒ offensichtlich unterschiedlich
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