Fachnachrichten Februar 2016 - Steuerberaterverband Westfalen

Praxisrelevante Informationen aus Rechtsprechung und Literatur ausgewählt vom Steuerrechtsausschuss des StBV Westfalen-Lippe
Ausgabe Nr. 1 · Februar 2016
www.fachnachrichten.de
Mitglieder des Steuerrechtsausschusses:
ffDipl.-Ökonom, StB Dieter Blaurock, Bochum
ffDipl.-Ökonom, StB / WP Wilhelm-Berthold Schmuch, Bochum
ffDipl.-Finw., StB Christian Herold, Herten
ffDipl.-Kfm., StB / WP Marcus Tuschen, Meschede
ffDipl.-Kfm., StB / WP Dr. Christian Konermann, Rheine
ffDipl.-Kfm., WP Olaf Zöllner, Arnsberg
Februar 2016
Inhalt
Sitzungsergebnis der 1. Sitzung 2016 des StRA am 22. Januar 2016.
Die nachfolgenden Ausführungen sind das Ergebnis sorgfältiger Analysen der zitierten Quellen. Für das erarbeitete Ergebnis kann
jedoch keine Haftung übernommen werden.
1. EINKOMMENSTEUER
1.01 Ansatz eines geldwerten Vorteils für durch Hausbesuche unterbrochene Fahrten von der Wohnung
zur Arztpraxis
Seite 6
Wissen
FG München, Urteil vom 06.06.2014, 8 K 3322/13, rkr.
DStRE 2015 S. 1474
1.02 Kein Betriebsausgabenabzug bei Nutzung eines nach der sog 1%-Regelung versteuerten Pkw
eines AN i.R.d. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
Abwehr / Wissen
Seite 7
BFH-Urteil vom 16.07.2015, III R 33/14
DStR 2015 S. 2594, DB 2015 S. 2790
1.03 Fahrtenbuchmethode; periodengerechte Zuordnung einer Leasingsonderzahlung
Seite 9
Wissen
BFH-Urteil vom 03.09.2015, VI R 27/14
DStR 2015 S. 2597, DB 2015 S. 2730
1.04 Einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Preisgeldern aus Turnierpokerspielen
Seite 11
Wissen
BFH-Urteil vom 16.09.2015, X R 43/12
DStR 2015 S. 2651, DB 2015 S. 2731
2. KÖRPERSCHAFTSTEUER
2.01 Zurechnung von vGA bei Untreuehandlungen eines Nur-Geschäftsführers zu Lasten der Gesellschaft
Seite 13
Abwehr / Wissen
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.07.2015, 10 V 9101/13
EFG 2015 S. 1643, Haufe-Index 8299337
2.02 Anwendung der Grundsätze zur Überversorgung
Seite 14
Wissen
FG Köln, Urteil vom 29.04.2015, 13 K 2435/09
EFG 2015 S. 1563, Haufe-Index 8299371
2.03 Sachlicher Anwendungsbereich des § 32a KStG bei vGA
Seite 16
Abwehr / Wissen
BFH-Beschluss vom 05.06.2015, VIII B 20/15
GmbHR 2015 S. 1053, Haufe-Index 8469287
3
Ausgabe Nr. 1
3. GEWERBESTEUER
3.01 Teilbetrieb nur bei hinreichender Selbständigkeit des Geschäftsbereichs
Seite 18
Wissen
BFH-Urteil vom 22.10.2015, IV R 17/12
NWB Dok-ID: ZAAAF-1842, BFH/NV 2016 S. 209
3.02 Hinzurechnung von am Umsatz des Pächters bemessenen Grundstückspachtzahlungen
Seite 19
Wissen
BFH-Urteil vom 18.08.2015, I R 43/14
NWB Dok-ID: VAAAF-18885, BFH/NV 2016 S. 232
4. BILANZSTEUERRECHT
4.01 Steuerliche Behandlung von kundenspezifischen mit Werkzeugkostenzuschüssen geförderten
Werkzeugen
Seite 21
Wissen
BFH-Urteil vom 28.05.2015, IV R 3/13
BStBl II 2015 S. 7977, NWB 2015 S. 2842, kösdi 2015 S. 19500
4.02 Teilwertabschreibung auf ungesicherte Gesellschafterdarlehen an Auslandstochtergesellschaft
Seite 23
Abwehr / Gestaltung
BFH-Urteil vom 26.06.2015, I R 29/14
BB 2015 S. 2544, kösdi 2015 S. 19505
4.03 Einbeziehung eines negativen Kapitalkontos in die Berechnung des Veräußerungsgewinns eines
gegen Entgelt aus einer KG ausscheidenden Kommanditisten
Seite 25
Wissen
BFH-Urteil vom 09.07.2015, IV R 19/12
BB 2015 S. 2288 mit Anm., DB 2015 S. 1874, DStR 2015 S. 1859, GmbHR 2015 S. 999
4.04 Tarifbegünstigung des Betriebsaufgabegewinns trotz vorheriger Ausgliederung einer
100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert
Seite 27
Abwehr / Wissen
BFH-Urteil vom 28.05.2015, IV R 26/12
BStBl II 2015 S. 797, BB 2015 S. 1839, DB 2015 S. 1694 mit Anm., DStR 2015 S. 1668, FR 2015 S. 892 mit Anm.,
GmbHR 2015 S. 1061, GmbH-StB 2015 S. 276, kösdi 2015 S. 19386, WPg 2015 S. 852
5. UMSATZSTEUER
5.01 Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung von Grundbesitz und Inventar an
mehrere Erwerber
Wissen
BFH-Urteil vom 04.02.2015, XI R 42/13
NWB Dok-ID: SAAAE-94258
4
Seite 30
Februar 2016
5.02 Überlassung von Operationsräumen durch einen Anästhesisten
Seite 31
Wissen
BFH-Urteil vom 18.03.2015, XI R 15/11
NWB Dok-ID: AAAAE-93360
5.03 Umsatzsteuer für Saunaleistungen in Schwimmbädern
Seite 32
Wissen
Bayerisches Landesamt für Steuern, Erlass vom 10.07.2015, S 7243.1.1-5/5 St 33
NWB Dok-ID: OAAAE-94670
5.04 Vorsteuerabzug im Insolvenzverfahren
Seite 34
Abwehr / Wissen
BFH-Urteil vom 15.04.2015, V R 44/14
NWB Dok-ID: WAAAE-91562
5.05 Änderung der Bemessungsgrundlage wegen vorübergehender Uneinbringlichkeit aufgrund
eines Sicherungseinbehalts
Wissen
Seite 35
BMF-Schreiben vom 03.08.2015, III C2 – S 7333/08/10001:004
BStBl 2015 I, S. 624
6. ERBSCHAFTSTEUER
7. BEWERTUNG
8. ABGABENORDNUNG
8.01 Gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes gegenüber mehreren Miterben
Seite 37
Abwehr / Wissen
BFH-Urteil vom 30.09.2015, II R 31/13
DStRE 2015 S. 1523, BFH/NV 2016 S. 96, DB 2015 S. 2917
8.02 Verteilung eines Übergangsgewinns
Seite 38
Abwehr
BFH-Urteil vom 01.10.2015 , X R 32/13
DStR 2015 S. 2664, BFH/NV 2016 S. 91, DB 2015 S. 2856
8.03 Änderung von Steuerbescheiden: Neue Tatsachen und unlautere Mittel
Seite 40
Abwehr / Wissen
BFH Urteil vom 08.07.2015 - VI R 51/14
DStR 2015, 2131
9. ANDERE RECHTSGEBIETE
10. SONSTIGES
Seite 42
5
Ausgabe Nr. 1
1. EINKOMMENSTEUER
1.01
EStG
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6
Abwehr
Ansatz eines geldwerten Vorteils für durch Hausbesuche unterbrochene Fahrten von der Wohnung zur Arztpraxis
Gestaltung
X
FG München, Urteil vom 06.06.2014, 8 K 3322/13, rkr.
Wissen
DStRE 2015 S. 1474
Weiterführende Literatur
LEITSÄTZE:
1. Nutzt ein selbständig tätiger Arzt einen betrieblichen Pkw für Fahrten zwischen seiner Wohnung und seiner Praxis, ist sein
Gewinn auch dann um die pauschale Hinzurechnung nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 Satz 3 EStG zu erhöhen, wenn die Fahrten durch
Hausbesuche bei Patienten unterbrochen werden.
2. Neben der Entfernungspauschale können für solche Fahrten nur die Aufwendungen für die Mehrwege zu den Patienten nach
Dienstreisegrundsätzen als Betriebsausgaben angesetzt werden.
PROBLEMSTELLUNG:
Im Streitfall ging es um die Qualifikation
gabe vor den Sprechzeiten auf dem Weg
Wohnung und Praxis einen geldwerten
von Wegekosten als Dienstreisen oder
zur Praxis und nach den Sprechzeiten auf
Vorteil (0,03%-Regelung) an und zog im
als Teil der Fahrten W/A. Ein Stpfl., der in
dem Nachhauseweg durch, in Notfällen
Gegenzug die Entfernungspauschale als
eigener Arztpraxis arbeitete, war dort in
oder bei Terminlücken auch während der
Betriebsausgabe ab. Der Stpfl. wollte da-
der Regel an den Wochentagen von 9:00
Sprechzeiten.
gegen die Fahrten als Hausbesuche den
bis 13:00 Uhr und von 15:00 bis 18:00
Das FA setzte wegen der Nutzung des be-
Dienstreisen zuordnen.
Uhr tätig. Hausbesuche führte er nach An-
trieblichen Pkw für die Fahrten zwischen
KERNAUSSAGEN:
1. Nach der Rechtsprechung des BFH
andere Stpfl. in aller Regel das Aufsu-
3. Werden anlässlich von Fahrten zwi-
ist für die durch berufliche Anläs-
chen der Arbeitsstätte, d.h. des Ortes,
schen Wohnung und Arbeitsstätte
se unterbrochene Fahrt zwischen
der den Mittelpunkt ihrer beruflichen
Hausbesuche durchgeführt, ändern
Wohnung und Betriebstätte nur die
Tätigkeit bildet. Ob dabei nebenher
diese den Charakter der Fahrt nicht
Kilometerpauschale zu gewähren
durch Fahrtunterbrechungen beson-
in einem Maße, dass das grund-
und können lediglich für einen even-
dere berufliche Angelegenheiten
sätzliche Ziel der Fahrten (die Praxis
tuell erforderlichen Mehrweg die tat-
miterledigt werden, beeinflusst
oder bei der Heimfahrt der Wohnort)
sächlichen Kfz-Aufwendungen als Be-
nicht den im Vordergrund stehen-
als Zweck der Fahrt in einer Weise
triebsausgaben abgezogen werden.
den eigentlichen Zweck der Fahrt
überlagert würde, dass die Hausbesu-
2. Der Charakter der Fahrten zwi-
und damit ihren Charakter als Fahrt
che im Vordergrund stünden. Der Kl.
schen Wohnung und Betriebstätte
zwischen Wohnung und Arbeitsstät-
musste in jedem Fall zur Ausübung ih-
ändert sich erst dann, wenn nicht
te. So hat der BFH etwa die Fahrten
rer Tätigkeit zu den Praxispräsenzzei-
das Aufsuchen der Betriebstätte,
eines Rechtsanwalts zu seiner Kanz-
ten in die Praxis und von dort wieder
sondern andere Gründe für die
lei als Fahrten zwischen Wohnung-
nach Hause gelangen. Daran ändern
Fahrt maßgebend sind. Entschei-
Arbeitsstätte beurteilt und nur den
die Patientenbesuche nichts. Sie füh-
dend ist der eigentliche Zweck der
für anlässlich dieser Fahrten erfor-
ren lediglich zu Mehrwegen, die
Fahrt, was für die werktäglichen Fahr-
derlichen Mehrweg für miterledigte
nach den Dienstreisegrundsätzen
ten als Ziel und Zweck der Fahrt
Gerichts- oder Behördentermine als
als betrieblicher Aufwand zu beurtei-
im Vordergrund steht. Das ist für
Dienstreise.
len sind.
Arbeitnehmer und entsprechend für
6
Februar 2016
PRAXISHINWEISE:
Das Gericht hat in der Urteilsbegründung zu erkennen gegeben, dass ggf. auch eine Anerkennung von Dienstfahrten möglich
gewesen wäre, wenn der Stpfl. weitere Gesichtspunkte für die Beurteilung der Fahrten vorgetragen hätte. Damit ist klar,
dass ein reines Abzugsverbot für Dienstreisen – auch über etwaige Umwege hinaus (die zu dokumentieren sind) – nicht gilt.
Jedoch wird der Stpfl. besondere Gründe darlegen müssen, warum die Fahrt vorrangig direkt betrieblich und nicht bloß bei
Gelegenheit der Fahrt W/A erfolgt ist. Für die Praxis stellt sich die Frage, ob bei regelmäßigen Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte diese arbeitstäglich zu erfassen sind und etwaige Dienstreisen nur im Wege einer Differenzrechnung
angesetzt werden können.
1.02
EStG
EStG § 8 Abs. 2 Satz 2 und 4
X
Kein Betriebsausgabenabzug bei Nutzung eines nach der sog 1%-Regelung versteuerten Pkw
eines AN i.R.d. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
BFH-Urteil vom 16.07.2015, III R 33/14
Abwehr
Gestaltung
X
Wissen
DStR 2015 S. 2594, DB 2015 S. 2790
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen betrieblichen Pkw, dessen Kosten der Arbeitgeber in vollem Umfang trägt,
auch zur Nutzung für Fahrten im privaten Bereich und zur Erzielung anderer Einkünfte und versteuert der Arbeitnehmer den daraus
erlangten geldwerten Vorteil nach der sog. 1%-Regelung, kann der Arbeitnehmer für die Nutzung des Pkw im Rahmen der Einkünfte
aus selbständiger Tätigkeit keine Betriebsausgaben abziehen.
PROBLEMSTELLUNG:
Im Streitfall ging es um den Betriebsaus-
ständigen Tätigkeit wurde kein weiterer
den versteuerten Sachbezug im Verhältnis
gabenabzug für ein Fahrzeug, das dem
Sachbezug angesetzt.
der betrieblichen (18.000 km = 78,3%) zu
Stpfl. im Rahmen einer nichtselbständi-
In der Überschussrechnung für seine Ein-
den privaten Fahrten (5.000 km = 21,7%)
gen Tätigkeit überlassen war und für das
künfte aus selbständiger Arbeit ermittelte
aufteilte. Das FA erkannte diese Betriebs-
die 1%-Regelung angewandt wurde.
der Kl. seine Betriebsausgaben für die be-
ausgaben nicht an.
Für die Nutzung des Pkw im Rahmen der
triebliche Nutzung des ihm von seinem
gleichzeitig vom Stpfl. ausgeübten selb-
Arbeitgeber überlassenen Pkw, indem er
KERNAUSSAGEN:
1.Betriebsausgaben sind Aufwendun-
ihm geleisteten, seine persönliche
ten Vorteils angefallen ist, ist keine
gen, die durch den Betrieb veranlasst
Leistungsfähigkeit mindernden Aus-
durch die selbständige Tätigkeit
sind, wobei der Begriff der „Aufwen-
gaben zu ermitteln. Für einen zur
veranlasste Aufwendung und
dungen“ im EStG als Oberbegriff
Verfügung gestellten Pkw entstehen
kann daher nicht zu einem Betriebs-
für „Ausgaben“ und „Aufwand“
dem Nutzungsberechtigten keine
ausgabenabzug führen. Dies ergibt
verwendet wird und im Sinne aller
Aufwendungen in Form einer Zah-
sich daraus, dass die Lohnsteuer,
Wertabflüsse zu verstehen ist, die
lung von Geld, denn nicht er, sondern
welche nur eine besondere Erhe-
nicht Entnahmen sind. Der Stpfl.
der Arbeitgeber trägt sämtliche Kos-
bungsform der Einkommensteuer
hat seinen Gewinn durch Gegen-
ten des genutzten Pkw.
darstellt, als persönliche Steuer ei-
überstellung der ihm zugeflossenen,
2.Die Lohnsteuer, welche beim Kl.
ner natürlichen Person der Privat-
seine persönliche Leistungsfähigkeit
infolge des für die private Nutzungs-
sphäre und nicht der Erwerbssphä-
erhöhenden Einnahmen und der von
möglichkeit angesetzten geldwer-
re zuzuordnen ist, die zudem zu
7
Ausgabe Nr. 1
den nicht abzugsfähigen Ausgaben
den Einkünften aus selbständiger Ar-
5. Die Aufwendungen des Arbeitgebers
zählt.
beit – kein anhand der tatsächlichen
können dem Kl. auch nicht unter
3. Anders ist es, wenn z.B. ein Nut-
Nutzungsverhältnisse ermittelter und
dem Gesichtspunkt des abgekürz-
zungsvorteil aus einem zinslosen
entsprechend aufgeteilter geldwer-
ten Vertragsweges zugerechnet
Darlehen versteuert wurde, da dann
ter Vorteil eingesetzt und verbraucht
werden, da eine Zurechnung von
eine konkrete Betriebseinnahme
werden. Vielmehr besteht der auf
Aufwendungen nach den Grundsät-
vorliegt. Im Gegensatz hierzu ist
der Einnahmenseite besteuerte Nut-
zen der Abkürzung des Vertragswe-
der Nutzungsvorteil aus einem
zungsvorteil unabhängig davon fort,
ges voraussetzt, dass die aufgrund
Arbeitnehmer überlassenem Pkw
ob und in welchem Umfang der Kl.
des Vertrages zu erbringenden Leis-
bei Anwendung der 1%-Regelung
den Pkw privat oder im Rahmen der
tungen eindeutig der Erwerbssphäre
unabhängig von individuellen
selbständigen Tätigkeit nutzt.
des Stpfl. und nicht der des Dritten
Nutzungsverhältnissen; insbeson-
4. Die Aufwendungen sind nicht unter
zuzuordnen sind. Im Streitfall will
dere erfolgt auf der Einnahmenseite
dem rechtlichen Gesichtspunkt eines
der Arbeitgeber mit dem von ihm
auch dann eine pauschale Bewer-
sog. abgekürzten Zahlungsweges
getragenen Aufwand für den zur
tung nach der 1%-Regelung, wenn
als Betriebsausgaben zu berücksichti-
Nutzung überlassenen Pkw dem Kl.
tatsächlich keine private Nutzung
gen. Davon kann nur dann die Rede
jedoch nichts zuwenden. Im Ge-
stattgefunden hat. Der auf der Ein-
sein, wenn der Dritte für Rechnung
genteil kommt dieser Aufwand ihrer
nahmenseite besteuerte geldwerte
des Stpfl. an dessen Gläubiger leistet.
eigenen Erwerbssphäre zugute, weil
Vorteil kann keinen konkreten Nut-
Diese Voraussetzungen liegen jedoch
der Pkw zum Einsatz in ihrem Unter-
zungen zugeordnet werden und kann
nicht vor, wenn der Dritte die im Zu-
nehmen bestimmt ist. Der Umstand,
daher auch nicht auf rein private und
sammenhang mit dem Pkw entstan-
dass der Kl. diesen Pkw (auch) außer-
im Rahmen weiterer Einkunftsarten
denen Rechtsbeziehungen im eige-
halb seines Dienstverhältnisses nutzen
stattgefundene Fahrten aufgeteilt
nen Namen eingegangen ist und
darf, ändert hieran nichts.
werden. Entsprechend kann auch
die Kosten des Pkw als Schuldner für
auf der Ausgabenseite – hier bei
eigene Rechnung aufwendet.
PRAXISHINWEISE:
Der BFH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass offen bleibe, wie zu entscheiden wäre, wenn der
Arbeitnehmer bereits auf der Einnahmenseite durch Wahl der Fahrtenbuchmethode eine an den spezifischen Nutzungsverhältnissen orientierte Besteuerung des ihm zugeflossenen geldwerten Vorteils durchführt. In diesem Fall wäre es denkbar,
dass der Arbeitnehmer einem ihm auf der Einnahmenseite durch die tatsächliche Nutzung des Pkw im Rahmen weiterer
Einkunftsarten zufließenden und entsprechend zu versteuernden geldwerten Vorteil auch auf der Ausgabenseite einsetzen
und verbrauchen könnte.
In Fällen der Fahrtenbuchmethode muss erforderlichenfalls der Klageweg beschritten werden. Aus Beweisgründen ist es
dann ergänzend erforderlich, dass eine Aufteilung der im Fahrtenbuch als „Privatfahrten“ erfassten km in echte Privatfahrten
und Fahrten im Zusammenhang mit der anderen Einkunftsart erfolgt.
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Februar 2016
1.03
EStG
EStG § 8 Abs. 2 Satz 2 bis 4
Abwehr
Fahrtenbuchmethode; periodengerechte Zuordnung einer Leasingsonderzahlung
Gestaltung
X
Wissen
BFH-Urteil vom 03.09.2015, VI R 27/14
DStR 2015 S. 2597, DB 2015 S. 2730
Weiterführende Literatur
BFH-Urteil vom 05.05.1994, VI R 100/93, BStBl. II 1994, S. 643
LEITSATZ:
Im Rahmen der Fahrtenbuchmethode sind die Gesamtkosten jedenfalls dann periodengerecht anzusetzen, wenn der Arbeitgeber
die Kosten des von ihm überlassenen Kfz in seiner Gewinnermittlung dementsprechend erfassen muss.
PROBLEMSTELLUNG:
Streitig war, wie der geldwerte Vorteil aus
der Pkw-Überlassung nach der Fahr-
der Abschreibung stünden, aber die ein-
einer Pkw-Überlassung bei Anwendung
tenbuchmethode; dabei verteilte sie die
malige Leasingzahlung insgesamt den im
der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln ist,
Leasingsonderzahlung wie auch in ihrem
Streitjahr anzusetzenden Gesamtkosten
wenn der Arbeitgeber eine Leasingson-
Jahresabschluss über die Gesamtlaufzeit
hinzuzurechnen sei, so dass sich in Höhe
derzahlung erbracht hat.
des Leasingvertrags.
des nach Fahrtenbuchmethode ermittel-
Eine GmbH leaste einen Pkw und überließ
Das FA vertrat dagegen im Anschluss an
ten Privatanteils eine entsprechende Er-
ihn ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer
eine Lohnsteuer-Außenprüfung die Auf-
höhung des Sachbezugs ergab.
auch zur privaten Nutzung. Die GmbH
fassung, dass bei einem Leasingfahrzeug
ermittelte den geldwerten Vorteil aus
die monatlichen Leasingraten an Stelle
KERNAUSSAGEN:
1. Zu den insgesamt entstehenden Kfz-
sichtigt, dass sie über den gesamten
3. Ob der den Dienstwagen überlassen-
(Gesamtkosten)
voraussichtlichen Nutzungszeitraum
de Arbeitgeber im Rahmen seiner
gehören die Kosten, die unmittel-
des Fahrzeugs hinweg aufgeteilt
Gewinnermittlung in Bezug auf den
bar dem Halten und dem Betrieb des
werden, statt dass sie im Jahr der
Dienstwagen diese Gewinnermitt-
Kfz dienen und in Zusammenhang
Rechnungsstellung oder Bezahlung
lungsgrundsätze tatsächlich be-
mit dessen Nutzung typischerweise
in einem Betrag in die Gesamtkosten
achtet, ist unerheblich. Maßgeblich
entstehen; dazu rechnen insbeson-
eingehen. Nichts anderes hat für die in
ist vielmehr, welcher Aufwand sich bei
dere die Kosten für Betriebsstoffe,
der Gewinnermittlung zu erfassenden
zutreffender Anwendung gesetzlicher
Wartung und Reparaturen sowie die
Mietvorauszahlungen oder Leasing-
Bilanzierungsgrundsätze im Veranla-
regelmäßig wiederkehrenden festen
sonderzahlungen zu gelten, die für
gungszeitraum tatsächlich ergeben
Kosten, etwa für die Haftpflichtver-
einen Zeitraum von mehr als einem
hätte. Denn ein allgemeines Korres-
sicherung, die Kfz-Steuer, AfA oder
Jahr erbracht werden. Dies gilt je-
pondenzprinzip besteht nicht; es gibt
Leasing- und Leasingsonderzah-
denfalls dann, wenn der Arbeitgeber
keine Rechtsgrundlage dafür, dass
lungen und Garagenmiete.
die Kosten des von ihm überlassenen
auf der Arbeitgeberseite einerseits
2.Die zutreffende Ermittlung des
Fahrzeugs in seiner Gewinnermittlung
und auf der Arbeitnehmerseite an-
geldwerten Vorteils gebietet nicht
periodengerecht erfassen muss. Ent-
dererseits stets korrespondierende
nur, die Gesamtkosten dem Grunde
sprechend diesen Grundsätzen sind
Ansätze vorzunehmen wären.
nach zutreffend zu erfassen, son-
in der Steuerbilanz für Ausgaben vor
4. Für die Bewertung der privaten
dern auch, diese Gesamtkosten pe-
dem Abschlussstichtag auf der Aktiv-
Kfz-Nutzung gelten die Grund-
riodengerecht den jeweiligen Nut-
seite Rechnungsabgrenzungsposten
sätze der Gewinnermittlung. Im
zungszeiträumen zuzuordnen. Seit
anzusetzen, soweit sie Aufwand für
Bereich der Gewinneinkünfte unmit-
jeher werden die Anschaffungskosten
eine bestimmte Zeit nach diesem Tag
telbar, weil insoweit § 6 Abs. 1 Nr. 4
eines Fahrzeugs in der Weise berück-
darstellen.
Satz 2 EStG für die Zwecke der Ge-
Aufwendungen
9
Ausgabe Nr. 1
winnermittlung die Bewertung der
ten, wie z.B. bei Steuern und Versi-
bewerten, wenn der Arbeitgeber
Nutzungsentnahme normiert. Aber
cherungen für einen nur aus wenigen
für einen geleasten oder gemieteten
auch im Rahmen der Arbeitnehmer-
Fahrzeugen bestehenden Fuhrpark.
Dienstwagen eine Sonderzahlung ge-
besteuerung geht es um die private
5.Der periodengerechten Zuord-
leistet hat. Darüber hinaus entspricht
Nutzung eines betrieblichen Kfz; in-
nung der Leasingsonderzahlungen
es der Natur der 1%-Regelung als
soweit ist die Vorschrift entsprechend
steht auch nicht entgegen, dass
einer nur grob typisierenden Rege-
anzuwenden und beansprucht auch
dadurch im Fall des Übergangs auf
lung, dass einzelne vorteilserhöhen-
Geltung bei Anwendung der Fahrten-
die 1%-Regelung im nachfolgenden
de wie vorteilsmindernde Umstände
buchmethode. Mithin sind auch auf
Veranlagungszeitraum die anteilige
unberücksichtigt bleiben. So führen
die Bewertung des Vorteils eines zur
Leasingsonderzahlung unberück-
etwa Kosten für Nachrüstungen des
privaten Nutzung überlassenen (be-
sichtigt bliebe. Denn Ziel aktiver
Dienstwagens oder auch umfangrei-
trieblichen) Dienstwagens die Grund-
Rechnungsabgrenzungsposten ist
che Reparaturen weder zu einer Erhö-
sätze der Gewinnermittlung entspre-
es, Ausgaben vor dem Bilanzstichtag
hung der Bemessungsgrundlage, des
chend anwendbar, um den Vorteil
in die Jahre zu verlagern, in die sie
Bruttolistenneupreises, noch führen
zutreffend, nämlich auch periodenge-
wirtschaftlich gehören. Sie dienen
Erwerb und Überlassung gebrauch-
recht zu erfassen. Dies schließt nicht
damit der periodengerechten Er-
ter Dienstwagen mit deutlich unter
aus, entsprechend den allgemeinen
folgsermittlung. Dementsprechend
den Bruttolistenneupreisen liegenden
Grundsätzen der Gewinnermittlung,
sind sie auch geeignet, einen dem
Anschaffungskosten zu einer Verrin-
bei nur geringfügigen Beträgen
Arbeitnehmer zugewandten Vorteil
gerung dieser Bemessungsgrundlage.
auf den Ansatz eines Rechnungs-
bei Anwendung der so genannten
abgrenzungspostens zu verzich-
Fahrtenbuchmethode zutreffend zu
PRAXISHINWEISE:
Nach dem BFH-Urteil vom 05.05.1994 kann die Leasing-Sonderzahlung bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung sofort
als Betriebsausgabe abgezogen werden. Dies eröffnet die Gestaltungsmöglichkeit, kurz vor dem 31.12. den Leasingvertrag
abzuschließen und die Sonderzahlung zu leisten. Wird für den Rest des Jahres davon abgesehen, den geleasten Pkw privat
zu nutzen (dokumentiert durch ein Fahrtenbuch) kann die Sonderzahlung dann zu 100% abgezogen werden, ohne dass
ein privater Nutzungsanteil gegengerechnet wird.
Nach dem aktuellen Urteil könnte in Frage stehen, ob dieses Gestaltungsmodell noch anwendbar ist, da der BFH darauf
hingewiesen hat, dass es keine Rechtsgrundlage dafür gibt, dass auf der Arbeitgeberseite einerseits und auf der Arbeitnehmerseite andererseits stets korrespondierende Ansätze vorzunehmen sind.
10
Februar 2016
1.04
EStG
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Abwehr
Einkommensteuerrechtliche Qualifikation von Preisgeldern aus Turnierpokerspielen
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 16.09.2015, X R 43/12
Wissen
DStR 2015 S. 2651, DB 2015 S. 2731
Weiterführende Literatur
LEITSÄTZE:
1. Das Turnierpokerspiel (hier: in den Varianten „Texas Hold‘em“ und „Omaha“) ist nach einkommensteuerrechtlichen Maßstäben im Allgemeinen nicht als reines – und damit per se nicht steuerbares – Glücksspiel, sondern als Mischung aus Glücks- und
Geschicklichkeitsspiel einzustufen.
2. Die für die Bejahung eines Gewerbebetriebs erforderliche Abgrenzung zwischen einem „am Markt orientierten“, einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Tätigkeit muss stets anhand des konkret zu beurteilenden Einzelfalls vorgenommen werden. Sie wird sich praktisch in erster Linie nach den Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch nach dem ungeschriebenen negativen Tatbestandsmerkmal der Nichterfüllung der Voraussetzungen
einer privaten Vermögensverwaltung, richten.
PROBLEMSTELLUNG:
Im Streitfall ging es um die Abgrenzung
Cash-Games) und im Internet (Online-
Kl. abhängig sei, weil die berufliche Aus-
von nicht steuerbarem Glückspiel und
Poker) ließ das FA ausdrücklich außer
bildung bzw. Tätigkeit die spielerischen
Einkünften aus Gewerbebetrieb aus der
Ansatz. Aus Sicht des Kl. stellten die vom
Fähigkeiten des Kl. in seiner Person derart
Teilnahme an Pokerturnieren. Der Kl. (Pi-
FA angesetzten Einnahmen Gewinne aus
verdichteten, dass es ihm – im Gegensatz
lot) nahm dabei über Jahre weltweit an
Glücksspielen dar und seien daher nicht
zum Durchschnittsspieler – in besonde-
Pokerturnieren teil und erzielte erhebliche
steuerbar. Zudem wandte er ein, die
rem Maße möglich gewesen sei, Einfluss
Gewinnsummen. Das FA schätzte diese
Internet-Datenbank sei keine belastbare
auf den Ausgang von Pokerturnieren zu
anhand einer im Internet zugänglichen
Schätzungsgrundlage.
nehmen, so dass der Erfolg beim Turnier-
Datenbank und nahm einen pauschalen
Das FG kam zu der Überzeugung, dass
pokerspiel überwiegend von seinem Ge-
Betriebsausgabenabzug i.H.v. 30% der
die Vereinnahmung der streitgegen-
schick abhängig gewesen sei.
Einnahmen vor. Etwaige weitere Gewinne
ständlichen Preisgelder wesentlich und
aus dem Pokerspiel in Spielcasinos (sog.
überwiegend von den Fähigkeiten des
KERNAUSSAGEN:
1. In Bezug auf die steuerrechtliche Be-
keiten eines Pokerspielers kommt
dann anzunehmen wäre, wenn
urteilung von Spielgewinnen bzw.
es für die Frage, ob Leistung und Ge-
sich das Turnierpokerspiel als reines
Preisgeldern ist anerkannt, dass bei
genleistung verknüpft sind, nicht an.
Glücksspiel darstellte, bei dem zwar
einem reinen Glücksspiel (z.B. Lot-
Diese Aspekte sind vorrangig bei den
nicht das Spielgeschick des Kl., aber
terie) keine Teilnahme am allge-
weiteren Tatbestandsmerkmalen der
seine individuelle Bekanntheit als
meinen wirtschaftlichen Verkehr
Nachhaltigkeit und der Gewinn-
häufig auftretender Spieler, Fernseh-
vorliegt, weil es an der Verknüpfung
erzielungsabsicht, ggf. auch beim
kommentator, Blog-Autor und Haupt-
von Leistung und Gegenleistung
ungeschriebenen negativen Tatbe-
darsteller einer Poker-Schulungs-DVD
fehlt. Denn dort stellen weder die
standsmerkmal der Nichterfüllung
Gegenstand der entgeltlichen öf-
Spieltätigkeit noch der Spieleinsatz
der Voraussetzungen einer privaten
fentlichen Darbietung wäre.
Leistungen dar, die durch den Spiel-
Vermögensverwaltung, zu berück-
gewinn vergütet werden.
sichtigen. Danach kann dahinste-
allgemeinen
2. Auf die individuellen – ggf. über-
hen, ob ein Leistungsverhältnis
Verkehr setzt voraus, dass der
oder unterdurchschnittlichen – Fähig-
im vorgenannten Sinne ggf. auch
Stpfl. eine Tätigkeit am Markt
3. Das Merkmal der Teilnahme am
wirtschaftlichen
11
Ausgabe Nr. 1
gegen Entgelt für Dritte äußerlich
bei der gebotenen wirtschaftlichen
dem nicht entgegen, denn nach der
erkennbar anbietet, z.B. wie ein
Betrachtungsweise – letztlich nur die
gesetzgeberischen Wertung in § 15
„berufsmäßiger“ Skat-, Rommé- und
Maximalhöhe des von ihm erzielbaren
EStG ist es für die Annahme eines Ge-
Backgammonspieler. Seine Tätigkeit
Gewinns verringert.
werbebetriebs (bei Vorliegen seiner
muss nach außen hin in Erscheinung
5. In der bisherigen Rechtsprechung
Voraussetzungen im Übrigen) ausrei-
treten und sich an eine – wenn auch
wurde regelmäßig eine Beteiligung
chend, wenn die Gewinnerzielungs-
nur begrenzte – Allgemeinheit (Ver-
am allgemeinen wirtschaftlichen
absicht einen Nebenzweck darstellt.
kehrskreis) wenden. Wer bei von
Verkehr für reines Glückspiel ver-
7. Eine Betätigung als Turnierpoker-
ihm besuchten Pokerturnieren die
neint. Tritt das Geschicklichkeit-
spieler überschreitet auch den
öffentliche Darbietung seiner
selement bereits bei einem durch-
Rahmen privater Vermögensver-
spielerischen Fähigkeiten anbietet
schnittlichen Spieler nur noch wenig
waltung – sofern diese beim Poker-
und hierfür als Entgelt ein von seiner
hinter das Zufallselement zurück
spiel überhaupt vorstellbar ist, da
Platzierung abhängiges Preisgeld in
bzw. übertrifft dieses, ist das Poker-
strukturell-gewerbliche Aspekte
Aussicht gestellt wird, verwirklicht
spiel im Allgemeinen jedoch als Mi-
(regelmäßige Teilnahme an großen,
dies.
schung aus Glücks- und Geschick-
auch im Ausland ausgetragenen Tur-
lichkeitselementen anzusehen.
nieren, Umfang der jährlich bzw. über
zugleich die (obligatorische) Verpflich-
6. Bei der Gewinnerzielungsabsicht
die Jahre hinweg erzielten Preisgelder
tung eingegangen wird, sich durch
handelt es sich um ein subjektives
und – damit korrespondierend – nicht
die Zahlung eines „Buy-Ins“ (Start-
Tatbestandsmerkmal, das allerdings
unerhebliche „Buy-Ins“, vertragliche
geld) an den Aufwendungen bzw.
nicht nach den Absichtserklärungen
Einkleidung der Turnierteilnahme, po-
der Vergütung des Turnierveranstal-
des Stpfl., sondern nach den äuße-
kerbezogene mediale Präsenz bzw.
ters zu beteiligen. Diese Zahlungen
ren Umständen zu beurteilen ist.
Vermarktung der eigenen Person und
stellen nach der einkommensteuer-
Dass einer Betätigung zweifelsohne
Fähigkeiten) in der Gesamtschau ent-
rechtlichen Systematik Betriebsaus-
auch eine nicht unerhebliche Spiel-
scheidend in den Vordergrund tre-
gaben des Kl. dar, durch die sich –
leidenschaft zugrunde liegt, steht
ten.
4. Es ist rechtlich ohne Belang, dass
PRAXISHINWEISE:
Das Urteil macht deutlich, dass die Besteuerung grundsätzlich nicht an den Tatbestand des „Glücksspiels“ anknüpft sondern
an den Tatbestandsmerkmalen des Gewerbebetriebs. Damit können auch Teilnahmen an „reinem“ Glücksspiel grundsätzlich
zu einem Gewerbebetrieb führen, wobei der BFH hierfür aber keine Anhaltspunkte gegeben hat.
Fraglich ist, wie in vergleichbaren Fällen die Spieleinsätze bzw. Verluste zu behandeln sind und wann bei Vorliegen von
Anfangsverlusten die gewerbliche Tätigkeit konkret begonnen hat. Dem Grunde nach müssten insoweit auch Betriebsausgaben anzunehmen sein. Zu beachten ist, dass Geschicklichkeitsspiele z.B. auch bei Quiz- oder Spielteilnahmen gegeben
sein können, so dass im Zweifel auch einmalige Preisgelder der ESt unterliegen können.
12
Februar 2016
2. KÖRPERSCHAFTSTEUER
2.01
KStG
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2, EStG § 20 Abs.1 Nr. 1 bis 3
X
Zurechnung von vGA bei Untreuehandlungen eines Nur-Geschäftsführers zu Lasten der Gesellschaft
Gestaltung
X
FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.07.2015, 10 V
Abwehr
Wissen
EFG 2015 S. 1643, Haufe-Index 8299337
9101/13
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob Untreuehandlungen eines GmbH-Geschäftsführers, der selbst nicht Gesellschafter ist, zu Lasten der
Gesellschaft einen Zufluss von vGA bei den anderen Geschäftsführern, die zugleich auch Gesellschafter sind, bewirken können.
PROBLEMSTELLUNG:
Bei einer GmbH wurden im Rahmen ei-
den Angaben der C und den Feststellun-
Schwarzeinnahmen im Wege der vGA
ner BP sowie einer Fahndungsprüfung
gen der Fahndung hatte D die Einnahmen
den Gesellschaftern quotal zu. Die Ehe-
Schwarzeinnahmen in Höhe von T€ 381
ohne Wissen und Wollen der anderen Ge-
leute A und B beantragten, die Ausset-
festgestellt. Gesellschafter-Geschäftsfüh-
schäftsführer/ Gesellschafter veruntreut.
zung der Vollziehung des ESt-Bescheides,
rer der GmbH waren im Streitjahr 2005
Die GmbH hatte deshalb in ihrer Bilanz
in dem die vGA berücksichtigt wurde, weil
die Eheleute A und B (zusammen 50%)
eine entsprechende Forderung gegen D
der Geschäftsführer D faktisch alleiniger
sowie C (50%); ab dem 03.08.2005 war
eingestellt. Aufgrund der Insolvenz des
Entscheider im Unternehmen gewesen
C alleinige Gesellschafter-Geschäftsführe-
D musste die Forderung später vollstän-
sei. A selbst sei „nicht geschäftsführen-
rin. Der von C geschiedene D war weite-
dig wertberichtigt werden. Das FA rech-
der Gesellschafter gewesen, sondern nur
rer, nicht beteiligter Geschäftsführer. Nach
nete die unstreitig dem D zugeflossenen
angestellter Koch“.
KERNAUSSAGEN:
1.vGA gehören zu den Einkünften aus
auszuschließen sind. Nur dann spricht
Zuwendung hat. Die finanzgericht-
Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs.
der Beweis des ersten Anscheins da-
liche Rechtsprechung sieht den An-
1 Nr. 1 bis 3 EStG, die vom Anteils-
für, dass die nahestehende Person
scheinsbeweis für eine Veranlassung
eigner einer KapGes erzielt werden.
den Vorteil ohne ihre Beziehung zum
durch das Gesellschaftsverhältnis ins-
vGA sind deshalb grundsätzlich dem
Gesellschafter nicht erhalten hätte.
besondere dann als erschüttert an,
Eigentümer bzw. wirtschaftlichen
Die Zuwendung zu Lasten der
wenn sich ein einem Gesellschafter
Eigentümer der Geschäftsanteile zu-
GmbH ist in diesem Fall so zu beur-
nahestehender Geschäftsführer, der
zurechnen.
teilen, als hätte der Gesellschafter
nicht zugleich Gesellschafter ist, wi-
2.Eine vGA kann auch ohne tatsäch-
den Vorteil erhalten und diesen an
derrechtlich Geldbeträge aus dem
lichen Zufluss beim Gesellschafter
die nahestehende Person weiterge-
Vermögen der KapGes verschafft
geben.
und dem Gesellschafter die wider-
gegeben sein, wenn der Vorteil dem
Gesellschafter mittelbar in der Weise
3. An der gesellschaftsrechtlichen Veran-
rechtlichen eigenmächtigen Maß-
zugewendet wird, dass eine ihm na-
lassung einer Vermögensminderung
nahmen des Geschäftsführers weder
hestehende Person aus der Vermö-
fehlt es, wenn die Zuwendung des
bekannt sind noch in seinem Interesse
gensverlagerung Nutzen zieht. Dies
Vorteils ihre Ursache ausschließlich
getroffen werden. In diesem Fall ist
gilt uneingeschränkt jedoch nur für
in einer vom Gesellschaftsver-
die Zuwendung an den Begüns-
den Fall, dass andere Ursachen für die
hältnis zum nahestehenden Gesell-
tigten allein durch die eigenmäch-
Zuwendung als das Nahestehen des
schafter unabhängigen Beziehung
tigen widerrechtlichen Maßnahmen
Empfängers zu einem Gesellschafter
der KapGes zum Empfänger der
des Geschäftsführers veranlasst, nicht
13
Ausgabe Nr. 1
aber durch das Gesellschaftsver-
Handlung des Nur-Geschäftsführers
notwendig ist, erscheint jedoch kei-
hältnis. Dies gilt auch dann, wenn
nicht zugerechnet werden.
nesfalls zwingend. Maßgeblich ist
die widerrechtlichen Maßnahmen des
5. Den Gesellschafter-Geschäftsführer
insoweit allein die Frage, ob eine
Geschäftsführers durch unzureichen-
kann zwar auch dann eine persön-
gesellschaftsrechtliche Veranlassung
de oder fehlende Kontrolle seitens der
liche Haftung treffen, wenn er auf-
für die Vermögensminderung besteht
Gesellschafterversammlung erleich-
grund mangelnder Überwachung
oder ob es sich um eine allein von dem
tert oder ermöglicht worden sind.
des Mitgeschäftsführers von des-
handelnden Geschäftsführer veran-
4. Nicht abschließend entschieden ist
sen Tun keine Kenntnis hatte. Diese
lasste Vermögensminderung handelt.
die Fallkonstellation, dass mehrere
Haftung betrifft das Verhältnis
Letztlich ist zu entscheiden, ob die
Geschäftsführer vorhanden sind,
nach außen und damit die Interes-
Nachlässigkeit eines Gesellschafters in
von denen einer, der nicht gleichzei-
sen schützenswerter Dritter, näm-
seiner Eigenschaft als Geschäftsfüh-
tig Gesellschafter ist, ohne das Wissen
lich der Gläubiger der GmbH, auch
rer zu einer gesellschaftsrechtlichen
des anderen, der auch Gesellschafter
des Steuergläubigers im Falle des §
Veranlassung der von einem Mitge-
ist, Untreuehandlungen zu Lasten
69 AO. Diese Pflichtverletzung wird
schäftsführer in unredlicher Weise
der Gesellschaft begeht. Nach Auf-
in gewisser Weise sanktioniert. Ob
verursachten Vermögensminderung
fassung des beschließenden Senats
gleichzeitig eine weitere Sanktion
führt. Das ist nach der Überzeugung
kann in dieser Konstellation dem
durch Zurechnung der veruntreu-
des Senats nicht der Fall.
Gesellschafter-Geschäftsführer eine
ten Beträge als eigene Einkünfte
vGA aufgrund der widerrechtlichen
des Gesellschafter-Geschäftsführers
PRAXISHINWEISE:
Die Entscheidung betrifft zwar nur das Aussetzungsverfahren, gleichwohl ergeben sich aus der Begründung des FG interessante Aspekte zur Argumentation zur Zurechnung von vGA in Schwarzgeldfällen.
2.02
KStG
KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Abwehr
EStG § 6a
Anwendung der Grundsätze zur Überversorgung
Gestaltung
X
Wissen
FG Köln, Urteil vom 29.04.2015, 13 K 2435/09
EFG 2015 S. 1563, Haufe-Index 8299371
Weiterführende Literatur
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.12.2014 , EFG 2015
S. 321
LEITSATZ:
Bei der Beurteilung von Pensionszusagen sind die Grundsätze des BFH zur Überversorgung (§ 6a EStG) auch bei der Zusage von
Festbeträgen weiterhin anzuwenden (gegen FG Berlin-Brandenburg vom 02.12.2014).
PROBLEMSTELLUNG:
Eine im Jahr 1995 gegründete GmbH hatte
die monatlichen Aktivbezüge des Ge-
Mit Beschluss vom 07.10.2005 wurde
ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer
schäftsführers DM 40.000. Die laufenden
vereinbart, die Pensionsrückstellung nach
im Jahr 1997 eine Pensionszusage mit ei-
Bezüge wurden zum 01.07.2000 auf mo-
dem Stand vom 31.12.2004 einzufrieren.
nem Festbezug von monatlich DM 20.000
natlich DM 4.000,00 und zum 01.07.2001
Nach einer BP wurde die ab 01.12.2001
auf das 65. Lebensjahr erteilt. Zum Zeit-
auf monatlich DM 2.000,00 und schließlich
vereinbarte Gehaltsreduzierung als Bar-
punkt der Erteilung der Zusage betrugen
zum 01.12.2001 auf DM 0,00 reduziert.
lohnverzicht gewertet, so dass durch die
14
Februar 2016
unveränderte Pensionszusage eine Über-
nung der Überversorgung erfolgte nach
03.11.2004 und ergab eine Kürzung der
versorgung eingetreten sei. Die Berech-
den Vorgaben des BMF-Schreibens vom
Rückstellung um 58,40%.
KERNAUSSAGEN:
1. Nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4
Beantwortung der Frage, ob das hohe
6. Anhaltspunkte für eine nur vorüber-
EStG sind Werterhöhungen oder
Versorgungsniveau einer Zusage auf
gehende Verminderung der Arbeits-
Verminderungen von Pensionsleis-
Leistungen der betrieblichen Alters-
leistung und des Gehaltes z.B. zum
tungen nach dem Schluss des Wirt-
versorgung von vorneherein beab-
Zwecke der Sanierung bestehen im
schaftsjahres, die hinsichtlich des
sichtigt worden ist oder ob durch
Streitfall nicht. Die Umstände wider-
Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens
die Höhe künftige Einkommens- und
legen die durch die Überschreitung
oder ihres Umfanges ungewiss sind,
Lohnentwicklungen vorweggenom-
der 75%-Grenze indizierte Überver-
bei der Berechnung des Barwertes der
men werden sollen, sind demnach
sorgung der Höhe nach nur insoweit,
künftigen Pensionsleistungen und der
die Umstände des jeweiligen
wie mit dem Verzicht auf die Aktiv-
Jahresbeträge erst zu berücksich-
Einzelfalles. Das Überschreiten der
bezüge der Geschäftsführer nicht
tigen, wenn sie eingetreten sind.
75%-Grenze durch Beibehaltung der
mehr tätig war. Die Reduzierung
Diese Regelungslage lässt sich durch
Festbetragsversorgungszusage bei re-
der Arbeitszeit des Geschäftsfüh-
eine entsprechende Höherbemessung
duzierten Aktivbezügen kann danach
rers rechtfertigt eine Absenkung
der Versorgung in Form eines Festbe-
im Einzelfall gerechtfertigt sein.
des Gehalts, ohne dass es einer An-
4. Bei einem völligen Barlohnverzicht
passung der Versorgungszusage
2. Eine Vorwegnahme künftiger Ent-
gibt es kein Verhältnis von Aktiv- zu
bedürfte. Diesem Umstand hat der
wicklungen in Gestalt ansteigender
Ruhebezügen mehr, so dass die fort-
Beklagte dadurch Rechnung getra-
Einkommenstrends führt typisierend
bestehende Versorgung in Form von
gen, dass er unter Berücksichtigung
dann zu einer Überversorgung und
Festbeträgen in Höhe des gesamten
der ab 01.12.2001 fehlenden Tätig-
zur Kürzung der Pensionsrückstel-
zugesagten Ruhegeldes eine Über-
keit des Geschäftsführers für die Kl.
lung, wenn die Versorgungsanwart-
versorgung indiziert. Nach den
die Dauer der gerechtfertigten Ver-
schaft zusammen mit der Renten-
Verhältnissen im Streitfall konnte die
sorgungszusage zu der Dauer der
anwartschaft aus der gesetzlichen
Höhe der zugesagten Festbetragsver-
nicht gerechtfertigten Versorgungs-
Rentenversicherung 75% der am
sorgung nicht mehr gerechtfertigt
zusage entsprechend der Tz 19 des
jeweiligen Bilanzstichtag bezogenen
werden, ohne künftige Einkommens-
BMF-Schreibens vom 03.11.2014 ins
Aktivbezüge übersteigt. Zur Prüfung
entwicklungen vorwegzunehmen.
Verhältnis gesetzt und entsprechend
trages nicht umgehen.
einer möglichen Überversorgung wird
5. Die Frage der Überversorgung und
auch bei Festzusagen stets auf die
der darauf beruhenden Anerkennung
vom Arbeitgeber während der aktiven
der Pensionszusage ist zu jedem Bi-
7. Der Einwand der Kl., sie sei zivilrecht-
Tätigkeit des Begünstigten tatsächlich
lanzstichtag nach den jeweils vorlie-
lich nicht ohne weiteres in der
erbrachten Leistungen abgestellt.
genden Umständen zu beurteilen.
Lage gewesen, eine Reduzierung
3. Die Zusage einer gemessen am aktu-
Die Tatsache, dass eine Versorgungs-
der Versorgung gegenüber ihrem
ellen Arbeitsentgelt überhöhten, d.h.
zusage im Zeitpunkt der Zusage ge-
Geschäftsführer durchzusetzen, greift
die 75%-Grenze überschreitenden,
messen an den in diesem Zeitpunkt
nicht durch. Als Alleingesellschafter
betrieblichen Altersversorgung bildet
gezahlten Bezügen die 75%-Grenze
hatte es der Geschäftsführer in der
dabei lediglich ein Indiz bzw. einen
nicht überschritten hat und dem-
Hand, neben einem Gehaltsverzicht
Anhalt für eine steuerrechtlich un-
entsprechend zunächst keine Über-
auch eine entsprechende Anpassung
zulässige Vorwegnahme künftiger
versorgung beinhaltete, führt nicht
der Pensionszusage zu vereinbaren.
Lohntrends und führt deshalb nicht
dazu, dass die Versorgungszusage
Der BFH hat ausdrücklich ausge-
zwingend zur steuerrechtlichen Ver-
dauerhaft und unabhängig von der
führt, der steuerrechtliche Maßstab
sagung einer entsprechenden Pensi-
künftigen Gehaltsentwicklung als an-
der Überversorgung beziehe sich
onsrückstellung. Maßgebend für die
gemessen anzusehen wäre.
ausschließlich auf die aus § 6a EStG
die anzuerkennende Höhe der Pensionsrückstellung berechnet hat.
15
Ausgabe Nr. 1
abzuleitende Bewertung der Versor-
sie allerdings an das Vorliegen einer
Versorgungsversprechens gegen das
gungsanwartschaft. Die Vorschrift
zivilrechtlich wirksam erteilten, den
arbeitsrechtliche Verbot eines Teilwi-
wirke als spezielle Bewertungs-
Verpflichteten wirtschaftlich belas-
derrufs der Versorgungszusage ver-
vorschrift mit einschränkenden
tenden, Versorgungsverpflichtung
stoße, sei daher für die steuerrechtli-
Sondervoraussetzungen, wobei
anschließe. Ob eine Kürzung des
che Entscheidung ohne Bedeutung.
PRAXISHINWEISE:
1. Das FG hat die Revision im Hinblick auf die abweichende Rechtsauffassung des FG Brandenburg, über das in FN 2/2015
unter Tz 2.01 berichtet wurde, zugelassen, das Urteil ist jedoch rechtskräftig geworden.
2. Das FG Brandenburg hatte sich in seiner Entscheidung gegen die ständige Rechtsprechung des BFH zur Überversorgung
als auch gegen die Auffassung des BMF im Schreiben vom 04.11.2004 zur Ermittlung der Überversorgungsgrenzen
gewandt. Daraus ergeben sich insbesondere für die Abwehrberatung sehr gute Argumente.
3. Ist mit einer Pensionszusage eine Überversorgung verbunden, kann die gebildete Pensionsrückstellung insoweit im ersten
offenen Jahr entsprechend aufgelöst werden. Dies gilt für alle Zusagen, also unabhängig davon, ob der Anspruchsberechtigte Gesellschafter ist oder nicht.
2.03
KStG
KStG §§ 32a, 8 Abs. 3 Satz 2
X
Abwehr
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
Sachlicher Anwendungsbereich des § 32a KStG bei vGA
Gestaltung
X
BFH-Beschluss vom 05.06.2015, VIII B 20/15
Wissen
GmbHR 2015 S. 1053, Haufe-Index 8469287
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Es bestehen ernstliche Zweifel daran, ob die Änderung eines ESt Bescheides auf § 32a KStG gestützt werden kann, wenn eine auf
Gesellschafterebene zu erfassende vGA bereits im vorangegangenen ESt-Bescheid – allerdings mit abweichenden Werten- erfasst
worden ist.
PROBLEMSTELLUNG:
Im Streitfall hatte das FA bei einer GmbH
bei der Gesellschaft angefallenen Kfz-
vom 10.02.2014. Aufgrund einer vom
im Rahmen einer durchgeführten BP
Kosten angesetzt wurde. Im geänderten
04.06.2014 datierenden Kontrollmittei-
vGA zugunsten des Alleingesellschafter-
KSt-Bescheid der GmbH vom 28.12.2012
lung, die eine vGA von T€ 46,9 (bei Kfz
Geschäftsführers festgestellt, die durch
wurde eine vGA von insgesamt T€ 33,2
Kosten T€ 33,3) auswies, erließ das FA
nicht dienstvertraglich vereinbarte Kfz-
berücksichtigt. Im Rahmen seiner ESt
am 30.06.2014 unter Hinweis auf § 32a
Nutzungen durch ihn und seine Ehefrau
erklärte der Gesellschafter die vGA, be-
KStG einen entsprechenden Änderungs-
hervorgerufen wurden. Dabei wurde die
rechnete den Nutzungsvorteil aus der Kfz
bescheid. Der mit dem Einspruch gestellte
vGA für den Geschäftsführer nach der
Nutzung für beide Fahrzeuge aber nach
Antrag auf AdV wurde sowohl vom FA als
1% Regelung bemessen, während der
der 1%-Regelung (insgesamt T€ 21,9).
auch vom FG des Saarlandes abgelehnt.
Nutzungsvorteil der Ehefrau mit den
Das FA folgte der Erklärung mit Bescheid
KERNAUSSAGEN:
1. Die Regelung des § 32a KStG ent-
möglichkeit, begründet jedoch keine
zung gegenüber dem Gesellschafter.
hält eine formelle Änderungs-
materielle Bindung der Steuerfestset-
Sie dient dem Ziel, die verfahrens-
16
Februar 2016
rechtlichen Hemmnisse, die einer zu-
nur das Vorliegen der vGA dem
tel bekannt, wenn deren Kenntnis
treffenden materiellen Besteuerung
Grunde nach bekannt war, sondern
nach dem Zeitpunkt erlangt wird,
von Körperschaften und Anteilseig-
der KSt-Bescheid im Zeitpunkt des
in dem die Willensbildung über die
nern entgegenstehen, zu beseitigen.
Erlasses des bestandskräftig gewor-
Steuerfestsetzung abgeschlossen ist.
Sie ist danach im Ergebnis auf die
denen Einkommensteueränderungs-
Maßgeblich ist die Kenntnis der zur
Kongruenz der Besteuerung der
bescheides bereits vorlag. Folgt das
Bearbeitung des Steuerfalls orga-
Ebenen der Gesellschaft und des
FA in einem solchen Fall der in Bezug
nisatorisch berufenen Dienststelle.
Anteilseigners angelegt und ge-
auf die Höhe der vGA abweichenden
Tatsache im Sinne dieser Vorschrift
währt einer materiell richtigen Ein-
Erklärung des Stpfl. und setzt die ESt
ist alles, was Merkmal oder Teilstück
kommensteuerfestsetzung Vorrang
unter Aufhebung des Vorbehalts der
eines gesetzlichen Steuertatbestandes
gegenüber dem Vertrauen des Stpfl.
Nachprüfung erklärungsgemäß fest,
sein kann, also Zustände, Vorgänge,
in die Bestandskraft der bereits erfolg-
so erscheint es zumindest fraglich, ob
Beziehungen und Eigenschaften ma-
ten Steuerfestsetzung.
es eine spätere Durchbrechung der
terieller oder immaterieller Art. Kei-
2. § 32a KStG regelt anders als § 175
eingetretenen Bestandskraft dieses
ne Tatsachen in diesem Sinne sind
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht die
Bescheides auf § 32a KStG stützen
Schlussfolgerungen aller Art, insbe-
Anpassung eines Folgebeschei-
kann, ohne dass der KSt-Bescheid
sondere juristische Subsumtionen.
des an den Grundlagenbescheid.
geändert wird.
Der Kontrollmitteilung, auf die das
Dementsprechend stellt sich zumin-
3.Ernstliche Zweifel bestehen auch
FA sich im Zusammenhang mit dem
dest die Frage, ob eine auf § 32a
daran, dass der Erlass des streitigen
Erlass des streitgegenständlichen Än-
KStG gestützte Korrektur eines be-
Änderungsbescheides auf neue Tat-
derungsbescheides bezieht, ist eine
standskräftigen ESt-Bescheides des
sachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
solche neue Tatsache nicht zu ent-
Gesellschafters jedenfalls dann aus-
gestützt werden kann. Nachträglich
nehmen.
geschlossen ist, wenn dem FA nicht
werden Tatsachen oder Beweismit-
PRAXISHINWEISE:
Der BFH hat die gewährte AdV ausschließlich auf verfahrensrechtliche Überlegungen gestützt und zur Frage, ob die Berechnung der Kfz-Nutzungsvorteile im Streitfall statt nach den Kosten nach der 1%-Regelung erfolgen kann, ausdrücklich
offen gelassen. Ungeachtet der Frage, ob der BFH Gelegenheit bekommt, sich im Hauptsacheverfahren zu dieser Frage zu
äußern, können die vom BFH angestellten Überlegungen im Rahmen von Abwehrberatungen genutzt werden.
17
Ausgabe Nr. 1
3. GEWERBESTEUER
3.01
GewStG
GewStG, §§ 2, 7; EStG; § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Abwehr
Teilbetrieb nur bei hinreichender Selbständigkeit des Geschäftsbereichs
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 22.10.2015, IV R 17/12
Wissen
NWB Dok-ID: ZAAAF-1842, BFH/NV 2016 S. 209
Weiterführende Literatur
LEITSÄTZE:
1. Der Begriff des Teilbetriebs ist gewerbesteuerrechtlich ebenso zu verstehen wie in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, also als organisch
geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein funktions- bzw.
lebensfähig ist.
2. Bei einem Groß- und Einzelhandel mit Getränken, der Abholmärkte betreibt und in einem Geschäftsbereich „Gastronomie“
Gastronomiebetriebe und Veranstaltungen beliefert, ist dieser Geschäftsbereich kein Teilbetrieb i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG, wenn diesem Geschäftsbereich zwar zum Teil eigene Arbeitnehmer zugeordnet sind, die Dienstleistungen der Unternehmensbereiche getrennt beworben und Lieferverträge getrennt ausgehandelt werden, im Übrigen aber die Unternehmensbereiche
organisatorisch einheitlich geführt werden, der Geschäftsbereich „Gastronomie“ nicht räumlich vom Rest des Unternehmens
getrennt ist und nicht über eine eigenständige Buchführung verfügt.
PROBLEMSTELLUNG:
Die Kl. betrieb einen Groß- und Einzel-
Es war auch keine jeweils eigenständige
In ihrer Feststellungserklärung erklärte die
handel mit Getränken. Dabei wurden ne-
Buchführung für die Unternehmensberei-
Kl. einen Gewinn aus der Veräußerung
ben Getränkeabholmärkten, die sowohl
che eingerichtet, sondern deren waren-
eines Teilbetriebs nach § 16 Abs. 1 Nr.
in eigener Regie als auch im Wege des
wirtschaftliche Trennung wurde lediglich
1 EStG; in ihrer Gewerbesteuererklärung
Franchise geführt wurden, auch Gast-
teilweise in der Kostenstellenrechnung
bezog sie den Gewinn jedoch nicht ein. Im
ronomiebetriebe bzw. Veranstaltungen
nachvollzogen. Eine Aufteilung der jewei-
Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat das
im Bereich der Gastronomie beliefert.
ligen Erlöse und Kosten war insoweit zwar
FA die Auffassung, es sei kein Teilbetrieb
Ein Grundstück verwendete die Kl. für
herleitbar, wurde aber nicht durchgängig
veräußert worden, weil das Grundstück
die Leergutlagerung und -sortierung des
vorgenommen. Eine die Eigenständigkeit
eine wesentliche Betriebsgrundlage dar-
Gesamtbetriebs. Die Unternehmensbe-
ermöglichende interne Organisation und
stelle. Ohne die Leergutlagerung und -sor-
reiche wurden in der Öffentlichkeit zwar
Verwaltung waren nicht klar erkennbar.
tierung habe man den Bereich „Gastro-
unterschiedlich beworben. Räumlich war
Im Jahre 2006 verkaufte die Kl. den Be-
nomie“ nicht fortführen können, so dass
der Bereich der Gastronomie vom Rest
reich „Gastronomie“, wobei das Grund-
es an der Veräußerung aller wesentlichen
des Unternehmens aber nicht getrennt.
stück allerdings nicht mit veräußert wurde.
Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs fehle.
Gesamtbetriebs gleichzustellen
Selbständigkeit besitzen, ist nach
sind.
dem Gesamtbild der Verhältnisse zu
KERNAUSSAGEN:
1. Die weitgehende Verselbständigung eines Teilbetriebs im Rahmen
18
des gesamten Gewerbebetriebs ist
2. Ob die veräußerten Wirtschaftsgü-
entscheiden, und zwar nach den Ver-
maßgebliche Rechtfertigung dafür,
ter in ihrer Zusammenfassung einer
hältnissen beim Veräußerer und nicht
dass auch Gewinne aus der Aufgabe
sich von der übrigen gewerblichen Tä-
beim Empfänger.
oder Veräußerung eines Teilbetriebs
tigkeit des Veräußerers deutlich ab-
3. Bei dieser Gesamtwürdigung sind
nicht der Gewerbesteuer zu unter-
hebenden Betätigung dienen und
z.B. folgende Abgrenzungsmerk-
werfen und damit den Gewinnen aus
als Betriebsteil die für die Annah-
male zu beachten: räumliche Tren-
der Aufgabe oder Veräußerung des
me eines Teilbetriebs erforderliche
nung vom Hauptbetrieb, eigener
Februar 2016
Wirkungskreis, gesonderte Buchfüh-
4. Diese Merkmale brauchen zwar nicht
zur Veräußerung vorgesehener
rung, eigenes Personal, eigene Ver-
sämtlich vorzuliegen, der Teilbe-
Teil des Gesamtbetriebs definiert
waltung, eigenes Anlagevermögen,
trieb erfordert allerdings eine ge-
werden kann, ist für den steuerrechtli-
ungleichartige betriebliche Tätigkeit,
wisse Selbständigkeit gegenüber
chen Begriff des Teilbetriebs nicht von
eigener Kundenstamm und eine die
dem Hauptbetrieb. Ob zivilrechtlich
Bedeutung.
Eigenständigkeit ermöglichende in-
unter dem Aspekt des sachenrecht-
terne Organisation.
lichen Bestimmtheitsgrundsatzes ein
PRAXISHINWEISE:
1. Auf die Frage, ob das Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage des (vermeintlichen) Teilbetriebs „Gastronomie“
darstellte, kam es im Streitfall nicht mehr an. Für die Praxis ist zu empfehlen, in vergleichbaren Fällen auf eine eindeutige
Trennung der Teilbetriebe nach den vom BFH aufgezeigten Kriterien zu achten.
2. Zu beachten ist, dass für einkommensteuerliche und umwandlungsrechtliche Tatbestände unterschiedliche Teilbetriebsbegriffe bestehen, die im Rahmen von Gestaltungen gesondert zu prüfen und zu beurteilen sind.
3.02
GewStG
GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. e
Abwehr
Hinzurechnung von am Umsatz des Pächters bemessenen Grundstückspachtzahlungen
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 18.08.2015, I R 43/14
Wissen
NWB Dok-ID: VAAAF-18885, BFH/NV 2016 S. 232
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Auch bei einer Umsatzpacht sind die Pachtzinsen bei der Berechnung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 8 Nr. 1 Buchst. e)
GewStG hinzuzurechnen.
PROBLEMSTELLUNG:
Die Kl., eine GmbH, hat mehrere Immo-
Verträge sehen vor, dass sich das Entgelt
ertragserhöhend erfasste, war die Kl. der
bilien gepachtet, um sie gewerblich zu
aus einer Mindestpacht und einer umsatz-
Auffassung, dass von den Pachtentgelten
nutzen. Mit den Grundstückseigentümern
abhängigen Vergütung zusammensetzt.
zunächst bestimmte Betriebskosten ab-
wurden zum Teil umsatzabhängige Pach-
Während das FA auch im Falle der umsatz-
zusetzen seien und nur der sich daraus
ten vereinbart, verbunden mit der Ver-
abhängigen Pacht die an die Eigentümer
ergebende Differenzbetrag dem Grunde
pflichtung, das Gewerbe auch tatsäch-
gezahlten Pachtzinsen in voller Höhe ge-
nach der Hinzurechnung unterliege.
lich zu betreiben (Betriebspflicht). Andere
mäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG gewerbe-
KERNAUSSAGEN:
1. Gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG
werden dem Gewinn aus Gewer-
eines anderen stehen, wieder hinzu-
oder Pächter getragenen Instandhal-
gerechnet.
tungskosten und z.B. die Kosten einer
bebetrieb ein Viertel der Summe
2. Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen
Kaskoversicherung zu den Miet- oder
aus dreizehn Zwanzigstel (ab 2010:
ist wirtschaftlich zu verstehen. Er
Pachtzinsen, wenn und soweit diese
der Hälfte) der Miet- und Pachtzin-
erfasst daher nicht nur die laufenden
Kosten nach den für diesen Vertragstyp
sen für die Benutzung der unbe-
Barzahlungen des Mieters oder Päch-
gültigen gesetzlichen zivilrechtli-
weglichen Wirtschaftsgüter des
ters an den Vermieter oder Verpächter.
chen Vorschriften nicht ohnehin der
Anlagevermögens, die im Eigentum
Vielmehr gehören auch die vom Mieter
Mieter oder Pächter zu tragen hätte.
19
Ausgabe Nr. 1
3. Das Gesetz stellt auf das im Außen-
4. Auch gleichheitsrechtliche Überle-
für Strom) in den Umsatz einkalkuliert
verhältnis gegenüber dem Ver-
gungen, wonach Umsatzpachtver-
und die Kosten somit mittelbar die zu
pächter gezahlte Entgelt ab. Daher
hältnisse und Festpachtverhältnisse
zahlende Umsatzpacht und damit
spielen interne Kalkulationsgrundla-
ungleich behandelt würden, rechtfer-
den Hinzurechnungsbetrag erhöhen.
gen des Pächters, die ihn veranlasst
tigen es nicht, vom Pächter getrage-
Doch werden bei einer Festpacht die
haben, eine bestimmte Pachthöhe
ne Betriebskosten von der gezahlten
Betriebskosten ebenfalls in die Kalku-
oder eine bestimmte Methode der
Umsatzpacht als dem maßgeblichen
lation einfließen und der Verpächter
Pachtbemessung im Außenverhältnis
Hinzurechnungsbetrag abzuzie-
hat sich - jedenfalls auf mittelbare Wei-
zum Verpächter vertraglich zu ak-
hen. Zwar mag es zutreffen, dass bei
se - ebenfalls seine Beteiligung an den
zeptieren, für die Anwendung der
einer Umsatzpacht der Pächter die von
gezogenen Früchten in Gestalt der
Hinzurechnungsnorm keine Rolle.
ihm zu tragenden Betriebskosten (z.B.
Festpacht vorbehalten.
PRAXISHINWEISE:
Der BFH hält die gesetzlich gebotene Hinzurechnung der Grundstücksmieten und -pachten für eindeutig verfassungskonform. Er verweist in diesem Zusammenhang auf sein Urteil vom 04.06.2014 (BStBl II 2015, 289). Er hat das Verfahren daher
trotz des vom FG Hamburg angestrengten Normenkontrollverfahrens beim BVerfG (Az. 1 BvL 8/12) nicht ausgesetzt. Der
BFH schätzt die Vorlage als offensichtlich aussichtslos ein.
20
Februar 2016
4. BILANZSTEUERRECHT
4.01
Bilanz
EStG § 5
Abwehr
Steuerliche Behandlung von kundenspezifischen mit Werkzeugkostenzuschüssen geförderten
Werkzeugen
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 28.05.2015, IV R 3/13
Wissen
BStBl II 2015 S. 7977, NWB 2015 S. 2842, kösdi 2015 S. 19500
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Zuschüsse des Auftraggebers für kundenspezifische Werkzeuge sind ertragswirksam zu erfassen, wenn der Auftraggeber Eigentümer der Werkzeuge wird. Der Auftragnehmer darf die Zuschüsse weder durch Rechnungsabgrenzungsposten noch Rückstellungen
neutralisieren.
PROBLEMSTELLUNG:
Die als Automobilzulieferer tätige K-GmbH
Die K-GmbH & Co. KG aktivierte die
Werkzeugkostenzuschüsse als Kauf- oder
& Co. KG erstellte zur Erfüllung von Liefer-
Werkzeuge und schrieb sie über die vor-
Werklieferungsverträge anzusehen seien.
aufträgen Werkzeuge, die zivilrechtliches
aussichtliche Nutzungsdauer ab. Für die
Aus Vereinfachungsgründen löste das FA
Eigentum der Kunden wurden. Die Kun-
Zuschüsse bildete sie passive Rechnungs-
den passiven Rechnungsabgrenzungspos-
den zahlten Zuschüsse zur Herstellung der
abgrenzungsposten, die sie im Hinblick
ten nur insoweit gewinnerhöhend auf, als
Werkzeuge, die die Kosten für die Herstel-
auf künftige Preisermäßigungen für die
dieser den Betrag der aktivierten Werk-
lung regelmäßig überstiegen. Im Hinblick
Teilelieferung laufzeitorientiert auflöste.
zeuge überstieg.
auf die Zuschüsse gewährte die K-GmbH
Das FA vertrat die Auffassung, dass kein
& Co. KG den Kunden Preisnachlässe auf
passiver Rechnungsabgrenzungsposten
die fortlaufend gelieferten Kfz-Teile.
zu bilden sei, da die Verträge über die
KG
Kunde
Zuschuss zur Herstellung spezifischer Werkzeuge mit verbilligter
Lieferverpflichtung
FIRMA
Bilanzierung des Stpfl.:
ffZuschuss: passiver RAP (Auflösung über Vertragslaufzeit)
ffWerkzeug: Herstellkosten (planmäßige Abschreibung)
K-GmbH&Co.KG
Berichtigung des FA:
ffAuflösung des passiven RAP, soweit Herstellkosten überschritten
21
Ausgabe Nr. 1
KERNAUSSAGEN:
1.Rechnungsabgrenzung gemäß § 5
Übergang des zivilrechtlichen Ei-
Bilanzstichtag rechtlich noch nicht
Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG betrifft in
gentums an den Werkzeugen legt
wirksam entstanden. Durch eine
erster Linie typische Vorleistungen
eine synallagmatische Verknüpfung
vage Vertragsformulierung „in
eines Vertragspartners im Rahmen ei-
zwischen Herstellungs- und Lie-
Abhängigkeit von der Zuschusshö-
nes gegenseitigen Vertrages i.S.d.
ferpflicht hinsichtlich der Werkzeuge
he“ und dem Umstand, dass diese
§§ 320 ff. BGB. Da das bezogene Ent-
und den Werkzeugkostenzuschüs-
Verpflichtung erst mittelbar über
gelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur
sen als Gegenleistung nahe. Der Ver-
die Preiskalkulation der noch her-
insoweit abzugrenzen ist, als es Ertrag
pflichtung, die zu produzierenden
zustellenden Serienteile zum Tragen
für eine bestimmte Zeit „nach die-
Serienteile in Abhängigkeit von der
kommt, bleibt ungewiss, ob und in
sem Zeitpunkt“ darstellt, muss eine
Zuschusshöhe verbilligt zu liefern,
welcher Höhe eine Verbindlichkeit
Verpflichtung zu einer nach diesem
führt nicht zwingend zu der Annah-
in Zukunft eintreten wird. Die Ver-
Bilanzstichtag noch zu erbringen-
me, die Werkzeugkostenzuschüsse
pflichtung zur verbilligten Lieferung
den Gegenleistung bestehen. Im
als Vorleistungen auf die künftige
ist wirtschaftlich mit den künfti-
Hinblick auf eine bereits vollzogene
Lieferung von Fahrzeugteilen zu be-
gen Lieferungen verknüpft, so
Leistung kann eine Rechnungsab-
urteilen.
dass erst in den künftigen Jahren
grenzung nicht erfolgen.
2.Werkzeugkostenzuschüsse führen
eine Belastung des Vermögens
Beruht die Zahlung von Werkzeug-
nicht zur Passivierung von Rückstel-
eintritt und demnach wirtschaftlich
kostenzuschüssen auf Kauf- bzw.
lungen, da die mit den Verpflichtun-
erst in jenen Jahren verursacht ist.
Werklieferungsverträgen,
die
gen zur verbilligten Lieferung der
3. Eine Passivierung der Werkzeugkos-
dem Auftraggeber das zivilrechtliche
Serienteile keine ungewissen Ver-
tenzuschüsse als Anzahlungen auf
Eigentum an den Werkzeugen ver-
bindlichkeiten i.S. von § 249 Abs. 1
schwebende Geschäfte scheidet
schaffen, stellen die Zahlungen kei-
Satz 1 HGB darstellen. Die Verpflich-
aus, sofern die Werkzeugkostenzu-
ne Vorleistungen auf die künftige
tung, die Serienteile in Abhängigkeit
schüsse nicht für künftige Liefe-
Lieferung der mit den Werkzeugen
von der Zuschusshöhe verbilligt zu
rungen gezahlt werden, sondern
hergestellten Serienteile dar. Eine
liefern, ist rechtlich eigenständig
die Gegenleistung für die Über-
vertragliche Verknüpfung der
und bei späterer Lieferung der noch
eignung der Werkzeuge darstellen.
Werkzeugkostenzuschüsse mit dem
zu produzierenden Serienteile am
PRAXISHINWEISE:
1. Der BFH setzt sich umfassend mit den zivilrechtlichen Grundlagen zur Gewährung der Werkzeugkostenzuschüsse auseinander. Im Ergebnis steht nach Auffassung des BFH unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse die Verschaffung des zivilrechtlichen Eigentums im Mittelpunkt der vertraglichen Gestaltung. Daher scheidet eine erfolgsneutrale
Behandlung durch die Passivierung von Rechnungsabgrenzungsposten, Rückstellungen oder Anzahlungen aus. In der
Praxis steht einer vertraglich eindeutig geregelten, verbilligten Lieferverpflichtung das Interesse des Werkzeugherstellers
gegenüber, im Rahmen der Vertragsauslegung die Verpflichtung zur verbilligten Lieferung nicht eindeutig festzulegen. Für
die Bilanzierung kommt es danach auf das zivilrechtliche (und wirtschaftliche) Eigentum an (vgl. auch IDW HFA 2/1996).
2. Der BFH hatte nicht zu beurteilen, welche bilanziellen Auswirkungen eine verbilligte Lieferverpflichtung hat, die die
Ergebnisse künftiger Perioden negativ belasten. Sofern die Ergebnisauswirkungen konkreter Lieferverpflichtungen
quantifizierbar sind, ist die Bildung einer Drohverlustrückstellung zumindest zu prüfen.
22
Februar 2016
4.02
Bilanz
EStG § 6, AStG § 1
Teilwertabschreibung auf ungesicherte Gesellschafterdarlehen an Auslandstochtergesellschaft
X
Abwehr
X
Gestaltung
Wissen
BFH-Urteil vom 26.06.2015, I R 29/14
BB 2015 S. 2544, kösdi 2015 S. 19505
Weiterführende Literatur
DB 2015 S. 2479, BMF-Schreiben vom 29.03.2011
LEITSÄTZE:
1. Aufgrund des sog. Rückhalts im Konzern kann es fremdvergleichsgerecht sein, bei einer Darlehensgewährung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern von Sicherheiten abzusehen. Der Konzernrückhalt lässt jedoch keinen Schluss auf die Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit durch die Tochtergesellschaft und damit die Werthaltigkeit des Rückforderungsanspruchs
aus dem gewährten Darlehen zu (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29.03.2011, Tz. 3.).
2. Der abkommensrechtliche Grundsatz des „dealing at arm‘s length“ nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: nach Art. IV DBAGroßbritannien 1964) ermöglicht eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften der Vertragsstaaten (hier: nach § 1 Abs. 1
AStG) nur dann, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe, also seiner Angemessenheit
nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht indessen nicht die Korrektur einer Abschreibung, die (nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen (hier: englischen) Tochtergesellschaft in
(ggf.) fremdunüblicher Weise unbesichert begeben hat (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29.03.2011, Tz. 3.). Die fehlende
Besicherung schlägt sich insoweit nur im entsprechend bepreisten Zins nieder.
PROBLEMSTELLUNG:
Eine deutsche GmbH gewährte der in
keine Sicherheiten. Aufgrund der schlech-
Das FA wertete die Beträge als Einlagen
Großbritannien ansässigen Tochtergesell-
ten Geschäftsentwicklung und nachhalti-
und nahm eine Gewinnkorrektur nach § 1
schaft mit einem Nennkapital von T£ 50
ger Verluste wurde der Geschäftsbetrieb
AStG vor. Die Teilwertabschreibungen sah
darlehensweise verschiedene Transfer-
der Tochtergesellschaft Ende 2002 einge-
das FA wegen des sog. Rückhalts im Kon-
zahlungen. Die Beträge wurden mit 5 %
stellt und die Gesellschaft im Jahr 2004
zern als nicht gerechtfertigt an.
verzinst, die Tochtergesellschaft gewährte
liquidiert.
GMBH
LTD
unbesichertes Darlehen
(sog. Konzernrückhalt)
Deutschland
Großbritannien
KERNAUSSAGEN:
1. Werden Einkünfte eines Stpfl. aus
unbeschadet anderer Vorschriften
18 oder § 21 EStG anzuwenden sind
Geschäftsbeziehungen mit einer
so anzusetzen, wie sie unter den
oder wären, wenn die Tätigkeit im
ihm nahestehenden Person da-
zwischen unabhängigen Dritten ver-
Inland vorgenommen würde.
durch gemindert, dass er im Rahmen
einbarten Bedingungen angefal-
2. Im Zusammenhang mit unbesicher-
solcher Geschäftsbeziehungen zum
len wären. Geschäftsbeziehungen
ten Darlehensgewährungen kann
Ausland Bedingungen vereinbart,
i.S. der Abs. 1 und 2 liegen nach § 1
hinsichtlich der korrekturauslösenden
die von denen abweichen, die von-
Abs. 4 AStG a.F. vor, wenn die den
Voraussetzungen des § 1 Abs. 1
einander unabhängige Dritte unter
Einkünften zugrundeliegende Bezie-
AStG a.F. kontrovers diskutiert
gleichen oder ähnlichen Verhältnis-
hung entweder beim Stpfl. oder bei
werden,
sen vereinbart hätten, so sind seine
der nahestehenden Person Teil einer
ffob das (verzinste) Darlehen im
Einkünfte nach § 1 Abs. 1 AStG a.F.
Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15,
Rahmen einer Geschäftsbezie-
23
Ausgabe Nr. 1
hung i.S. von § 1 Abs. 4 AStG a.F.
Fremdvergleichsmaßstab aus. Aus-
wenn die Konzernbeziehungen für
begeben wird oder ob es sich um
schlaggebend für eine Korrektur ist
sich gesehen eine Sicherheit bedeu-
eine eigenkapitalersetzende
bei einer Darlehensbegebung allein
ten. Ob der Rückhalt im Besicherungs-
Maßnahme handelt, die die An-
der vereinbarte Zinssatz, der einem
fall tatsächlich und uneingeschränkt
nahme einer Geschäftsbeziehung
Fremdvergleich standhalten muss.
greift, ist damit noch nicht ausge-
nach § 1 Abs. 4 AStG ausschließt,
Im Falle der fehlenden Besicherung
macht. Dass die Muttergesellschaft
ffob die fehlende Besicherung
-aufgrund des Konzernrückhalts und
im Außenverhältnis regelmäßig
des Darlehens eine Bedingung
ggf. nach den Umständen des Einzel-
für Verbindlichkeiten der Tochterge-
im Sinne des Gesetzes ist,
falls und der dadurch ausgelösten Be-
sellschaft gegenüber Dritten einsteht
ffob die fehlende Besicherung
sicherungsintensität ist der Zinssatz
(sog. Eventualverbindlichkeit), lässt
und die infolgedessen ausgelös-
im Rahmen einer konzerninternen Fi-
keinen zwingenden Schluss auf
te Teilwertabschreibung nach §
nanzierung um einen angemessenen
die Rückzahlung der Darlehens-
6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG für
Risikozuschlag zu erhöhen.
verbindlichkeit durch die Tochter-
die Einkünfteminderung als Ge-
4. Der ausschlaggebende Regelungs-
gesellschaft zu. Gerade dann, wenn
winnverlagerung in das Aus-
maßstab wird durch Art. IV DBA-
die Tochtergesellschaft auf die Inan-
land ursächlich ist.
Großbritannien gesetzt, und nicht
spruchnahme des Konzernrückhalts
3. Selbst wenn alle Voraussetzungen
durch die nationale Vorschrift des
angewiesen ist, um Drittgläubiger zu
des § 1 Abs. 1 AStG a.F. erfüllt
§ 1 Abs. 1 AStG a.F. Es sind keine
befriedigen, ist davon auszugehen,
sind, scheidet eine Einkünftekor-
Anhaltspunkte ersichtlich, dass
dass die Darlehensverbindlichkeit ge-
rektur wegen einer fehlenden
§ 1 Abs. 1 AStG a.F. als sog. Treaty
genüber der Muttergesellschaft nicht
Darlehensbesicherung aufgrund
override ausgestaltet ist. Bei Darle-
bedient wird. Der Konzernrückhalt
des DBA zwischen der Bundesrepu-
hensgewährungen zwischen Kapi-
berührt die handels- wie steuerrecht-
blik Deutschland und dem Vereinigten
talgesellschaften in einem Konzern
lich gebotene Teilwertabschrei-
Königreich Großbritannien und Nord-
kann es fremdvergleichsgerecht
bung einer konzerninternen Darle-
irland und mit dem darin bestimmten
sein, von Sicherheiten abzusehen,
hensforderung prinzipiell nicht.
PRAXISHINWEISE:
1. Ein sog. Konzernrückhalt kann zur Folge haben, dass die Muttergesellschaft für den etwaigen Ausfall der Darlehenssumme „geradesteht“. Und gerade deswegen ist eine Besicherung im Konzernzusammenhang nicht zwingend und
unter allen Umständen einzufordern. Jedoch können Darlehensgewährungen im Konzern nicht allein deshalb als vGA
beurteilt werden, weil für sie keine Sicherheit verlangt wurde. Der Auffassung der Finanzverwaltung, diese Rechtsprechung zum Beleg dafür zu nehmen, eine an sich gebotene Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG
mangels dauernder Wertminderung auszuschließen, erteilt der BFH eine deutliche Absage. Das BFH-Urteil entzieht dem
BMF-Schreiben vom 29.03.2011 (Tz. 3.2) zu § 1 AStG in erheblichem Maße die Grundlage.
1. Die Frage der Anerkennung von Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen zwischen Kapitalgesellschaften hat
an Bedeutung verloren. Durch § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG unterliegen Teilwertabschreibungen dem Abzugsverbot. Für
Mutter-Einzelunternehmen und –Personengesellschaften bleibt die Frage der Anerkennung trotz des Teilabzugsverbots
nach § 3c Abs. 2 S. 2 EStG von praktischer Bedeutung.
24
Februar 2016
4.03
Bilanz
EStG §§ 15a, 16
Abwehr
Einbeziehung eines negativen Kapitalkontos in die Berechnung des Veräußerungsgewinns eines
gegen Entgelt aus einer KG ausscheidenden Kommanditisten
BFH-Urteil vom 09.07.2015, IV R 19/12
Gestaltung
X
Wissen
BB 2015 S. 2288 mit Anm., DB 2015 S. 1874, DStR 2015 S.
1859, GmbHR 2015 S. 999
Weiterführende Literatur
AktStR 2015 S. 575
LEITSATZ:
Scheidet ein Kommanditist gegen Entgelt aus einer KG aus, ist ein von ihm nicht auszugleichendes negatives Kapitalkonto bei der
Berechnung seines Veräußerungsgewinns in vollem Umfang zu berücksichtigen. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen
das Kapitalkonto negativ geworden ist.
PROBLEMSTELLUNG:
K schied aus der Publikums-GmbH & Co.
nen entsprechenden Beschluss fasste und
die Auffassung, dass das Kapitalkonto nur
KG mit einem negativen Kapitalkonto
es die Liquiditätslage der Gesellschaft zu-
dann den Veräußerungsgewinn erhöhe,
aus. Nach den Bestimmungen des Gesell-
ließ. Die Rückzahlung ausgezahlter Ent-
wenn es sich um rückzahlungspflichtige
schaftsvertrags bestand keine Nachschuss-
nahmen war nicht vorgesehen. Das FA
Entnahmen handele und die KG auf diese
pflicht. Entnahmen waren außerhalb von
erhöhte den Veräußerungsgewinn um das
Ausgleichsforderung verzichte.
Gewinnausschüttungen nur zulässig,
durch Entnahmen negativ gewordene Ka-
wenn die Gesellschafterversammlung ei-
pitalkonto. Demgegenüber vertrat das FG
Ausscheiden aus KG mit
negativem Kapitalkonto auf-
Auffassung des Stpfl.
Auffassung des FA
Auffassung des FG
Erhöhung des Veräußerungs-
Erhöhung des Veräußerungs-
Erhöhung des Veräußerungs-
gewinns
gewinns
gewinns
Erhöhung des Veräußerungs-
Erhöhung des Veräußerungs-
Erhöhung des Veräußerungs-
grund von…
Verlusten
rückzahlungspflichtigen Entnahmen
gewinns
gewinns
gewinns
nicht rückzahlungspflichtigen
Keine Erhöhung des Veräuße-
Erhöhung des Veräußerungs-
Keine Erhöhung des Veräuße-
Entnahmen
rungsgewinns
gewinns
rungsgewinns
KERNAUSSAGEN:
1. Scheidet ein Kommanditist aus einer
2 EStG zu den Einkünften aus Ge-
sich um das nicht auszugleichende
KG aus, so wächst sein Anteil am Ge-
werbebetrieb. Der Veräußerungs-
negative Kapitalkonto. Im Ergebnis
sellschaftsvermögen kraft Gesetzes
gewinn ergibt sich aus der Differenz
bleiben die darin enthaltenen verre-
den verbleibenden Gesellschaftern
zwischen den dem Ausscheidenden
chenbaren Verluste nach § 15a EStG
zu (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB,
aus diesem Anlass zugewandten Leis-
ohne ertragsteuerliche Auswir-
§ 738 Abs. 1 BGB). Scheidet ein
tungen und seinem Kapitalkonto.
kung, da der Gewinn aus der Auf-
Kommanditist gegen Entgelt aus ei-
Ein negatives Kapitalkonto ist dem
lösung des negativen Kapitalkontos
ner KG aus, handelt es sich steuerlich
Veräußerungspreis gegenüberzustel-
insoweit um den für den Komman-
um eine Veräußerung des Gesell-
len und führt zur Erhöhung eines
ditisten festgestellten verrechenbaren
schaftsanteils an die verbleibenden
Veräußerungsgewinns, soweit es
Verlust zu mindern ist.
Gesellschafter. Die Gewinne aus der
nicht ausgeglichen wird.
3. In den Veräußerungsgewinn des
Veräußerung des Mitunternehme-
2. Der Veräußerungsgewinn des aus-
ausscheidenden Kommanditisten ist
ranteils gehören nach § 16 Abs. 1 Nr.
scheidenden Kommanditisten erhöht
auch der Teil des negativen Kapi-
25
Ausgabe Nr. 1
talkontos einzubeziehen, der auf
konto mit zukünftigen Gewinnen
gativen Kapitalkontos führt, vom
Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2
auszugleichen und geht auf die ver-
Kommanditisten grundsätzlich zu
EStG zurückzuführen ist. Dabei ist
bleibenden Gesellschafter über.
versteuern ist, ergibt sich auch aus
unerheblich, ob es sich bei Entnah-
Insoweit erlangt der Ausscheidende
§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG. Danach
men um nach dem Gesellschafts-
mit der Befreiung von der Verpflich-
ist einem Kommanditisten im Fall ei-
vertrag rückzahlungspflichtige
tung, das negative Kapitalkonto mit
ner vorangegangenen Verlustnutzung
oder nicht rückzahlungspflichtige
zukünftigen Gewinnen auszuglei-
(§ 15a Abs. 3 Satz 2 EStG) der Betrag
Auszahlungen handelt. Ein durch
chen, eine Gegenleistung für die
einer Entnahme als Gewinn zuzurech-
Entnahmen negativ gewordenes
Veräußerung seines Kommanditan-
nen, soweit durch die Entnahme ein
Kapitalkonto bringt im Verhältnis
teils. Die Besteuerung des Gewinns
negatives Kapitalkonto des Komman-
der Gesellschafter untereinander
aus der Auflösung des negativen
ditisten entsteht oder sich erhöht
zum Ausdruck, dass der belastete
Kapitalkontos ist auch im Hinblick
(Einlageminderung) und soweit
Gesellschafter am künftigen Vermö-
auf die Besteuerung nach der indivi-
nicht aufgrund der Entnahmen eine
genszuwachs der Gesellschaft bis
duellen Leistungsfähigkeit geboten.
nach § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG zu be-
zur Auffüllung des negativen Kapi-
Es besteht kein sachlicher Grund für
rücksichtigende Haftung besteht oder
talkontos nicht beteiligt ist. Der Ge-
die Steuerbarkeit eines Gewinns aus
entsteht. Liegen die Voraussetzungen
sellschafter hat seine Gewinnanteile
der Auflösung eines negativen Ka-
des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG vor, ist
den Mitgesellschaftern zu überlas-
pitalkontos nach dem Kriterium der
dem Kommanditisten in Höhe der
sen (vgl. § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Rückzahlungspflicht zu unterschei-
Entnahme ein Gewinn allerdings nicht
den.
erst im Jahr der Auflösung seines Ka-
4.Leistet der ausscheidende Gesellschafter keine Ausgleichszahlung,
5. Dass eine später nicht „ausgegliche-
entfällt mit dem Ausscheiden die
ne“ Entnahme, die zum Entstehen
Belastung, ein negatives Kapital-
oder zu einer Erhöhung eines ne-
pitalkontos zuzurechnen, sondern
bereits im Jahr der Entnahme.
PRAXISHINWEISE:
1. Das BFH-Urteil schafft Rechtssicherheit, da der Wegfall negativer Kapitalkonten unabhängig von ihrer gesellschaftsrechtlichen Würdigung zu einem Veräußerungsgewinn führen. In der Praxis wird zu prüfen sein, inwieweit durch die
Beteiligung an Anlage-Publikumsgesellschaften Steuerzahlungen zu erwarten sind. In der Beratungspraxis kann es
zweckmäßig sein, die Kapitalkonten der Kommanditisten zu erheben, um unerwartete Liquiditätsabflüsse zu vermeiden.
2. Das steuerliche Kapital i.S.d. § 15a EStG setzt sich aus dem Kapitalkonto des Kommanditisten in der Gesamthandsbilanz und dem Kapital der Ergänzungsbilanz zusammen, Sonderbilanzen bleiben unberücksichtigt. In der Praxis ist
stets zu prüfen, inwieweit eine konkret drohende Haftungsinanspruchnahme ohne realisierbare Ausgleichs- und Rückgriffsansprüche besteht. In diesen Fällen ist in der Sonderbilanz eine Rückstellung zu bilden, die zu einer Kürzung des
Veräußerungsgewinns führt.
26
Februar 2016
4.04
Bilanz
EStG § 34
X
Tarifbegünstigung des Betriebsaufgabegewinns trotz vorheriger Ausgliederung einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert
Abwehr
Gestaltung
X
Wissen
BStBl II 2015 S. 797, BB 2015 S. 1839, DB 2015 S. 1694 mit
BFH-Urteil vom 28.05.2015, IV R 26/12
Anm., DStR 2015 S. 1668, FR 2015 S. 892 mit Anm., GmbHR
2015 S. 1061, GmbH-StB 2015 S. 276, kösdi 2015 S. 19386,
WPg 2015 S. 852
Weiterführende Literatur
NWB 2015 S. 2924
LEITSATZ:
Der Gewinn aus der Aufgabe eines Betriebs unterliegt auch dann der Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG, wenn zuvor im engen
zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe eine das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen übertragen oder überführt worden ist.
PROBLEMSTELLUNG:
M war alleiniger Kommanditist der RS-
Sonderbetriebsvermögen des M bei der
Für die Überführung des Grundstücksteils
GmbH & Co. KG, zudem hielt er sämt-
RS-GmbH & Co. KG bilanziert.
erklärte M einen tarifbegünstigten Veräu-
liche Geschäftsanteile der RS-GmbH, die
Zum 31.12.2004 schied die RS GmbH aus
ßerungsgewinn in Höhe von 47 T€. Das FA
als Komplementärin am Ertrag und Ver-
der RS GmbH & Co. KG aus und das bishe-
und FG versagten die Tarifbegünstigung
mögen nicht beteiligt war. Die RS-GmbH
rige Gesellschaftsvermögen der RS-GmbH
mit der Begründung, dass nicht sämtliche
& Co. KG vermietete den in ihrem Mitei-
& Co. KG wurde in das Privatvermögen
stille Reserven aufgedeckt worden sind,
gentum stehenden Grundstücksteil an die
des M übernommen. Die Anteile an der
da die Anteile an der RS-GmbH und der
GS-GmbH, an der M ebenfalls sämtliche
RS-GmbH und der GS-GmbH überführte
GS-GmbH in ein anderes Sonderbetriebs-
Geschäftsanteile hielt. Die Anteile an der
M in das Sonderbetriebsvermögen der
vermögen überführt wurden.
RS-GmbH und der GS-GmbH wurden im
V-KG, an der M zu 40 % beteiligt war.
M
KG
RS-GmbH & Co. KG
GMBH
RS-GmbH
GMBH
GS-GmbH
Zum 31.12.2014:
ffAusscheiden der RS GmbH aus RS GmbH & Co. KG
ffAnteile der RS-GmbH nd GS-GmbH werden Sonder-
betriebsvermögen der V-KG
ffTarifbegünstigte Entnahme des Grundstücks streitig
27
Ausgabe Nr. 1
KERNAUSSAGEN:
1. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG
unterliegen in dem zu versteuernden
betriebsvermögen der Mitunter-
Kapitalgesellschaft zum Buchwert
nehmer gehalten werden.
in ein anderes Betriebsvermögen
übertragen oder überführt wird.
Einkommen enthaltene außeror-
3. Zu den in § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG auf-
dentliche Einkünfte der Tarifbe-
geführten Veräußerungsgewinnen
Eine derartige Beteiligung wird
günstigung nach den Sätzen 2 bis
gehören u.a. die Gewinne aus der
in § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2
4. Gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1
Veräußerung/Aufgabe des gan-
EStG einem Teilbetrieb gleichge-
EStG kommen als außerordentliche
zen Gewerbebetriebs, eines Teil-
stellt, um die stillen Reserven der
Einkünfte nur die enumerativ in §
betriebs oder eines Mitunterneh-
Beteiligung einer ermäßigten Be-
34 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 EStG aufge-
meranteils. Als Teilbetrieb gilt nach
steuerung zu unterwerfen und
führten Einkünfte in Betracht, so
§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
somit die Veräußerung der Beteili-
u.a. nach Nr. 1 Veräußerungsgewinne
auch die das gesamte Nennkapital
gung derjenigen eines Teilbetriebs
i.S. des § 16 EStG. Nach § 34 Abs.
umfassende Beteiligung an einer
wirtschaftlich gleichzustellen. Die
2 Nr. 1 EStG unterliegt ein Veräu-
Kapitalgesellschaft.
gesetzliche Fiktion eines Teilbe-
ßerungs- oder Aufgabegewinn der
Die Tarifbegünstigung knüpft nach
triebs hat denknotwendig zur Fol-
Tarifbegünstigung nur, wenn er
der ausdrücklichen Entscheidung des
ge, dass der Gesamtbetrieb fiktiv
auch „außerordentlich“ ist. Dies
Gesetzgebers nicht stets an die voll-
aus zwei Teilbetrieben, d.h. zwei
setzt bei allen Tatbeständen des §
ständige Aufgabe des betrieblichen
Sachgesamtheiten, besteht und die
34 Abs. 2 EStG eine zusammenge-
Engagements an. Vielmehr sind auch
Tarifbegünstigung bezogen auf die
ballte Realisierung der über die Zeit
die Veräußerung/Aufgabe eines
jeweils betroffene Sachgesamt-
entstandenen, gesammelten stillen
Teilbetriebs, einer das gesamte
heit zu prüfen ist. Da es für die Ta-
Reserven voraus.
Nennkapital umfassenden Beteili-
rifbegünstigung im Ergebnis keinen
2. Die Tarifbegünstigung gemäß § 34
gung an einer Kapitalgesellschaft
Unterschied machen kann, welcher
EStG erfordert, dass alle stillen
als fingierter Teilbetrieb oder ei-
der beiden Teilbetriebe zuerst veräu-
Reserven, die in den wesentlichen
nes Mitunternehmeranteils als
ßert oder aufgegeben wird, ist kein
Grundlagen einer betrieblichen
Sachgesamtheiten begünstigt. Die
Grund dafür ersichtlich, eine begüns-
Sachgesamtheit
angesammelt
Frage der Tarifbegünstigung ist
tigte Veräußerung der das gesamte
wurden, in einem einheitlichen
somit bezogen auf die jeweilige
Nennkapital umfassenden Beteiligung
Vorgang aufgelöst werden. Zu
Sachgesamtheit zu prüfen und im
an einer Kapitalgesellschaft nur dann
den wesentlichen Grundlagen
Sinne einer segmentierten Betrach-
anzunehmen, wenn der verbleibende
eines Betriebs gehören in diesem
tung die Aufdeckung der in den we-
Teilbetrieb fortbesteht und nunmehr
Zusammenhang neben den funk-
sentlichen Wirtschaftsgütern vor-
als (Rest-)Betrieb fortgeführt wird.
tional wesentlichen Wirtschafts-
handenen stillen Reserven nur im
Demgegenüber ist die vergleichbare
gütern auch solche Wirtschafts-
Hinblick auf die jeweils veräußerte
Fallkonstellation, nämlich die Veräu-
güter, die funktional gesehen für
oder aufgegebene Sachgesamt-
ßerung bzw. Aufgabe des wirtschaf-
den Betrieb, Teilbetrieb oder Mit-
heit zu untersuchen.
tenden Teilbetriebs, deshalb nicht als
28
unternehmeranteil nicht erforder-
4. Der Gewinn aus der Aufgabe ei-
tarifbegünstigte Betriebsveräußerung
lich sind, in denen aber erhebliche
nes Betriebs unterliegt auch dann
bzw. Betriebsaufgabe zu beurteilen
stille Reserven gebunden sind, sog.
der Tarifbegünstigung gemäß § 34
ist, weil die das gesamte Nennkapital
funktional-quantitative Betrach-
EStG, wenn im engen zeitlichen
umfassende Beteiligung an einer
tungsweise. Unerheblich ist, ob
Zusammenhang mit der Betriebsauf-
Kapitalgesellschaft (der fiktive
die Wirtschaftsgüter im Gesamt-
gabe eine das gesamte Nennkapital
Teilbetrieb) in ein anderes Betriebs-
handsvermögen oder im Sonder-
umfassende Beteiligung an einer
vermögen überführt worden ist.
Februar 2016
PRAXISHINWEISE:
1. Der BFH geht in seiner Begründung nicht auf die Gesamtplanrechtsprechung ein. Im Sinne der segmentierten Betrachtung liegen im Besprechungsfall drei Teilbetriebe vor. Die GmbH-Beteiligungen werden als fingierte Teilbetriebe zum
Buchwert übertragen, die KG-Beteiligung wird aufgegeben. Der Sachverhalt stellt somit kein Gestaltungsmodell dar,
sondern eine dem Gesetz zwingend zu entnehmende Rechtsfolge (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG).
2. Der BFH führt in der Urteilsbegründung aus, dass soweit dem BFH Urteil vom 02.10.1997 (IV R 84/96, BStBl II 1998
S. 104) eine andere Rechtsauffassung zu Grunde liegt, daran nicht festgehalten wird.
29
Ausgabe Nr. 1
5. UMSATZSTEUER
5.01
UStG
UStG § 1 Abs. 1a
Abwehr
Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung von Grundbesitz und Inventar an mehrere Erwerber
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 04.02.2015, XI R 42/13
NWB Dok-ID: SAAAE-94258
Weiterführende Literatur
UStDD 14/2015, S. 2
Wissen
LEITSATZ:
Beim Verkauf verpachteter Altenheime von einer Unternehmensgruppe an eine andere Unternehmensgruppe liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn die Fortführung der Verpachtungstätigkeit die Übertragung von Grundbesitz, Inventar
und Gesellschaftsanteilen erfordert und diese Übertragungen von verschiedenen (selbständigen) Veräußerern an verschiedene
(selbständige) Erwerber erfolgen.
PROBLEMSTELLUNG:
Die Kl., eine aus Eheleuten bestehende
Erwerber des Grundbesitzes und des In-
als Einheit und dementsprechend als
GbR, vermietete Grundbesitz – zum Teil
ventars waren allerdings unterschiedliche
nicht steuerbare Geschäftsveräußerung
mit Inventar – an die Betreiber von „Se-
Gesellschaften. Im notariellen Kaufvertrag
im Ganzen (GiG) an, da die Investoren-
niorenresidenzen“, die diese wiederum
traten die Veräußerer zudem in verschie-
gruppe das Unternehmen unverändert
teilweise unterverpachteten. Ende 2006
denen Eigenschaften auf – zum einen als
habe fortführen wollen. Dem widerspra-
wurden sämtliche Seniorenresidenzen an
„Verkäufer 1“, zum anderen als „Verkäu-
chen sowohl das FA als auch das FG.
eine aus vier Aktiengesellschaften beste-
fer 2“ und dann wiederum als „Eheleute
hende Investorengruppe veräußert. Die
X“. Die Kl. sah die Veräußerungsvorgänge
KERNAUSSAGEN:
1. Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen
chend ähneln. Es kommt insoweit
in die Lage, ein vorher betriebenes
die Umsätze im Rahmen einer GiG
nicht darauf an, ob beim Veräußerer
Vermietungs- und Verpachtungsun-
an einen anderen Unternehmer für
eine eigenständige betriebliche
ternehmen fortzusetzen. Dazu sind
dessen Unternehmen nicht der USt.
Organisation vorlag, sondern viel-
auch die Übertragungen von Grund-
Der Erwerber muss dabei beabsichti-
mehr darauf, ob ein Teilvermögen
besitz und/oder Gesellschaftsanteilen
gen, den übertragenen Geschäfts-
übertragen wird, das vom Erwerber
erforderlich.
betrieb oder Unternehmensteil zu
als selbständiges Unternehmen fort-
betreiben.
geführt werden kann.
5. Bestehen Leistungsbeziehungen
auf Veräußerer- bzw. Erwerberseite je-
2. Für die Annahme einer GiG ist ent-
3. Eine GiG ist nicht bereits dann anzu-
weils zwischen mehreren Vertrags-
scheidend, ob das übertragene Unter-
nehmen, wenn ein Geschäftsbetrieb
partnern, dürfen diese Vorgänge bei
nehmensvermögen als hinreichen-
auf mehrere Unternehmer übertra-
der Prüfung der Voraussetzungen ei-
des Ganzes die Ausübung einer
gen wird und diese den Geschäftsbe-
ner GiG nicht einbezogen bzw. zu-
wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht
trieb in der bisherigen Form nur ge-
sammengefasst werden. Es handelt
und ob die vor und nach der Über-
meinsam fortführen können.
sich insoweit um ust-rechtlich eigen-
Tätigkeiten
4. Die Veräußerung des Inventars
übereinstimmen oder sich hinrei-
allein versetzt einen Erwerber nicht
tragung
30
ausgeübten
ständige Vorgänge.
Februar 2016
PRAXISHINWEISE:
Der Sachverhalt im Besprechungsurteil mag zwar zunächst nicht alltäglich erscheinen, allerdings kommt es durchaus vor,
dass gerade auf Seiten des Erwerbers mehrere Vertragspartner auftreten. Für diese Fälle zeigt die Entscheidung, dass Vorsicht
geboten ist. Sie liegt im Übrigen auf einer Linie mit dem BFH-Urteil vom 04.02.2015 (XI R 42/13, FN 5/2015 Tz 5.02). Die
Voraussetzungen einer GiG liegen danach nicht vor, wenn der (bisherige) Pächter einer Gaststätte lediglich ihm gehörende
Teile des Inventars veräußert und der Erwerber den Gaststättenbetrieb sowie das übrige Inventar durch einen weiteren
Vertrag von einem Dritten pachtet. Letztlich kann nur die Empfehlung gegeben werden, in entsprechenden Kaufverträgen
stets eine Optionsklausel aufzunehmen (vgl. BMF-Schreiben vom 23.10.2013, BStBl 2013 I S. 1304) oder eine verbindliche
Auskunft der Finanzverwaltung einzuholen.
5.02
UStG
UStG § 4 Nr. 14
Abwehr
Überlassung von Operationsräumen durch einen Anästhesisten
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 18.03.2015, XI R 15/11
Wissen
NWB Dok-ID: AAAAE-93360
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
1. Überlässt ein Anästhesist, der ein „OP-Zentrum“ betreibt, einem anderen Arzt Operationsräume nebst Ausstattung gegen
Entgelt zur Durchführung von Operationen, an denen er selbst teilnimmt, ist die Raumüberlassung durch den Anästhesisten an
den Operateur nicht als Heilbehandlung steuerfrei.
2. Es kann insoweit aber eine einheitliche steuerfreie Heilbehandlungsleistung i.S. von § 4 Nr. 14 UStG des Anästhesisten gegenüber den Patienten oder ein steuerfreier mit dem Betrieb einer anderen Einrichtung eng verbundener Umsatz i.S. von § 4 Nr.
16 Buchst. c UStG (a.F.) vorliegen.
PROBLEMSTELLUNG:
Die Kl. ist als Anästhesistin freiberuflich
waren mündliche Verträge, wonach den
den er von der Krankenkasse zur Abde-
tätig. Sie stellte anderen Ärzten für am-
Ärzten die (Mit-)Nutzung der Räume für
ckung des Aufwandes für die Nutzung
bulante Operationen, an denen sie selbst
die Durchführung der Operationen ge-
des OP-Raumes erhielt, an die Kl. wei-
als Anästhesistin mitwirkte, ihre Operati-
stattet wurde. Hierfür erhielt sie von den
terleitete. Das FA sah in der entgeltlichen
onsräume einschließlich der notwendigen
Ärzten ein Entgelt, indem der jeweilige
Überlassung der OP-Räume stpfl. Um-
Ausstattung zur Verfügung. Grundlage
Operateur einen Anteil der Vergütung,
sätze.
KERNAUSSAGEN:
1. Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind
ten oder Gesundheitsstörungen
bezieht, der Träger eines ärztlichen
steuerfrei die Umsätze aus der Tätig-
bei Menschen vorgenommen werden.
oder arztähnlichen Berufs sein muss.
keit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker,
2. Ein Arzt kann – wie z.B. ein Laborarzt
3. Bei der bloßen Überlassung von
Physiotherapeut, Hebamme oder aus
– auch gegenüber anderen Ärzten
Praxisräumen nebst Ausstattung
einer ähnlichen heilberuflichen Tätig-
steuerfreie Heilbehandlungsleistun-
durch einen Arzt an andere Ärzte
keit. Steuerbefreite Heilbehand-
gen erbringen. Für die Steuerfreiheit
handelt es sich jedoch weder um
lungen sind danach Tätigkeiten, die
kommt es nicht auf die Person des
eine ärztliche noch um eine arzt-
zum Zweck der Vorbeugung, Dia-
Leistungsempfängers an, da sich
ähnliche Leistung. Eine Überlassung
gnose, der Behandlung und, soweit
die personenbezogene Voraussetzung
kann zwar einer Heilbehandlung die-
möglich, der Heilung von Krankhei-
der Steuerfreiheit auf den Leistenden
nen, stellt aber selbst keine solche dar.
31
Ausgabe Nr. 1
4. Der Begriff „ärztliche Heilbehand-
benleistung zu einer einheitlichen
buchst. bb) ) sind unter bestimmten
lung“ kann nicht auf sämtliche
Leistung „verschmolzen“ werden.
weiteren Voraussetzungen die mit
Leistungen, die mit der Behandlung
Dazu sind die Vertragsverhältnisse
dem Betrieb der Krankenhäuser, Dia-
des Patienten zusammenhängen,
zwischen den jeweiligen Patienten
gnosekliniken und anderen Einrich-
ausgedehnt werden. Allerdings kön-
maßgebend.
tungen ärztlicher Heilbehandlung
nen mehrere Leistungen unter dem
5. Nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG (a.F.,
Gesichtspunkt von Haupt- und Ne-
jetzt § 4 Nr. 14 Buchst. b Doppel-
eng verbundenen Umsätze steuerfrei.
PRAXISHINWEISE:
1. Der BFH hat das Verfahren an das FG Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob eine einheitliche
Leistung vorliegt. Allerdings führt der BFH bereits aus, dass ein Zusammenhang zwischen der Anästhesieleistung der
Kl., der chirurgischen Leistung des Operateurs und somit der gemeinschaftlichen Nutzung der OP-Räume durchaus
zu erkennen ist. Letztlich wird es aber auf den konkreten Behandlungsvertrag ankommen, d.h. auf die Frage, ob der
Vertrag zwischen der Kl. und den Patienten alle Leistungen des OP-Zentrums erfasste.
2. Auch muss sich das FG mit den Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 UStG (hier i.d.F. der Jahre 2001 bis
2004) auseinandersetzen. Dazu hat es festzustellen, ob das OP-Zentrum als „Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung“
anzusehen ist. Diesbezüglich wird es sicherlich auch die BFH-Urteile vom 18.03.2015 (XI R 8/13 u. 38/13) sowie vom
23.10.2014 (V R 20/14) beachten (vgl. FN 5/2015 Tz 5.03). Diese sind zwar zur Steuerfreiheit privater Krankenhausbetreiber ergangen (§ 4 Nr. 16 Buchst. b, a.F. bzw. § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG). Die Ausführungen
könnten aber sinngemäß auch auf den hier zu beurteilenden Fall zutreffen.
3. Sofern mit dem FA in einschlägigen Fällen keine Einigung erzielt werden kann, sollten diese jedenfalls offen gehalten
werden, bis das FG Rheinland-Pfalz in dem hier besprochenen Verfahren die erforderlichen Feststellungen nachgeholt
hat und alle Entscheidungsparameter bekannt sind.
5.03
UStG
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 9
Abwehr
Umsatzsteuer für Saunaleistungen in Schwimmbädern
Gestaltung
X
Bayerisches Landesamt für Steuern, Erlass vom 10.07.2015,
Wissen
NWB Dok-ID: OAAAE-94670
S 7243.1.1-5/5 St 33
Weiterführende Literatur
UStDD 14/2015, S. 9
LEITSATZ:
Das Bayerische Landesamt für Steuern beschäftigt sich mit der Frage des zutreffenden Steuersatzes, wenn Schwimmbad- und
Saunaleistungen zusammentreffen.
PROBLEMSTELLUNG:
Durch BMF-Schreiben vom 28.10.2014 (IV
Nr. 9 UStG ab 01.07.2015 ausgenommen,
talog sind. Dadurch stellt sich beim Zu-
D 2 - S 7243/07/10002-02) sind Saunaleis-
da sie kein verordnungsfähiges Heilmittel
sammentreffen von Schwimmbad- und
tungen aus dem Anwendungsbereich des
i. S. von § 4 der Heilmittel-Richtlinie in
Saunaleistungen die Frage nach dem zu-
ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2
Verbindung mit dem sog. Heilmittelka-
treffenden Steuersatz.
32
Februar 2016
KERNAUSSAGEN:
1. Die Umsätze aus dem Betrieb von
ten Niveau oder in einer bestimmten
dige Leistung dar und unterliegen
Schwimmbädern unterliegen nach
Art und Weise, etwa regelmäßig oder
somit ab dem 01.07.2015 dem Re-
§ 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG dem ermäßig-
organisiert oder im Hinblick auf die
gelsteuersatz. Die Nutzung des
ten Steuersatz. Die Ermäßigung be-
Teilnahme an sportlichen Wettkämp-
Saunabereichs stellt einen eigenen
zieht sich hierbei auf die unmittelbar
fen, ausgeübt werden.
Zweck für die Leistungsempfän-
mit dem Betrieb eines Schwimmbads
2. Bietet das Schwimmbad zusätzlich
ger dar, so dass hier regelmäßig keine
verbundenen Umsätze, wobei der
auch einen Saunabereich an, ist
einheitliche Leistung vorliegt, sondern
Begriff „Schwimmbad” richtlinien-
nach den Grundsätzen der Einheit-
zwei eigenständige Leistungen,
konform i. S. einer „Sportanlage”
lichkeit der Leistung zu prüfen, ob
die für die Anwendung des ermäßig-
auszulegen ist. Diesbezüglich wird
hierfür der Regelsteuersatz oder der
ten Steuersatzes getrennt zu beurtei-
auf die Änderung des UStAE (Ab-
ermäßigte Steuersatz anzuwenden
len sind. Denn die Saunaleistungen
schnitt 12.11) verwiesen. Danach gilt:
ist.
sind in der Regel weder untrennbar
Ein Schwimmbad i.S. des § 12 Abs. 2
3. In der Regel ist jede Leistung als ei-
mit den Schwimmbadleistungen ver-
Nr. 9 UStG muss dazu bestimmt und
gene und selbständige Leistung
bunden noch stellen sie ein Mittel dar,
geeignet sein, eine Gelegenheit zum
zu betrachten. Ggf. können aber
um diese unter optimalen Bedingun-
Schwimmen zu bieten. Dies setzt vo-
unter bestimmten Umständen meh-
gen in Anspruch nehmen zu können.
raus, dass insbesondere die Wasser-
rere formal eigenständige Leistun-
5. Zur Trennung der Entgelte bei Ab-
tiefe und die Größe des Beckens
gen, die getrennt erbracht werden,
gabe mehrerer unterschiedlich zu
das Schwimmen oder andere
als einheitlicher Umsatz angesehen
besteuernder Leistungen zu einem
sportliche Betätigungen ermög-
werden, wenn sie voneinander ab-
pauschalen Gesamtverkaufspreis ist
lichen (vgl. BFH 28.08.2014, BStBl.
hängig sind.
dieser unter Anwendung der ein-
2015 II S. 194). Die sportliche Betäti-
4. Saunaleistungen in Schwimmbädern
gung muss nicht auf einem bestimm-
stellen grundsätzlich eine selbstän-
fachstmöglichen Aufteilungsmethode
sachgerecht aufzuteilen.
PRAXISHINWEISE:
1. Bereits vor mehr als zehn Jahren hatte der BFH entschieden, dass die Nutzung einer Sauna in einem Fitnessstudio lediglich
dem allgemeinen Wohlbefinden diene und dementsprechend die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 9 EStG nicht
in Betracht komme (Urteil vom 12.05.2005, V R 54/02). Das BMF hat diese Rechtsprechung jedoch äußerst zaghaft
umgesetzt und eine Übergangsfrist bis zum 30.06.2015 gewährt. Mit der Umsetzung der BFH-Rechtsprechung ist zwar
die Abgrenzungsproblematik bei Fitnessstudios mit angeschlossenen Saunen entfallen, jedoch haben sich Folgeprobleme
insbesondere bei Schwimmbädern mit Saunen und bei sog. Thermen ergeben. Hier kann nun der aktuelle Erlass des
Bayerischen Landesamts für Steuern als Unterstützung dienen. In drei ausführlichen Beispielen wird dargestellt, wie
die Entgelte in den unterschiedlichen Fallkonstellationen aufzuteilen sind und die USt entsprechend zu ermitteln ist. In
entsprechenden Fällen sollte der Erlass daher zur Hand genommen werden.
2. Sofern es um das Zusammentreffen von Sauna- mit Beherbergungsleistungen geht, sollte im Übrigen das BMFSchreiben vom 21.10.2015 (III C 2 - S 7243/07/10002-03) berücksichtigt werden. Danach gilt: Werden nach dem
30.06.2015 Beherbergungsleistungen, die ermäßigt zu besteuern sind, zusammen mit Saunaleistungen zu einem
pauschalen Gesamtentgelt erbracht, ist das einheitliche Entgelt sachgerecht auf die einzelnen Leistungen aufzuteilen.
Dabei kann der Anteil des Entgelts, der auf die nicht ermäßigte Leistung entfällt, im Wege der Schätzung ermittelt
werden. Schätzungsmaßstab kann beispielsweise der kalkulatorische Kostenanteil zuzüglich eines angemessenen
Gewinnaufschlags sein.
33
Ausgabe Nr. 1
5.04
UStG
UStG § 15
X
Vorsteuerabzug im Insolvenzverfahren
Abwehr
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 15.04.2015, V R 44/14
NWB Dok-ID: WAAAE-91562
Weiterführende Literatur
UStDD 11/2015, S. 2
Wissen
LEITSATZ:
Dient ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung von Verbindlichkeiten des – zum Vorsteuerabzug berechtigten – Unternehmens
wie auch der Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers, ist der Unternehmer aus der Leistung des Insolvenzverwalters grundsätzlich im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten, die im Insolvenzverfahren jeweils als
Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.
PROBLEMSTELLUNG:
Eine Einzelunternehmerin hatte Umsätze
sche Tätigkeit bereits vor der Insolvenzer-
erabzug zugunsten der Insolvenzmasse
mit Recht auf Vorsteuerabzug ausgeführt,
öffnung eingestellt. Der Insolvenzverwalter
in Anspruch. Das FA kürzte jedoch den
bevor über ihr Vermögen das Insolvenzver-
übernahm Abwicklungstätigkeiten. Für
Vorsteueranspruch mit der Begründung,
fahren zur Befriedigung unternehmerischer
seine Tätigkeit erteilte er eine Rechnung
die Leistung des Insolvenzverwalters habe
wie auch privater Insolvenzforderungen er-
mit Steuerausweis an die Einzelunterneh-
sich auch auf den nichtunternehmerischen
öffnet wurde. Sie hatte ihre unternehmeri-
merin und nahm für diese den Vorsteu-
Bereich der Schuldnerin bezogen.
KERNAUSSAGEN:
1. Für den Vorsteuerabzug muss ein di-
berechtigt. Bei der dann erforderlichen
Schuldners. Handelt es sich bei dem
rekter und unmittelbarer Zusam-
Vorsteueraufteilung für Leistungs-
Gemeinschuldner um eine natürliche
menhang zwischen Eingangs- und
bezüge, die einer wirtschaftlichen und
Person, die als Unternehmer tätig
Ausgangsleistung bestehen. § 15
einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit
war, kann das Insolvenzverfahren
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG setzt so-
des Unternehmers dienen, ist § 15
daher gleichermaßen der Befriedi-
mit voraus, dass der Unternehmer
Abs. 4 UStG analog anzuwenden.
gung unternehmerischer wie auch
Leistungen für sein Unternehmen
3. Der Unternehmer kann die nicht ab-
privater Verbindlichkeiten dienen.
zu verwenden beabsichtigt. Die Aus-
ziehbaren Teilbeträge im Wege einer
5. Die Leistung, die der Insolvenzverwalter
gangsleistungen des Unternehmers
sachgerechten Schätzung ermit-
gegen Entgelt an den Gemeinschuld-
müssen zudem steuerpflichtig oder
teln. Eine Ermittlung des nicht ab-
ner erbringt, ist eine einheitliche
in § 15 Abs. 3 UStG benannt sein.
ziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge
Leistung. Bezieht sich diese auf die
2. Beabsichtigt der Unternehmer, eine
nach dem Verhältnis der Umsätze,
Gesamtheit der im Insolvenzverfah-
von ihm bezogene Leistung zugleich
die den Vorsteuerabzug ausschließen,
ren angemeldeten Forderungen der
für seine wirtschaftliche und seine
zu den Umsätzen, die zum Vorsteuer-
Insolvenzgläubiger, besteht der für den
nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu
abzug berechtigen, ist nur zulässig,
Vorsteuerabzug maßgebliche direkte
verwenden, kann er den Vorsteuer-
wenn keine andere wirtschaftliche
und unmittelbare Zusammenhang zu
abzug grundsätzlich nur insoweit in
Zurechnung möglich ist.
der Gesamtheit dieser Insolvenzforde-
34
Anspruch nehmen, als die Aufwen-
4. Die Leistungen des Insolvenz-
rungen. Eine Berücksichtigung einzel-
dungen hierfür seiner wirtschaftli-
verwalters stehen im direkten und
ner Verwertungshandlungen des
chen Tätigkeit zuzurechnen sind.
unmittelbaren Zusammenhang mit
Insolvenzverwalters kommt demge-
Beabsichtigt der Unternehmer daher
den im Insolvenzverfahren angemel-
genüber nicht in Betracht.
eine teilweise Verwendung für
deten Insolvenzforderungen. Das In-
6. Dient ein Insolvenzverfahren sowohl
eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist
solvenzverfahren bezieht sich dabei
der Befriedigung von Verbindlich-
er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug
auf das gesamte Vermögen des
keiten des – zum Vorsteuerabzug be-
Februar 2016
rechtigten – Unternehmers wie auch
Insolvenzverwalters nur zum antei-
meldeten unternehmerisch begrün-
der Befriedigung von Privatverbind-
ligen Vorsteuerabzug berechtigt.
deten Verbindlichkeiten zu den Privat-
lichkeiten des Unternehmers, ist der
7. Die Vorsteuerbeträge sind nach dem
Unternehmer aus der Leistung des
Verhältnis der zur Tabelle ange-
verbindlichkeiten aufzuteilen.
PRAXISHINWEISE:
1. Ein Anspruch auf den vollen Vorsteuerabzug aus den Leistungen des Insolvenzverwalters – ohne Vorsteueraufteilung –
besteht nur, wenn alle angemeldeten Forderungen dem Unternehmensbereich zuzuordnen wären. Das war im Streitfall
nicht gegeben.
2. Sofern eine Aufteilung erforderlich ist, stellt der BFH auf die angemeldeten Forderungen ab. Zwar hat er offen gelassen,
ob auch andere Aufteilungsmaßstäbe zulässig sind. Allerdings hat er die Aufteilungsmethode der Vorinstanz verworfen.
Das FG hatte nämlich die Erlöse aus der Verwertung von Gegenständen in die Aufteilung einbezogen. Insofern muss
in der Praxis wohl davon ausgegangen werden, dass von der vom BFH vorgegebenen Methode nur in absoluten Ausnahmefällen abgewichen werden kann.
3. Offengelassen hat der BFH, wie zu entscheiden wäre, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortgeführt hätte.
Der BFH ist auch nicht näher auf den Fall eingegangen, dass das Unternehmen vor der Insolvenz ust-pflichtige und
ust-freie (vorsteuerschädliche) Umsätze ausgeführt hat. Man wird hier aber davon ausgehen müssen, dass eine weitere
Aufteilung des Vorsteuerabzugs erforderlich wird.
4. Zu Fragen, die sich im Zusammenhang mit Handlungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters ergeben, hat das BMF mit
Schreiben vom 20.05.2015 (BStBl. 2015 I S. 476) Stellung genommen. In entsprechenden Fällen sollten dieses Schreiben,
das zahlreiche Beispiele enthält, zur Hand genommen werden.
5.05
UStG
UStG § 17
Abwehr
Änderung der Bemessungsgrundlage wegen vorübergehender Uneinbringlichkeit aufgrund
eines Sicherungseinbehalts
BMF-Schreiben vom 03.08.2015,
Gestaltung
X
Wissen
BStBl 2015 I, S. 624
III C2 – S 7333/08/10001:004
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Soweit ein Unternehmer, der der Sollbesteuerung unterliegt, seinen Entgeltanspruch über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren
nicht verwirklichen kann, weil der Leistungsempfänger zur Absicherung seiner Gewährleistungsansprüche einen Teilbetrag vertragsgemäß einbehält, ist er bereits für den VA-Zeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung berechtigt.
PROBLEMSTELLUNG:
Insbesondere im Baugewerbe ist es durch-
ten Vergütung – vertraglich zulässig – ein-
Leistung zu berichtigen. Mit Urteil vom
aus üblich, dass Kunden zur Sicherung
behalten. Aufgrund der Sollbesteuerung
24.10.2013 (V R 31/12) hatte der BFH die
ihrer Gewährleistungsansprüche Beträge
war der Leistende bislang nicht berech-
Auffassung der Finanzverwaltung jedoch
zwischen 5 und 10 Prozent der vereinbar-
tigt, seine USt bereits bei Erbringung der
verworfen (vgl. FN 3/2014, S. 30).
KERNAUSSAGEN:
1. Nach den Grundsätzen des BFH-Ur-
der Sollbesteuerung unterliegender
Zeitraum der Leistungserbringung
teils vom 24.10.2013 (a.a.O.) ist ein
Unternehmer bereits für den VA-
zur Steuerberichtigung nach § 17
35
Ausgabe Nr. 1
UStG wegen Uneinbringlichkeit
lung bereits mit Leistungserbringung
3. Soweit der Unternehmer unter den
berechtigt, soweit er seinen Entgel-
für die Fälle beanspruchen kann, in
zuvor genannten Voraussetzungen
tanspruch aufgrund eines vertrag-
denen er die Gewährleistungsansprü-
die Entgeltansprüche zulässig als
lichen Einbehalts zur Absicherung
che seiner Leistungsempfänger durch
uneinbringlich behandelt, hat der
von Gewährleistungsansprüchen
Bankbürgschaft gesichert hat oder
Leistungsempfänger die Vorsteuer
über einen Zeitraum von zwei bis
ihm eine derartige Bürgschaftsge-
aus den jeweiligen Leistungsbezügen
fünf Jahren nicht verwirklichen kann.
stellung möglich war, liegt hinge-
entsprechend zu berichtigen. Der
2. Entgeltforderungen, die auf so ge-
gen keine Uneinbringlichkeit vor.
Unternehmer ist nicht verpflichtet,
nannten Sicherungseinbehalten
Der Unternehmer hat die Voraus-
dem Leistungsempfänger die Behand-
für Baumängel beruhen, sind daher
setzungen für eine Minderung der
lung seiner Ansprüche mitzuteilen.
grundsätzlich uneinbringlich, da
Bemessungsgrundlage wegen Unein-
Das FA des Unternehmers ist jedoch
der Unternehmer die insoweit beste-
bringlichkeit nachzuweisen. Aus
berechtigt, das FA des Leistungs-
henden Entgeltansprüche ganz oder
den Nachweisen muss sich leicht und
empfängers auf die Behandlung der
teilweise jedenfalls auf absehbare Zeit
einwandfrei ergeben, dass für jeden
offenen Entgeltansprüche als unein-
rechtlich und tatsächlich nicht durch-
abgeschlossenen Vertrag konkrete,
bringlich hinzuweisen (Abschn. 17.1
setzen kann (Abschn. 17.1 Abs. 5 Satz
im Einzelnen vom Unternehmer be-
Abs. 5 Sätze 9 und 10 UStAE).
2 UStAE). Soweit der Unternehmer je-
gehrte Gewährleistungsbürgschaften
doch eine vollständige Entgeltzah-
beantragt und abgelehnt wurden.
PRAXISHINWEISE:
1. Es ist zu begrüßen, dass das BMF die Auffassung des BFH teilt, auch wenn es fast zwei Jahre benötigt hat, um sich zu
einer klaren Aussage „durchzuringen“. Erwartungsgemäß hat das BMF die Fälle von einer Steuerberichtigung ausgenommen, in denen die Gewährleistungsansprüche der Leistungsempfänger durch Bankbürgschaft gesichert worden
sind oder Bürgschaftsgestellungen zumindest möglich waren. Die Finanzverwaltung beruft sich insoweit zwar auf das
BFH-Urteil vom 24.10.2013, allerdings hat der BFH es in dieser Klarheit nicht gesagt.
2. Wichtig wird künftig sein, die Steuerberichtigung im „richtigen“ Zeitpunkt vorzunehmen. Gerade um den Jahreswechsel herum muss sorgfältig darauf geachtet werden, die Steuer bereits in dem VA-Zeitraum zu korrigieren, in dem die
Leistung erbracht worden ist und nicht erst, wenn der endgültige Zahlungsausfall droht. Beispiel: Eine Leistung wird im
Dezember 2015 erbracht, der Kunde hält 5 Prozent des Entgelts vertragsgemäß zu Sicherungszwecken ein. Mitte 2016
wird klar, dass das Entgelt endgültig uneinbringlich sein wird. Hier muss die Steuerberichtigung bereits im Dezember
2015 erfolgen.
36
Februar 2016
6. ERBSCHAFTSTEUER
7. BEWERTUNG
8. ABGABENORDNUNG
8.01
AO
AO § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1; BewG § 151
X
Abwehr
Abs. 2 Nr. 2 S. 1 Hs. 2, § 154 Abs. 1
Gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes gegenüber mehreren Miterben
Gestaltung
X
BFH-Urteil vom 30.09.2015, II R 31/13
Wissen
DStRE 2015 S. 1523, BFH/NV 2016 S. 96, DB 2015 S. 2917
Weiterführende Literatur
LEITSÄTZE:
1. Feststellungsbescheide müssen ebenso wie Steuerbescheide hinreichend deutlich erkennen lassen, für wen sie inhaltlich bestimmt
sind.
2. Die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes erfolgt gegenüber der Erbengemeinschaft in Vertretung für
die Miterben. Inhaltsadressaten der Feststellung sind die Miterben, für deren Besteuerung der Grundbesitzwert von Bedeutung ist.
3. Dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes bei mehreren Miterben muss klar und
eindeutig entnommen werden können, gegen welche Beteiligten der Erbengemeinschaft sich die Feststellungen richten.
PROBLEMSTELLUNG:
Die Kl. sind die Ehefrau und die Söhne
Mit Bescheid vom 26.05.2011 stellte das
„Der Bescheid ergeht mit Wirkung für
des im Jahr 2009 verstorbenen Erblassers,
FA den Grundbesitzwert gesondert und
und gegen die Erbengemeinschaft und
sowie die aus den Erben bestehende Er-
einheitlich auf 285.418 EUR fest und
alle Miterben.”
bengemeinschaft. Zum Nachlass gehörten
rechnete ihn der Erbengemeinschaft zu.
Den Einspruch der Kl. wies das FA als un-
mehrere Grundstücke. Die am 13.05.2011
Den Bescheid gab das FA der Ehefrau als
begründet zurück. Als Einspruchsführer
beim FA eingereichte Erklärung zur Fest-
Empfangsbevollmächtigte für die „O.-Er-
bezeichnete das FA die „Erbengemein-
stellung des Bedarfswertes, für eines die-
bengemeinschaft” bekannt. Der Bescheid
schaft nach H.O., bestehend aus W.O.,
ser Grundstücke, unterzeichnete nur die
enthält den Zusatz:
S.O. und R.O., …”.
Ehefrau als Erwerberin.
KERNAUSSAGEN:
1. Gegen einen Bescheid der nach
seinem Wortlaut ausdrücklich mit
wem der Einzelfall geregelt werden
der Gegenstand der Feststellung bei
soll.
der Besteuerung zuzurechnen ist.
Wirkung für und gegen die Erben-
3. Inhaltsadressat eines Verwaltungs-
4. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG
gemeinschaft und alle Miterben
aktes ist derjenige, gegen den er
sind Grundbesitzwerte gesondert
ergangen ist, können sich alle Be-
sich richtet, für den er bestimmt ist
festzustellen, wenn die Werte für
troffenen mit dem Einspruch und der
und gegen den er wirken soll. Bei
die Erbschaftsteuer oder eine andere
Klage wenden, um den Anschein der
Steuerbescheiden ist dies der Steuer-
Feststellung im Sinne dieser Vorschrift
Rechtswirksamkeit zu beseitigen.
schuldner, bei Feststellungsbescheiden
von Bedeutung sind. Beim Erwerb
2. Die Angabe des Inhaltsadressaten
der Feststellungsbeteiligte, gegen den
durch eine Erbengemeinschaft er-
ist konstituierender Bestandteil je-
sich die Feststellungen richten. Der
folgt die Zurechnung in Vertretung
des Verwaltungsaktes, denn es muss
Feststellungsbeteiligte ist regelmä-
der Miterben auf die Erbenge-
unzweifelhaft feststehen, gegenüber
ßig identisch mit demjenigen, dem
meinschaft.
37
Ausgabe Nr. 1
5. Inhaltsadressat der Feststellung des
die zu treffenden Feststellungen sind
aus dem Adressfeld, wohl aber aus
Grundbesitzwertes ist der Erbe,
nicht für die Besteuerung der Erben-
dem weiteren Inhalt des Bescheids
für dessen Besteuerung die Fest-
gemeinschaft selbst, sondern bei der
ergeben, z.B. aus einer Anlage, aus
stellung des Grundbesitzwertes von
Festsetzung der Erbschaftsteuer ge-
den Erläuterungen des Bescheids oder
Bedeutung ist. § 151 Abs. 2 Nr. 2
gen die von den Feststellungen be-
aus einem in Bezug genommenen Be-
S. 1 Halbsatz 2 BewG regelt den Fall
troffenen Miterben von Bedeutung.
richt über eine Außenprüfung.
der gesonderten und einheitlichen
Inhaltsadressaten der gesonderten
7. Die Bezeichnung Erbengemeinschaft
Feststellung des Grundbesitzwertes
Feststellung bleiben die Miterben,
mit dem Zusatz der Namen der
bei mehreren Erben. Die Regelung
auch wenn die Feststellung gegen-
Erben ist ausreichend, denn die
soll bewirken, dass der Feststellungs-
über der Erbengemeinschaft in Ver-
Mitglieder der Erbengemeinschaft
bescheid für die durch die Erbenge-
tretung für die Miterben erfolgt.
können einem solchen Bescheid ent-
meinschaft vertretenen Miterben Bin-
6. Dem Bescheid über die gesonder-
nehmen, dass dieser sich gegen sie
dungswirkung hinsichtlich der Art
te und einheitliche Feststellung des
der wirtschaftlichen Einheit und des
Grundbesitzwertes bei mehreren
8.Eine mangelnde Bezeichnung der
festgestellten Wertes hat, sowie
Miterben muss klar und eindeutig
Inhaltsadressaten im Bescheid kann
darüber, dass die wirtschaftliche Ein-
entnommen werden können, gegen
nicht durch eine korrekte Bezeich-
heit allen Miterben zuzurechnen ist.
welche Beteiligten der Erbenge-
nung in der Einspruchsentschei-
Damit wird die Erbengemeinschaft
meinschaft sich die Feststellungen
dung geheilt werden.
jedoch nicht zum Inhaltsadressa-
richten. Dabei ist es ausreichend,
ten des Feststellungsbescheids, denn
wenn sich die Beteiligten zwar nicht
als Erbengemeinschaft richtet.
PRAXISHINWEISE:
1. Die Miterben sind als Steuerschuldner der Erbschaftsteuer auch am Feststellungsverfahren beteiligt. Für Bewertungsstichtage nach dem 30.06.2011 folgt dies ausdrücklich aus § 154 Abs. 1 Nr. 3 BewG n.F., wonach diejenigen, die eine
Steuer schulden, für die die Wertfeststellung von Bedeutung ist, am Feststellungsverfahren beteiligt sind. Für frühere
Bewertungsstichtage folgt dies aus der Rechtsprechung des BFH, wonach den in Betracht kommenden Steuerschuldnern
der Gegenstand der Wertfeststellung i.S. des § 154 Abs. 1 Nr. 1 BewG zuzurechnen ist und diese Stpfl. am Feststellungsverfahren beteiligt sind.
2. Das Urteil zeigt erneut die hohen formellen Anforderungen an einen Steuerbescheid auf. Insbesondere, wenn Steuerbescheide nicht standardisiert sind, sondern Einzelfälle betreffen, erhöht sich das Risiko formaler Fehler. Fallen in der
Beratungspraxis andere Änderungsmöglichkeiten für Steuerbescheide aus, empfiehlt sich die detaillierte Suche nach
Formfehlern zur Beseitigung des Steuerbescheids.
8.02
AO
AO § 163
X
Abwehr
EStG § 4
Verteilung eines Übergangsgewinns
Gestaltung
Wissen
BFH-Urteil vom 01.10.2015 , X R 32/13
DStR 2015 S. 2664, BFH/NV 2016 S. 91, DB 2015 S. 2856
Weiterführende Literatur
LEITSÄTZE:
1. Eine Billigkeitsentscheidung über die Verteilung eines Übergangsgewinns bindet auch hinsichtlich dessen Höhe.
2. Die Billigkeitsentscheidung kann in dem Steuerbescheid des Übergangsjahres enthalten sein.
38
Februar 2016
PROBLEMSTELLUNG:
Der Kl. erzielte Einkünfte aus Gewerbebe-
hebung des VdN erging am 09.06.2009
ermessbescheide für 2007 und 2008 und
trieb. Er ermittelte bis 2006 seinen Gewinn
ein geänderter Einkommensteuerbescheid
machte einen Übergangsverlust geltend.
durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung,
2007, in dessen Erläuterungen es heißt:
Das FA lehnte alle Anträge ab, da eine
seit 2007 durch Betriebsvermögensver-
„Der Festsetzung/Feststellung liegen die
Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1
gleich. Den erklärten Übergangsgewinn
Ergebnisse der bei Ihnen durchgeführ-
Nr. 2 der AO nicht bestehe. Im Übrigen sei
verteilte er auf die Veranlagungsjahre ab
ten Außenprüfung zu Grunde (siehe
wegen der fehlenden Änderungsmöglich-
2007. Die Steuererklärung setzte das FA
Prüfungsbericht vom 04.05.2009).” Mit
keit für 2007 der ermittelte Übergangs-
antragsgemäß fest und führte im An-
unter VdN stehenden Bescheiden setzte
gewinn auch für 2008 und 2009 maß-
schluss eine Außenprüfung für die Jahre
das FA die ESt bzw. den Gewerbesteuer-
geblich. Der Kl. machte hinsichtlich des
2005 bis 2007 durch. In dem Prüfungs-
messbetrag für 2008 in der Weise fest,
Jahres 2008 geltend, mangels gesonder-
bericht vom 04.05.2009 errechnete der
dass es den erklärten Gewinn um 1/3 des
ter Feststellung über die Ermittlung und
Prüfer einen abweichenden Übergangs-
Übergangsgewinns erhöhte.
Verteilung des Übergangsgewinns gebe
gewinn und vermerkte dazu „Ansatz mit
Am 01.04.2011 beantragte der Kl. die
es keine Bindungswirkung für die Jahre
1/3 in den Jahren 2007-2009”. Unter Auf-
Änderung der ESt- und der Gewerbesteu-
2008 und 2009.
KERNAUSSAGEN:
1. Ist eine Billigkeitsentscheidung
hinsichtlich der Billigkeitsmaßnahme
sondern nur zu einem früheren Zeit-
darüber getroffen worden, dass der
ist seinerseits ein für die Festsetzung
punkt berücksichtigt werden.
Übergangsgewinn in bestimmter
einer Steuer bindender Verwaltungs-
6. Auch wenn Steuerfestsetzung und
Höhe auf mehrere Jahre verteilt
akt und damit Grundlagenbescheid
Billigkeitsmaßnahme unter dem
wird, so bindet diese auch für die
für die Steuerfestsetzung.
Geltungsbereich des § 163 AO zwei
Folgejahre und ist in deren Veran-
4. Die Bindungswirkung einer Billigkeits-
voneinander zu unterscheidende
lagungen zu übernehmen. Diese
entscheidung, die den Übergangsge-
Verwaltungsakte sind, die folglich
Entscheidung kann nach § 163 S.
winn auf mehrere Jahre verteilt, be-
Gegenstand zweier unterschiedlicher
3 AO mit der Steuerfestsetzung
zieht sich nicht nur auf die Verteilung,
Verfahren sein können, so dürfen
des Übergangsjahres verbunden
sondern erstreckt sich auch auf die
beide Verfahren doch miteinander
und zudem konkludent ausgespro-
Höhe dieses Gewinns. Eine Vertei-
verbunden werden. § 163 Satz 3
chen werden.
lung im Billigkeitswege nach § 163
AO gestattet ausdrücklich die Ver-
2. Eine Entscheidung der Finanzbehör-
S. 2 AO bzw. R 4.6 Abs. 1 S. 2 bzw. 4
bindung der Entscheidung über die
de nach § 163 S. 2 AO über Höhe
EStR ändert die Höhe des insgesamt
abweichende Festsetzung mit der
und Verteilung des Übergangsge-
zu berücksichtigenden Übergangsge-
Steuerfestsetzung. Zur abweichenden
winns auf mehrere Jahre ist in die
winns nicht.
Festsetzung im Sinne dieser Vorschrift
5. Eine Entscheidung über die Berück-
gehören die Billigkeitsmaßnahmen
sichtigung einer Besteuerungs-
sowohl nach § 163 Satz 1 AO als auch
3. Die Entscheidung über die in der
grundlage in einem späteren Zeit-
nach § 163 Satz 2 AO.
abweichenden Verteilung liegende
punkt schließt die Entscheidung
7. Bei der Frage, ob ein Bescheid eine
Billigkeitsmaßnahme ist nach der
über diese Besteuerungsgrundla-
weitere – konkludente – Entschei-
AO auch dann Gegenstand eines
ge selbst ein. Das zeigt sich bereits
dung in Gestalt einer Billigkeits-
gesonderten Verwaltungsverfah-
daran, dass über die Verteilung eines
maßnahme enthält, können dessen
rens und damit eines gesonderten
Übergangsverlusts nach anderen Kri-
Einzelaspekte nicht isoliert, son-
Bescheids, wenn äußerlich beide
terien zu entscheiden wäre als über
dern nur als Gesamtheit betrachtet
Entscheidungen in einem Bescheid
die Verteilung eines Übergangsge-
werden. Nur so kann der nach § 133
zusammengefasst werden. § 163 Satz
winns. Nach § 163 Satz 2 AO dürfte
BGB maßgebende wirkliche Wille
3 AO regelt dies zwar nicht unmittel-
ein Übergangsverlust, da er die Steu-
ermittelt werden.
bar, setzt es aber voraus. Der Bescheid
er mindert, nicht zu einem späteren,
Veranlagungen aller betroffenen
Jahre zu übernehmen.
39
Ausgabe Nr. 1
PRAXISHINWEISE:
1. Die Billigkeitsentscheidung ist kein Steuerbescheid, sondern ein sonstiger Verwaltungsakt, daher gelten die Formvorschriften der §§ 118 ff. AO, nicht die des § 157 Abs. 1 AO. Die Billigkeitsentscheidung kann daher auch konkludent im
Rahmen einer Steuerfestsetzung oder Feststellung getroffen werden, muss aber als Verwaltungsakt nach § 119 Abs. 1
AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies schließt zwar nicht aus, dass ihr Inhalt durch Auslegung ermittelt werden
muss; erforderlich ist aber, dass sie klar, eindeutig und widerspruchslos erkennen lässt, welche Rechtswirkungen sie
entfalten soll.
2. Einer Billigkeitsentscheidung muss zu entnehmen sein, ob und in welchem Umfang von der an sich gesetzlich vorgesehenen Steuerfestsetzung abgewichen worden ist. Dazu muss nicht die Steuer vor und nach der Billigkeitsmaßnahme
angegeben werden. Es kann genügen, dass sich die abweichende Steuerfestsetzung aus der Höhe der festgesetzten
Steuer ermitteln lässt. Einer gesonderten Erläuterung im Steuerbescheid bedarf es nicht zwingend.
3. Ausgangspunkt einer Verteilung ist grundsätzlich das Erstjahr, so dass die für diesen VAZ ergangenen Bescheide im
Zweifel bis zum Ende des Verteilungszeitraums offengehalten werden sollten.
8.03
AO
AO § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, § 173
X
Abwehr
Abs. 1 Nr. 1; EStG § 3 Nr. 63
Änderung von Steuerbescheiden: Neue Tatsachen und unlautere Mittel
Gestaltung
X
BFH Urteil vom 08.07.2015 - VI R 51/14
Wissen
DStR 2015, 2131
Weiterführende Literatur
LEITSATZ:
Hat der Stpfl. dem FA den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt im Veranlagungsverfahren vollständig offengelegt, handelt er nicht arglistig und bedient sich auch nicht sonstiger unlauterer Mittel i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO, wenn
er sich im Einspruchsverfahren weiterhin auf Angaben in der Lohnsteuerbescheinigung bezieht, der nach Auffassung des FA eine
unzutreffende rechtliche Würdigung des Arbeitgebers zugrunde liegt.
PROBLEMSTELLUNG:
Die Kl. erklärten in der Anlage N zu den
Bescheinigung mit einer „Aufstellung der
€ 124.017 als ermäßigt besteuerter Ar-
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
bescheinigten Summe in der Lohnsteuer-
beitslohn zu berücksichtigen seien. Da-
Bruttoarbeitslohn in Höhe von € -20.201
bescheinigung Zeile 3” ein. Danach hatte
gegen legten die Kl. Einspruch ein, dem
EUR (€ -26.980,08 und € 6.920) und Ent-
der Arbeitgeber die „Einzahlung aus Ab-
das FA abhalf.
schädigungen in Höhe von € 174.034. Die
findung in Direktversicherung” in Höhe
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprü-
Arbeitgeber der Kl. übermittelten dem FA
von € 50.017 als Abzugsposten berück-
fung beim Arbeitgeber stellte das FA die
elektronisch die gleichen Daten.
sichtigt und gelangte so zu einem Wert in
falsche Lohnsteuerschlüsselung fest und
Aus dem beim FA eingereichten Auf-
Höhe von € -6.980,08 EUR.
erließ einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO
hebungsvertrag der Kl. ergab sich eine
Das FA setzte die Einkommensteuer fest
geänderten Einkommensteuerbescheid
Abfindung i.H.v. € 174.034,28, von der
und wies darauf hin, dass der Bruttoar-
und berücksichtigte dabei einen Brutto-
ein Teilbetrag i.H.v. € 50.017 in eine
beitslohn der Kl. € 29.956 betrage. Der
arbeitslohn der Kl. i.H.v. von € 29.956 und
Direktversicherung einbezahlt werden
Betrag für die Direktversicherung sei und
eine Entschädigung i. H. v. € 124.017.
sollte. Des Weiteren reichten die Kl. eine
von der Abfindung abzuziehen, so dass
40
Februar 2016
KERNAUSSAGEN:
1. Keine Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1
Irreführung, wie jedes vorsätzliche
des Einspruchsverfahrens nicht „arg-
Nr. 1 AO ist, dass das FA nach erneu-
Verschweigen oder Vortäuschen von
listig” oder in sonstiger Weise „un-
ter Prüfung aller bereits bekannter
Tatsachen, durch das die Willensbil-
lauter”. Die Lohnsteuerbescheinigung
Informationen zu einem anderen
dung der Behörde unzulässig beein-
entfaltet lediglich einen Beweiswert
Ergebnis gelangt, wenn diese Beur-
flusst wird. Für Arglist reicht bereits
dahingehend, wie der Lohnsteu-
teilung das Ergebnis einer Subsum-
das Bewusstsein aus, wahrheitswid-
erabzug tatsächlich stattgefunden
tion und einer Auslegung von Sach-
rige Angaben zu machen. Nicht er-
hat und nicht darüber, wie er hätte
verhalten ist und nicht Folge neuer,
forderlich ist dagegen die Absicht,
durchgeführt werden müssen, so
nachträglich bekannt gewordener
damit das FA zu einer Entscheidung
dass auch aus diesem Grund durch
Tatsachen.
zu veranlassen. Ein Mitverschulden
die Bezugnahme auf die Lohnsteu-
2. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
der Finanzbehörde ist unerheblich,
erbescheinigung keine „unrichtigen
Buchst. c AO darf ein Steuerbe-
insbesondere der Umstand, dass es
(tatsächlichen) Angaben” gemacht
scheid geändert werden, soweit er
die Unrichtigkeit hätte durchschauen
wurden. Eine etwaige Hoffnung
durch unlautere Mittel, wie arg-
können.
der Kl., das FA werde sich ohne eine
listige Täuschung, Drohung oder
3. Nachdem der Sachverhalt dem FA
weitere Sachprüfung ihrer Rechtsauf-
Bestechung erwirkt worden ist. Arg-
bereits vollständig offengelegt ist,
fassung anschließen, ist keine arglis-
listige Täuschung in diesem Sinne
ist der schlichte Vortrag einer ande-
tige Täuschung.
ist die bewusste und vorsätzliche
ren Rechtsauffassung im Rahmen
PRAXISHINWEISE:
1. Für die Praxis empfiehlt es sich, die tatsächlichen Verhältnisse stets genau zu prüfen, weil die Rechtsprechung des BFH
zeigt, dass vielfach die auf neue Tatsachen gestützte Änderung von Steuerbescheiden nicht hinreichend begründbar ist.
2. Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist jeder Lebenssachverhalt, der Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen
Tatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Nicht
unter den Tatsachenbegriff fallen dagegen Schlussfolgerungen aller Art, rechtliche Würdigungen und Bewertungen,
Rechtsansichten und juristische Subsumtionen, bei denen auf Grund von Tatsachen anhand gesetzlicher Vorschriften
ein bestimmter Schluss gezogen wird. Nachträglich werden Tatsachen oder Beweismittel bekannt, wenn deren Kenntnis
nach dem Zeitpunkt erlangt wird, in dem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist. Grundsätzlich
kommt es dabei auf den Wissensstand der zur Bearbeitung des Steuerfalls berufenen Dienststelle an, wobei aktenkundige Tatsachen stets als bekannt gelten.
41
Ausgabe Nr. 1
9. ANDERE RECHTSGEBIETE
10. SONSTIGES
Es empfiehlt sich, Anfragen stets zeitnah beim Verband zu stellen, damit eine Bearbeitung im zweimonatlichen Tagungsrhythmus
erfolgen kann.
Die zu den Beiträgen zitierten Quellen können ggf. über die Geschäftsstelle des Verbandes bezogen werden.
Termin für die nächste Sitzung des Steuerechtsausschusses des Verbandes ist der 10. und 11. März 2016.
IMPRESSUM
FACHNACHRICHTEN des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.V.
Herausgeber und Verleger: Steuerberaterverband Westfalen-Lippe e.V.
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Verantwortlich für den Inhalt: Dipl.-Kfm. Marcus Tuschen, StB / WP, Präsident des Verbandes
Redaktion: Steuerrechts-Ausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe e.V.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Abdruck sowie fotomechanische und elektronische Wiedergabe, auch auszugsweise, sind nur mit
ausdrücklicher Genehmigung des Verbandes gestattet.
42
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des Mitgliedsantrags bitten. Sobald dieser vorliegt, werden wir
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