Die Klage aus dem Verborgenen

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ständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat. Dieses Formular ist – sowohl
in positiver als auch in negativer Hinsicht – zugleich ein Indiz für den Inhalt des
Aufklärungsgesprächs. Rechtlicher Ausgangspunkt bleibt allerdings, dass ein
vom Patienten unterschriebenes Aufklärungs- und Einwilligungsformular
allein nicht den Schluss darauf zulässt, dass das erforderliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient tatsächlich stattgefunden hat. Diese Sicht
entspricht dem Grundsatz, dass dem unterschriebenen Aufklärungsformular
nur eine Indizwirkung hinsichtlich eines Aufklärungsgesprächs zukommt.
MERKE | Der Indizwirkung kann mit dem Einwand begegnet werden, dass das
Formular dem Patienten von einer Mitarbeiterin vorzeitig mit dem Hinweis überreicht worden sei, es unterschrieben zur weiteren Behandlung mitzubringen,
d.h., dass es nicht anlässlich des Aufklärungsgesprächs unterzeichnet wurde.
Dieser Vortrag kann durch Zeugen unter Beweis gestellt oder die eigene Anhörung untermauert werden. Der Arzt wiederum kann die Indizwirkung dadurch
verstärken, dass der Aufklärungsbogen mit handschriftlichen Ergänzungen dort
versehen wird, wo die Belehrung besonders eindringlich war. Auch sollten die
hervorgehobenen Risiken noch einmal besonders aufgeführt werden.
Der BGH musste sich dann noch mit der zeitlichen Dimension der Aufklärung
beschäftigen. Der Patient ist vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufzuklären, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff
sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht angemessen wahren kann. Zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts erfordert dies, dass ein Arzt, der einem Patienten eine Entscheidung über die Duldung eines operativen Eingriffs abverlangt und für diesen
Eingriff bereits einen Termin bestimmt, ihm schon in diesem Zeitpunkt auch
die Risiken aufzeigt, die mit diesem Eingriff verbunden sind (BGH VersR 03,
1441). Regelmäßig rügen Patienten eine zu späte Aufklärung. Hier war es
umgekehrt. Die Aufklärung fand am 2.2.04 statt, während die Operation nach
einer Verschiebung erst fünf Wochen später (11.3.) durchgeführt wurde. Der
BGH hat in einer solchen Frist noch keine „Entaktualisierung“ (Deutsch, NJW 79,
1905; Hoppe, NJW 98, 782) der Aufklärung gesehen.
Fünf Wochen
zwischen Aufklärung
und Operation nicht
zu viel
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Die Klage aus dem Verborgenen
1. Die Angabe der vollständigen ladungsfähigen Anschrift des Klägers in
der Klage stellt ein zwingendes Erfordernis dar. Die Verweisung des
§ 253 Abs. 4 ZPO auf die Soll-Vorschrift des § 130 Nr. 1 ZPO (Wohnort) ist
nicht in dem Sinne zu verstehen ist, dass die Angabe entbehrlich wäre.
2.Bei der unzulässigen „Klage aus dem Verborgenen“, also ohne (taugliche) Anschrift des Klägers, handelt es sich aber um einen eng begrenzten Ausnahmefall, der nur bei ernsthaften Anhaltspunkten von Amts
wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen ist.
3.Es führt nicht zur Unzulässigkeit der Klage, wenn die zunächst richtige
Anschrift im Laufe des Rechtsstreits unrichtig wird.
(OLG München 15.10.14, 7 U 371/14, Abruf-Nr. 143304)
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Sachverhalt
Die Klägerin verfolgt gegenüber der Beklagten Mietzinsansprüche. Die
Beklagte hat im Lauf des Rechtsstreits die Unzulässigkeit der Klage gerügt,
weil die Klägerin die Klage „aus dem Verborgenen erhoben habe“. Die klägerseits angegebene Adresse sei nämlich zum Zeitpunkt der Klageerhebung
nicht die tatsächliche Anschrift der Klägerin gewesen. Hierüber hat das LG
Beweis erhoben und die Klage sodann als unzulässig abgewiesen. Hiergegen
richtet sich die Berufung der Klägerin. Das OLG hat die Entscheidung des LG
korrigiert.
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Der erste Leitsatz setzt die bisherige BGH-Rechtsprechung fort. Sie wird
auch in der Literatur geteilt (Musielak/Foerste, ZPO, 11. Aufl., § 253 Rn. 20;
MüKo/Becker-Eberhardt, ZPO, 4. Aufl., § 253 Rn. 57).
Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Kläger eine Klage nicht aus dem
Verborgenen erheben dürfen soll. Vielmehr soll sich der Kläger – im Fall
eines für ihn ungünstigen Ausgangs des Prozesses – der sich hieraus ergebenden Kostentragungspflicht (§ 91 Abs. 1 ZPO) nicht dadurch entziehen können, dass dem im Rechtsstreit obsiegenden Beklagten die Zustellung und
Vollstreckung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses mangels Kenntnis der
zutreffenden Anschrift des Klägers unmöglich gemacht wird.
Kläger soll sich einer
Kostentragung nicht
entziehen können
MERKE | Diese Erwägung gilt für beide Parteien. Allerdings wird daraus nicht
immer die notwendige Konsequenz gezogen, spätestens zur mündlichen Verhandlung oder in ihr zu klären, ob die Anschriften der Parteien noch aktuell sind.
Anderes verzögert nämlich die zeitnahe Vollstreckung. Die dann erforderliche
Anschriftenermittlung verursacht zudem weitere Kosten.
Behauptet der Beklagte eine „Klage aus dem Verborgenen“, ist er darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Klagepartei ihre tatsächliche
Anschrift in der Absicht der späteren Vollstreckungsvereitelung verschleiert.
Beweislast beim
Beklagten
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MERKE | Das Gericht muss sich hiervon eine sichere Überzeugung verschaffen
können, sodass der Beweismaßstab § 286 ZPO zu entnehmen ist. Der BGH hat
hierzu entschieden, dass es sich um einen eng begrenzten Ausnahmefall handelt, dessen Voraussetzungen nur bei ernsthaften Anhaltspunkten von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen sind (BGH PAK 12, 84). Allein der Umstand,
dass eine Anschrift im Laufe des Rechtsstreits an Aktualität verliert und nicht
mehr zutrifft, reicht hierfür auch dann nicht, wenn dies nicht unverzüglich vorgetragen wird.
Ausgabe 5 | 2012
Seite 84
Im Einzelfall kann eine Partei ein Interesse daran haben, ihre tatsächliche
Anschrift geheim zu halten, etwa weil sie mit nicht zumutbaren Handlungen
des Gegners jedenfalls aus dessen Sphäre zu rechnen hat. In diesem Fall
muss eine Zurückhaltung der Anschrift möglich sein. Allerdings ist im
Gegenzug erforderlich, dass dies offen kommuniziert wird und gegebenenfalls für die Prozesskosten des Gegners vorab Sicherheit geleistet wird.
Geheimhaltungsinteresse denkbar,
aber Offenlegung
erforderlich
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