Papst Franziskus über Atomkraftwerke

Papst Franziskus bezeichnet AKWs als modernen "Turmbau zu Babel"
In einem Gespräch mit japanischen Bischöfen kritisierte Papst Franziskus die Atomkraft
durch einen Vergleich mit dem Turmbau zu Babel, berichtete vor kurzem der
Erzbischof von Tokyo, Takeo Okada. Als Menschen versuchten, den Himmel zu
erreichen, leiteten sie ihre eigene Vernichtung ein. "Menschen dürfen die von Gott
gesetzten Naturgesetze nicht brechen." (Mainichi Shinbun vom 22. März 2015, Asahi
Shinbun vom 25. März 2015)
Diese vermutlich erste eindeutige Kritik der "zivilen" Nutzung der Atomkraft des
Vatikan äußerte der Papst gegenüber den japanischen Bischöfen, die ihn am 20. März in
Rom anläßlich ihres ad limina Besuches trafen, einer Audienz, zu der sich die Bischöfe
eines Landes in der Regel alle fünf Jahre einfinden. "Die Zerstörung der Natur ist ein
Ergebnis davon, dass Menschen sich zu deren Herren erheben." Der Papst machte diese
Äußerung in Bezug auf die Atomkatastrophe von Fukushima vom März 2011. Die
japanischen Bischöfe hatten das sofortige Abschalten der Atomkraftwerke des Landes
bereits kurz nach diesem verheerenden Disaster öffentlich gefordert.
Während der Audienz übergab der Vorsitzende des "Rats für Gerechtigkeit und
Frieden" der japanischen Bischofskonferenz, Bischof Katsuya Taiji, dem Papst auch die
Briefe zweier Aktivisten von Fukushima. (Bild) Der eine Verfasser war Takumi Aizawa,
Angestellter einer Schule aus Iidate Mura, dem am meissten verstrahlten Ort der
Präfektur Fukushima, der sich seit der Katastrophe für die Gesundheitsfürsorge der
Kinder engagiert. Seit längerem hegt er den Wunsch, dem Papst über die wirkliche
Situation der Bevölkerung in der verstrahlten Region zu berichten, da die japanische
Regierung, die Behörden, viele Ärzte und Wissenschaftler, sowie die Medien die
gefährliche Situation vertuschen. Die zweite Autorin ist Mako Oshidori, eine bekannte
Journalistin aus Tokyo, die an den meisten TEPCO-Pressekonferenzen bisher mit
kritischen Anfragen teilgenommen hat und regelmäßig in der verstrahlten Region
recherchiert.
Herr Aizawa und Frau Oshidori hatten kurz zuvor als Referenten an der vom Zentrum
Oekumene organisierten internationalen Tagung über die möglichen "Beiträge religiöser
Gruppen zur Energiewende" vom 3.-6. März 2015 in Arnoldshain teilgenommen, auf
der auch Prof. Ichiro Mitsunobu S.J. als Vertreter des "Rats für Gerechtigkeit und
Frieden" über die Position der katholischen Kirche Japans referiert hatte. Unmittelbar
nach der Tagung forderte der Rat die beiden Aktivisten auf, Briefe an den Papst zu
verfassen, welche die Bischöfe dann bei ihrer Audienz zwei Wochen später Papst
Franziskus übergaben.
Da ein Hauptziel dieser Tagung anlässlich des vierten Jahrestages der TEPCOKatastrophe in Arnoldshain darin bestand, eine internationale und interreligiöse
Vernetzung für den Ausstieg aus der Atomenergie und für den Klimaschutz zu fördern,
dürfte sie mit diesen Entwicklungen erste Früchte tragen.
Bisher hatte der Vatikan nur die miltitärische Nutzung der Atomkraft verurteilt. Da der
Vatikan Mitglied der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) ist, scheint
Papst Franziskus mit seinen kritischen Äußerungen zur zivilen Atomenergie jetzt von
der Position seiner Vorgänger gravierend abzuweichen und eine neue Richtung
einzuschlagen. Es wird erwartet, dass Papst Franziskus in seiner nächsten Enzyklika
zum Schutz der Umwelt auch seine kritische Einstellung zur Atomenergie ausdrücken
wird.
Wolfgang Buff und Dr. Martin Repp
Zentrum Oekumene der EKHN und der EKKW
April 2015