Er liebt mich, er liebt mich nicht… Kann romantische Anziehung durch Unsicherheit verstärkt werden? Ugne Cepulyte, Sophie Hartmann, Carolin Heitz, Vanessa Hohn, Felicia Krüger, Lisa Schugmann Fragestellung Kennst du das Phänomen, dass du dich gerade für diejenige Person besonders interessierst, von der du nicht weißt, was sie von dir hält? Ausgehend von diesem alltäglichen Problem, haben wir in unserem Experiment untersucht, ob man einen potentiellen Partner besonders anziehend findet, wenn man sich darüber im Unklaren ist, wie diese Person einen selbst beurteilt. In der bisherigen Forschung stehen sich zwei Ansätze gegenüber. Die sogenannte Reziprozitätsnorm (Jonas et al., 2007) besagt, dass man erwarten kann, „Güter“ wie Status, Attraktivität, Unterstützung und Liebe in dem Maße zu erhalten, in dem man sie auch anderen bereitstellt. Das bedeutet: „Wenn der andere mich mag, finde ich ihn auch gut“ und „Wenn ich nicht weiß, ob der andere mich mag, bin ebenfalls unsicher“. Whitchurch et al. (2010) fanden dagegen heraus, dass das Interesse am Gegenüber gesteigert werden kann, wenn man nicht weiß, was genau dieser von einem hält. Ziel unserer Untersuchung ist es, diesen Unsicherheitseffekt zu replizieren. Methode Ergebnisse Versuchspersonen: 75 heterosexuelle Frauen, Durchschnittsalter: 21,8 Jahre, Range: 15-43 Jahre Aufgabe der Versuchspersonen Lesen der Coverstory: Wir beschäftigen uns hier mit romantischer Anziehung zwischen Männern und Frauen. Hierfür untersuchen wir verschiedene Variablen, die das männliche Interesse an Frauen beeinflussen. Unsere Fragestellung lautet: „Welche weiblichen Eigenschaften finden Männer interessant?“. Du wirst auf Basis des von dir ausgefüllten Fragebogens und deines Fotos von drei unterschiedlichen Männern bewertet und bekommst ein Feedback. Alle Daten werden über eine Dropbox übermittelt. Ausfüllen eines Fragenbogens zu: • persönlichen Interessen und demographischen Daten • Selbsteinschätzung in Bezug auf eigene Attraktivität • Bewertung der männlichen Beurteiler aufgrund von Fotos und Steckbriefen Stimulusmaterial: Steckbriefe von drei Männern: Fotos + kurze Beschreibung Beispiel Steckbrief: Tim (22 Jahre) Größe: 186 cm Studienfach: BWL Studienort: München Hobbies: Basketball, Musik UV: Variation der manipulierten Rückmeldung von drei Männern positives, negatives und nicht mitgeteiltes Feedback (=Unsicherheitsbedingung). AV1: Datinginteresse -Interesse der VP an einem Date mit dem männlichen Beurteiler (Antwortalternativen: ja, nein vielleicht) AV2: „Wie viele Gedanken hast du dir über den männlichen Bewerber gemacht?“. 5-stufige Ratingskala: 1=keine Gedanken, 5= viele Gedanken AV3: Allgemeines Interesse an den männlichen Beurteilern. „Wie groß ist dein allgemeines Interesse an dem männlichen Bewerter?“ 5-stufige Ratingskala: 1=kein Interesse, 5= großes Interesse unsicher Die Annahme, dass Unsicherheit zu mehr Interesse seitens der Frauen führt, konnte nicht bestätigt werden. Die bekannten Befunde der Reziprozitätsnorm wurden repliziert. So zeigt sich eine Interaktion von Feedbackbedingung und Datinginteresse: Über die Bedingungen positiv, unsicher und negativ nimmt das Datinginteresse konstant ab, die AV Datinginteresse 'Nein' steigt. (Abb. Datinginteresse). Die Häufigkeitsverteilung wurde mittels Chi2 - Test erfasst. [Chi²pos.(2,75)=16,25, Chi²uns.(2,75)=2,65, Chi²neg.(2,75)=20,29, (p<.001)] AV2 (Gedanken) sowie AV3 (Gesamtinteresse) entsprechen nicht der oben genannten Annahme, sondern zeigen die Tendenz der Reziprozitätsnorm, aber ohne signifikante Ergebnisse.(p>.05). Anders als in der Untersuchung von Whitchurch konnte der Effekt einer gesteigerten Anziehung bei Unsicherheit nicht gefunden werden. Diese Ergebnisse wurden mit der Varianzanalyse untersucht. [FInt.(2,71)=11,551, p>.05, ɛ²=0,256 ; FGed.(2,71)=10,105, p>.05, ɛ²=0,227] Diskussion „Wenn du nicht weißt, ob du mich magst, weiß ich auch nicht, ob ich dich mag.“ •bei Datinginteresse in der Unsicherheitsbedingung gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Antworten „ja“, „nein“ und „vielleicht“ präzisierter Gültigkeitsbereich der Reziprozitätsnorm , da diese auch für die Unsicherheitsbedingung gilt. •Stellt dieser Befund, dass wir in der Unsicherheitsbedingung kein erhöhtes Datinginteresse gefunden haben, einen Widerspruch zu den Ergebnissen von Whitchurch dar? NEIN, weil die Unsicherheitsbedingungen in den Experimenten unterschiedlich sind: Unsicherheitsbedingung Whitchurch et al. “Die Profile, die wir dir zeigen werden, könnten zu Personen gehören, die dich aufgrund deines Profils sehr mochten, oder zu denjenigen, die dir ein mittelmäßiges Rating gaben.” Feedback “positiv” oder “mittelmäßig interessant” Eigenes experimentelles Praktikum „Die Männer entscheiden, ob sie Interesse an einem Date mit dir hätten. Mögliche Optionen sind dabei: Ja, nein und bei einem der Männer werden wir dir den Ausgang der Entscheidung vorenthalten.“ Feedback „positiv“, „unsicher“ oder „negativ“ Ergebnis: gesteigertes Interesse am potentiellen Partner in der Unsicherheitsbedingung im Vergleich zu rein positivem Feedback Ergebnis: Vermindertes Interesse am potentiellen Partner in der Unsicherheitsbedingung im Vergleich zu positivem Feedback. •Mögliche Einschränkungen: Glaubwürdigkeit der Coverstory • Zeitintervall, in dem die Männer ihre Bewertung abgaben, wirkte sehr kurz • Ständige Verfügbarkeit der angeblich bewertenden Männer über die gesamte Testphase unglaubwürdig. Diese müssten ständig Internetzugang haben, um über die Dropbox Fragebögen und Fotos der Frauen empfangen zu können. Referenzen: Whitchurch, E. R., Wilson, T. D. & Gilbert, D. T. (2010). He loves me, he loves me not...: Uncertainty can increase romantic attraction. Psychological Science, 1-4. Stroebe, W. & Hewstone, M. (2007). Sozialspsychologie. Heidelberg: Springer Medizin Verlag. Jonas, K.,
© Copyright 2025 ExpyDoc