P13 Cepulyte et al

Er liebt mich, er liebt mich nicht…
Kann romantische Anziehung durch Unsicherheit verstärkt werden?
Ugne Cepulyte, Sophie Hartmann, Carolin Heitz, Vanessa Hohn, Felicia Krüger, Lisa Schugmann
Fragestellung
Kennst du das Phänomen, dass du dich gerade für diejenige Person besonders interessierst, von der du nicht weißt, was sie von dir hält? Ausgehend von
diesem alltäglichen Problem, haben wir in unserem Experiment untersucht, ob man einen potentiellen Partner besonders anziehend findet, wenn man sich
darüber im Unklaren ist, wie diese Person einen selbst beurteilt. In der bisherigen Forschung stehen sich zwei Ansätze gegenüber. Die sogenannte
Reziprozitätsnorm (Jonas et al., 2007) besagt, dass man erwarten kann, „Güter“ wie Status, Attraktivität, Unterstützung und Liebe in dem Maße zu erhalten,
in dem man sie auch anderen bereitstellt. Das bedeutet: „Wenn der andere mich mag, finde ich ihn auch gut“ und „Wenn ich nicht weiß, ob der andere mich
mag, bin ebenfalls unsicher“. Whitchurch et al. (2010) fanden dagegen heraus, dass das Interesse am Gegenüber gesteigert werden kann, wenn man nicht
weiß, was genau dieser von einem hält. Ziel unserer Untersuchung ist es, diesen Unsicherheitseffekt zu replizieren.
Methode
Ergebnisse
Versuchspersonen: 75 heterosexuelle Frauen,
Durchschnittsalter: 21,8 Jahre, Range: 15-43 Jahre
Aufgabe der Versuchspersonen
Lesen der Coverstory: Wir beschäftigen uns hier mit romantischer
Anziehung zwischen Männern und Frauen. Hierfür untersuchen wir
verschiedene Variablen, die das männliche Interesse an Frauen
beeinflussen. Unsere Fragestellung lautet: „Welche weiblichen Eigenschaften finden Männer interessant?“. Du wirst auf Basis des von dir
ausgefüllten Fragebogens und deines Fotos von drei unterschiedlichen
Männern bewertet und bekommst ein Feedback. Alle Daten werden über
eine Dropbox übermittelt.
Ausfüllen eines Fragenbogens zu:
• persönlichen Interessen und demographischen Daten
• Selbsteinschätzung in Bezug auf eigene Attraktivität
• Bewertung der männlichen Beurteiler aufgrund von Fotos und
Steckbriefen
Stimulusmaterial:
Steckbriefe von drei Männern: Fotos + kurze Beschreibung
Beispiel Steckbrief:
Tim (22 Jahre)
Größe: 186 cm
Studienfach: BWL
Studienort: München
Hobbies: Basketball, Musik
UV: Variation der manipulierten Rückmeldung von drei Männern 
positives, negatives und nicht mitgeteiltes Feedback (=Unsicherheitsbedingung).
AV1: Datinginteresse -Interesse der VP an einem Date mit dem männlichen Beurteiler (Antwortalternativen: ja, nein vielleicht)
AV2: „Wie viele Gedanken hast du dir über den männlichen Bewerber
gemacht?“. 5-stufige Ratingskala: 1=keine Gedanken, 5= viele Gedanken
AV3: Allgemeines Interesse an den männlichen Beurteilern. „Wie groß ist
dein allgemeines Interesse an dem männlichen Bewerter?“ 5-stufige
Ratingskala: 1=kein Interesse, 5= großes Interesse
unsicher
Die Annahme, dass Unsicherheit zu mehr Interesse seitens der
Frauen führt, konnte nicht bestätigt werden. Die bekannten
Befunde der Reziprozitätsnorm wurden repliziert. So zeigt sich eine
Interaktion von Feedbackbedingung und Datinginteresse: Über die
Bedingungen positiv, unsicher und negativ nimmt das Datinginteresse konstant ab, die AV Datinginteresse 'Nein' steigt. (Abb.
Datinginteresse). Die Häufigkeitsverteilung wurde mittels Chi2 - Test
erfasst. [Chi²pos.(2,75)=16,25, Chi²uns.(2,75)=2,65, Chi²neg.(2,75)=20,29, (p<.001)]
AV2 (Gedanken) sowie AV3 (Gesamtinteresse) entsprechen nicht
der oben genannten Annahme, sondern zeigen die Tendenz der
Reziprozitätsnorm, aber ohne signifikante Ergebnisse.(p>.05).
Anders als in der Untersuchung von Whitchurch konnte der Effekt
einer gesteigerten Anziehung bei Unsicherheit nicht gefunden
werden. Diese Ergebnisse wurden mit der Varianzanalyse
untersucht. [FInt.(2,71)=11,551, p>.05, ɛ²=0,256 ; FGed.(2,71)=10,105, p>.05, ɛ²=0,227]
Diskussion
„Wenn du nicht
weißt, ob du mich
magst, weiß ich
auch nicht, ob ich
dich mag.“
•bei Datinginteresse in der Unsicherheitsbedingung gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Antworten „ja“, „nein“ und „vielleicht“
präzisierter Gültigkeitsbereich der Reziprozitätsnorm , da diese auch für die Unsicherheitsbedingung gilt.
•Stellt dieser Befund, dass wir in der Unsicherheitsbedingung kein erhöhtes Datinginteresse gefunden haben, einen Widerspruch zu den Ergebnissen
von Whitchurch dar? NEIN, weil die Unsicherheitsbedingungen in den Experimenten unterschiedlich sind:
Unsicherheitsbedingung

Whitchurch et al.
“Die Profile, die wir dir zeigen werden, könnten zu Personen gehören, die dich
aufgrund deines Profils sehr mochten, oder zu denjenigen, die dir ein
mittelmäßiges Rating gaben.”
Feedback “positiv” oder “mittelmäßig interessant”
Eigenes experimentelles Praktikum
„Die Männer entscheiden, ob sie Interesse an einem Date mit dir hätten. Mögliche
Optionen sind dabei: Ja, nein und bei einem der Männer werden wir dir den Ausgang
der Entscheidung vorenthalten.“
Feedback „positiv“, „unsicher“ oder „negativ“
Ergebnis: gesteigertes Interesse am potentiellen Partner in der
Unsicherheitsbedingung im Vergleich zu rein positivem Feedback
Ergebnis: Vermindertes Interesse am potentiellen Partner in der
Unsicherheitsbedingung im Vergleich zu positivem Feedback.
•Mögliche Einschränkungen: Glaubwürdigkeit der Coverstory
• Zeitintervall, in dem die Männer ihre Bewertung abgaben, wirkte sehr kurz
• Ständige Verfügbarkeit der angeblich bewertenden Männer über die gesamte Testphase unglaubwürdig. Diese müssten ständig Internetzugang haben,
um über die Dropbox Fragebögen und Fotos der Frauen empfangen zu können.
Referenzen: Whitchurch, E. R., Wilson, T. D. & Gilbert, D. T. (2010). He loves me, he loves me not...: Uncertainty can increase romantic attraction. Psychological Science, 1-4.
Stroebe, W. & Hewstone, M. (2007). Sozialspsychologie. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.
Jonas, K.,